Protocol of the Session on November 26, 2015

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Jetzt spricht Frau Staatsministerin Hinz für die Landesregierung. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass das Gesetz heute verabschiedet wird; denn die Fehlbelegungsabgabe ist ein weiteres wichtiges Instrument unserer Wohnungspolitik.

Ich halte sehr viel davon, dass Menschen vom Staat unterstützt werden, wenn sie selbst nicht genügend Einkommen haben, um sich eine frei finanzierte Wohnung zu leisten. Wir wissen, dass das gerade im Ballungsraum der Fall ist; da haben wir besondere Herausforderungen. Aber es ist richtig, dass dies eine Subventionierung mit öffentlichen Mitteln ist. Deswegen halte ich es auch für folgerichtig, dass Menschen, die Gott sei Dank über eine gewisse Einkommensgrenze hinaus mehr verdienen, einen Teil dieser Subventionierung nicht mehr in Anspruch nehmen. Auch dies ist im Sinne sozialer Gerechtigkeit richtig.

Das bedeutet aber nicht, dass die Leute aus dieser Wohnung ausziehen müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Es soll nicht um Verdrängung gehen, sondern gerade darum, dass das öffentliche Geld vor allem denen zugutekommt, die dieser Mittel bedürfen.

Wir gehen bei der Fehlbelegungsabgabe zurückhaltend vor. In vier Stufen wird die Miete angehoben: Erst ab einer Höhe von 20 % über der Einkommensgrenze beginnt die Fehlbelegungsabgabe, und dann nur in Höhe von 30 % der Differenz zur örtlichen Vergleichsmiete, und dann geht das in weiteren Stufen hoch. Das heißt, nach und nach kann erhöht werden, je nachdem, wie sich das Einkommen erhöht. Ich halte das für sozial gerecht.

Wir haben extra ein Gutachten in Auftrag gegeben, um dies zu fundieren, und haben nicht einfach ein altes Gesetz abgeschrieben wie die LINKEN. Herr Kollege Schaus, da hätte ich es mir auch einfach machen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Aber Ihr Gesetz würde überhaupt nicht funktionieren, weil es einfach abgeschrieben ist.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es hat vorher auch funktioniert!)

Mit den 50 % über der Einkommensgrenze würden die Städte überhaupt nichts einnehmen, um wieder in den sozialen Wohnungsbau zu investieren; und die Verwaltungskostenpauschale haben Sie zu hoch angesetzt. Da würden die Städte doppelt draufzahlen, dann lässt man so ein Gesetz besser.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Städte und Gemeinden bei der Erstellung des Gesetzentwurfs frühzeitig eingebunden. Der Städtetag ist voll einverstanden, die Städte, die bei der Anhörung vertreten waren, ebenfalls. Der Landkreistag hat auch kein Problem mit diesem Gesetz. Der Städte- und Gemeindebund hätte die Gesetzesausführung lieber den Landkreisen übertragen – das ist der Punkt, über den wir auch diskutieren –, die Landkreise wollten das aber nicht.

Deswegen haben wir entschieden, und so steht es im Gesetz, dass die Kommunen sich zusammenschließen können, um gemeinsam eine Kommune für die Verwaltung der Fehlbelegungsabgabe verantwortlich zu machen; und diese bekommt einen erhöhten Verwaltungsaufwand vergütet. In dem Sinne ist das auch interkommunale Zusammenarbeit. Aber wir können es den Kommunen nicht freistellen, zu

sagen, die einen nehmen Fehlbelegungsabgabe, die anderen nicht. Das ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Entweder man subventioniert, dann muss man nach gleichen Kriterien subventionieren; oder man nimmt sie zurück, und das geht auch nur nach gleichen Kriterien. Aber Städte können sich nicht aussuchen, ob sie Subventionierung an die örtliche Bevölkerung weitergeben oder nicht.

Ich glaube, dass wir hier einen fundierten Gesetzentwurf vorgelegt haben, der den Realitäten standhalten wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fehlbelegungsabgabe trägt nicht dazu bei, dass es eine soziale Entmischung geben wird; auch das hat die Anhörung gezeigt. Herr Siebel hat schon darauf hingewiesen. Es gibt eine Untersuchung, damals über die Nassauische Heimstätte, aus der hervorging, da ist nichts passiert. Auch die Städte, die bis vor drei Jahren die Fehlbelegungsabgabe erhoben haben, können dies nicht bestätigen.

