Protocol of the Session on December 16, 2015

So. Das ist die Situation, und das ist auch der Unterschied: Damals gab es einen Fall, und damals haben wir das eingebracht. Es wurde geprüft.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es gibt mehrere Fälle! – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LIN- KE))

Jetzt müssen wir sagen, die Kommunalen Spitzenverbände sagen ganz klar, es ist nicht nötig. Wir schauen uns einmal die Praxis in den Kommunen an.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie hat doch den Fall beschrieben, ganz detailliert! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Dort wird der barrierefreie Zugang ermöglicht. Wenn Sie der Meinung sind, Sie müssten die konkreten Fälle, die Sie vielleicht haben – vielleicht auch nicht –, hier vorstellen, dann tun Sie das bitte.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das hat sie doch getan! – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LIN- KE))

Aber reden Sie nicht immer von vagen Dingen. Wir hatten Sie gebeten, das einmal konkret zu benennen, aber Sie haben uns weder Namen noch die Kommune, noch sonst irgendetwas gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wächtersbach!)

Sie sprachen von Menschen, die betteln und kämpfen müssten. – Also bitte, in was für ein Licht stellen Sie denn da unsere Kommunen,

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das ist eine Unterstellung!)

dass sie Menschen mit Behinderungen in eine solche Situation – –

(Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Einen Moment einmal. Kollegin Schott, ihr Lieben, etwas friedlicher. Es ist nach 18 Uhr. Da sind wir hier friedlich. – Frau Kollegin, Sie haben noch einen Moment.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich möchte noch einen Satz sagen. Wir alle in diesem Haus wollen, dass Menschen, die Einschränkungen oder Behinderungen haben, kommunale Mandate ausüben können. Das ist überhaupt keine Frage. Und unsere Kommunen sorgen dafür, dass diese Menschen das auch machen und können. Wir sehen keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung in der Kommunalverfassung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Her- mann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Günter Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um welchen Tatbestand geht es? Die GRÜNEN behaupten, es gibt nichts zu regeln. Das können sie aber nicht be

legen. Andere sagen, es gibt einen Fall in Wächtersbach. Das können wir nicht beurteilen.

(Holger Bellino (CDU): Aber wir reden darüber!)

Ja, wir reden darüber.

Jetzt übernimmt die Opposition einmal einen Gesetzentwurf der GRÜNEN – und das ist auch wieder nicht recht. Also wissen Sie, meine Damen und Herren! Jetzt machen sie einmal etwas möglicherweise Richtiges, und dann ist es auch wieder falsch.

Im Ergebnis heißt das: Man sollte von den GRÜNEN nichts übernehmen – dann ist man auf der richtigen Seite. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist dann schon eher stringent.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der LIN- KEN – Zuruf der Abg. Eva Goldbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Jetzt sagt die CDU: Das ist alles kein Problem, dafür muss man keine Gesetzesänderung machen. – Das kann so sein. Es kann einzelne Fälle geben. Gestern haben wir von den GRÜNEN gehört – die hatten einen Landtagskollegen, der beeinträchtigt war –: Ja, Leute im Rollstuhl können nicht in jedes öffentliche Gebäude. – Das ist so. Wir haben gehört, wenn man sich die Bahnhöfe einmal anschaut: X Jahre lang kein Aufzug, jetzt bekommt man einen Aufzug.

In der Praxis gibt es schon noch Nachteile für Menschen, die körperlich beeinträchtigt sind. Wenn es solche Dinge gibt: Herr Innenminister, machen Sie einen Erlass. Schreiben Sie einen Satz hinein, dass die mandatsbedingten Aufwendungen zu ersetzen sind, ähnlich wie die Fahrtkosten oder der Verdienstausfall in § 27 HGO. Das kann man in einem Satz in einem Erlass klarstellen. Dann hat man alle Eventualitäten erfasst. Denn wir alle wollen gemeinsam, dass Menschen, die beeinträchtigt sind, nicht bei der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert werden. Möglicherweise braucht man dann diese Gesetzesänderungen nicht. Aber wenn man beratungsresistent ist wie die GRÜNEN, dann braucht man das offensichtlich doch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schade. Das ist ein Tatbestand, der in der Praxis sicherlich einmal vorkommen kann. Das wird keine Riesenanzahl von Fällen sein. Vielleicht liegt es auch am mangelnden Verständnis vor Ort – das will ich nicht ausschließen. Aber bitte schön: Wenn wir gemeinsam wollen, dass es durch körperliche Beeinträchtigungen keine Nachteile gibt, dann muss auch der dadurch bedingte Mehraufwand erstattet werden.

