Protocol of the Session on February 2, 2016

(Beifall bei der SPD)

Das ist es, was ich mit einseitiger Gewichtung in der Rede gemeint habe. Herr Innenminister, ich will Ihnen einmal sagen: Hier ist nicht nur die Gesellschaft gefordert, sondern auch die Politik. Das habe ich in Ihrer Rede vermisst. Es gab kein Wort zur AfD und kein Wort zu den Ereignissen des letzten Wochenendes sowie dazu, dass Frau Petry den Schusswaffeneinsatz gefordert hat. Eine klare Positionierung der Politik gehört aber auch zum Zusammenhalt in der Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Die verbalen Entgleisungen der Mitglieder der AfD vom Wochenende schaffen ein Klima, das Gewalt begünstigt. Wenn Frau Petry und auch Frau von Storch von einem Schusswaffengebrauch an der Grenze gegenüber Flüchtlingen schwadronieren, ist das nicht nur grob rechtswidrig, sondern vor allem zutiefst menschenverachtend.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Damit hat sich die AfD als rechtsradikale Partei entlarvt. Ich hoffe sehr, dass diese drastischen Ausführungen der Spitze der AfD vor allem bei manchem Sympathisanten zu einem Umdenken führen.

Wir sollten als Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Parteien dieses Verhalten benennen und dagegenhalten. Es braucht einen Aufstand der Anständigen. Es gilt, diese geistigen Brandstifter als zutiefst undemokratisch und verfassungsfeindlich zu entlarven. Herr Innenminister, totschweigen und ignorieren ist der falsche Weg.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dass der Ministerpräsident, der jetzt nicht da ist, für eine Reaktion zwei Tage gebraucht hat, ist, ehrlich gesagt, bemerkenswert.

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt aber!)

Darüber reden wir heute nicht.

Ich glaube, wir müssen sehr gezielt mit polizeilichen Mitteln vorgehen. Vor allem müssen wir die Präventionsarbeit verstärken.

Zum islamistischen Terrorismus hat der Minister ein paar Dinge ausgeführt. Ich glaube, dass wir bei der Prävention mit dem Violence Prevention Network auf einem sehr guten Weg sind. Man muss aber auch da die Bemühungen noch verstärken, und zwar vor allem, was die Vernetzung der gesellschaftlichen Kräfte betrifft, die dort unterwegs sind. Wir brauchen dort dringend eine engere Vernetzung und eine engere Zusammenarbeit.

Ich will zu der Kriminalstatistik, die Sie auch nur am Rande gestreift haben, am Ende meiner Rede noch ein paar Sachen sagen. Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie in Ihrem Vorblatt der veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik bei der Straßenkriminalität eine Bezugsgröße aus

dem Jahr 1971 nehmen. Herr Innenminister, ganz ehrlich: Ist das denn wirklich notwendig?

(Heiterkeit des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Sie haben dieses Jahr eine gute Aufklärungsquote. Da ist es nicht notwendig, bei der Straßenkriminalität auf dem gleichen Blatt eine Bezugsgröße aus dem Jahr 1971 zu nehmen.

Sie haben es gerade gerufen: In der Polizeilichen Kriminalstatistik ist das tatsächlich nur eine Bezugsgröße bis zum Jahr 1996. Sie haben aber in der Veröffentlichung an der Stelle die Daten aus dem Jahr 1971 genommen, damit ein Rückgang von 50 % herauskommt. Zum Vorjahr gab es einen Rückgang um 1,1 %. Das wäre auch in Ordnung gewesen.

(Günter Rudolph (SPD): Das sind Taschenspielertricks!)

Herr Innenminister, so viel wollte ich zu den Darstellungen in der Polizeilichen Kriminalstatistik sagen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und René Rock (FDP))

Frau Abgeordnete, ich darf Sie auf die Redezeit hinweisen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Hinsichtlich des Wohnungseinbruchdiebstahls hätte ich mir auch gewünscht, noch etwas mehr an konkreten Maßnahmen zu hören. Denn immerhin ist ein Anstieg um 5,6 % kein gutes Zeichen. Das ist eine Straftat, die die Menschen sehr persönlich berührt. Wir müssen da alle miteinander die Maßnahmen noch verstärken, um das Phänomen endlich in den Griff zu bekommen.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. Die innere Sicherheit hat eine überragende Bedeutung für die Menschen in unserem Bundesland. Deswegen sollten wir ihr eine überragende Rolle zukommen lassen. Deshalb lautet mein Appell zum Schluss meiner Rede noch einmal: Statten Sie die Polizei ordentlich aus. Machen Sie Personalausbau. Verändern Sie die Rahmenbedingungen endlich so, dass die Polizei ihre Arbeit auch gut wahrnehmen kann und dass Sie ihr dadurch unsere Wertschätzung erhalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich am Anfang etwas zu dem sagen, was Frau Kollegin Faeser hier vorgetragen hat, und auch etwas zu dem Artikel, den sie hochgehalten hat. Wir haben letzte Woche am Donnerstag im Innenausschuss das Thema diskutiert und dabei die Frage erörtert, wie das mit der Veröffentlichung ist und an welchen Maßstäben sich die hessi

sche Polizei orientiert. Sie orientiert sich am Pressekodex. Der wird auch eingehalten.