Umso wichtiger war uns, in diesen Stufen vorzugehen. Das heißt, kein Mensch muss ausziehen, weil Fehlbelegungsabgabe erhoben wird. Aber die Kommunen erhalten zusätzliches Geld aus der Fehlbelegungsabgabe, um zusätzlichen sozialen Wohnraum zu schaffen. Das ist doch das eigentliche Thema, um das es geht. Wir benötigen mehr Wohnraum für die Menschen, die Unterstützung brauchen.

Natürlich sind diese 1 Milliarde € wunderbar, die ich als Ministerin für soziale Wohnraumförderung verausgaben kann. Aber es ist auch sinnvoll, die Kommunen da zu unterstützen, wo sie für sich noch mehr tun können, und das ist über dieses Gesetz jetzt möglich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben sozusagen mehrere Bausteine übereinandergestapelt, um Wohnungspolitik aus einem Guss zu machen. Wir haben das Wohnraumfördergesetz so geändert, dass auch Familien und Singles mit mittlerem Einkommen die soziale Wohnraumförderung in Anspruch nehmen können. Das ist im Ballungsraum besonders wichtig. Die Stadt Frankfurt kann z. B. ihr Mittelstandsprogramm mit dem des Landes kombinieren und damit zusätzlichen Wohnraum noch über das hinaus schaffen, was wir der Stadt Frankfurt an Unterstützung geben. Wir haben die Kappungsgrenze eingeführt. Die Mietpreisbremse wird jetzt in Kraft gesetzt. Die Kündigungssperrfristverordnung wurde aktualisiert und ihre Geltungsdauer um weitere fünf Jahre verlängert.

(Michael Siebel (SPD): Es fehlt nur noch eine Milieuschutzsatzung!)

All das sind wesentliche Komponenten, um die Wohnungspolitik und die soziale Wohnungspolitik in Hessen voranzubringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass sich der Bund jetzt beim Thema Wohnungsbauförderung wieder beteiligt mit den Kompensationsmitteln oder dem 500-Millionen-€-Programm, das die Bundesregierung in Aussicht gestellt hat. Diese 29 Millionen €, die wir dadurch in Hessen generieren, werden wir natürlich für die Wohnungspolitik einsetzen. Wir werden daraus wieder Tilgungszuschüsse leisten können. Dies ist unsere Planung. Herr Kollege Siebel, wenn Sie uns darin

unterstützen, bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich fände es auch klasse, wenn Sie jetzt auch den Gesetzentwurf unterstützen würden; denn ich nehme an, ich habe Ihre Irritationen bezüglich der Kommunen vollständig ausgeräumt, sodass Sie sich nicht enthalten müssen, sondern dem Gesetzentwurf frohen Mutes zustimmen können.

Ich halte es darüber hinaus auch für notwendig, dass die steuerlichen Anreize, die die Bundesregierung in Aussicht gestellt hat, um auch private Investoren am Wohnungsbau zu beteiligen, demnächst ebenfalls auf den Weg gebracht werden; denn es ist richtig, dass wir nicht nur auf die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften zurückgreifen können. Wir brauchen auch die privaten Investoren, die zusätzlich investieren. Wir brauchen Wohnungsbaupolitik auf breiter Front.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein allerletzter Punkt, bevor meine zehn Minuten rum sind. Die Allianz für Wohnen und die Arbeitsgruppe Wohnen aus dem Asylkonvent beraten ja auch, wie wir die Wohnungspolitik in Hessen noch weiter verbessern können. Das 230-Millionen-€-Programm für die Kommunen wurde dort auch schon besprochen im Hinblick auf die Förderrichtlinien. Ich bin daher ganz optimistisch, dass wir darüber hinaus auch die Fragen der Bauordnung sowie der Mobilisierung von weiteren Grundstücken ebenfalls erfolgreich beraten werden. Dann können wir im nächsten Jahr weitere Meilensteine auf den Weg bringen im Hinblick auf eine erfolgreiche Wohnungspolitik in Hessen. – Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Das Wort hat für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Barth. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lenders, ich möchte noch einmal auf Sie eingehen. Habe ich Sie richtig verstanden, die FDP will Menschen subventionieren, die es gar nicht mehr nötig haben? – Da habe ich Ihre Partei bisher anders verstanden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war bei der FDP schon immer so!)

