Protocol of the Session on March 13, 2014

Meine Damen und Herren, wir haben uns vorgenommen, dass wir miteinander versuchen, die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs auf die Reihe zu bekommen. Das hat uns der hessische Staatsgerichtshof aufgegeben. Wir haben bis zum 01.01.2016 Zeit. Das läuft im Moment bereits in Form von Gesprächen zwischen Mitarbeitern des Finanzministeriums und Vertretern der Spitzenverbände.

Wir haben ein Dialogverfahren. Selbstverständlich sind die Landesregierung und die kommunale Seite im Gespräch darüber, welche Vorschriften und Standards wir in diesem Land brauchen. Das ist gut und klug. Diesen Dialog werden wir selbstverständlich fortsetzen. Ebenso streben wir allerdings einen Paradigmenwechsel an, wie wir in Zukunft mit den kommunalen Haushalten und den Genehmigungen umgehen wollen.

70 % der hessischen Bürgerinnen und Bürger haben gesagt: Bitte, liebe Politiker, sorgt dafür, dass generationengerecht gehandelt wird, auch in den Haushalten des Landes und darüber hinaus. – Das ist das, was wir am Ende in diesem Erlass festgeschrieben haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden die Kommunen nicht alleinlassen. Wir haben uns vorgenommen, eine Stabsstelle für die Kommunen einzurichten, die nicht unter dem Schutzschirm stehen. Die Kommunen, die bereits unter dem Schutzschirm sind, haben die Gelegenheit, sich im Finanzministerium beraten zu lassen. Aber die Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirm sind, haben zukünftig in einer Stabsstelle die Gelegenheit, Beratung durch das Land in Anspruch zu nehmen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Insofern ist es ein besonderes Angebot, das wir den Kommunen hier machen. Deswegen brauchen wir uns nicht zu verstecken, wenn wir einen solchen Erlass auf den Weg gebracht haben, der im Wesentlichen – das ist gesagt worden – das, was in dem Gesetz steht, zusammenfasst.

Frau Kollegin Faeser, das Thema ist meiner Meinung nach auch zu ernst, als dass wir es hier parteipolitisch instrumentalisieren sollten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Das ist der ehemalige Generalsekretär der CDU!)

Lassen Sie es mich noch einmal zusammenfassen: Wir haben dort Mindestvoraussetzungen für die Genehmigung von Haushalten von Gemeinden festgelegt – von defizitären Haushalten, um diese geht es hier insbesondere. Wir haben gesagt, dass diejenigen ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen müssen. Es ist doch nicht in Ordnung, wenn der Landesrechnungshof in seinem Bericht feststellt, dass 23 von 25 Kommunen, die geprüft worden sind, nicht einmal die Grundlagen des Gesetzes berücksichtigen. Daher müssen wir doch einmal in einem Erlass zusammenfassen, dass das eine wesentliche Voraussetzung für eine Genehmigung ist. Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn wir das in einem Erlass festschreiben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt seit 2009 ein Gesetz, wonach die Städte und Gemeinden Eröffnungsbilanzen vorzulegen haben. Wenn wir fünf Jahre später daran erinnern, dass es für die Haushaltsgenehmigung wichtig ist, dass es eine Eröffnungsbilanz gibt, dann ist das doch nicht zu viel verlangt. Das ist eine Mindestvoraussetzung, die schlicht und ergreifend zu erfüllen ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nancy Faeser (SPD): Das ist doch ignorant!)

Frau Kollegin Faeser, bevor Sie sich weiter ereifern: Wir sind noch nicht einmal „ignorant“. Wir haben denjenigen, die es in den letzten fünf Jahren nicht geschafft haben, eine Eröffnungsbilanz hinzubekommen, immerhin fast 10 Millionen € im Rahmen eines Förderprogramms zur Verfügung gestellt, um ihnen die Arbeit sozusagen ein Stück weit zu erleichtern. Ich stelle mir das vor: Wir gehen auf die Kommunen zu und versuchen, ihnen zu helfen. Aber es muss doch auch klar sein, wie in diesem Lande die Regeln sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, die für die Fraktionen vereinbarte Redezeit ist zu Ende.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie gehen auf die Kommunen zu, aber mit einem Knüppel!)

