Protocol of the Session on March 12, 2014

Wenn Sie diese Ziele definiert haben, dann sollte eigentlich erst die Zeitbestimmung kommen, die Herr Al-Wazir schon vorweggenommen hat. Wobei mich der Minister hierbei etwas irritiert: Im Koalitionsvertrag steht „so schnell wie möglich“, in der „FAZ“ von gestern war zu lesen, dass Sie dem Plenum heute sagen wollen, dass Sorgfalt vor Schnelligkeit gehe. Ich bin gespannt auf Ihre Auflösung nachher, wobei ich keinerlei Zweifel bezüglich Ihrer Geschmeidigkeit bei der Positionsbestimmung habe, dass Sie das auch hinbekommen.

(Heiterkeit bei der SPD – Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht erläutern Sie hier gleich auch, wie Sie auf die Zahl von 15 Monaten zur Umsetzung kommen. Die Einzige, die das umsetzen kann, ist die DFS. Und obwohl Herr Boddenberg am Freitag im „Wiesbadener Kurier“ noch das Gegenteil behauptet hat, sagt die DFS – ebenfalls laut „FAZ“ von gestern –, dass mit ihr seitens der Landesregierung überhaupt noch nicht geredet wurde.

(Zurufe von der SPD)

Dies alles spricht weder für ein geplantes noch für ein seriöses Ausüben Ihrer Flughafenzuständigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Dass Sie irgendwann irgendetwas hinbekommen und das nachher als „Lärmpausen“ bezeichnen, daran habe ich wenig Zweifel.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Bei den Starts am Morgen gibt es das im Regelbetrieb bereits seit letztem Sommer. Bei den Starts am Abend wird das auch möglich sein, wenn die DFS einen unabhängigen Betrieb von Parallelbahnsystem und Startbahn 18 West schafft. Bei den Landungen aber wird das schon deutlich interessanter:

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was genau wollen Sie denn, Herr Weiß?)

Nicht nur, weil die großen Flieger bekanntermaßen auf der Nordwestbahn gar nicht landen dürfen, sondern vielmehr darum, weil Sie ein Verfahren werden wählen müssen, das vom Standard abweicht. Dann haben Sie nicht nur die Sicherheitsbedenken der Gewerkschaft Cockpit, Sie haben auch die Stauung des Lärms durch die Bündelung der Maschinen, die Frage der Kapazität, des maximal möglichen Verkehrsaufkommens und nicht zuletzt die vielleicht wichtigste Frage: Schaffen Sie es beim Segmented-ApproachVerfahren, das keinen Präzisionsanflug ermöglicht, d. h. keine Garantie für Landungen bei jedem Wetter zulässt, die Erwartungen Regelmäßigkeit und Voraussehbarkeit an die Lärmpausen zu erfüllen? Oder, anders formuliert: Schaffen Sie es, Herr Minister, einen Lärmpausenkalender zu erstellen, auf dem ich Lärmpausen ablesen und mit ihnen planen kann? Diesen Anspruch müssen Sie haben, wenn von diesem Projekt ein Wert ausgehen soll.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie die betroffenen Menschen ehrlich und ernsthaft mitnehmen wollen, warum sprechen Sie dann nur mit der Fraport und der DFS, wie es im Koalitionsvertrag steht? Wobei Sie ja mit der DFS offenbar noch nicht einmal gesprochen haben, wie gestern zu lesen war. Warum sprechen Sie nicht auch mit den Airlines, mit den BIs, mit den betroffenen Kommunen, die in Gremien wie der Fluglärmkommission organisiert sind?

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lesen Sie eigentlich Zeitung?)

Frau Dorn, Sie haben doch einen Antrag vorgelegt. Er liegt doch jetzt als Tischvorlage vor. Auch darin steht wiederum nur, dass Sie mit der Fraport und der DFS reden wollen. Von den betroffenen Anliegern und den Kommu

nen ist in Ihrem Antrag überhaupt nicht die Rede. So etwas könnte aber Vertrauen bilden.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Stichwort Vertrauen komme ich zum letzten Punkt. Was machen Sie denn eigentlich, wenn Sie die Lärmpausen auf freiwilliger Basis nicht hinbekommen, Herr Bouffier? Gelten dann wirklich der Koalitionsvertrag und die Drohung mit dem Eingriff in die Betriebsgenehmigung? Oder stimmt es, was auf allen Fluren erzählt wird, dass Sie tönen, den Kollegen Al-Wazir schon im Griff zu haben, wenn es hart auf hart kommt?

(Manfred Pentz (CDU): So ein Quatsch! Armseliger gehts wohl kaum! So was von niveaulos! – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage einmal in den Raum: Hat hier jemand die Fantasie, sich vorzustellen, was los wäre, wenn diese Passage zu den Lärmpausen und zum Eingriff in die Betriebsgenehmigung nicht in einem schwarz-grünen, sondern in einem rotgrünen Koalitionsvertrag stehen würde? Hat jemand die Fantasie?

(Beifall bei der SPD)

Dann würde Peter Beuth nicht hinter mir, sondern hier vorn ganz in der rechten Ecke sitzen, er wäre noch Generalsekretär, und die Propagandamaschine im Alfred-Dregger-Haus würde längst wieder auf Hochtouren laufen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf können Sie sich aber verlassen.

