Protocol of the Session on July 23, 2015

Wenn Glyphosat ordnungsgemäß in der Landwirtschaft eingesetzt wird, dann hat die Pflanze nun einmal die Eigenschaft, es komplett zu verstoffwechseln. Es bleiben keinerlei Rückstände übrig. Es kann nur sein, dass der Einsatz von Glyphosat nicht ordnungsgemäß erfolgt ist – das allerdings müsste man dann kritisieren, dann müssten die Ordnungs- und Überwachungsbehörden entsprechend einschreiten.

Wenn wir uns einfach mit den Zahlen befassen – die WHO ist schon genannt worden –: Es gibt ja Grenzwerte. Dass die GRÜNEN nun den Grenzwert des Trinkwassers herangezogen haben, ist bemerkenswert, hat damit aber überhaupt nichts zu tun. Nehmen wir einmal an, wir setzen diese Grenzwerte an, dann müsste ein 4 kg schwerer Säugling jeden Tag 2.778 l Muttermilch trinken, um diese Grenzwerte zu erreichen. Wenden wir die Grenzwerte der WHO an, so müsste jeder Säugling jeden Tag 9.260 l Muttermilch trinken – diesen Säugling müssen Sie mir einmal zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Medien reagieren auf so etwas nun einmal sehr unkritisch. Sie nehmen die Zahlen gleich auf und transportieren sie weiter. Panikmache sollte nicht passieren.

Ich frage mich manchmal, wie man mit so viel Angst vor der Umwelt durchs Leben gehen kann. Ein bisschen mehr Vertrauen auch zu dem, was die Behörden machen, wäre an dieser Stelle sicherlich nicht schlecht.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Martina Feld- mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich glaube, dass auch die WHO und die Bundesbehörden eine sehr gute Arbeit machen und sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen. Gibt es dann einen Anlass zur Sorge, dass dort irgendetwas gesundheitsgefährdend für kleine Kinder ist, dann ist der Weg richtig. Dann muss man Alternativen für Glyphosat suchen. Aber bitte erst einmal wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur Grundlage von Entscheidungen nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE), zur FDP gewandt: Gleich reden wir wieder über Windräder und Infraschall! Dabei ist das mit dem Infraschall wissenschaftlich widerlegt!)

Danke schön. – Als Nächste spricht Staatsministerin Hinz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Abg. Jürgen Lenders (FDP) unterhalten sich quer über den Plenarsaal.)

Vielleicht können Sie draußen weitermachen?

(Florian Rentsch (FDP): Nein! Wir sind in einem Parlament, und da muss man damit leben, dass sich Parlamentarier miteinander unterhalten!)

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass das Thema der Gefahren und der Konsequenzen der Verbreitung von Glyphosat nicht neu ist. Frau Löber, ich finde es einigermaßen vergnüglich, wenn Sie meinen, Sie hätten das Thema als Erste aufgebracht, aber ein wichtiger Punkt, den Hessen dafür leisten kann, dass Glyphosat sich nicht weiter in der Nahrungsmittelkette anreichert, nämlich das Thema ökologischer Landbau, von Ihrem Fraktionskollegen Timon Gremmels als Nischenpolitik bezeichnet wurde, und zwar vor zwei Wochen. Vielleicht sollten Sie sich einigen, in welche Richtung Sie als SPD beim Thema Verbraucherschutz und Ökologie insgesamt laufen wollen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Glyphosat ist die Hauptkomponente des weltweit am häufigsten verkauften Breitbandherbizides, und es wird seit Jahrzehnten in der konventionellen Landwirtschaft sowohl zur Unkrautbekämpfung als auch zur Beschleunigung der Erntereife benutzt. Es tötet alles ab, was grüne Blätter hat.

Zweifelhafte Berühmtheit hat es erlangt – das ist hier schon erwähnt worden –, weil mehr als 70 % aller gentechnisch veränderten Pflanzen weltweit gegenüber Glyphosat unempfindlich gemacht wurden. Deswegen kann es auf diesen Äckern angewendet werden. Es wird dort auch angewendet. Wir bekommen es dann über die Futtermittelimporte auch nach Deutschland. Über diesen Weg kommt es auch in die Nahrungskette.

(Jürgen Lenders (FDP): Das habe ich nicht bestritten! Aber bei den öffentlichen Parkanlagen wird es ein bisschen schwierig!)

Das ist evident, und auch das ist ein Grund, weshalb wir auf heimisch produziertes Futtermittel setzen wollen und auf unsere Eiweißstrategie, die bedeutet, keine gentechnisch veränderten Futtermittel in Hessen zu verwenden. Die Bauern wollen es nicht. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen es nicht. Das ist der richtige Weg, den wir als Hessische Landesregierung einschlagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben seit langer Zeit die andauernde Diskussion über Glyphosat. Aber sie ist aktueller geworden durch die Neueinstufung dieses Stoffes durch die Weltgesundheitsorganisation als möglicherweise krebserregend und mit weiteren vorgelegten aktuellen Studien, von denen nur eine Untersuchung die der Bundestagsfraktion der GRÜNEN mit der Muttermilch war.

Deswegen haben wir bereits in den letzten Ministerkonferenzen – sowohl der Agrarministerkonferenz als auch der Verbraucherschutzministerkonferenz – in diesem ersten Halbjahr Initiativen zu diesem Thema ergriffen.

