Meine Damen und Herren der Koalition, in Ihrem Entschließungsantrag stellen Sie unter Punkt drei einen direkten Zusammenhang zwischen der Koalition gegen Diskriminierung und der Charta der Vielfalt her. Beide Bundesratsinitiativen zielen darauf ab, Diskriminierungen zu bekämpfen; dennoch sind es zwei völlig unterschiedliche Initiativen, Frau Arnoldt, und sie bleiben es auch.
Ob Sie, meine Damen und Herren der Koalition, mit dem beabsichtigten Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung wirklich eine Konkretisierung der im Jahre 2011 unterschriebenen Charta der Vielfalt vollziehen – so steht es übrigens in Ihrem Antrag –, sei dahingestellt, ganz abgesehen davon, dass bis heute die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt faktisch und in weiten Teilen Hessens folgenlos geblieben ist.
Wenn doch, dann hätte sie ihre Wirkung fast ausschließlich auf dem Arbeitsmarkt entfalten können. Da sprechen die Zahlen jedoch eine ganz andere Sprache. Während in Hessen die Arbeitslosenquote der Deutschen im Zeitraum von Dezember 2012 bis Dezember 2013 zwischen 4,6 % und 5,1 % lag, variierten analog dazu die Erwerbslosenquoten bei Ausländern zwischen 12,7 % und 13,9 %.
Es ist gut, dass wir das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz haben. Aber es existieren für viele andere Lebensbereiche keine verbindlichen Regeln, die dort Diskriminierung bekämpfen und verhindern sollen. Genau das ist das eigentliche Problem: Nicht abgedeckt sind die Bereiche Bildung, Hochschulen, Frühförderung, öffentlicher Dienst und nicht zuletzt – zumindest in Teilen, das ist erwähnt worden – die Vergabe von Wohnungen.
Um diese Lücken zu schließen, reicht der Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung definitiv nicht aus. Diese Lücken können nur mit einem entsprechenden Landesgesetz geschlossen werden, wozu diese Landesregierung aber
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, nach dem geplanten Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung möglichst bald aufzuzeigen, wie sie gedenkt, ihre Absichten umzusetzen, und zu erklären, was sie im wahrsten Sinne des Wortes in der Tat machen will.
Wenn tatsächlich eine unabhängige Anlaufstelle für schnelle und unbürokratische Hilfe geschaffen werden soll, wie es im Entschließungsantrag heißt, dann muss ein schlüssiges Konzept vorgelegt werden, das in angemessener Form auch die Bereiche Prävention, Qualifizierung und Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet. Dieses Konzept muss auch deutlich machen, wie in unserem Flächenland die dringend benötigten Beratungsstrukturen aufgebaut werden sollen, die dann auch tatsächlich erreichbar sind.
Übrigens ist in Ihrem Antrag von nur einer Anlaufstelle die Rede. Sie glauben doch selbst nicht, meine Damen und Herren der Koalition, dass das Ganze mit nur einer Anlaufstelle für ganz Hessen funktionieren wird.
In der Absichtserklärung der Länder heißt es dazu ausdrücklich, dass jeder Weg genutzt werden soll, um den Menschen vor Ort diese Unterstützung zukommen zu lassen. Damit der Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung kein Lippenbekenntnis bleibt, muss die Landesregierung in der Tat etwas mehr Butter bei die Fische geben.
Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass erst ein Antidiskriminierungsgesetz des Landes die dringend benötigte Grundlage schaffen wird, um Diskriminierungen in jeder Hinsicht zu bekämpfen.
Noch ein Satz: Dennoch wird meine Fraktion dem vorliegenden Antrag heute gerne zustimmen, weil es immerhin ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wir wollen damit auch deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir Sozialdemokraten in diesem wichtigen Politikfeld mit der Koalition zusammenarbeiten wollen – im Sinne einer gedeihlichen Weiterentwicklung des friedlichen, gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Miteinanders, wie es unser Friedensrichter Günter Rudolph sagen würde.
Danke schön, Herr Di Benedetto. Das war Ihre erste Rede. Deshalb haben wir auch einen etwas längeren letzten Satz toleriert. Herzlichen Glückwunsch.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Montag hat das Kabinett einer Vorlage des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration zugestimmt, der Koalition gegen Diskriminierung beizutreten. Mit dieser Entscheidung wird ein weiterer Schritt in der konsequenten Politik dieser Landesregierung – und der Vorgängerlandesregierung – gegen Diskriminierung getan.
