Protocol of the Session on July 22, 2015

Diese Bereitschaft zur Selbstkritik und -reflexion, ob man vielleicht irgendetwas falsch gemacht hat – wenn man am Ende niemanden findet, der ein Abschlussdokument unterschreiben will –, meine Damen und Herren, das fände ich wirklich schon sehr angebracht, vor allem, wenn man es dann auch noch schafft, in diesen ganzen Prozess auch noch die Ihnen zugewandten Akteure zu vergraulen und am Ende überhaupt niemanden mehr an Ihrer Seite zu haben.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dann haben Sie die Schuldenbremse aufgeführt. Mit der Schuldenbremse werden jetzt Kürzungen in der Bildung gerechtfertigt. – Für jeden Unsinn in diesem Land ist Geld da,

(Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU) – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

aber wenn es um Soziales und um Bildung geht, dann wird über die Schuldenbremse geredet.

(Zurufe)

Ich sage Ihnen: Wenn Sie mehr Geld für Bildung haben wollen, dann stellen Sie sich doch einmal auf den CDUBundesparteitag

(Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

und halten die Rede, die Sie eben hier gehalten haben. Mir sind keine Initiativen dieser Landesregierung auf Bundesebene für eine Erhöhung der Steuereinnahmen bekannt, damit mehr Geld für Bildung da ist. Dann tun Sie das doch bitte. Halten Sie die Reden nicht hier, sondern in der Kultusministerkonferenz, beim CDU-Parteitag, und vor allem: Starten Sie endlich einmal Initiativen im Bundesrat, damit es höhere Steuereinnahmen für die Bildung in Hessen gibt – wenn Ihnen das ein Anliegen ist.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Ich habe mich gemeldet, weil ich auch noch etwas zum Kollegen Herrn Wagner sagen wollte. Die Stellenkürzungen in der gymnasialen Oberstufe und im Grundschulbereich als Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit zu verkaufen,

(René Rock (FDP): Das ist eine Lachnummer!)

das halte ich wirklich für den Gipfel der Unverschämtheit.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

So zu tun, als sei das ein Ausgleich zwischen oben und unten!

(Timon Gremmels (SPD): Das ist Zynismus!)

Über wen reden wir denn hier? Wir reden über Schülerinnen und Schüler. Wir reden über Kinder und Jugendliche, die Sie gerade gegeneinander ausspielen.

(Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das ist doch schäbig, was Sie hier tun.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Ab- geordneten der FDP – Zurufe von der CDU: Oioioi!)

Als ob die Grenze zwischen oben und unten in diesem Land zwischen Jugendlichen in der gymnasialen Oberstufe und Jugendlichen in anderen Schulformen verlaufen würde – das ist doch lächerlich.

(Zurufe der Abg. Manfred Pentz und Armin Schwarz (CDU))

Es ist die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer, die dadurch gesteigert wird. Sie spielen hier Schulformen gegeneinander aus.

(Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten – Weitere Zurufe der Abg. Armin Schwarz und Kurt Wiegel (CDU))

Die Stellenkürzung ist schon schlimm genug. Das aber noch als einen Akt der sozialen Gerechtigkeit zu verkaufen und als Umverteilung zwischen oben und unten, das ist wirklich perfide. Herr Wagner, das finde ich unwürdig.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie des Abg. René Rock (FDP))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Wagner, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Wissler, weil Sie es ansprechen: Da lohnt jetzt die Debatte. Denn jetzt wird Politik ganz konkret – jenseits von klassenkämpferischen Sprüchen, die Sie sonst gerne machen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das sind doch Ihre Kampfsprüche! – Weitere Zurufe)

Ja, ja aber jetzt einmal langsam, Frau Wissler.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Gerhard Merz (SPD): Was ist daran klassenkämpferisch?)

Frau Wissler, welche Situation haben wir? Wir sind uns einig: Als Land können wir unsere Einnahmesituation nur sehr bedingt beeinflussen.

(Zurufe)

Darin sind wir uns einig.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir sind uns einig: In Hessen haben wir eine bundesweite beispielhafte Lehrerausstattung. Dass die demografische

Rendite im System bleibt, das gibt es in keinem anderen Bundesland.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war die FDP!)

Jetzt lautet die Frage: Wenn kein zusätzliches Geld von der Bundesebene kommt – das können Sie doch fordern, das fordert meine Partei auf Bundesebene auch, da sind wir doch einer Meinung – und wir mit dem Geld auskommen müssen, das wir haben, dann müsste es DIE LINKE erst einmal akzeptieren, dass es in der Politik Zustände geben kann, unter denen man mit dem auskommen muss, was es gibt.

(René Rock (FDP): Herr Wagner, man muss einen Schwerpunkt setzen!)

Frau Kollegin Wissler, was machen wir dann?

(Marjana Schott (DIE LINKE): Herr Wagner, das muss man doch nicht schönreden!)

Frau Kollegin Schott, es scheint ja zu treffen, wenn auch Sie in der Debatte wieder dabei sind. – Frau Kollegin Wissler, was machen wir dann?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wo ist eine Initiative der Landesregierung dazu?)

Was machen wir dann mit dem Problem der Deutschförderung? Was machen wir dann mit dem Problem der sozial indizierten Lehrerzuweisung für Schulen in schwierigen Stadtteilen?

(Zurufe der Abg. René Rock und Wolfgang Greilich (FDP))

Was machen wir dann mit dem Thema Inklusion? Was machen wir dann mit ganztägig arbeitenden Schulen? – Sagen wir dann: „Das lassen wir sein, das hat Zeit“, oder sehen wir zu, wie wir für die Schülerinnen und Schüler, die die Förderung dringend brauchen, diese Ressourcen zur Verfügung stellen?

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP) – Janine Wissler (DIE LINKE): Das geht doch zulasten anderer Schüler!)

Frau Wissler, vor dieser Frage können Sie sich nicht immer drücken, indem Sie, wie beim Metzger, beim Geld sagen: „Darfs ein bisschen mehr sein?“

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dieser Frage müssen Sie sich stellen. Frau Kollegin Wissler, welche Antwort geben Sie den Schülerinnen und Schülern in der Mittelstufe oder in der Grundschule, die ein ganztägiges Angebot wollen? Welche Antwort geben Sie denen – außer: „mehr Geld“? Welche Antwort geben Sie den Flüchtlingen, die bei uns in das Schulsystem einwandern und dringend auf Deutschförderung angewiesen sind – außer: „mehr Geld“?