Wir sind schon dieser Meinung: Wer das Glück hat, seine Lebenssituation zu verbessern, aber in einer subventionierten Wohnung wohnen bleiben möchte oder muss, weil anderer Wohnraum nicht vorhanden ist, kann eine Mieterhöhung verkraften.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben gesagt, dabei würde kaum etwas rumkommen. – Bis zum Jahr 2011 haben wir die Fehlbelegungsabgabe erhoben, auch in meiner Heimatstadt Bad Homburg, und wir haben dort zwischen 80.000 und 110.000 € pro Jahr eingenommen, wobei die Verwaltungskosten, die zur Erhebung der Fehlbelegungsabgabe abzuziehen sind, schon einbezogen sind. Also für uns sind das keine Peanuts. Wenn ich das jetzt einmal auf eine gut zehn- bis zwölfmal größere

Stadt wie Frankfurt hochrechne, dann dürften das durchaus rund 800.000 € sein. Auch das ist ein wichtiger Beitrag.

Wir freuen uns darauf, die Fehlbelegungsabgabe wieder einführen zu dürfen. Wir von der SPD sind bereit, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Dazu ist auch die Fehlbelegungsabgabe ein wichtiger Beitrag.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine Bemerkung zu dem machen, was Sie gestern in den Haushaltsberatungen gesagt haben: Wir würden mit unseren regulierenden Instrumenten – Sie haben unter anderem die Mietpreisbremse genannt – den Wohnungsbau einschränken oder abwürgen. Ich glaube, so haben Sie sich ausgedrückt. Nach unserer Beobachtung ist es doch so, dass ein Teil des Wohnungsmarkts boomt, nämlich der hochpreisige. Lofts und Wohntürme in Frankfurt, die Flucht ins Betongold haben wir im kompletten Rhein-Main-Gebiet. Dort brauchen Sie keine Anreize zu schaffen, und dort würgen Sie auch sicherlich nichts ab.

Aber ein Segment des Wohnungsmarkts, das dringend der Unterstützung bedarf, weil hier einfach nicht genügend Angebote vorhanden sind, ist eben der Wohnraum für Menschen, die dafür nicht so viel bezahlen können. Deshalb werden wir uns auch weiterhin für Instrumente wie die Mietpreisbremse und die Fehlbelegungsabgabe einsetzen. Wir hätten uns auch Mehrausgaben für den geförderten Wohnungsbau im Rahmen des Haushalts gewünscht. Auch wünschen wir uns noch eine Milieuschutzsatzung. Dafür, dass hierzu noch ein Gesetzentwurf kommen wird, werden wir uns weiterhin einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Barth. – Dann hat Herr Kollege Lenders für die Freien Demokraten das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie gestatten, dass man, da es keine dritte Lesung geben wird, noch einmal ausführlich über diesen Gesetzentwurf diskutiert. Frau Kollegin, Ihre Aussage zeugt eigentlich nur davon, dass Sie mit einem Klischee im Kopf auf Freie Demokraten reagieren, das Sie einfach einmal überprüfen sollten.

(Torsten Warnecke (SPD): Nein!)

Wenn dies Vertreter von Mieterverbänden oder Mieter im sozialen Wohnungsbau gehört hätten, die jetzt die Fehlbelegungsabgabe bezahlen müssen, wären diese wahrscheinlich vom Donner gerührt gewesen, da hier gerade eine Sozialdemokratin solch einen Spruch macht. Welches Bild zeichnen Sie eigentlich von diesen Menschen, die keine Subventionen mehr brauchen? Sie zeichnen das Bild, als würde der Staat ihnen Tausende Euro hinterherwerfen; als seien es quasi böse Kapitalisten, die nur darauf warteten, Subventionen abzugreifen. Mein Gott, welches Bild zeichnen Sie eigentlich von diesen Menschen? Aber belassen wir es einmal dabei.

Ich frage mich nur, auch nach den Aussagen der Staatsministerin: Heißt das übersetzt, dass gar keiner ausziehen soll, dass es gar nicht gewollt ist? Das heißt übersetzt

nichts anderes: Menschen mit kleinen Einkommen, die etwas über diese Grenzen hinauswachsen – über diese Menschen reden wir hier –, sollen jetzt dazu herangezogen werden, ihren Beitrag zu leisten, damit auch ihre Nachbarn dort, wo ansonsten kein günstiger Wohnraum zur Verfügung steht, günstig wohnen können.