Diskriminierung und Rassismus sind in Deutschland teilweise leider immer noch Realität. Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist – das ist in einigen Beiträgen verdeutlicht worden –, dass Diskriminierungen und Benachteiligungen in allen Lebensbereichen vorkommen, z. B. aufgrund persönlicher Merkmale wie ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Vielfach ist zudem eine mehrfache Diskriminierung der Betroffenen gegeben, also eine Benachteiligung aufgrund mehrerer Merkmale.
Rechts- und ideelle Grundlage für die Koalition gegen Diskriminierung ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aus dem Jahre 2006, das vier europäische Antidiskriminierungsrichtlinien in deutsches Recht umsetzt. Um die Aufklärung über Diskriminierungen und um Unterstützungsmöglichkeiten für die Betroffenen zu verbessern, wurde mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geschaffen. Die Aufgaben, die diese Stelle wahrnimmt, und die Inhalte, die dort verfolgt werden, hat Frau Kollegin Arnoldt ausführlich dargestellt.
Der Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung ist eine Absichtserklärung, mit der wir dafür Sorge tragen wollen, dass dem Thema Diskriminierung mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, dass Wege eröffnet werden, um Menschen in Fällen von Diskriminierung die bestmögliche Beratung an ihrem Wohnort zu gewähren, dass nach Möglichkeit zentrale Ansprechpartner benannt werden, dass auch vor Ort für das Thema Diskriminierung sensibilisiert wird und dass eine Verankerung dieses Themas als Querschnittsaufgabe politisch verankert wird. Das heißt, wir wollen Netzwerke schaffen, und wir wollen diese in der Fläche implementieren.
Es ist natürlich nicht so, dass nur eine Anlaufstelle für ganz Hessen gegründet wird, sondern es wird eine Koordinierungsstelle geben. Diese ist mit Staatssekretär Jo Dreiseitel besetzt, der für Integration und Antidiskriminierung zuständig ist und dessen Aufgabe es ist, den Netzwerkgedanken voranzutreiben, damit flächendeckend eine Beratung gewährleistet ist. Wer den Antrag so interpretiert, dass hier nur eine Stelle geschaffen wird, der hat den Antrag und auch den Sinn von Antidiskriminierung nicht verstanden.
Insofern ist der Beitritt zu dieser Koalition auch ein geeignetes Mittel, um dem Thema Diskriminierung eine größere Aufmerksamkeit zu verleihen und es als politische Aufgabe zu verankern.
Es sei noch ein Satz erlaubt: Hier nutzen Rückblicke in das Jahr 1999 nicht, in dem die Menschen bei einer Wahl ihre Auffassungen zum Ausdruck gebracht haben, was zu einem Regierungswechsel geführt hat. Immerhin hat es dazu geführt, dass die Christlich-Demokratische Union in Hessen nunmehr im 15. Jahr in Regierungsverantwortung ist.
In Hessen konkretisiert der Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung die mit dem im Jahre 2011 erfolgten Beitritt zur Charta der Vielfalt signalisierte Verantwortung Hessens, die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen zu fördern und für ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Zusammenleben aller Menschen in Hessen zu werben – unabhängig von der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion und der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen bzw. geschlechtlichen Identität.
Die Landesregierung möchte Diskriminierung und Rassismus entschieden entgegentreten. Die Regierungsfraktionen in Hessen haben dementsprechend für die 19. Legislaturperiode erklärt, dass sie die Anstrengungen der Landesregierung in einer Antidiskriminierungsstrategie bündeln möchten.
Ein erster Schritt dazu ist der erfolgte Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung, über den wir heute sprechen. Das ist, um das sehr deutlich zu sagen, kein Beitritt mit Symbolcharakter, sondern er ist ein weiterer Baustein auf einem schon lange begonnenen Weg zu einem diskriminierungsfreien und integrationsfreundlichen Hessen.
Frau Kollegin Arnoldt hat die Diskriminierungsmerkmale in ihrer Gewichtung dargelegt und gesagt, an welchen Stellen Diskriminierungen vorkommen. Deswegen muss man noch einmal sagen, was wir als Landesregierung in diesem Land schon gegen Diskriminierung getan haben.
