Protocol of the Session on March 13, 2014

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Zur Frage Staatsbürgerschaftsrecht. In unserem Bundestagswahlprogramm haben wir die Position klar beschrieben, dass wir für die doppelte Staatsbürgerschaft sind. Wir haben das immer diskutiert, auch was Staatsbürgerschaft eigentlich heißt, auch die Abschaffung der Option versus Integrationsbemühungen. Aber das, was die Große Koalition jetzt vereinbart hat und lobt, hat einige Details, die zu

hinterfragen sind. Deswegen will ich noch ein bisschen auf die Details schauen.

Der Nachweis der Aufenthaltsdauer ist immer sehr kompliziert. Wir haben damals in der Koalition mit der Union bewusst durchgesetzt – das war nicht immer zur Begeisterung der Union –, dass Kinder ohne Aufenthaltsstatus in Hessen endlich beschult werden können. Das war ein Meilenstein in dieser Debatte. Darüber gibt es größtenteils Einigkeit.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Bei dem, was die Große Koalition vorgelegt hat, gibt es keine Antwort darauf, wie bei den Kindern, die teilweise im Ausland aufgewachsen sind und jetzt in Deutschland leben, die Abgrenzung vorgenommen werden soll. Dieser Punkt wird bei den Ausländerbehörden zu erheblichen Problemen führen. Das, was die Große Koalition versucht zu lösen, schafft in Wirklichkeit Probleme.

Aus unserer Sicht wäre es konsequenter, entweder allen die Mehrstaatigkeit zu belassen, wie es bei binationalen Kindern bereits getan wird, oder bei der Optionspflicht zu bleiben. Das wäre fair, das wäre eine klare Regelung, ein Entweder-oder.

Die Große Koalition hat sich aber auf ein Sowohl-als-auch eingestellt. Das wird problematisch werden. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich seit Jahren mit dem Ausländerrecht beschäftigen, wissen, was das für Probleme macht. Das hört sich auf dem Papier nett an, wird aber für die Ausländerbehörden und zum Schluss für die Betroffenen ein großes Problem werden. Deswegen werden wir uns bei den vorgelegten Anträgen der Stimme enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Beuth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Frömmrich hat in der Debatte eben gerade die Äußerungen von Frau Gnadl als „putzig“ bezeichnet. Ich will es wenigstens einmal in Erinnerung gerufen haben: Sie haben eben von der Optionsregelung als „Missgriff“ und als „Monstrum“ gesprochen. – Wenigstens sollten wir so ehrlich voreinander sein und sagen, dass dieser „Missgriff“ und dieses „Monstrum“ unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesinnenminister Otto Schily eingeführt worden sind.

(Lisa Gnadl (SPD): Sie wissen auch, warum! Sie wissen, warum Rot-Grün dazu gezwungen wurde!)

Das müssen wir hier deutlich machen, um der Wahrheit Genüge zu tun.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Es ist hier schon die Frage aufgeworfen worden, wie man mit der doppelten Staatsbürgerschaft umgehen kann.

(Zuruf der Abg. Lisa Gnadl (SPD) – Gegenruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Ob man dem zustimmt oder nicht, ist bereits erörtert worden. Ich will noch ein paar Punkte in Erinnerung rufen, warum sich die Bundesrepublik Deutschland nicht für die Mehrstaatigkeit entschieden hat.

Sicherlich ist es richtig, die Frage der politischen Partizipation bei der Diskussion um die Staatsbürgerschaft mit in den Fokus zu nehmen. Wenn wir Mehrstaatigkeit dulden, haben wir politische Partizipation von Einzelnen in mehreren Staaten. Das kann unter anderem auch zu dem einen oder anderen Problem führen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Welcher Staat kümmert sich um denjenigen, der eine doppelte Staatsbürgerschaft hat und im Ausland in eine schwierige Situation geraten ist? Die Frage, wer die Nöte und Sorgen aufnehmen wird, ist genauso zu beantworten wie bei dem Thema Auslieferungen und Abschiebungen. Dabei ist es schon sehr wichtig, zu wissen, welchem Staat jemand zuzuordnen ist.

(Zuruf des Abg. Turgut Yüksel (SPD))

Es gibt ein paar gute Gründe, warum wir uns der Vermeidung der Mehrstaatigkeit angeschlossen haben.

Lassen Sie mich zum Antrag selbst noch ein paar Punkte loswerden.

Die Staatsbürgerschaft steht am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses. Das sehen wir zumindest auch.

Die CDU hat auf Bundesebene mit dem Koalitionspartner SPD eine Vereinbarung getroffen, von der der Antrag der SPD im Wesentlichen abweicht. Jetzt könnte man platt fragen, warum Sie das hier tun, wenn doch Ihr eigener Fraktions- und Parteivorsitzender in Berlin diesen Punkt auch mit verhandelt hat. Wie passt das zusammen? – Ich will das jetzt nicht weiter auswalzen.

Sie haben die Abschaffung der Optionspflicht in Gänze vorgesehen. Wir haben eine Veränderung der Optionspflicht auf Bundesebene vereinbart. Wir als CDU werden koalitionstreu sein. Die Hessische Landesregierung hat im Prinzip diese Formulierung aus dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition in ihren eigenen Koalitionsvertrag mit aufgenommen.

