Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe Ihnen ein herzliches „Guten Morgen“ zu. Ich eröffne die 70. Plenarsitzung am Mittwoch, dem 20. April 2016.
Meine Damen und Herren, die Landtagself hat gestern ihre Saison in Idstein-Wörsdorf eröffnet. Es scheint so zu sein, dass zu Beginn der Saison noch einige Trainingseinheiten gefehlt haben. Die erste Hälfte des Spiels wurde verloren, die Hälfte gefühlt gewonnen, und am Ende schien ein Unentschieden möglich. Es kam aber anders.
Ein junges Integrationsteam der Feuerwehr des Idsteiner Landes, dem auch Flüchtlinge angehören, war am gestrigen Abend der Gegner der Landtagself zum Saisonauftakt. In der ersten Spielhälfte unterlag Deckers Team knapp, die zweite Spielhälfte ging deutlich an das Parlamentsteam, und am Ende hätte eigentlich ein Unentschieden stehen müssen, doch die Chancenauswertung war zu gering. Da gibt es also noch etwas zu tun, Herr Trainer.
Zum Spielgeschehen: Der junge und schnelle Gegner machte es der Landtagself nicht leicht, der man die siebenmonatige Spielpause anmerkte. So führten Abstimmungsschwierigkeiten in der Abwehr dazu, dass das Idsteiner Team bereits nach sechs Minuten das 0 : 1 erzielte und kurz darauf nach einem Abwehrfehler auf 0 : 2 erhöhen konnte. Chancen für die Landtagself gab es, doch erst Marcus Bocklet konnte Mitte der ersten Hälfte den Anschlusstreffer zum 1 : 2 erzielen.
Die Feuerwehr nutzte ihre Schnelligkeit aus und stellte kurz darauf den alten Abstand von zwei Toren zum 1 : 3 wieder her. Glück des Gegners führte kurz vor der Pause sogar zum 1 : 4.
Die Ansprache von Coach Decker in der Pause war eindeutig: sicherer spielen, weniger Ballverluste und den Torwart mit Distanzschüssen überwinden. Dies setzte das Team auch um, wurde nach der Pause aber gleich wieder bestraft, als den Idsteinern mit einem unhaltbaren Distanzschuss das 1 : 5 gelang. Die Landtagself hatte nun deutlich mehr vom Spiel und zahlreiche gute Torchancen, machte jedoch zu wenig daraus.
Mitte der zweiten Hälfte wurde man endlich für den Einsatz belohnt, als Simon Bruhn das 2 : 5 gelang. Das Spiel stand auf der Kippe, ein Unentschieden war möglich, jedoch hatte der Gegner das notwendige Glück beim Abschluss, das der Landtagself fehlte. Trotz tollem Kampf und einer Abwehr, die nun besser stand, kam der Gegner zum 2 : 6, ehe Christian Losch mit einem sehenswerten Konter das 3 : 6 – aus Landtagssicht – erzielte. Etliche hochkarätige Chancen konnten nicht verwertet werden, während die Integrationsmannschaft eine ihrer wenigen Chancen in der zweiten Spielhälfte zum unhaltbaren 3 : 7 Endstand nutzte.
Fazit des Spiels: eine deutliche Leistungssteigerung in der zweiten Spielhälfte, die für die Saison gute Spiele erwarten lässt. Bei diesem Gegner kann man sagen: Auch die Integrationsleistung innerhalb der Mannschaft muss wahrscheinlich noch erhöht werden.
Nach dem Spiel wurde der Scheck des Landtagspräsidenten für die Jugendarbeit der TSG Wörsdorf an den Vereins
vorsitzenden Matthias Moxter überreicht. Beide Teams saßen noch gemütlich zusammen, und Norbert Schmitt feierte im kleinen Kreise ein Jubiläum: 25 Jahre Landtagself.
Das nächste Spiel bestreitet die Landtagself – hoffentlich erfolgreich – am 17. Mai 2016 in Bischofsheim gegen eine Mannschaft aus Politik und Vorstand des SV Bischofsheim.
Inzwischen kann ich ganz beruhigt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen, und wir können in die Tagesordnung eintreten.
Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Vergabegesetz stärkt fairen Wettbewerb – Bund muss Finanzkontrolle Schwarzarbeit angemessen ausstatten und Mindestlohn kontrollieren, Drucks. 19/3304. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 58 und kann mit den Tagesordnungspunkten 41 und 30 zu diesem Thema aufgerufen werden. – Das ist der Fall.
Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 37, der Großen Anfrage der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Situation des Handwerks in Hessen – Bedeutung des Meisterbriefs für die Qualität und die Ausbildungsleistung, Drucks. 19/3267 zu 19/2309. Es folgt Tagesordnungspunkt 41, Antrag der Fraktion der SPD betreffend gute Arbeit auch in Hessen durchsetzen: Mindestlohn wirkt – Ordnung bei Leiharbeit und Werkverträgen herstellen – Tariftreue wirksam gestalten, Drucks. 19/3279. Zusammen mit dem Antrag werden die Tagesordnungspunkte 30 und 58 aufgerufen. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 42, Drucks. 19/3280.