Was wir auf Landesebene zu diesem Thema machen können – mehr können wir in diesem Lande nicht –, ist, dass wir die grundsätzliche Möglichkeit der Genehmigung der Anwendung auf Nichtkulturland, d. h. allen nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen, also gärtnerisch oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, aussetzen können. Auf den anderen Flächen haben wir als Bundesland keine Möglichkeit. Auch dies ist unbestritten.

Ich sage trotzdem: Wenn wir zurzeit über 150 Genehmigungen in Hessen haben und viele davon nicht auf Flächen wie Bahngleisen oder Energieversorgungsanlagen, sondern Schwimmbädern und Sportanlagen, dann fragt man sich, ob das wirklich sein muss. Da toben Menschen herum, da sind Kinder zugange. Ich finde, da müssen solche Herbizide nicht eingesetzt werden. Deswegen finde ich nach wie vor, dass dieser Erlass goldrichtig gewesen ist, den wir den Kommunen aufgegeben haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es muss in diesen Fällen, wo Unkrautbekämpfung sein muss, mehr auf mechanische und thermische Alternativen gesetzt werden. Wir wissen auch, dass der Eintrag von solchen Mitteln durchaus über Grenzen von Sportanlagen hinwegfliegt. Wir haben außerdem das Problem, dass die biologische Vielfalt durch Glyphosat durchaus eingeschränkt wird. Auch dazu gibt es wissenschaftliche Studien, die unumstritten sind. Das ist eine Frage des Verbraucherschutzes und des Gesundheitsschutzes.

Frau Staatsministerin, ich darf auf die Redezeit der Fraktionen hinweisen.

Ja. – Das andere ist, dass man die biologische Vielfalt in Hessen und darüber hinaus schützen muss.

Ein Punkt ist mir zum Schluss noch wichtig. Was die Neueinstufung angeht, habe ich durchaus Kritik an dem Verhalten des Bundesamtes für Risikobewertung. Wenn es z. B. Leserbriefe als wissenschaftliche Studien einführen will, um bei der EU für eine Verlängerung der Genehmigung des Wirkstoffes zu sorgen, dann greift es nicht auf wissenschaftliche Untersuchungen zurück, wie wir sie uns als Landesregierung, aber auch als Parlament vorstellen.

(Jürgen Lenders (FDP): Aber die Untersuchung der Bundestags-GRÜNEN war es?)

Wissenschaftliche Untersuchungen müssen dem Standard standhalten. Ich glaube, dass, selbst wenn eine Verlängerung möglich ist, der Bund Ausnahmegenehmigungen treffen sollte, damit wir weiterhin Möglichkeiten haben, im Einzelfall die Verwendung glyphosathaltiger Mittel in Hessen einzuschränken. Denn ich glaube, dass man auf diesem Wege viel mehr Verbraucherschutz tätigen muss, als wir das bislang tun können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Damit ist die Aktuelle Stunde zu Tagesordnungspunkt 71 abgehalten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 72 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Nächste Schramme im Lack der Regierung Bouffier – schwarz-grüne Koalition in Eltville unter Führung eines CDU-Staatssekretärs am Thema Wind- kraft gescheitert – in Wiesbaden noch für Windkraft, wenige Kilometer weiter schon dagegen, peinliches und unglaubwürdiges Verhalten der CDU vor der Kommu- nalwahl) – Drucks. 19/2237 –

Als Erster spricht Kollege Rentsch, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an allererster Stelle einen Dank loswerden, ein großes Lob

(Günter Rudolph (SPD): Was?)

an Staatssekretär Ingmar Jung, der trotz der Vorgaben – –

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es muss wahr bleiben, was wahr ist.

(Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Kollege Jung, ich finde schon, dass Sie trotz eines Diktates auf Landesebene klar Kurs gehalten haben. Die

Menschen in Eltville wollten keine Windräder im Stadtwald und haben das mit Mehrheit ausgedrückt.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Sie haben sich nicht von einem politischen Diktat zwingen lassen, diesen Bürgerwillen nicht zu akzeptieren. Dafür meine große Anerkennung.

(Beifall bei der FDP)

Kollege Jung hat aus Überzeugung heraus – lesen Sie, was er gesagt hat und was die Kollegen der Union gesagt haben – mit Vertretern der Freien Demokraten, der Bürgerliste und dem Fraktionsvorsitzenden der SPD gemeinsam diese Entscheidung getroffen, und zwar gegen den Rest der SPD und gegen die GRÜNEN, und hat damit den Koalitionsfrieden in Eltville gebrochen. Er hat gesagt: Mir ist die Entscheidung in der Sache wichtiger als eine Koalition. Was falsch ist, muss falsch bleiben. Ich lasse mich nicht in eine Koalitionsräson zwingen. – Eine solche Entscheidung ist in heutigen Zeiten mit absoluter Hochachtung und Respekt zu behandeln.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Stephan, ich habe unseren Referenten gefragt. Denn Herr Al-Wazir und die GRÜNEN werden gleich Folgendes für die Zuschauer machen. Sie werden sagen, das sei eine einzelne Entscheidung, es gebe in Hessen ganz viele Menschen, die ein Windkraftrad direkt im Vorgarten haben wollten. So wird ungefähr gleich die Rede sein. Herr Stephan, von Ihnen wahrscheinlich auch.

Wie man das zur Vorbereitung einer solchen Rede macht, habe ich unseren Referenten gebeten, einmal aufzuschreiben, wo die Union eigentlich gegen den Bau der Windräder ist. Er hat mir dann den Satz aufgeschrieben: Es ist nicht die Frage, wo die Union gegen den Bau der Windräder ist. Vielmehr ist die Frage, wo sie noch für den Bau der Windräder ist.