(Beifall bei der SPD – Manfred Pentz (CDU): Unmöglich, so etwas! – Weitere Zurufe)

Was zählen denn bitte in der Hessen-CDU noch so scheinbar konservative Werte wie Verlässlichkeit politischer Entscheidungen,

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vertrauensschutz, Eigentumsschutz und Rechtstaatlichkeit?

(Manfred Pentz (CDU): Traurig, Herr Weiß! Sie haben es wohl noch nicht überwunden!)

Wenn Sie bereit sind, wegen der Lärmpausen, die nicht Bestandteil der Mediation waren, an die Betriebsgenehmigung und damit an eine rechtskräftig festgestellte Eigentumsposition eines privaten Dritten heranzugehen, wenn Sie schon bereit sind, allein mit dieser Ankündigung nicht nur die Luftverkehrsbranche, sondern die komplette Investitionsbereitschaft der Wirtschaft zu verschrecken – den Anspruch auf Wirtschaftskompetenz und den Anspruch, für die Arbeitsplätze am Frankfurter Flughafen zu kämpfen, haben Sie an diesem Punkt auf dem Koalitionsaltar geopfert, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zum Schluss bleibt es dabei, dass die Lärmpausen nicht weniger Lärm bringen,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wollten Sie jetzt noch einmal?)

dass sie Menschen zusätzlich belasten, dass sie nur unter größtmöglichen Schwierigkeiten überhaupt umsetzbar sind, und wenn, dann nicht regelmäßig und voraussehbar.

Es ist lediglich ein Strohhalm, an den sich Bündnis 90/Die Schwarzen hier klammern.

Hinzu kommt, dass objektiv gar nicht messbar ist, ob durch die Lärmpausen überhaupt eine Verbesserung für die betroffene Bevölkerung eintreten wird. Wenn Sie wirklich ein Interesse daran hätten, die Wirkung zu evaluieren, dann müssten Sie die durch die Lärmpausen betroffenen Gebiete definieren und die Menschen, die dort leben, zweimal repräsentativ befragen, und zwar einmal vorher und einmal nach Einführung der Lärmpausen. Sie müssen sie fragen, wie sie vorher belastet sind und wie sie nachher belastet sind. Nur dann bekommen Sie eine entsprechende Evaluation. Nur dann bekommen Sie ein entsprechendes Ergebnis. Dazu fordern wir Sie auf; denn nur das wäre seriöse Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie einen verlässlichen Lärmpausenkalender präsentieren und empirisch nachweisen können, dass die Lärmpausen subjektiv eine Verbesserung für die Menschen bringen, dann, das will ich Ihnen gerne zugestehen, haben Sie wirklich etwas erreicht. Wenn Sie das nicht liefern können – –

Herr Kollege Weiß, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Letzter Satz, Frau Präsidentin. – Wenn Sie das nicht liefern können, dann sind die Lärmpausen ein Flop.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wenn Sie es mit der repräsentativen Befragung der Bevölkerung nicht einmal versuchen sollten, dann hat dieser Strohhalm von Anfang an nur dem Koalitionsfrieden gedient und war nur weiße Salbe für die Sorgen der Regierung. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Staatsminister Al-Wazir.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat in einem Antrag sehr viele Fragen gestellt. Herr Abg. Weiß hat gerade in seiner Rede auch viele Fragen gestellt. Ich möchte sie jetzt beantworten, soweit das möglich ist. Danach werde ich Ihnen auch noch ein paar Fragen stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

(Heiterkeit des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Der erste Punkt des SPD-Antrags beschäftigt sich – das hat Herr Weiß nicht angesprochen, aber ich nehme den Antrag, den Sie eingebracht haben, ernst – mit den Ausnahmegenehmigungen in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr.

Hierzu sage ich, dass es das Ziel der Landesregierung ist, die Anzahl der Flüge zwischen 23 und 5 Uhr so niedrig wie irgend möglich zu halten und, wo überhaupt noch möglich, weiter zu reduzieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage das deshalb, weil für die Menschen im RheinMain-Gebiet jeder Flug in der sogenannten Mediationsnacht, also zwischen 23 und 5 Uhr, ein besonderes Ärgernis ist. Genau deswegen sehen wir die Reduzierung der Zahl der Ausnahmeflüge als besonders wichtige Aufgabe an.

(Florian Rentsch (FDP): Wie denn?)

Natürlich ist es so, dass es im Luftverkehr Unwägbarkeiten gibt, auf die weder die Airlines noch der Flughafenbetreiber, noch die Landesregierung Einfluss haben. Das betrifft insbesondere die Wetterbedingungen. Die nach dem Planfeststellungsbeschluss möglichen Ausnahmegenehmigungen für verspätete Starts zwischen 23 und 0 Uhr sowie für Starts und Landungen in besonderen Härtefällen werden von der Luftaufsicht nach strenger Einzelfallprüfung erteilt. Die Zahl der in den vergangenen Monaten erteilten Ausnahmegenehmigungen der beiden genannten Fallkategorien betrug null. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, die Zahl Null kann nicht weiter reduziert werden.