Heute fehlen entschuldigt Frau Staatsministerin Puttrich ab 11:45 Uhr, Herr Staatsminister Beuth von 9:30 bis 12:30 Uhr und die Abg. Hofmeyer und Roth ganztägig.
Heute Abend, nach der Plenarsitzung, gegen 18 Uhr, kommt der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Sitzungsraum 501 A zusammen.
Zum Schluss habe ich noch einen Geburtstagsglückwunsch auszusprechen. Einen runden Geburtstag begeht heute Herr Abg. Jürgen Lenders. Herzlichen Glückwunsch.
Große Anfrage der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Situation des Handwerks in Hessen – Bedeutung des Meisterbriefs für die Qualität und die Ausbildungsleistung – Drucks. 19/3267 zu Drucks. 19/2309 –
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst erlaube ich mir, mit Ihrem Einverständnis die Kollegen des Handwerks auf der Tribüne zu begrüßen, Herrn Präsidenten Ehinger und Herrn Hauptgeschäftsführer Dr. Riess.
Ich begrüße aber auch alle anderen Zuschauer auf der Tribüne, die vielen jungen, interessierten Menschen, die heute einer Debatte beiwohnen, in der wir über die Zukunft reden wollen. Wenn wir über die Zukunft reden, reden wir in Hessen selbstverständlich insbesondere über das hessische Handwerk.
74.500 Betriebe, 343.000 Beschäftigte, 25.000 Ausbildungsverhältnisse und 33 Milliarden € Umsatz – das sind die stabilen Säulen, auf die wir uns in Hessen seit vielen, vielen Jahren verlassen können. Insbesondere mit Blick auf unsere gesellschaftliche, aber auch ökonomische Verantwortung, jungen Menschen eine Ausbildung zu bieten, leistet das Handwerk Herausragendes.
Die CDU-Fraktion hat gemeinsam mit der Fraktion der GRÜNEN eine Große Anfrage gestellt, um uns über die aktuelle Situation des Handwerks in Hessen unterrichten zu lassen. Wir wollten aber nicht nur viele Informationen zur Situation des Handwerks haben, sondern wir wollen auch unsere Wertschätzung für das Handwerk zum Ausdruck bringen, was wir mit unserem heutigen Setzpunkt getan haben. Ich glaube, das kann gar nicht oft genug geschehen. Ich bin dankbar, dass das von den Vertretern des Handwerks auch so aufgenommen worden ist und sie heute hier sind.
Die konjunkturelle Lage des Handwerks ist sehr ordentlich. Wir hatten, wie viele Wirtschaftsbereiche, in der Wirtschaftskrise 2008/2009 eine kleine Delle. Aber ich glaube, wir als Landespolitik dürfen diesen Erfolg zu Recht für uns reklamieren: Wir haben seinerzeit mit dem Konjunkturprogramm dafür gesorgt, dass insbesondere die Bauwirtschaft wenig gelitten hat. Das waren Konjunkturprogramme, die genau dem entgegengewirkt haben, was die Wirtschaftskrise an Begleiterscheinungen mit sich gebracht hat, nämlich den drohenden Beschäftigungsrückgang wie auch den Umsatzrückgang, insbesondere in sehr konjunkturabhängigen Branchen wie der Kfz- und der Bauwirtschaft. Ich glaube, wir dürfen heute mit Fug und Recht sagen, dass die Politik in diesem Zusammenhang gewirkt hat, und darauf sollten wir stolz sein.
Trotz der aktuell durchaus sehr erfreulichen konjunkturellen Lage des Handwerks gilt es, über Probleme zu reden. Es gilt, darüber zu reden, dass wir in unserem Land nach wie vor eine große Herausforderung haben, wenn es um die Gleichwertigkeit der Ausbildungen im Handwerk – der dualen Ausbildung – mit der akademischen Ausbildung geht.
Damit geht auch eine gesellschaftspolitisch notwendige Debatte einher, die wir weiter führen müssen, nämlich darüber, dass derjenige, der eine Berufsausbildung macht, genauso viel wert ist wie derjenige, der eine akademische
Ausbildung durchläuft. Es gilt dann auch, hin und wieder Tacheles zu reden – wenn ich das so sagen darf.
Wir haben eine Entwicklung bei der Abiturientenquote sowie bei der Studierendenquote, die einerseits erfreulich ist und andererseits dazu führt, dass das Handwerk vor einer enormen Herausforderung steht. Wir müssen bis zum Jahr 2020 – das ist eines der Ergebnisse dieses Berichts – mit einem Fachkräftemangel rechnen: Weit über 60.000 Stellen können nicht mehr besetzt werden. In dem Zusammenhang – das meine ich mit „Tacheles reden“ – muss man dann auch sagen, dass manche Aussagen noch einmal kritisch hinterfragt werden müssen, vielleicht auch die des Frankfurter Oberbürgermeisters. Dieser hat in den letzten Monaten verlautbaren lassen: Wir müssen die Abiturientenquote steigern, bis es kracht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann mit einer solchen Aussage nichts anfangen. Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst alle eine Perspektive haben, und wir müssen uns vor allem um diejenigen kümmern, die schwächere Schulabschlüsse oder möglicherweise gar keine Schulabschlüsse haben. Das ist die Politik dieser Landesregierung, und das wollen wir auch heute zum Ausdruck bringen.