Wir haben mit der Einrichtung der Stabsstelle zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration einen Dialog gesucht und gefunden. Wir haben einen Austausch mit allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen, wenn es um den Abbau von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen geht.
Zusammen mit den Verbänden für Menschen mit Behinderungen stehen wir allen beteiligten gesellschaftlichen Institutionen, aber auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner zur Verfügung und sind für Fragen und Anregungen offen. Wir beraten und wir geben Informationen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Hessen. Durch den Aktionsplan, der dem Landtag schon vorgelegen hat, wissen Sie, welche konkreten Schritte dem folgen.
Wir haben – um einen weiteren Punkt zu nennen – die Stabsstelle Frauenpolitik im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration geschaffen, die Anlaufstelle und Serviceeinrichtung für die Frauen in Hessen ist und die mit hessischen Frauengruppen, hessischen Frauenverbänden und den kommunalen Frauenbüros zusammenarbeitet.
Wir haben im Ministerium für Soziales und Integration ein ausführliches Papier zur hessischen Politik für Menschen aller sexuellen und geschlechtlichen Identitäten erarbeitet. Herr Kollege Klose – er hat aus der Pressemitteilung von QueerNet zitiert –, Sie gestatten mir, an dieser Stelle noch den Satz hinzuzufügen, dass in dieser Presseerklärung ausdrücklich steht, dass der bereits seit Längerem begonnene gute Dialog mit dem hessischen Sozialminister Grüttner hier seine Fortführung findet.
Sie sehen also, wir beginnen nicht bei null, sondern wir sind schon ein großes Stück des Weges gegangen. Wenn ich mich an die Verhandlungen über den Koalitionsvertrag erinnere, glaube ich, dass – zumindest was meinen Part der Koalitionsverhandlungen anbelangt – die Übereinstimmung in vielen Punkten offensichtlich gewesen ist und es keiner großen inhaltlichen Überzeugungsarbeit bedurfte, um gemeinsam zu solchen Formulierungen zu kommen und gemeinsame Wege zu gehen.
Dass letztendlich meine Partei dies mitgetragen hat, zeigt natürlich, dass an der Stelle die Überzeugungsarbeit durchaus auch ihre Früchte getragen hat.
Es gibt so viele Stellen – in den einzelnen Kommunen, bei den freien Trägern und bei der agah – mit dem Netzwerk gegen Diskriminierung –; insofern bin ich der festen Überzeugung: Wenn wir dies bündeln, wenn wir dies zusammenfassen, wenn wir an dieser Stelle zu einer gemeinsamen Schlagkraft kommen, können wir in Hessen unglaublich viel erreichen. Deswegen ist dieser Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung ein wesentlicher und wichtiger Schritt.
Ich halte neben dem reinen Schutz vor Diskriminierung allerdings auch noch einen weiteren Aspekt für ausgesprochen wichtig, und ich will nicht versäumen, darauf hinzuweisen: Ich meine das Werben um die Akzeptanz von Vielfalt. Unser großes Anliegen in diesem Zusammenhang wird es sein, die Zivilgesellschaft, die Verwaltung und die Wirtschaft zu sensibilisieren. Wir können Akzeptanz als Staat nicht anordnen. Aber wir wollen die Menschen dazu anregen und die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Uns geht es vor allem darum, die Chancen und Vorteile von Vielfalt herauszustellen. Daran wollen wir in den nächsten Jahren arbeiten.
Danke, Herr Minister Grüttner. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Mir ist signalisiert worden, dass der FDP-Antrag mit abgestimmt wird.
Dann stimmen wir als Erstes über den Entschließungsantrag der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Beitritt des Landes Hessen zur Koalition gegen Diskriminierung, Drucks. 19/143, ab. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das ganze Haus. Es kann also niemand mehr dagegen stimmen, und es kann keine Enthaltungen mehr geben.
Dann lasse ich über den Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP betreffend Beitritt des Landes Hessen zur Koalition gegen Diskriminierung, Drucks. 19/181, abstimmen. Wer dem die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP und SPD. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und GRÜNE. Enthaltung? – DIE LINKE. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend die Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht – Drucks. 19/106 –