Protocol of the Session on September 23, 2015

Auch wird in der Argumentation über die Jagdzeiten immer wieder die Rote Liste gefährdeter Arten angeführt. Die Roten Listen, die im Zuge der Jagdverordnung genannt sind, haben grundsätzlich den Charakter unabhängiger Expertengutachten. Es sind wichtige Listen; sie sind aber keine amtlichen Verlautbarungen einer Behörde oder Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Roten Listen haben mithin keinen Verordnungscharakter einer staatlichen Stelle. Auf Zuruf kann man keine Rote Liste erstellen.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eigentlich sind sie egal, oder was?)

Das hat schon unser damaliger Umweltminister Jörg Jordan im Jahre 1994 gesagt.

(Beifall bei der SPD)

Das wird auch in der Argumentation zur Jagdverordnung schlichtweg ignoriert. Wie sagte es der Wetterauer Landrat Arnold, SPD, doch so schön in einem Pressebericht:

Die geplanten Regelungen führen zu einer Entmündigung, zu einem Wegfall eigenverantwortlichen Handelns und zu einer weiteren unnötigen Bürokratisierung vonseiten des Landes. Verlierer werden die betroffenen Arten sein, weil jeglicher Anreiz genommen wird, in der intensiv genutzten Agrarlandschaft Rückzugsflächen zu erhalten bzw. neu anzulegen.

Meine Damen und Herren, gleiches Thema, anderer Arnold, CDU.

(Heiterkeit)

Es ist schon sehr bemerkenswert, wenn Herr Kollege Dr. Walter Arnold in einem Schreiben an den Landesjagdverband von einer Kampagne der Jäger, speziell von einer Kampagne des Pressesprechers des Verbandes gegen die CDU spricht.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Die Kollegin Hammann bläst ins gleiche Horn. Auf ihrer Homepage spricht sie in einem Bericht von „massiver Stimmungsmache“ der Jagdverbände.

Meine Damen und Herren, auch ich habe die E-Mails alle bekommen. Ich kann keine Kampagne gegen eine Partei erkennen. Und glauben Sie mir, ich als Sozialdemokrat kenne mich mit Kampagnen gegen die eigene Partei aus.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Der war gut!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang aus einem weiteren Schreiben zitieren.

(Holger Bellino (CDU): Ja, zitieren Sie noch ein bisschen mehr!)

Herr Bellino, ich zitiere aus einem weiteren Schreiben:

Wir wollen eine neue Kultur der Beteiligung für unser Land, in der das Mitmachen und Mitgestalten als Freude empfunden werden.

Das ist ein Zitat aus dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag, Seite 6. Wie Sie, meine Damen und Herren, mit den

Sorgen der Jägerinnen und Jäger umgehen, macht Ihren Koalitionsvertrag zu einer Farce.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in Hessen über 23.000 Jägerinnen und Jäger, mehr als 300.000 Menschen sind hessenweit in Jagdgenossenschaften organisiert, die nicht alle Hurra rufen, wenn eine solche Jagdverordnung die Runde macht.

Herr Kollege Lotz, bitte kommen Sie zum Schluss.

Letzter Satz. – Dieser Konflikt, den wir seit einer Weile haben, ist mit Ankündigung provoziert worden. Die SPDFraktion kritisiert, dass die Jägerinnen und Jäger mit dieser Verordnung allesamt zu einem schießwütigen Haufen degradiert und Vorurteile gepflegt werden.

Das war der letzte Satz, Herr Lotz.

Meine Damen und Herren, ich darf Sie daher auffordern,

Nein.

(Heiterkeit)

unserem Antrag zuzustimmen sowie dem Antrag der FDP. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich bitte, meine Geduld nicht überzustrapazieren; auch letzte Sätze haben einen Punkt. Wenn Sie ihn nicht machen, muss ich ihn halt mal machen.

Als Nächster spricht Kollege Arnold, CDU-Fraktion.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ach, der klärt das jetzt auf! – Heinz Lotz (SPD): Das ist jetzt Arnold II!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! – Es gibt keinen Arnold I oder II; es gibt nur einen hier im Hessischen Landtag. Es gibt noch die Kollegin, aber mit einem zusätzlichen t geschrieben. – Ich möchte den Versuch wagen, das Ganze wieder auf eine sachliche Ebene zu bringen und hoffentlich auch den Kollegen Rentsch wieder ein wenig von seiner Erregtheit herunterzuholen.

Die erste Feststellung, die ich gern treffen möchte, ist, dass wir in der Koalitionsvereinbarung die klare Feststellung

haben: „Das Hessische Jagdgesetz hat in seiner derzeitigen Fassung Bestand.“ Das ist, was das Jagdrecht anbelangt, zunächst einmal eine ganz wichtige Aussage.

Zweitens. Dass wir jetzt an der Jagdverordnung dran sind, ist keine Erfindung der Ministerin Hinz, sondern ich möchte dazu feststellen, dass wir bereits lange, seit der alten Legislaturperiode über diese Jagdverordnung, über die Jagdzeiten und über andere Dinge diskutieren. Ich möchte vor allen Dingen Herrn Kollegen Lotz und andere Kollegen darauf hinweisen, dass wir in dieser neuen Verordnung Einzelverordnungen haben wie die Jagdprüfungsordnung – –

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Kollege Rentsch, passen Sie auf; das ist vielleicht ganz wichtig; damit Sie das einmal erkennen. – Es gibt dort allein fünf Verordnungen rund um die Jagd, die Ende des Jahres 2015 auslaufen, die einfach aufgrund der dortigen Bestimmungen außer Kraft treten. Deswegen wird schon seit gut eineinhalb Jahren über Einzelheiten dieser Jagdverordnung diskutiert. Es kann also keiner sagen, dass er am 25. Juli völlig überrascht einen Entwurf gesehen habe, sondern in vielen Verbänden wurde darüber in vielerlei Hinsicht diskutiert. Das ist das Erste.

