Protocol of the Session on September 24, 2015

Die Landesregierung hat hier sehr schnell reagiert. Sie hat auch reagiert, um zu schauen, wie wir schneller und besser bauen können. Sie hat die Allianz für Wohnen ins Leben gerufen, übrigens auch eine Forderung, die die SPD hatte.

(Michael Siebel (SPD): Sie reden doch gar nicht mit den Leuten in der Allianz!)

Ich bin mir ganz sicher, die Allianz für Wohnen wird dafür sorgen, auch zur Unterbringung von Flüchtlingen, dass Sozialwohnungen schneller und besser gebaut werden können. Dafür ist diese Allianz für Wohnen auch da. Es kann nicht sein, dass allein der Staat dafür sorgt, dass sozialer Wohnraum zur Verfügung gestellt wird.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wer denn sonst?)

Wir haben natürlich die Verantwortung, aber ich glaube, es ist auch eine Aufgabe der Kommunen, und es ist auch eine Aufgabe der Privaten. Wir versuchen, sie alle an einem Tisch zusammenzuführen, um zu schauen, wie man besser, effektiver und schneller bauen kann. Dafür ist diese Allianz für Wohnen sehr gut geeignet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir zeigen in Hessen bei der Unterbringung von Flüchtlingen ein hohes Engagement. Natürlich wollen wir sie zuallererst in Sozialwohnungen, in Wohnungen unterbringen. Es ist doch unser aller Anliegen, dass die Menschen dezentral und gut untergebracht werden. Deswegen legen wir einen Fokus auf den Bau von Sozialwohnungen. Aber dieses Engagement wünsche ich mir auch von der Bundesregierung in der aktuellen Situation. Da muss deutlich mehr kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir müssen auch darüber reden, was passiert, wenn 2019 die Kompensationsmittel auslaufen. Darüber müssen wir ganz verschärft nachdenken, was dann passiert. Denn dann fehlen die Bundesmittel. Dazu habe ich von Ihnen noch nichts gehört, Herr Siebel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie haben auch die Nassauische Heimstätte angesprochen. Ich finde, die Nassauische Heimstätte zeigt viel Engagement, auch in dem Vorschlag, den sie mit den sogenannten Homies zur Unterbringung von Flüchtlingen gemacht hat. Das heißt, es gibt ein Angebot für Kommunen für sehr gute Wohnungen für Flüchtlinge in Modulbauweise, z. B. in Holz, die sehr schnell gebaut werden können, die energetisch sogar supergut sind, die kostengünstig sind. Das hat die Nassauische Heimstätte vorgestellt. Ich glaube, das ist ein sehr gutes Angebot für die Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Frau Kollegin, Sie denken an die Zeit?

Ich komme zum letzten Punkt. – Zu Ihrem Vorwurf, dass die Mittel für die Städtebauprogramme nicht vollständig abgerufen worden sind, möchte ich darauf hinweisen, dass Ministerin Hinz eine Pressemitteilung zu diesem Thema herausgeschickt hat. In dieser Pressemitteilung wird ganz deutlich, dass kein einziger Antrag für das Programm Soziale Stadt, das extrem wichtig ist – da gebe ich Ihnen recht –, abgelehnt worden ist.

(Michael Siebel (SPD): Nur im Bereich der Sozialen Stadt!)

Von daher läuft auch dieser Vorwurf ins Leere, Herr Siebel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Seien Sie so lieb.

Ich bin so lieb. – Zusammenfassend gesagt: Die Landesregierung hat in eineinhalb Jahren extrem viel Engagement gezeigt. Wir werden natürlich daran weiterarbeiten. Darauf können Sie sich verlassen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Das Wort hat Herr Abg. Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat das auf Stadtentwicklung spezialisierte Pestel Institut eine Studie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass deutschlandweit 800.000 Sozialwohnungen fehlen. Dass auch in Hessen eine große Unterversorgung vorhanden ist, ist hinlänglich bekannt.

