Protocol of the Session on May 26, 2015

Sehr geehrter Herr Abg. Gremmels, die Landesregierung hat sich an dem durch die Bundesnetzagentur durchgeführten Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan Strom 2024, zweiter Entwurf, durch die Abgabe einer Stellungnahme beteiligt. Die Bundesnetzagentur hat angekündigt, alle Stellungnahmen zum zweiten Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2024 auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Ich bin gerne bereit, den Mitgliedern des Wirtschafts- und Verkehrsausschusses die hessische Stellungnahme vorab mit der ausdrücklichen Bitte zuzuleiten, sie allen interessierten Abgeordneten zur Verfügung zu stellen.

In der gebotenen Kürze will ich festhalten, dass wir in unserer Stellungnahme die Notwendigkeit eines zügigen und bedarfsgerechten Ausbaus der Netzinfrastruktur bestätigt haben, dass wir allerdings grundsätzlich keine Realisierungsmöglichkeiten für zusätzliche, noch nicht im Bundesbedarfsplan stehende HGÜ-Leitungen sehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir es richtig fänden, wenn Planungs- und Genehmigungsverfahren von Netzausbauvorhaben, die in einem engen energiewirtschaftlichen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, auch parallel durchgeführt würden. Wir haben auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir es aus Gründen der Akzeptanz für unerlässlich halten, eine transparente und für die interessierte Öffentlichkeit nachvollziehbare Überprüfung des

energiewirtschaftlichen Bedarfs sämtlicher Netzausbauvorhaben sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen mitteilen, dass der hessische Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus, mit dem wir die Möglichkeiten zur Teilerdverkabelung bei Gleichstromvorhaben nach dem Bundesbedarfsplangesetz erweitern möchten, wie das beispielsweise bei SuedLink der Fall ist, in der Sitzung des Bundesrates am 8. Mai 2015 eine breite Mehrheit gefunden hat. Wir hoffen, dass der Bundesgesetzgeber unserer Initiative folgt.

Frau Abg. Waschke stellt eine Zusatzfrage.

Herr Minister Al-Wazir, ich frage nach. Wenn es richtig ist, dass bei der SuedLink-Trasse bei der Unterschreitung des 400-m-Abstandes zur Bebauung eine Erdverkabelung nicht zwingend vorgesehen ist, sondern lediglich eine Prüfung erfolgen soll, und dass eine bundesweite Regelung wohl nicht kommen wird, stellt sich die Frage: Welche Maßnahmen wird die Landesregierung vornehmen, um den 400-m-Abstand zwingend vorzusehen?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sehr geehrte Frau Abg. Waschke, ich hoffe, dass es eine bundeseinheitliche Regelung geben wird. Ich setze auch auf Ihre Unterstützung beim Bundeswirtschaftsminister, dass das genau so kommt.

Ich will hinzufügen, dass die Regionalversammlung Nordhessen im Regionalplan solche Bestimmungen durchaus schon auf den Weg gebracht hat. Falls Sie beispielsweise nach einem Gesetz auf Landesebene fragen sollten – Niedersachsen hat eines –, kann ich Ihnen sagen, dass der Unterschied zwischen Niedersachsen und Hessen der ist, dass das niedersächsische Gesetz vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes beschlossen wurde. Die meisten Leute, die sich damit auskennen, gehen davon aus, dass dadurch, dass es jetzt das Bundesgesetz gibt, der Bund in dem Fall von der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. Das heißt, wir können jetzt kein eigenes Gesetz mehr machen.

Herr Kollege Gremmels stellt eine Zusatzfrage.

Der Herr Ministerpräsident hat im Zuge des Oberbürgermeisterwahlkampfs in Fulda angekündigt, eine Prüfung des Verlaufs der SuedLink-Trasse durch Thüringen vornehmen zu lassen. Ist das Bestandteil Ihrer Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan 2024?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sie werden die Stellungnahme bekommen. Wir haben uns ausdrücklich mit den Plänen beschäftigt, die von der Bundesnetzagentur bekannt gemacht worden sind. Wir haben ausdrücklich noch einmal gesagt, dass wir aus unserer Sicht Wert darauf legen, dass der energiewirtschaftliche Bedarf transparent und nachvollziehbar überprüft wird. Wir haben ausdrücklich gesagt, dass das aus unserer Sicht auch im Hinblick auf verbindlichere Aussagen über die Notwendigkeit zusätzlicher Netzausbauvorhaben gilt. Wir haben keine eigenen Trassenvorschläge gemacht.