Wir haben bei der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung einiges erreicht. Ich will zwei wesentliche Punkte ansprechen und schicke vorweg, dass das kein Widerspruch zu dem ist, was ich gerade gesagt habe. Wenn ich sage, wir brauchen mehr Menschen in der dualen Ausbildung, meine ich damit, wir müssen ganz von vorne anfangen. Beispielsweise sollten wir Eltern von Viertklässlern in den Grundschulen sagen: Neben dem Weg des Abiturs gibt es auch einen anderen Erfolgsweg.
Wir haben bereits 2005 in das Hessische Hochschulgesetz geschrieben, dass derjenige in Hessen studieren kann, der ein Abitur hat, dass aber auch derjenige hier studieren kann – und zwar an allen Hochschulen und alle Studiengänge –, der eine Meisterprüfung absolviert hat. Das haben wir nicht etwa gemacht, damit auch die alle auf die Universitäten rennen, sondern um Eltern zu zeigen, dass es keine Stopp- und Sackgassenschilder mehr beim Berufsweg und der Schullaufbahn ihrer Kinder gibt.
Ich nutze jede Gelegenheit, darüber zu reden: Wir hatten in den letzten drei Jahren ungefähr 1.500 Menschen, die sich über diesen Weg an staatlichen und nicht staatlichen Hochschulen eingeschrieben haben – das ist ein Erfolg. Aber es sind eben auch nur 2 oder 3 % derjenigen, die eine Meisterprüfung machen. Der Rest geht andere Wege: Sie werden selbstständig oder Fachkräfte und verdienen übrigens auch so ordentlich Geld.
Ich glaube, dies ist ein wichtiges Zeichen in Richtung Gleichwertigkeit von beruflicher Bildung einerseits und akademischer Bildung andererseits. Das geht übrigens damit einher, dass mittlerweile selbst in der Europäischen Union die Abschlussqualifikation zum Meister auf einer Ebene mit dem Bachelorabschluss steht.
All das sind ganz wichtige Schritte, um den Menschen, die auf der Zuschauertribüne des Plenarsaals sitzen, und den Menschen draußen, die über ihre Zukunft und ihre Ausbildung nachdenken, ein deutliches Signal zu geben: Die Anerkennung der Politik und die Anerkennung der Parlamen
te ist ihnen sicher, wenn sie den Weg der Berufsbildung gehen. Woran wir noch arbeiten müssen, ist die Anerkennung in unserer Gesellschaft. Aber ich glaube, wir kommen dort millimeterweise voran.
Gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen sagen wir ein herzliches Dankeschön dafür, dass wir im hessischen Handwerk, insbesondere mit Ihnen, Herr Kollege Ehinger, und mit Herrn Dr. Riess, Kollegen und Mitstreiter haben, wenn es um die Frage geht, welche Perspektiven wir jungen Menschen bieten können, die Sprachdefizite haben und mit hohen Erwartungen zu uns gekommen sind, nämlich dass sie in Deutschland eine Lebensperspektive haben.
Ich will gleich eine Antwort geben: Was sie – die IHK, die Wirtschaft insgesamt, aber ganz besonders das Handwerk – leisten, ist herausragend. Sie stellen Tausende von Ausbildungsplätzen zur Verfügung und fordern mit Recht, dass damit das Erteilen von Bleibe- und Duldungsgenehmigungen einhergeht, sodass Menschen, die eine Ausbildung machen, auch hierbleiben können – unabhängig von der aktuellen Entscheidung ihres generellen Aufenthaltsstatus.
Wir sorgen gemeinsam mit der Großen Koalition in Berlin dafür – ich denke, das wird überparteilich von allen demokratischen Fraktionen dieses Landes getragen –, dass es auch im Anschluss an die Ausbildung eine Bleibeperspektive gibt. Das alles sind wichtige Gemeinsamkeiten, die wir aktuell mehr denn je brauchen. Ich will dem Handwerk ausdrücklich dafür danken, dass es uns konstruktiv und konkret – wie es in diesem Bericht mit Zahlen belegt wird – bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützt.
Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass es insgesamt weniger Auszubildende gibt. Neben dieser Herausforderung haben wir eine weitere. Diese war einer der Anlässe dafür, dass wir uns seit langer Zeit wieder mit dem Handwerk insgesamt, auch in der Politik der Europäischen Union, beschäftigen. Es gibt aufgrund der Transparenzrichtlinie eine Prüfung in der Europäischen Union – Stichwort: zulassungspflichtige Handwerke, Meisterprüfung als Voraussetzung für die Selbstständigkeit –, ob die heutigen Regelungen bleiben können oder ob man grundsätzlich infrage stellen muss, dass wir in Deutschland nach wie vor 41 Bereiche und Berufe haben, in denen es notwendig ist, eine Meisterprüfung abzulegen, wenn man sich selbstständig machen will.