Zum einen werden Dinge herausgerufen, die persönliche Umstände von Abgeordneten betreffen, übrigens auch vom Vorsitzenden dieses Ausschusses, der bekanntermaßen Ihrer Partei angehört.
Er hat erklärt, dass er morgens nicht so früh da sein kann. Als Mutter habe ich dafür viel Verständnis. Ich finde das unsäglich. Herr Bellino, Sie behaupten einfach, es hätte am Anfang der Einsetzung des Ausschusses Ihrerseits ein Angebot auf Formulierung eines gemeinsamen Antrags gegeben. Meine Damen und Herren, das ist schlicht die Unwahrheit.
Ich habe mich über Monate selbst darum bemüht, dass wir einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen. Es ist unsäglich, dass wir der einzige Landtag und das einzige Parlament in der ganzen Bundesrepublik sind, die es nicht hinbekommen, bei diesem sensiblen Thema einen Ausschuss – –
Herr Bellino, ich kann es gern wiederholen. Wir sind das einzige Parlament in der Bundesrepublik Deutschland, das es nicht hinbekommen hat, diesen Ausschuss einvernehmlich einzusetzen.
Weil Sie und die GRÜNEN das abgelehnt haben. Das will ich noch einmal ganz klar sagen. Die Rolle der FDP war damals auch nicht ganz klar.
Kollege Bellino, ich bitte Sie, das Wort „Lüge“ auch bei den Zwischenrufen zu vermeiden. Ich bitte Sie, die Rednerin zu Ende kommen zu lassen.
Sie haben diesen Antrag nicht mit uns gemeinsam unterstützt und schon gar kein Angebot gemacht, etwas gemeinsam auf den Weg zu bringen.
Es ist schlicht die Unwahrheit, etwas anderes zu behaupten. Ich will Ihnen noch einmal sagen: Mit Ihrer Mehrheit haben Sie die Arbeit des Ausschusses über Monate verzögert. Monatelang haben wir keine Unterlagen bekommen und konnten keine Zeugen einladen. In der gesamten Bundesrepublik ist dieser Umgang mit diesem Thema, dieser furchtbaren Mordserie, übrigens einmalig. Es ist unsäglich und unanständig, sich dann hierhin zu stellen und das Gegenteil zu behaupten. Ich weiß nicht, wie Sie noch in den Spiegel schauen können.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehöre dem Landtag seit 2003 an. Dies ist wahrscheinlich eine der mit Abstand wichtigsten Grundsatzdebatten, die wir in diesem Landtag bisher geführt haben. Sie beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses zwischen Parlament und Exekutive – also dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Auf der anderen Seite greift die Debatte in einen ganz wichtigen Bereich ein, nämlich darin, welches die Kontrollfunktionen derjenigen sind, die in einer parlamentarischen Demokratie das Volk gegenüber Institutionen vertreten und die für die Sicherheit dieses Staates und dieser Gemeinschaft sorgen sollen.
Wer unter solchen Umständen eine solche Debatte zum Schluss letztendlich auf die Frage reduziert: „Wer hat wann wie warum sein Kind in den Kindergarten bringen
sondern, Herr Bellino, der verfehlt auch den wahren Kern, um den es in diesem Parlament eigentlich gehen muss.
Ich weiß aus eigener Erfahrung – Kollegin Faeser, Sie haben recht, wir haben damals gesagt, wir enthalten uns; heute würden wir das nicht mehr tun, gerade auch nach dem, was es an Kenntnissen gibt –, dass wir in unseren Funktionen in diesem Parlament auch bestimmte Rollen bedienen müssen, Kollege Bellino, dass ein parlamentarischer Geschäftsführer einer Regierungsfraktion natürlich immer einen Blick auch auf das haben muss, was seine Regierungsfraktion tut, und auf diejenigen, die hinter dieser Regierungsfraktion stehen, die in der Exekutive tätig sind. Die zu verteidigen, ist nicht illegitim. Wenn aber auf der Gegenseite die Verteidigung der Gewaltenteilung des Rechtsstaats steht, dann darf es hier doch definitiv nicht streitig sein, wofür wir uns gemeinsam einsetzen.