Von 1991 bis 2014 hat sich der Bestand an Sozialwohnungen von 206.000 auf 110.000 Wohneinheiten halbiert. Alleine in den letzten beiden Jahren sind über 8.200 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Gleichzeitig stieg die Anzahl der gemeldeten Anspruchsberechtigten in Hessen auf 45.000 Haushalte.

Die in den vergangenen Jahren getroffenen Maßnahmen der CDU-geführten Landesregierungen – sei es nun mit der FDP oder, Frau Feldmayer, mit den GRÜNEN – waren zu keiner Zeit in der Lage, diesem dramatischen Verlust an preiswertem Wohnraum etwas entgegenzusetzen. Im Gegenteil, der Abbau der Sozialbindung hat sich in den letzten zwei Jahren noch beschleunigt. Die Entscheidung, mit Mitteln für den sozialen Wohnungsbau – das haben Sie gerade angesprochen – den Bau von Einfamilienhäusern weiter zu fördern, hat sich als wohnungspolitischer Irrweg erwiesen.

Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder, bei allen Haushaltsberatungen, Sonderprogramme zum Bau von 4.000 neuen Sozialwohnungen sowie von weiteren 2.000 Studierendenwohnungen – das gehört auch zum Thema – pro Jahr gefordert und legen seit Jahren entsprechende Haushaltsanträge vor. Diese Anträge wurden von Ihnen Jahr für Jahr abgelehnt.

Dass beim sozialen Wohnungsbau nichts vorangeht, liegt im Übrigen nach meiner festen Überzeugung an der Umressortierung dieses Bereichs vom Wirtschafts- zum Umweltministerium. Dort findet außer Ankündigungspolitik nichts statt, und Ihnen, Frau Ministerin, merke ich ein geringes Interesse an diesem Thema an.

(Lachen des Abg. Ulrich Caspar (CDU))

Durch den anhaltenden Zustrom von Geflüchteten hat sich die Situation weiter zugespitzt, und es ist absehbar, dass der Kampf um die wenigen preiswerten Wohnungen zwischen den seit Jahren gemeldeten Familien und den Ge

flüchteten in absehbarer Zeit in den Städten und Gemeinden große politische Sprengkraft besitzt. Deshalb dürfen wir wohnungspolitisch nicht zum Tagesgeschäft übergehen. Die Nassauische Heimstätte z. B. sollte sich endlich auf ihren Ursprung und ihre Werte zurückbesinnen, die sie seit über 90 Jahren in ihren Leitlinien hat, und sich darauf besinnen, dass sozialer Wohnungsbau, der Erhalt, die Entwicklung und der Neubau, ihr zentrales Geschäft ist und nicht der Verkauf von Eigentumswohnungen an Reiche.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen ein nachhaltiges Wohnungsbauprogramm für Familien mit geringem Einkommen wie für Geflüchtete, damit wir alle hier Lebenden menschenwürdig unterbringen können. Dafür sind aber entsprechende finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen. Frau Feldmayer, da reicht es in der Tat nicht aus, die Mittel um 230 Millionen € in fünf Jahren, im Laufe der Legislaturperiode, zu erhöhen. Denn nach Adam Riese bedeuten 230 Millionen € bei einem Subventionsbedarf pro Wohnung von 100.000 € zusätzliche 2.300 Wohnungen in fünf Jahren, und das ist viel zu wenig. In den kommenden Jahren brauchen wir vielmehr ein Wohnungsbauprogramm, mit dem mindestens 10.000 Wohneinheiten pro Jahr gefördert werden – das ist eine Riesensumme –, weil ansonsten eine Eskalation auf dem Wohnungsmarkt droht.

Das ist durch bloßen Neubau von Wohnungen – das geht nicht so schnell – natürlich nicht möglich. Deshalb müssen wir endlich auch über die Umwandlung von leer stehenden Büroräumen in Wohnungen nachdenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein in Frankfurt stehen rund 1,5 Millionen m² Büroraum leer. Viel von diesem leer stehenden Raum könnte nachhaltig zum Wohnen umgebaut werden.