Wie gesagt, der Innenminister kann jederzeit einen Erlass herausgeben, der das klarstellt. Das wäre möglicherweise eine Brücke.

Jetzt sind wir im Gesetzgebungsverfahren. Wir stimmen diesem Gesetzentwurf der LINKEN zu, weil er sachgerecht ist. Wir haben damals auch dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zugestimmt. Wir halten es da eher mit der alten Devise: Was damals richtig war, ist heute nicht falsch, wenn es keine anderen Argumente gibt. – Das heißt, wir sind nicht so wendig wie die GRÜNEN. Deswegen bleiben wir stringent bei unserer Linie. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Dr. Jörg-Uwe Hahn, FDP.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will Ihnen vorlesen, um was es geht:

In § 27 Abs. 2 wird als Satz 2 angefügt:

Ehrenamtlich Tätige, die schwerbehindert im Sinne des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch sind, erhalten den aufgrund ihrer Behinderung für die Wahrnehmung der ehrenamtlichen Tätigkeit tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen besonderen Aufwand ersetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da steht nichts von Aufzügen, da steht nichts von Zugängen, da steht nichts davon, dass irgendetwas anderes vorgehalten werden muss. Darauf will ich hinweisen; denn es wurde hier das Bild gestellt, Frau Kollegin, dass wir gerade über die Rettung von behinderten Kolleginnen und Kollegen in Kommunalparlamenten diskutieren und beschließen. Das ist nicht der Fall.

Ich frage mich: Was soll dieser Gesetzentwurf? Ich frage mich das deshalb, weil ich bei diesem Thema besonders emotional bin und weil ich es für vollkommen daneben halte, wenn öffentlich wohlmeinend kluge, wohlmeinend liebe Bilder gestellt werden, obwohl die Antragsteller selbst wissen, dass es das Problem gar nicht gibt.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das gibt es sehr wohl!)

Das schadet den Behinderten, das hilft ihnen nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie werden in eine Diskussion hineingezerrt, in der es um kleine parteipolitische Münze geht.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Das, was Sie machen, ist kleine parteipolitische Münze!)

Das haben die LINKEN heute wieder einmal deutlich gemacht. Es gab nirgendwo einen Hinweis auf ein Problem, außer dem „berühmten“ Fall in Kassel, wo problematische Dinge passiert sind. Frau Cárdenas, ich habe Sie von diesem Pult aus bei der ersten Lesung gebeten – –

(Zurufe von der LINKEN)

Hören Sie mir doch einmal zu. Sie brauchen doch nicht dauernd zu meinen, dass Sie die Weisheit mit Löffeln gefressen haben – insbesondere dann nicht, wenn Sie Parteipolitik auf dem Rücken behinderter Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande machen. Das geht so nicht. Das lasse ich nicht zu. Das lässt auch die große Mehrheit dieses Hauses nicht zu.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES/90 DIE GRÜNEN)

Wenn Sie es schon nötig haben, das zu tun, dann sollten Sie Butter bei die Fische tun. Ich habe Ihnen gesagt: Wenn Sie einen Fall kennen, sagen Sie es mir. Ich traue mir zu, innerhalb einer Stunde – sollte es diesen Fall wirklich geben – das Problem des behinderten kommunalpolitischen

Kollegen zu lösen, nämlich mit einem einzigen Anruf, entweder beim Bürgermeister oder beim Stadtverordnetenvorsteher – egal, ob männlich oder weiblich.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wir schicken Ihnen alle Fälle! Dann können Sie sich die Zähne daran ausbeißen!)

Schicken Sie mir die Fälle. Sie haben bereits Mitte September, bei der ersten Lesung, versprochen, das zu tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben so viele Themen, bei denen wir uns parteipolitisch auseinandersetzen können, wo wir uns, das gilt auch für die LINKEN, profilieren können – aber bitte nicht auf dem Rücken behinderter Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Ich finde das nicht korrekt. Wir lehnen den Gesetzentwurf natürlich ab.