Danach haben wir festgehalten, dass nicht nur in Deutschland geborenen Kindern eine entsprechende Möglichkeit gegeben werden soll, sondern sie sollen auch hier aufgewachsen sein. Jetzt geht das Ringen um die Frage los, wie wir das Aufwachsen messen können. Natürlich spielt das eine große Rolle. Wir wollen, dass diejenigen, die in unser Land kommen, eine gewisse Bindung zu unserem Land haben. Es reicht eben nicht nur aus, dass jemand in diesem Land geboren ist. Das ist das, was wir gemeinsam vereinbart haben.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz auf die Frage der sogenannten Hamburger Praxis zurückkommen. In der Presse wurde insbesondere der Hamburger Innensenator mit den Worten zitiert, dass in Hamburg ab sofort niemandem mehr die Staatsangehörigkeit aberkannt werde.

Diese Aussage halte ich in dieser Form in der Sache für unzutreffend, da bei Optionspflichtigen Hoffnungen geweckt werden, die hinterher nicht erfüllt werden können. In der Öffentlichkeit ist es leider zu wenig bekannt, dass Optionspflichtige die deutsche Staatsangehörigkeit oftmals

ohne Einflussmöglichkeiten der Behörden eben kraft Gesetzes verlieren, und darauf hat der Hamburger Innensenator in der Tat keinen Einfluss. In der Praxis kommt es eben leider viel zu häufig vor, dass junge Menschen die ihnen obliegende Erklärung nicht oder nicht fristgerecht abgeben – und dies geschieht, obwohl die Regierungspräsidien bereits alles unternehmen, damit es nicht zu einem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kommt.

Ich will kurz die Praxis in Hessen erläutern. So gibt es hier z. B. nicht nur eine einmalige Information, sondern in Hessen wird jeder Optionspflichtige mehrfach von den Regierungspräsidien angeschrieben, um ihn auf den drohenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit aufmerksam zu machen, und sie geben jede Hilfestellung beim Stellen von Anträgen. Ich finde, das sollten wir hier zur Kenntnis nehmen. Die sogenannte Hilfe, die uns aus Hamburg hier vorgestellt wird, ist in der Sache keine.

Ich stelle fest, dass wir die Optionspflicht verändern wollen, dass die Gesetzgebung auf der Bundesebene an dieser Stelle im Moment im Laufen ist und dass die Dinge, die im Moment aus SPD-geführten Ländern herauskommen, nicht dafür sorgen, dass wir einer schnelleren Lösung zustreben; das ist im Grunde das Bedauerliche.

Aber ansonsten erwarten wir, dort einen Gesetzentwurf auf den Tisch gelegt zu bekommen, sodass wir als Landesregierung – wenn er sich mit dem Inhalt unserer Koalitionsvereinbarung übereinbringen lässt – dem Vorgehen auf Bundesebene folgen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Staatsminister Beuth. – Wir sind am Ende der Debatte.

Es ist vereinbart, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/106, dem Innenausschuss zu überweisen. – Kein Widerspruch, dann machen wir das so.

Der Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll nun abgestimmt werden. – Das ist so. Dann lasse ich über den Antrag, Drucks. 19/188, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Das ist DIE LINKE. Wer enthält sich? – SPD und FDP. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend jährliche Erstellung eines Sonntagsschutzberichts – Drucks.

19/107 –

Vereinbarte Redezeit sind fünf Minuten. Zur Einbringung hat sich Herr Schaus von der Fraktion DIE LINKE gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sonntag ist kein Tag wie jeder andere.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sonntag ist demonstrationsfrei!)

Das Grundgesetz erklärt deshalb in Art. 140 den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage „als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ ausdrücklich für „gesetzlich geschützt“.

Für Wirtschaft, Industrie und Handel werden immer mehr Ausnahmegenehmigungen erteilt. Längst wird nicht mehr nur in Krankenhäusern und Altenheimen, bei der Polizei und der Bahn, an Tankstellen und in der Gastronomie auch sonntags gearbeitet.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das muss die Polizei doch! – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Immer häufiger wird gefordert, dass die Menschen auch am Sonntag die Möglichkeit haben sollen, einzukaufen. Ohne richtigen Sonntag gibt es aber bald nur noch Werktage.

Aus diesem Grund und auf der Grundlage einer Forderung der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau aus dem Frühjahr 2012 haben wir den vorliegenden Antrag zur Erstellung eines jährlichen Sonntagsschutzberichts eingebracht. Die Landesregierung soll beauftragt werden, jährlich – erstmals für das zurückliegende Jahr 2013 – einen umfassenden Sonntagsschutzbericht für Hessen zu erstellen.

(Horst Klee (CDU): Und was soll das bringen?)

Dieser jährliche Bericht soll einen ausführlichen Überblick über die Anzahl aller in Hessen von Ausnahmeregelungen der Sonn- und Feiertagsarbeit betroffenen Betriebe und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. Darin sollen zudem sämtliche Ausnahmeregelungen zur Sonnund Feiertagsarbeit nach der Gewerbeordnung, dem Hessischen Ladenöffnungsgesetz, dem Hessischen Feiertagsgesetz sowie der Bedarfsgewerbeverordnung und die jeweiligen Begründungen und Anlässe im Einzelnen und nach Städten und Landkreisen gegliedert aufgeführt werden.

Dass dies möglich ist, hat der Landkreis Bergstraße bereits bewiesen. Dort wurde im November 2013 ein umfangreicher Bericht für das Jahr 2011 vorgelegt, der mit Anlagen und Tabellen ganze 90 Seiten umfasst. Er förderte z. B. zutage, dass es faktisch 46 verkaufsoffene Sonntage im Landkreis gibt – jeden Sonntag in verschiedenen Städten und Gemeinden.