Der Ministerpräsident hat vorgestern in seiner Regierungserklärung viele Worte zum Thema Flüchtlingsunterbringung gefunden, ohne jedoch konkret zu werden. Warme Worte sind aber auch schon in den vergangenen Jahren genug gewechselt worden.

Wir brauchen endlich schlüssige Konzepte und massive finanzielle Unterstützung der Genossenschaften und der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Schaus, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Caspar für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Koalition steht dafür, dass alle Menschen in Hessen angemessenen Wohnraum finden. Wir nehmen die Herausforderung, die wir jetzt durch die Zuwanderung der Flüchtlinge in unserem Land haben, energisch an. Wir wissen, dass wir hier noch einiges zusätzlich auf den Weg bringen müssen. Ich kann zur Beruhigung der Mitglieder der Opposition sagen: Auch das werden wir meistern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch hier gilt: Erhalt vor Neubau. – Wenn wir uns in Hessen umschauen, erkennen wir, dass wir insbesondere in den ländlichen Regionen ganz erhebliche Wohnungskapazitäten haben. Wir müssen deshalb versuchen, Menschen zu motivieren, auch in diesen Regionen zu bleiben oder sich in diesen Regionen anzusiedeln.

Wie kann uns das gelingen? – Zum einen kann es uns gelingen, indem wir die Infrastruktur im ländlichen Raum ausbauen, um die Erreichbarkeit zu erhöhen und den Ort attraktiver zu machen. Wir müssen uns darum bemühen, dass sich Unternehmen im ländlichen Raum ansiedeln. Denn dort, wo Arbeitsplätze sind und entstehen, gehen auch Menschen hin. Ich glaube, insoweit ist es auch sehr ressourcenschonend, wenn wir uns zunächst einmal damit beschäftigen, wie wir dafür sorgen können, dass die Menschen, die im ländlichen Raum sind, dort bleiben können und dass Menschen dort auch zuziehen, weil sie da Arbeitsplätze finden, wenn wir da welche angesiedelt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir wissen auch, dass es insbesondere im Ballungsraum Rhein-Main einen erheblichen Bedarf nach zusätzlichem Wohnraum gibt. Herr Schaus hat dazu geäußert, wir bräuchten immer noch mehr staatliche Programme.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ohne das geht es nicht!)

Herr Schaus, zunächst einmal möchte ich sagen, dass diese Landesregierung unglaublich viele Programme für den Wohnungsbau auf den Weg gebracht hat. Das waren so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo denn?)

Sie kennen doch die Zahlen. Wenn Sie das nachlesen, sehen Sie, dass wir ein 600-Millionen-€-Programm haben. Wir haben jetzt noch einmal ein 230-Millionen-€-Programm obendrauf gelegt.

Wir wissen aber auch, dass das Engagement des Staates alleine nicht ausreichen wird. Das kann jeder im Kopf nachrechnen. Wir haben allein in Frankfurt pro Jahr einen Zuzug von 15.000 Menschen. Ich sage das, um nur einmal eine Zahl zu nennen. Wenn wir im Rhein-Main-Gebiet zusätzlichen Wohnraum für 50.000 Menschen schaffen wollen und wenn wir davon ausgehen, dass die Menschen im Durchschnitt erheblich weniger Wohnraum als heute haben werden – es werden nur 30 m² pro Person zur Verfügung stehen –, dann brauchen wir 1,5 Millionen m² Wohnfläche. Wenn der Quadratmeter im Durchschnitt 2.000 € kostet, dann brauchen Sie 3 Milliarden €, um 50.000 Menschen zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und sie im RheinMain-Gebiet anzusiedeln.

Da werden Sie doch nicht ernsthaft behaupten, dass wir das Thema so regeln können, wie Sie das in der DDR gelöst haben. Da hat der Staat nämlich die Wohnungen gebaut. Das hat auch da schon nicht funktioniert. In Hessen würde es auch nicht funktionieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Mathias Wagner (Taunus) und Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))