Protocol of the Session on March 10, 2016

Schließlich haben hessische Christdemokraten in der Tradition der Stahlhelmfraktion der CDU die AfD maßgeblich mit geprägt. Ich sehe einen fließenden Übergang von hessischen CDU-Politikern in die AfD. Führende Wegbereiter der AfD sind etwa der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann gewesen, ehemals von Alfred Dregger gefördert und ehemaliges Vorstandsmitglied im Kreis Fulda, der wegen antisemitischer Äußerungen bei einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit bereits am 3. Oktober 2003 zurücktreten musste, sowie die früheren Frankfurter CDU-Dezernenten Horst Hemzal und Albrecht Glaser.

(Holger Bellino (CDU): Legen Sie doch einmal die Lebensläufe der LINKEN vor! Da wird einem wahrscheinlich schlecht!)

Ja, darauf komme ich noch, Herr Bellino. – Auch andere haben wenig zur Aufklärung beigetragen, z. B. dazu, dass die AfD alles andere als eine Partei der kleinen Leute ist, sondern vielmehr beabsichtigt, den Mindestlohn abzuschaffen und Arme sowie Superreiche gleichermaßen mit 25 % zu besteuern. Es fehlt an einer offensiven Auseinandersetzung mit den kruden sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen von Pegida und Co. Dies geschieht möglicherweise auch deshalb, weil sich andere Parteien unbequemen Fragen zum eigenen Konzept sozialer Gerechtigkeit hätten stellen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es fehlten viele beim offensiven Kampf gegen die rechte Gefahr. Vieles haben die Wähler den regierenden Politikern nicht durchgehen lassen: die ungerechte Sozial- und Wohnungspolitik, die Mängel in der Bildungs- und Schulpolitik, die ständigen Polizeieinsätze zu Pegida- und Faschistendemonstrationen und nicht zuletzt das unwidersprochene Hinnehmen einer skandalösen Flüchtlingspolitik in Zelten und Massenquartieren. Integration sieht für uns anders aus. Wir wollen die geflüchteten Menschen zu Kolleginnen und Kollegen und Mitgestaltern der Zukunft in den Städten und Gemeinden machen. Es geht also nicht nur um Deutschkurse. DIE LINKE wird sich nicht in die Parlamente zurückziehen, sondern weiterhin entsprechend unserem Kommunalwahlplakat – ich will es noch einmal zitieren – :

„Flüchtlingen helfen, Kriege beenden, Rassisten stoppen“ aktiv bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das machen wir auch beim diesjährigen Ostermarsch, der 35 Jahre lang regelmäßig stattgefunden hat und unter dem Motto: „Fluchtursachen beseitigen – Menschenrechte durchsetzen“ an Ostern in Frankfurt, aber auch in Bruchköbel, Wiesbaden, Kassel, Fulda, Gießen und Marburg stattfinden wird. Wir wollen das Menschenrecht auf Freizügigkeit durchsetzen und nationalistische Bestrebungen verhindern. Statt mit immer neuen Militär- und Rüstungsexporten die Flucht zur einzigen Alternative in weitere Teile der Welt zu tragen, muss endlich mit der Politik der Militarisierung nach innen und außen Schluss gemacht werden.

Dass in viele kommunale Parlamente rechtspopulistische und faschistische Abgeordnete einziehen werden, macht uns betroffen. Wir fordern die anderen demokratischen Parteien auf, das Spiel mit rechtspopulistischen Parolen einzustellen; sie nützen nur den Rechten. Als einzige Partei haben wir in der Frage des Asylrechts und der Unterstützung von Flüchtlingen nicht laviert, sondern klar Position bezogen. Das haben die Wählerinnen und Wähler in diesem polarisierten Wahlkampf honoriert. Dafür sind wir dankbar.

Wir wollen, dass Flüchtlinge in ganz Hessen menschenwürdig und dezentral wohnen können und unbürokratische Hilfe für ihre gesellschaftliche Integration erhalten. Flüchtlinge und Menschen mit geringen Einkommen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Hier im Land muss der Kampf der Armen gegeneinander gestoppt werden.

Kollege van Ooyen, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Es muss wieder eine gesellschaftliche Perspektive für einen Politikwechsel im Sinne von Freiheit, Gleichheit und Solidarität angepackt werden. Der Kampf für soziale Gerechtigkeit gegen Reaktion und Rassismus bleibt unsere Aufgabe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn diese Aktuelle Stunde der FDP eines zeigt, dann das: Gute Wahlergebnisse tun der FDP nicht gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Denn kaum hat sie bei einer Wahl zugelegt, kaum hat sie bei einer Wahl einmal die 5-%-Hürde einigermaßen hinter sich gelassen, dann ist sie wieder die alte, unsympathische, auftrumpfende und vor Kraft nicht laufen könnende FDP,

die vor zwei Jahren zu Recht aus dem Deutschen Bundestag gewählt wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Kollege Rentsch, ich weiß nicht, ob es angemessen ist, sich nach einer Kommunalwahl gar nicht anzuschauen, was die Wählerinnen und Wähler entschieden haben und was eigentlich die Ergebnisse dieser Wahl sind, sondern eine Wahlentscheidung von Bürgerinnen und Bürgern zum Anlass zu nehmen, einfach den Quatsch, den man immer erzählt, mit dem Wahlergebnis zu begründen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts dieses Wahlergebnisses mit einer nach wie vor schwachen Wahlbeteiligung von nur 48 % und mit dem Erstarken der AfD täte es uns gut, mit Demut an dieses Wahlergebnis zu gehen, dieses Wahlergebnis zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen. Herr Kollege Rentsch, es geht aber nicht, die alten Platten abzuspielen und die Wählerinnen und Wähler dafür zu instrumentalisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsident Wolfgang Greilich über- nimmt den Vorsitz.)

