Protocol of the Session on July 23, 2015

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn nun eine Koalition auf lokaler Ebene in aller Freundschaft an einem Punkt auseinandergeht, dann ist das zu akzeptieren. Wir werden ja bald Kommunalwahlen in Hessen haben. Dann werden wir wissen, wie es weitergeht.

Kolleginnen und Kollegen, die GRÜNEN und die CDU sind in Hessen auf einem erfolgreichen Weg. Ich drücke es einmal so aus: Ein Kieselstein auf einem sonst ebenen Weg wird unsere beiden starken und selbstbewussten Parteien und Fraktionen nicht behindern und schon gar nicht vom Weg der Energiewende abbringen. Wir werden den Weg der Energiewende auf der Basis der Ergebnisse des Energiegipfels von 2011 und der Fortsetzung des Energiegipfels im Jahr 2015 weiterhin gehen.

Als versöhnlicher Abschluss zum Thema Eltville: Ich werde weiterhin für den Riesling aus Eltville und dem Rheingau werben. Er ist der zweitbeste in Hessen und der zweitbeste in der Welt.

(Große Heiterkeit – Widerspruch)

Die Bergstraße hat den besseren Riesling.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Stephan. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

(Günter Rudolph (SPD): Die Regierung hat nichts zu sagen?)

Kollege Günter Rudolph, ich habe eben festgestellt, dass es keine weiteren Wortmeldungen gibt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Tarek hat zur Windkraft nichts zu sagen! – Timon Gremmels (SPD): Feige sind sie auch noch! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, kommen Sie wieder ein bisschen herunter. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist diese Aktuelle Stunde beendet.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Herr Kollege Gremmels, die Debatte ist beendet. Es gibt keine weitere Wortmeldung, auch von Ihnen nicht. Sie wollen sich mit mir doch nicht anlegen. Das würde ich Ihnen nicht raten.

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Keine Drohungen!)

Damit ist diese Aktuelle Stunde beendet. Auch der Kollege Rudolph legt sich nicht mit mir an.

(Günter Rudolph (SPD): Doch, wenn es nötig ist, mache ich es!)

Aber danach. Dann werden wir das untereinander ausmachen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 58, 57 und 81 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend islamistische Radikalisierung konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen – Masterplan gegen religiösen Extremismus auflegen – Drucks. 19/2202 –

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesaktionsprogramm gegen Salafismus und politisch religiösen Extremismus – Drucks. 19/2186 –

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend extremistischem Salafismus und Islamismus insbesondere präventiv entgegentreten – Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Präventionsinstanzen und Sicherheitsbehörden stärken – Drucks.

19/2270 –

Wir führen eine verbundene Debatte mit einer Redezeit von zehn Minuten je Fraktion. Es beginnt die FDP-Fraktion. Herr Kollege Rentsch hat das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir landläufig unter „Salafismus“ subsumieren, ist eine Bewegung, die – ich glaube, da spreche ich für alle Parlamentarier – geeignet ist, unseren freiheitlich-demokratischen Staat erheblich zu bedrohen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Aktivitäten der Salafisten sind ganz klar verfassungsfeindlich. Sie richten sich gegen unsere freiheitliche Lebensweise. Sie wollen, dass unsere demokratische Grundordnung nicht weiterbesteht, und sie wollen einen Gottesstaat errichten. Wer sich mit den Schriften auseinandersetzt, die im salafistischen Umfeld entstehen, wird feststellen: Das Bild, das darin vom Menschen gezeichnet wird, ist erschreckend.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Aufgabe als Parlament ist es, sich solchen Entwicklungen entgegenzustellen.

Wir Freien Demokraten haben seit Beginn dieser Legislaturperiode mehrere parlamentarische Initiativen und bei dem Übergriff im Jugendhaus im Frankfurter Gallusviertel sogar Strafanzeige gestellt. Wir haben bei diesem Thema alles unternommen, was parlamentarisch möglich ist.

Leider haben die Geschehnisse gezeigt, dass wir mit unseren Befürchtungen recht hatten. Kollege Greilich und die anderen Mitglieder meiner Fraktion haben im Innenausschuss – ich selbst im Rechtsausschuss – sehr viele Initiativen und auch sehr viel Sensibilität eingefordert, nicht um zu sagen: „Wir haben bei diesem Thema recht, und andere haben unrecht“, sondern weil wir dabei höchste Aufmerksamkeit an den Tag legen müssen, um diesen Entwicklungen und Tendenzen entgegenzuwirken. In der Frage war ich mir letztens auch mit dem Kollegen Frömmrich einig.

Meine Damen und Herren, wir werden von den aktuellen Entwicklungen wirklich überholt. Bedauerlicherweise müssen wir angesichts der immer weiter steigenden Zahl radikalisierter junger Menschen Bundesinnenminister de Maizière zustimmen, der am 2. Juli im Deutschen Bundestag gesagt hat:

Wir sind … nicht sehr erfolgreich … bei dem Durchbrechen der Prozesse der Radikalisierung mitten unter uns.

Recht hat er. Wir sind nicht besonders erfolgreich.

(Beifall bei der FDP)

Es hat sich gezeigt, es ist absolut richtig, dass sich auch der Hessische Landtag mit dem Thema „Salafismus und radikaler Islamismus“ ausgiebig beschäftigt. Die Anhörung, die wir durchgeführt haben, war mehr als erkenntnisreich. Wir haben in inhaltlicher Breite darüber diskutiert: fast zwei volle Arbeitstage lang, insgesamt 16 Stunden, annähernd 50 Sachverständige bzw. Vertreter von Verbänden und Institutionen. Ich will das hier für alle Parlamentarier sagen: Das war ein Beispiel dafür, dass, wenn man sich in einer Sache einig ist und an einem Strang zieht, in diesem Parlament viel möglich ist.