Das ist übrigens ein Erlass, der seit dem Jahr 2011 gilt, also schon zu Zeiten der FDP-Mitregierung. Dass man jetzt hier, ohne zu prüfen und ohne Informationen einzuholen, versucht, die leichte Nummer der Skandalisierung zu machen, bringt uns in einer solchen schwierigen Situation mit aufgeheizter Stimmung wirklich nicht weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sich auf der einen Seite darüber zu beklagen, dass die Situation angeheizt ist, auf der anderen Seite aber alles zu tun, damit es so weitergeht, ist keine Lösung für die Probleme in unserem Land. Das ist keine Lösung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will auch noch etwas zu den Zahlen sagen, die hier immer wieder hineingestreut werden. Ich werde das auch am Ende noch einmal tun.

Frau Kollegin, wenn man sich diese Statistik und diese Zahlen im Zusammenhang mit der Personalstatistik der Polizei anschaut, dann muss man vielleicht auch erwähnen, dass Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hinter uns liegen. Nordrhein-Westfalen ist nur etwas vor uns. Das sind sozialdemokratische Innenminister. Ich würde einmal raten, in der Sache anders zu argumentieren und hier nicht zu versuchen, in einer solchen Debatte den leichten Punkt machen zu wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann über- nimmt den Vorsitz.)

Ich versuche, das nachher noch einmal einzuordnen.

Meine Damen und Herren, der Innenminister hat in dieser Woche die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Land Hessen vorgelegt. Die Zahlen sind nach meiner Auffassung gut. Das ist erfreulich. Wir können, glaube ich, feststellen, dass Hessen ein sicheres Bundesland ist.

Ich habe immer gesagt, dass man Statistiken nicht überbewerten soll. Aber man kann sich schon freuen. Wenn die hessische Polizei – das ist der Erfolg der hessischen Polizei – und der Innenminister gute Zahlen präsentieren können, dann ist das eine gute Nachricht für Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, unser besonderer Dank gilt natürlich den hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Ohne sie wäre diese Leistung nicht möglich. Eine Aufklärungsquote von 59,9 % ist ein guter Wert.

Meine Damen und Herren, wir können heute nicht über die Regierungserklärung des Innenministers „Sicher leben – Zusammenhalt gewährleisten“ reden, ohne auf die schrecklichen Vorgänge in der Silvesternacht in Köln einzugehen. Der Innenminister hat es gerade auch schon getan und hat erwähnt, welche Verunsicherung das auch in unserem Bundesland hervorgerufen hat. Die Ereignisse haben uns alle tief erschüttert. Straftaten, massive Gewalt gegen Frauen, Anzeigen wegen sexueller Übergriffe und Vergewaltigungen von Frauen, das sind Bilder, die wollen wir in der Bundesrepublik Deutschland nicht sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Für eine Lagebeurteilung fehlen uns die Details. Mit der Aufarbeitung sind die Kollegen in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Aber dass die Ergebnisse der Silvesternacht nicht offen und transparent kommuniziert worden sind, hat großen Schaden angerichtet. Wir haben im Innenausschuss in der letzten Woche auch über dieses Thema diskutiert.

Meine Damen und Herren, ein schrecklicher Tag, besser: eine schreckliche Nacht, für die betroffenen Menschen, insbesondere für die betroffenen Frauen, aber auch ein schlechter Tag, wie ich meine, für die innere Sicherheit und die Diskussion darüber. Es ist jetzt Aufgabe aller politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Exzesse in Deutschland nicht wieder vorkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass diese Straftaten mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden müssen. Jedem muss klar sein: Wer sich in Deutschland aufhält, muss sich an die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland halten. Das gilt ausnahmslos.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das gilt für Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen; das gilt aber auch für diejenigen, die in unerträglicher Art und Weise rassistische Hetze betreiben, Flüchtlinge angreifen, Flüchtlingsunterkünfte beschmieren, beschießen oder anzünden. Auch für diese Menschen muss klar sein: Hier gilt deutsches Recht. – Das müssen wir hier deutlich sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind stolz auf die Werte unseres Grundgesetzes. Das sind die Leitbilder unseres Zusammenlebens. Wer hier leben will, muss diese Grundwerte anerkennen, respektieren und befolgen. Diese Rechte sind nicht verhandelbar. Die Menschenrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Demonstrationsfreiheit, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die Freiheit der Religionsausübung – diese Rechte gelten für alle, gleich welcher Hautfarbe, gleich welcher Religion, gleich welcher Nationalität. Das sind universelle Rechte, die für alle gelten. Das sollten sich auch diejenigen hinter die Ohren schreiben, die in unerträglicher Art und Weise in den letzten Wochen und Monaten hetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)