Aufgrund dieses Wahlergebnisses müssen wir uns viel fragen: Wie können wir Wahlbeteiligung wieder höher gestalten? Wie können wir die Rechten, die jetzt in die Kommunalparlamente eintreten, stellen? Wie können wir dafür sorgen, dass dieser Spuk möglichst schnell wieder zu Ende ist? – Dieses Wahlergebnis sagt überhaupt nichts über die hessische Landespolitik aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wenn Sie über dieses Wahlergebnis reden wollen, dann ernsthaft. Es gibt einige Debatten, die wir führen wollen und müssen. Herr Kollege Rentsch, wenn Sie über Landespolitik reden wollen, dann sehr gerne. Zu dieser Debatte sind wir jederzeit bereit. Wir reden gerne mit Ihnen darüber, wie sich Hessen in den letzten zwei Jahren entwickelt hat, seitdem die FDP nicht mehr der Landesregierung angehört. Hessen hat sich nämlich sehr gut entwickelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wir reden sehr gerne mit Ihnen darüber, wer die besseren Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit hat. Darüber sprechen wir sehr gerne mit Ihnen.

(Florian Rentsch (FDP): Weniger Lehrer, weniger Straßenbau!)

Dann fangen wir genau mit der Energiepolitik an. Wir wollen eine Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Wir setzen auf das Zeitalter der erneuerbaren Energien.

(Florian Rentsch (FDP): 4.000 Windräder!)

Von der FDP wissen wir bis heute nicht, woher der Strom eigentlich kommen soll. Diese Antwort sind Sie bis heute schuldig geblieben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wir reden gerne mit Ihnen über die andere Sozialpolitik, die seit zwei Jahren in Hessen gemacht wird. Wir haben jetzt ein verlässliches Sozialbudget mit einem Umfang von 70 Millionen €, das Menschen in schwierigen Lebenssituationen hilft.

Wir reden gerne mit Ihnen darüber, dass wir seit zwei Jahren endlich die Antidiskriminierungsstelle auf den Weg gebracht haben. Das haben Sie nicht hinbekommen, obwohl Sie den Integrationsminister gestellt haben. Herr Kollege Rentsch, darüber reden wir sehr gerne mit Ihnen. Vielen Dank dafür, dass wir heute Morgen dazu die Gelegenheit haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir reden gerne mit Ihnen darüber, wer in der Verkehrspolitik eigentlich die richtigen Antworten gibt. Wir reden gerne mit Ihnen darüber, ob das mit den verkehrspolitischen Ansätzen der FDP aus dem letzten Jahrhundert so weitergehen kann oder ob es nicht richtig ist, dass wir uns neben dem Schwerpunkt Straßenbau

(Florian Rentsch (FDP): Weniger Straßenbau!)

jetzt endlich auch um den öffentlichen Personennahverkehr kümmern. Herr Kollege Rentsch, ich weiß, dass es Sie aufregt: Wir kümmern uns auch um den Radverkehr und um Fußgänger. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir es verstanden, dass das für die Mobilität in unseren Städten und Gemeinden ganz entscheidend ist. Weil Sie das nicht kapiert haben, ist es gut, dass es seit zwei Jahren eine andere Politik in Hessen gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wir sprechen gerne mit Ihnen über den Unterschied zwischen der Hochschulpolitik in der Legislaturperiode, in der Sie an der Regierung beteiligt waren und die Hochschulpräsidenten Sturm gelaufen sind, und der Hochschulpolitik, die heute Boris Rhein macht, von der die Hochschulpräsidenten sagen, das sei in Ordnung, das sei eine Perspektive für die Hochschulen.

(Florian Rentsch (FDP): Üben Sie keine Kritik an Frau Kühne-Hörmann!)

Diese Landesregierung tut Hessen gut und der FDP nicht. Meine Damen und Herren, das freut mich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wir reden gerne mit Ihnen über die Flüchtlingspolitik. Ich fordere Sie auf, Ihrem Phrasengedresche endlich konkrete Vorschläge folgen zu lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Was ist denn Ihr Vorschlag, es anders zu machen?

Herr Kollege Wagner, auch Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Die letzten zwei Sätze. – Was ist denn Ihr Vorschlag, es anders zu machen als die Frau Bundeskanzlerin? Was ist Ihr Vorschlag, es anders zu machen als diese Landesregierung? – Wir machen es doch ganz ordentlich, und wir lassen es nicht zu, dass Sie Ihr Süppchen daraus kochen. Danke, dass wir Gelegenheit hatten, den Unterschied zwischen Ihrer Regierungsbeteiligung und der heutigen Regierung darzustellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Als Nächster hat Herr Kollege Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte sehr.