Ich erlaube mir, das Thema des Ausgleichs der Gebührenhaushalte hier zumindest einmal kurz anzudeuten. Das ist doch keine neue Erfindung aus dem Herbsterlass des Jahres 2014. Das steht seit 40 Jahren im Gesetz. Also wie kann man sich denn darüber ereifern?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen daher auch nicht vorenthalten, was der Hessische Landkreistag nach der Sitzung seines Finanzausschusses am 26.09.2013 mitgeteilt hat. Der Hessische Landkreistag hat mitgeteilt:

Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, von defizitären Kommunen die Ausschöpfung kostendeckender Gebühren bei Wasser, Abwasser, Abfall und Straßenreinigung zu verlangen.

Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Hört, hört!)

Frau Kollegin, seien Sie mir nicht böse; ich finde es sehr sympathisch, wenn Sie sich damit auseinandersetzen, aber dann sollte man wenigstens so korrekt sein und den Erlass korrekt gelesen haben. Hier das Beispiel mit dem Bestattungswesen vorzubringen, was im Erlass explizit anders geregelt ist, ist schon eine ziemliche Unverschämtheit. Also das muss ich schon sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Gefährliches Halbwissen!)

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt, die Hebesteuersätze, ansprechen; und hier will ich Herrn Kollegen Hahn aufnehmen. Es ist in der Tat so, dass wir in dem Erlass festgelegt haben, dass wir von den Kommunen, die defizitäre Haushalte vorlegen und nicht in der Lage sind, die Ausgaben zu kürzen – wir schreiben nicht vor, dass man die Steuern erhöhen muss –, einen ausgeglichenen Haushalt erwarten. Wenn sie das nicht erreichen und es nicht über Ausgabenkürzungen hinbekommen, dann erwarten wir von den Kommunen, dass sie mindestens in der Größenordnung Steuern erhöhen, wie andere Kommunen ihren Bürgerinnen und Bürgern Steuern zumuten. Wenn Steuersätze erhoben werden, die am Ende noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen werden, ist auch das, ehrlich gesagt, weder eine Überforderung der Kommunen noch eine Überforderung der Bürgerinnen und Bürger. Insofern glaube ich, dass wir auch unter diesem Gesichtspunkt einen vernünftigen und guten Weg gegangen sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich hier zum Thema Dialog noch einen letzten Punkt darstellen. Wir haben im vergangenen Jahr über die Frage des Herbsterlasses gesprochen. Es ist doch nicht so, als wäre das eine Erfindung, die in den letzten zwei Wochen das Licht des Tages erblickt hätte.

(Torsten Warnecke (SPD): Am Rosenmontag veröffentlicht! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Das ist Ihr einziges Problem!)

Ja, „am Rosenmontag veröffentlicht“. – Meine Damen und Herren, das geht auf eine Veranstaltung des Hessischen Landkreistags im Herbst des Jahres 2012 zurück – im Jahre 2012, wir sind jetzt im Jahre 2014. Damals hat der Hessische Landkreistag das Land, den damaligen Innenminister, meinen Vorgänger Boris Rhein, gebeten: Seid doch so gut und schreibt einmal ein paar Grundsätze auf, nach denen wir kommunale Haushalte genehmigen sollen. – Das haben wir über ein Jahr hinweg in Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden, in fünf Arbeitsgruppensitzungen gemacht, woran der Hessische Landkreistag selbstverständlich beteiligt war. Dann davon zu sprechen, wir hätten die Kommunen mit einem Erlass überrascht, ist wirklich eine ziemliche Unverschämtheit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Im Dialog, ganz genau!)

Sie dürfen auch nicht der Mär erliegen, dass der hessische Innenminister, sowohl mein Vorgänger wie auch ich selbst, die kommunale Seite mit unserem Einladungsverhalten überfordern. Wenn ich die Präsidenten der Kommunalen Spitzenverbände einlade, dann schreibe ich doch selbstverständlich vorher in die Einladung, was ich mit denen besprechen möchte. Selbstverständlich stand auch das Thema Herbsterlass in der Einladung zu diesem Gespräch. Also würde ich vorschlagen, dass wir uns bei dem Thema der Kommunen mit der Sache beschäftigen und die parteipolitische Instrumentalisierung beiseitelassen. Ich glaube, das ist hier deutlich geworden. – Danke.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist dieser Antrag zur Aktuellen Stunde behandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 39 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (SOS Seepferdchen in Not – Schwimmbäder erhalten – Schwimmunterricht für alle Kinder in Hes- sen garantieren) – Drucks. 19/170 –

Das Wort hat der Kollege Hermann Schaus.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen fand in Wiesbaden eine Expertentagung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft statt, auf welcher die finanziell prekäre Lage der öffentlichen Schwimmbäder auf der Tagesordnung stand. Insofern ist das jetzt eine Fortsetzung der Diskussion von eben. Anschließend warnte der DLRG-Ehrenpräsident Klaus Wilkens in einem Interview vor den Folgen dieser Situation.