(Jürgen Lenders (FDP): Wann hat denn die Anhörung stattgefunden?)

Das Zweite ist – das möchte ich auch deutlich sagen –: Wir haben als Koalition von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an erster Stelle bewusst geschrieben, die Jagd sei „ein erhaltenswertes Kulturgut unserer Gesellschaft“. Dazu stehen beide Fraktionen. Wir haben sicherlich in Bezug darauf, wie das dann in Einzelheiten zu regeln ist, nicht immer ganz deckungsgleiche Ansichten. Aber wir wollen – das sage ich auch bewusst für die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN –, dass dies durch das Gesetz erhalten bleibt und die Jagd durch eine moderne Jagdverordnung so ausgeübt werden kann, dass sie ihren Zweck erfüllt, nämlich einen gesunden und artenreichen Wildbestand in Hessen zu ermöglichen. Die Jägerinnen und Jäger sollen das Gefühl haben, von dem Gesetz und den untergesetzlichen Verordnungen nicht eingeengt, sondern unterstützt zu werden.

(Florian Rentsch (FDP): Jetzt geht es aber in eine andere Richtung!)

Ich sage auch sehr deutlich: Wir haben uns bei der Neuformulierung dieser Jagdverordnung an der einen oder anderen Stelle von Fragen des Tierschutzes leiten lassen. Das haben wir neu bewertet. Wir haben uns auch von Fragen der Ethik und moderner Wildbiologie leiten lassen. Und es sind Regelungen verändert worden. Es ist ein Interessenausgleich zwischen verschiedenen Nutzern im gleichen Naturraum: Jagdrechtsinhaber, Jagdausübungsberechtigte, Landwirtschaft, Waldbesitzer, Naturschutzverbände, Tierschutz- und Umweltverbände sowie Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ich sage aber auch ganz deutlich – ich freue mich, dass bei diesem Tagesordnungspunkt gerade meine eigene Jagdgenossenschaft aus dem Ort, wo ich wohne, dabei ist und zuhören kann –: Wir wollen auch die Interessen der Jäger sowie der Eigentümer des Jagdrechts, der Landwirte und der Waldbesitzer bewahren. Dazu gehören der Schutz des Eigentums, der Erhalt des bewährten Reviersystems und der

Erhalt der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der Jägerschaft.

Jetzt ist doch die große Frage: Was bringt die Jäger im Moment so auf, dass sie Proteste machen und angekündigt haben, am kommenden Samstag einen Protestmarsch nach Wiesbaden zu veranstalten und vor der Staatskanzlei zu demonstrieren? – Das ist ihr gutes Recht. Ich denke, es ist unser aller Interesse, darauf zu achten und mit den Jägern zu sprechen.

Ich habe größtes Verständnis und unterstütze ausdrücklich jeden warnenden Hinweis aus der Jägerschaft, die an ganz unterschiedlicher Stelle vor einer drohenden Bevormundung der Jägerschaft durch die Naturschutzverbände warnt. Ich habe in zahlreichen Diskussionen, auch mit den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN-Fraktion, darüber gesprochen und mir ausdrücklich die Bestätigung geholt, dass diese Annahme grundlos ist. Wir wollen aber in verschiedenen Regelungen auch dafür sorgen, dass zukünftig das Miteinander der verschiedenen Nutzer in der Natur besser stattfindet.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir haben festzustellen, dass unter dem Stichwort „Monitoring“ ein neuer Gedanke in die Jagdverordnung Einzug gehalten hat, der erklärungsbedürftig ist. Das ist gar keine Frage, da sind wir uns einig. Frau Kollegin Hammann, wir sind uns einig, dass wir über diese Dinge noch einmal reden müssen. Wir haben der Ministerin Vorschläge unterbreitet. Sie ist letztendlich für diese Verordnung alleine zuständig. Das entscheiden nicht die Fraktionen. Es ist Sache der Ministerin, diese Verordnung festzulegen.

Das kann fehlinterpretiert werden, und das wurde teilweise fehlinterpretiert. Was Herr Röther als Pressesprecher des Landesjagdverbandes in der Ausgabe 8 des „Hessenjägers“ geschrieben hat, ist mehr als das, was man aus diesem Entwurf der Jagdverordnung herauslesen kann. Da muss man aufpassen, dass man in einem Bereich, in dem die Emotionen sehr schnell hochkochen, nicht übertreibt.

Ich kann mir das Monitoring, also das Zusammengehen von Naturschutzverbänden, von Umweltschutzverbänden und von Jägern, sehr gut vorstellen, wenn es beispielsweisen darum geht, im Biosphärenreservat der Hochrhön, in dem wir ein ganz seltenes Vorkommen einer Birkwildart haben, miteinander zu überlegen, wie wir dieses sehr seltene Vorkommen besser schützen können. Dazu gehört auch die intensive Bejagung des Raubwildes, vielleicht mehr, als das bisher in Hessen geregelt wird. Das können Vorschläge sein, die dann ihren Niederschlag finden.

Monitoring so auszulegen, wie das im „Hessenjäger“ gemacht wurde: „Das bedeutet, dass künftig private Naturschützer mitentscheiden werden, ob eine Bejagung von Feldhase oder Stockente erfolgen darf oder nicht“, das ist nicht beabsichtigt. Das ist nicht die Absicht der Regierungsfraktionen oder gar die Position von Frau Ministerin Hinz.