Wir setzen uns doch bitte gemeinsam dafür ein, dass die Regierung und die dahinterstehende Exekutive kontrolliert werden, grundsätzlich und in einem besonderen Fall wie diesem, in dem es um eine Mordserie in einer perfiden Art und Weise geht – dass da die Sensibilität dieses Landtags besonders gefordert ist, das muss doch in einer solchen Debatte heute außer Frage stehen.
Deshalb sind wir alle aufgefordert, Situationen entgegenzutreten, die dazu führen, dass es in diesem Lande einen Staat im Staate gibt, der vielleicht „Verfassungsschutz“ heißt, der nach eigenen Regeln arbeitet und sozusagen von einer Regierung „kontrolliert“ wird. Wie kontrolliert wird, das ist eine der Fragen, die der NSU-Untersuchungsausschuss zu klären hat, wie diese Kontrollfunktion stattfindet. Aber es darf niemals eine Institution in diesem Land geben, die von der Kontrolle des Parlaments ausgeschlossen ist. Meine Damen und Herren, darum geht es. Es geht hier um eine Grundsatzfrage der Gewaltenteilung
und darum, dass wir dafür Sorge tragen, dass wir diese Kontrollfunktion auch wahrnehmen können, und es keine Gängelung des Parlaments gibt, die letztendlich dazu führt, dass hier keine vollständige Kontrolle möglich ist. Darum geht es.
Deshalb erwähne ich es noch einmal, die Kollegen der Sozialdemokraten haben bereits darauf hingewiesen: Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juni 2009, die sogenannte BND-Entscheidung, und die legt hierzu alle wesentlichen Grundsätze fest.
Jetzt können wir doch gemeinsam feststellen, und, Herr Kollege Frömmrich, das können Sie doch nicht ernsthaft bestreiten, nach den Reden, die Sie selbst hier im Parlament vor der Landtagswahl gehalten haben – –
Wir alle haben doch eine Geschichte. Sie können sagen, Sie haben Ihre Meinung geändert – aber jetzt so zu tun, als ob Sie diese Reden nie gehalten hätten, das fällt schwer. Können wir denn jetzt nicht gemeinsam feststellen, dass das, was jetzt geschehen ist, zunächst einmal eine Verletzung der Rechte des Parlaments durch die Regierung war?
Zweitens müssen wir jetzt zu einem Verfahren kommen, in dem diese Rechte nicht mehr verletzt werden.
Ich muss ehrlich sagen, ich kann es mir nicht vorstellen, dass ein Parlamentarier, der diesen Parlamentarismus mit Selbstbewusstsein lebt und seiner Aufgabe gerecht werden will, ernsthaft darüber diskutieren möchte, ob geschwärzte Akten dieser Grundlage, über die wir heute reden, nämlich einem Aufklärungsauftrag nachzukommen, wirklich gerecht werden können. Die zweite Frage ist die des technischen Verfahrens: Ist es hier wirklich ernsthaft zu diskutieren, dass, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Abgeordnete beim Bearbeiten der Akten begleiten, definitiv dem Rechnung tragen müssen, dass das Verfahren überhaupt gewährleistet ist? Denn bei der Masse, über die wir hier reden, kann sonst ein ordnungsgemäßes Verfahren gar nicht gewährleistet werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darum geht es doch.
Frau Präsidentin, mein letzter Satz. – Wer sieht, mit wie wenig Manpower dieses Parlament seine Kontrollfunktion hier ausüben möchte,
der sollte nicht ernsthaft darüber streiten, wie das Verfahren zu gestalten ist, sondern wir sollten gemeinsam alles dafür tun, damit wir diese Kontrollfunktion wahrnehmen können und an dieser Stelle nicht vor den Bürgerinnen und Bürgern versagen.