(Beifall bei der FDP)

Das sind die Fragen, die wir erörtert haben: Was ist eigentlich Salafismus? Was sind die Gründe für seine Ausbreitung? Was können wir tun, um die Radikalisierungstendenzen frühzeitig zu erkennen? Welche Auswirkungen haben die Ausbreitung des Salafismus und die mediale Begleitung, die dort stattfindet, auf die Mehrheit der in Deutschland Gott sei Dank gut integrierten Muslime? Auch diese Frage muss man stellen; denn es gibt viele Muslime, die in Deutschland hervorragend integriert sind und ihre Religion friedlich ausüben, so, wie es der Islam übrigens im ur

sprünglichen Sinne vorsieht. Was können wir also tun, um diesen Menschen bei ihrer Integration weiterzuhelfen, statt sie zu diskreditieren? All das haben wir erörtert. Wie gesagt, ich glaube, dass es da, auch bei der Auswertung, viele Gemeinsamkeiten gibt.

Die Anhörung hat konkrete Ansätze für das aufgezeigt, was wir in Hessen als Gesellschaft machen können; denn es ist nicht nur ein politisches Thema oder ein Thema für den Innenminister, sondern es ist auch eine Frage der Zivilcourage. Ich glaube, dass wir über genau diese Frage diskutieren müssen: Wie können wir die Behandlung dieses Themas in politischer Verantwortung vorantreiben? Welche Rahmen und Leitlinien können wir setzen, damit wir bei dieser Frage auch politisch die richtigen Schlüsse ziehen?

(Beifall bei der FDP)

Wir sind froh, dass außer der LINKEN alle anderen Fraktionen unabhängig davon, dass die Anhörung eine Initiative der FDP-Fraktion war, diesem Ansinnen zugestimmt haben. Wie gesagt, ich kann mich für den konstruktiven Umgang damit nur bedanken. Aus meiner Sicht war das wirklich ein guter Schritt, um bei dem Thema voranzukommen.

Die bereits mehrfach in öffentlichen Verlautbarungen sowohl der Verfassungsschutzämter auf Landesebene und Bundesebene als auch des Staatsschutzes gezeichneten Bilder der Gefährlichkeit der salafistischen Bewegung sind nicht übertrieben. Das, was wir in vielen Medien lesen konnten, werden wir in Hessen leider noch viel drastischer erleben, wie wir feststellen, wenn wir die Zahlen herunterbrechen.

Zur Erinnerung will ich Ihnen in aller Kürze noch einmal Zahlen nennen: Das Rhein-Main-Gebiet ist laut Verfassungsschutz, LKA und BKA zweifellos ein Zentrum der salafistischen Szene. Deutschlandweit sind mehr als 700 Personen bestätigt ausgereist, um in den Reihen des IS zu kämpfen: Menschen aus Deutschland, die in ein Land ausgereist sind, um dort ihren radikalen Theorien mit Gewalt Ausdruck zu verleihen.

Von diesen 700 Personen kommen 120 aus Hessen. Deshalb ist es eine Aufgabe dieses Parlaments, sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen: Was können wir tun, damit diese Zahl sinkt, und um zu verhindern, dass diese Menschen nicht nur in anderen Ländern ihre radikale Theorie umsetzen, sondern auch in Deutschland Anschläge verüben und dabei Menschen schädigen, die ein anderes Meinungsund Gesellschaftsbild haben? Das ist die Frage, um die wir uns kümmern müssen.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt allein in Hessen 1.600 Salafisten. Von 50 der bundesweit über 200 zurückgekehrten Islamisten wissen die Sicherheitsbehörden sicher, dass sie am bewaffneten Kampf teilgenommen haben. Entsprechende Verfahren vor den Gerichten laufen. Mindestens 100 Personen aus dieser Gruppe sind bisher in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen. Das zeigt, dass es da nicht um irgendwelche Sandkastenspiele geht. Im Gegenteil, da wird mit harter Gewalt, mit Waffen und mit anderen Methoden versucht, dieser – ich sage das hier ganz bewusst – kranken Ideologie in der Welt Nachdruck zu verleihen. Dem müssen sich Parlamentarier aller Fraktionen entgegenstellen.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, es ist nicht nur das Befürchten gewaltsamer Auseinandersetzungen, das in den vergangenen Wochen vor allem in Belgien und in Frankreich gezeigt hat, dass das ein europäisches Thema – ein Thema der westlichen Kultur – und wirklich eine Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist. Die Gefährlichkeit dieses Themas ist nicht nur in der – vergleichsweise geringen – Zahl der salafistischen Gefährder und der Rückkehrer aus dem syrisch-irakischen Kriegsgebiet begründet, sondern sie kommt auch daher, dass selbst der derzeit nicht gewaltbereite Teil der hier lebenden Salafisten hochgradig ideologisiert ist und die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung ablehnt. Der Kampf gegen unsere Demokratie beginnt schon damit, die Scharia in Hessen einführen zu wollen und für die Erreichung dieses Ziels um Mitstreiter zu werben. Das, was wir bei diesen Aktionen auf den Straßen teilweise erleben müssen, ist der Anfang davon, die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland – also auch in Hessen – abzuschaffen. Das darf nicht passieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Zum Beispiel lässt sich bei der salafistischen Gruppe in der Baraat-Moschee in Hanau, zu der wir in der Innenausschusssitzung in der vergangenen Woche einen Berichtsantrag gestellt haben, die Tendenz erkennen, dass sich gezielt Zellen herausbilden, die junge Menschen für den Dschihad anwerben. Von den 30 jungen Männern sind bereits fünf nach Syrien ausgereist; einer ist tot, und eine Ausreise konnte Gott sei Dank verhindert werden.