In der Tat sind die Zahlen, die die DLRG errechnet hat, dramatisch. Bundesweit gibt es seit 2007 300 geschlossene Bäder; und weitere 500 von der Schließung bedrohte Bäder führen dazu, dass immer weniger Kinder und Jugendliche schwimmen können. Die Zahl der Schwimmprüfungen ist infolgedessen, laut den Geschäftsberichten der DLRG, deutschlandweit kontinuierlich von 206.000 im Jahre 2000 auf rund 130.000 Kinder im Jahre 2012 gesunken. Dies hat nichts mit dem Sinken der Kinderzahlen zu tun, sondern mit der Tatsache, dass noch in den Neunzigerjahren mehr als 80 % der Grundschulkinder schwimmen konnten, während wir uns derzeit immer mehr der 50-%Marke nähern.

Auch Hessen bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont. Laut Anfrage bei der DLRG wurden allein im Zeitraum von Juli 2007 bis heute 37 hessische Schwimmbäder geschlossen, weitere 48 seien zudem akut in ihrem Bestand gefährdet. Diese Schließungen von Schwimmbädern führen landauf, landab zu unregelmäßigem oder gar gänzlich ausfallendem Schwimmunterricht in den Schulen. Oft müssen weite Anfahrtswege in Kauf genommen werden, die Unterrichtszeit und Geld kosten, um in den 3. Klassen den Schwimmunterricht überhaupt durchführen zu können.

Da passt es natürlich wie die Faust aufs Auge, dass das Kultusministerium in der neuen Aufsichtsverordnung kopflos und ohne Übergangszeiten vorgesehen hatte, von allen Lehrkräften, die Schwimmunterricht erteilen, den Nachweis des Deutschen Rettungsschwimmabzeichens in Bronze zu verlangen, welches höchstens fünf Jahre alt sein darf. Dass es viele erfahrene Lehrkräfte gibt, deren Abzeichen aber älter als fünf Jahre ist, die aufgrund der Verordnung sofort ab Januar dieses Jahres keinen Schwimmunterricht mehr erteilen dürften, hatte man im Ministerium schlicht übersehen.

Aber das Kultusministerium wäre nicht das Kultusministerium, wenn es nicht lernen könnte, Herr Minister.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

So wurde dankenswerterweise nachträglich eine Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2015 eingeräumt. Herr Minister,

vielen Dank, dass Sie Ihren Fehler schnell eingestanden und auf ihn reagiert haben. Beide Verhaltensweisen waren bei den Ministern der bisherigen Landesregierung äußerst selten anzutreffen. Vielleicht darf ich Ihnen empfehlen, die Zeit zu nutzen und mit Ihrer Ministerkollegin Frau Puttrich darüber zu reden, wie das mit dem Eingestehen von Fehlern ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, das Schließen von Schwimmbädern, und zwar das von intakten Hallen- und Freibädern, ist eine direkte Konsequenz aus der kommunalfeindlichen Finanzpolitik der vergangen Jahre. Der finanzielle Druck auf die Kommunen – so fürchten wir – wird zu weiteren Bäderschließungen führen, weil die notwendigen Unterhaltungskosten nicht mehr aufgebracht werden können.

Hier sei daran erinnert, dass das Finanzministerium im Konsolidierungshandbuch für die Kommunen, auf Seite 33 unter Punkt 50 a, die Schließung von kommunalen Bädern sogar empfohlen hat.

Sport ist – wie es auch im Koalitionsvertrag festgestellt wird – ein elementarer Bestandteil einer aktiven Gesellschaft. Insofern sollten wir das nicht als freiwillige Aufgabe verstehen, wie es Kollegin Goldbach angedeutet hat, sondern als Pflichtaufgabe im Rahmen des Sports auch entsprechend fördern.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu gehört aber unzweifelhaft auch ein flächendeckendes Angebot an Schwimmbädern. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn die Kommunen mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet sind.