Protocol of the Session on November 26, 2015

eine Klarstellung in dem entsprechenden § 4 hätte erfolgen müssen.

Wirklich enttäuscht uns Freie Demokraten aber, gerade nach den Ausführungen des Kollegen Hofmeister zu dem, was Bibliotheken sind, nämlich dass sie nicht nur Ausleihorte sind, sondern auch Orte der kulturellen Begegnung, an denen gesellschaftliche Integration und außerschulische Medienerziehung stattfinden und damit eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglicht wird, dass daraus nicht der zwingende Schluss gezogen wurde, sie auch als Freizeiteinrichtungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes anzuerkennen und damit eine Öffnung an Sonntagen zuzulassen.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Es ist wirklich schade, dass Sie diesen Weg nicht gehen, der Bevölkerung bei der Freizeitgestaltung nicht entgegenkommen und unsere Bibliotheken nicht an den Tagen in der Woche nutzbar machen, an denen jeder die Zeit und die Muße hat, sie zu nutzen. So aber liegen die Öffnungszeiten parallel zur Berufstätigkeit. Einen Besuch muss man dann ermöglichen können. Damit beschränken Sie leider den Zugang zu unseren Bibliotheken ohne Not.

Ich möchte auf einen letzten Punkt hinweisen – auch zu vorgerückter Stunde –, der allerdings eher ein formaler ist: Ich möchte nämlich für die Freien Demokraten verhindern, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen wird. Herr Hofmeister hat versucht, eine elegante Welle hinzubekommen: von Bibliotheken über historische Gebäude zum Denkmalschutzgesetz.

(Armin Schwarz (CDU): Das war super!)

Herr Kollege Schwarz, das nützt aber nichts; denn was Sie mit diesem Gesetzentwurf machen, nämlich dass Sie über einen Änderungsantrag in der zweiten Lesung einen weiteren Gesetzentwurf dort einbringen und damit einen Gesetzentwurf nur einmal lesen lassen, ist eine Geschichte, die sich ein Parlament nicht bieten lassen kann.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich sehe, dass Sie offensichtlich Schwierigkeiten haben, die Fristen einzuhalten. Aber meines Erachtens hätte es auch schon bei der Einbringung des Entwurfs für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Bibliotheksgesetzes als einem Omnibusgesetz die Möglichkeit gegeben, diesen Art. 2 hinzuzufügen und ihn so wenigstens das normale Anhörungsverfahren durchlaufen zu lassen. So entziehen Sie dem Parlament diese Möglichkeit. Das ist auch der Grund, warum wir dem Gesetzentwurf als Ganzem nicht zustimmen können. Aber wir werden auch bei jedem Versuch der Wiederholung eines solch unparlamentarischen Vorgehens kräftig die Stimme erheben; denn das darf hier nicht einreißen.

(Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Alex, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Die Buchlosen verachten Weisheit und Zucht.“ Das sage ich, um den er

googelten Ho-Chi-Minh-Zitaten einen kleinen Gegenpart zu bieten. Dieses Zitat ist nicht von Ho Chi Minh.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

„Die Buchlosen verachten Weisheit und Zucht“. Das heißt, wir sollten jene unterstützen, die sich um Bücher kümmern, sie sammeln, sie ordnen und sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, und wir sollten gleichzeitig jene unterstützen, die sich ihr Wissen, ihre Kenntnisse oder ihr Vergnügen aus Büchern holen wollen – in öffentlichen Büchereien und anderswo. Das könnte ein gutes Bibliotheksgesetz leisten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Stellungnahmen, die wir von verschiedenen Seiten zu dem Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Bibliotheksgesetzes bekommen haben, beginnen alle mit einem Lob. Wir sind geneigt, wie der Herr Kultusminister gestern zu sagen: Der Gesetzentwurf verfolgt ein hehres Ziel. – Das will ich deutlich anerkennen. Das können auch wir sagen; aber damit ist schon Schluss.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LIN- KEN)

Wir kommen nämlich zu dem gleichen Ergebnis, zu dem meine Fraktion schon vor fünf Jahren gekommen ist und zu dem vor allem auch der Deutsche Bibliotheksverband gekommen ist: Ein Gestaltungswille der Landesregierung ist nicht erkennbar. – Das war schon vor fünf Jahren so. Das hat die damalige Opposition in Gänze so gesehen.

Wir haben nach den marginalen Änderungen, die in diesem Gesetzentwurf vorgenommen wurden – im Wesentlichen sind sie redaktioneller Art; Bücher heißen jetzt „Medienwerke“ –, keinerlei Veranlassung, von dieser Einschätzung abzurücken. Aber wir goutieren die Tatsache, dass Hessen überhaupt ein Bibliotheksgesetz hat, mit einer kraftvollen Enthaltung.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich habe im Zuge der Vorbereitung alle Stadtbüchereien in meinem Wahlkreis besucht und jedes Mal die Frage gestellt: Welche Auswirkungen hat das Bibliotheksgesetz auf ihre tägliche Arbeit? – Die Antwort war immer: Es hat keine Auswirkungen. – Das war auch nicht anders zu erwarten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Vor Ort wird nämlich die Arbeit gemacht, und dort wird das Geld ausgegeben: im Schnitt 20 Öffnungsstunden pro Woche, Feierabend- und Samstagsöffnungen, Veranstaltungen, Zusammenarbeit mit Schulen, Vereinen und freiwilligen Organisationen sowie zumindest im Hauptamt qualifiziertes Personal. Jetzt noch über die Möglichkeit der expliziten Öffnung am Sonntag weitere Begehrlichkeiten vor Ort zu wecken, halten wir als Sozialdemokraten für falsch.

(Beifall bei der SPD)

Deutlicher als der Berufsverband Information Bibliothek kann man es nicht sagen. Deswegen zitiere ich:

Eindeutige Mindeststandards [sind gefordert] im Rahmen eines verbindlichen Bibliotheksentwicklungsplans,

ich habe schon beim letzten Mal darüber gesprochen, dass es nur etwas Uraltes gibt –

die – mit entsprechender garantierter finanzieller Unterstützung des Landes Hessen – ein modernes und tragfähiges Netz aus Bibliotheken sichern und ein zukunftsfähiges Agieren ermöglichen.

„Die Buchlosen verachten Weisheit und Zucht.“ Die Alttestamentler unter Ihnen haben natürlich gemerkt, dass ich im Buch der Sprüche, Kapitel 1, Vers 7, etwas verändert habe, weil es besser passte. Es heißt natürlich nicht: „Die Buchlosen verachten Weisheit und Zucht“, sondern: „Die Ruchlosen verachten Weisheit und Zucht“. Aber im Prinzip sind das ja die Gleichen. – Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LIN- KEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Braucht Hessen ein Bibliotheksgesetz? Ja, eindeutig. Es ist sinnvoll, dass Hessen ein Bibliotheksgesetz hat. Das war auch eine der Empfehlungen der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages, die ihre Empfehlungen schon vor vielen Jahren vorgelegt hat.

Die zweite Frage ist: Braucht Hessen dieses Bibliotheksgesetz, das 2010 in Kraft gesetzt wurde und jetzt fortgeschrieben werden soll? Dazu sage ich eindeutig Nein.

Ein solches Bibliotheksgesetz braucht leider kein Mensch, weil es in der Form dieses Entwurfes vollkommen wirkungslos sein wird. Wenn man ein Bibliotheksgesetz braucht, braucht man natürlich eines, das Standards festlegt, z. B. eine ausreichende Finanzierung sicherstellt und wenigstens irgendetwas regelt. Aber man braucht kein Gesetz, das – wenn Sie ehrlich sind – damals primär eingeführt wurde, weil Aloys Lenz gerne ein Bibliotheksgesetz haben wollte und die FDP und die CDU gesagt haben: Dann macht man ein Gesetz, schreibt aber möglichst nichts hinein. – So ist dieses Gesetz überhaupt erst entstanden.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

So war es, oder? – Herr Rentsch bestätigt das. So war es: Herr Lenz bekam sein Gesetz, aber es steht nichts drin. Ich habe das damals aus zuverlässiger Quelle auch so gehört.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Auf jeden Fall bringt ein Gesetz in dieser Form herzlich wenig, vor allem in der jetzigen Zeit, in der wir eine so angespannte kommunale Finanzsituation haben, dass wir Schutzschirmkommunen haben, die eher dazu gezwungen sind, Bibliotheken zu schließen, und dass Bibliotheken in ihrer Existenz gefährdet sind. Wir erleben an vielen Orten, dass die Öffnungszeiten reduziert werden, immer mehr Arbeit durch Ehrenamtliche und durch Förderkreise gemacht wird, dass auf einmal stationäre Bibliotheken durch Bücherbusse ersetzt werden, die einmal in der Woche montags um 13 Uhr kommen, und man nach einiger Zeit merkt,

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

dass montags alle zwei Wochen um 13 Uhr komischerweise niemand kommt, um ein Buch auszuleihen, sodass das auch noch eingestellt wird.

Das ist doch das praktische Problem, das wir haben: dass die Mittel, die das Land für die Bibliotheken bereitstellt, sich seit Jahren nicht erhöht haben, die Aufgaben aber gewachsen sind und die Bibliotheken nun einmal eine freiwillige Leistung der Kommunen sind – keine Pflichtaufgabe. Ich will nur darauf hinweisen, dass sich die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages dafür ausgesprochen und gesagt hat: Eigentlich müssten Bibliotheken eine Pflichtaufgabe der Kommunen sein. – Das würde natürlich bedeuten, dass das Land sie entsprechend finanzieren müsste.

All das wären Stichpunkte, die man in einem Bibliotheksgesetz regeln könnte: ab welcher Einwohnerzahl, Digitalisierung. – Solche Punkte könnte man dort regeln. Man tut es aber nicht; es ist eben – ich sage einmal – das AloysLenz-Gedächtnis-Gesetz. Das hilft in der Praxis niemandem. Deshalb haben damals alle Oppositionsfraktionen dagegen gestimmt.

Nun hat die FDP versucht, mit einem Änderungsantrag ganz nebenbei die Aufweichung des Sonntagsschutzes in das Bibliotheksgesetz einzuführen, die aber glücklicherweise nicht Eingang gefunden hat. Aber auch ich finde – der Kritik, die Kollegin Beer geäußert hat, will ich mich anschließen –, es ist schwierig, wenn man in der ersten Lesung einen Bibliotheksgesetzentwurf einbringt, eine Anhörung macht und dann den Änderungsantrag einbringt, mit dem man nebenbei auch das Denkmalschutzgesetz noch einmal ändert, das gar nicht in der Anhörung diskutiert worden ist.

Ich finde, da muss man schon von Anfang an ein Artikelgesetz entwerfen, damit man überhaupt die Möglichkeit hat, auch das Denkmalschutzgesetz – in diesem Fall in der Anhörung – zu besprechen. Dies ist kein sauberes Verfahren. Dies könnte man auch anders machen. Ich weiß nicht, in welche Richtung ich jetzt schauen soll: zu SchwarzGrün oder zur Landesregierung. Auf jeden Fall sollte man das anders regeln, auch damit es transparenter ist.

Zum Schluss: Als der Gesetzentwurf 2010 abgestimmt wurde, hat die Kollegin Sarah Sorge, die damals wissenschafts- und kulturpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war, bei der Verabschiedung gesagt: Bei dem Gesetzentwurf weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. – Sie hat damit die Ablehnung der GRÜNEN gegenüber diesem Gesetzentwurf erklärt.

Ich sage einmal für mich: Ich werde nicht in Tränen ausbrechen – weder vor Trauer noch vor Lachen. Aber wir werden dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil er überhaupt nichts bringt, vollkommen wirkungslos und reine Symbolpolitik ist. Ich finde, wenn man etwas für die Bibliotheken in diesem Land tun will, sollte man sie besser ausstatten und dafür sorgen, dass die Kommunen mehr Geld haben, um die Bibliotheken entsprechend zu finanzieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Frau Abg. Wissler, vielen Dank. – Wenn Sie nicht wissen, ob Sie lachen oder weinen sollen, fragen Sie einmal bei Ho Chi Minh danach. Es könnte sein, dass er einen guten Rat hat.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das Wort hat Frau Kollegin Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.