Herr Abg. Rentsch stellt eine Zusatzfrage.

Herr Staatsminister, Sie haben gerade eben von der Initiative des Landes zum Thema Erdverkabelung gesprochen. Von welchen Mehrkosten geht das Land bei einer Erdverkabelung aus?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Das Land ist nicht der Akteur, der in diesem Zusammenhang sagen kann, um welchen Faktor die Erdverkabelung teurer ist. Ich will aber darauf hinweisen, dass zu Beginn der Debatte um die Erdverkabelung manchmal gesagt wurde, das sei um den Faktor 8 teurer. Inzwischen höre ich, dass es auch Leute gibt, die sagen, es sei vielleicht der Faktor 2. Ich glaube, dass wir da technische Fortschritte erleben, die am Ende dazu beitragen können, dass wir an mehr Stellen Erdverkabelung machen können, ohne dass wir eine Kostenexplosion erleben werden.

Aber ausdrücklich gehört für mich zur Wahrheit, dass wir nicht über eine Gesamterdverkabelung reden, sondern über Erdverkabelung dort, wo die Konflikte ganz besonders groß sind, d. h. dort, wo man nahe an Siedlungen ist. Wenn es beispielsweise um Waldgebiete geht, haben Erdverkabelungen einen sehr viel größeren Natureingriff zur Folge als Freileitungen – ich glaube, das ist selbsterklärend. Aber auch wenn es beispielsweise um bestimmte Ackerflächen geht, so gibt es dort inzwischen Proteste gegen die Erdverkabelung – das betrifft den Bauernverband.

Es geht also um Teilerdverkabelung dort, wo die Konflikte groß sind. Aber ich bin dafür, dass man es dort dann auch tut.

Zusatzfrage, Herr Kollege Gremmels.

Ich möchte noch einmal auf das Zitat des Ministerpräsidenten aus dem OB-Wahlkampf in Fulda zurückkommen. Dort sagte er, laut „fuldainfo“ vom 12.02.:

Falls der Nachweis geführt wird, dass die Trasse gebraucht wird, müssen zunächst Alternativen, wie z. B. die Trasse über Sachsen-Anhalt und Thüringen, geprüft werden. Die Argumentation von TenneT, dass die Trasse über Thüringen nicht in Betracht komme, weil sie 60 km länger sei, ist nicht akzeptabel.

Wie hat sich diese politische Aussage des Ministerpräsidenten in die Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan 2024 einbauen lassen? Oder hat der Ministerpräsident von dieser Aussage Abstand genommen?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Ich war nicht im OB-Wahlkampf in Fulda. Ich weiß nicht, ob Sie bei dieser CDU-Veranstaltung dabei waren.

(Florian Rentsch (FDP): Das Zitat ist doch nicht bestritten worden!)

Aus meiner Sicht kann ich dazu nur sagen: Es ist klar,

(Timon Gremmels (SPD): Dass das Wahlkampfgetöse ist!)

dass wir uns mit der Sache beschäftigen. Der Bedarf muss sichergestellt sein. Ich habe sehr deutlich gesagt, dass wir auch immer über die Frage des Wie debattieren. Das Wie heißt natürlich, dass wir auch über die konkrete Trassenführung debattieren.

Noch sind wir gar nicht dort angekommen, sondern momentan reden wir noch über Korridore. Wenn ich das recht im Kopf habe, sind bei der Bundesnetzagentur 33.000 Stellungnahmen eingegangen. Ich bin einmal gespannt, wie die von der Bundesnetzagentur abgearbeitet werden.

Ich rufe die Frage 280 auf. Frau Abg. Cárdenas.

Ich frage die Landesregierung:

Teilt der Kultusminister die fachliche Auffassung des bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Armin Schwarz, der am 12. Mai 2015 in einer Pressemitteilung erklärt hatte: „Es gibt klare pädagogische Grenzen der gemeinsamen Beschulbarkeit von Kindern mit und ohne Behinderungen und Beeinträchtigungen …“?

Herr Kultusminister.

Frau Abg. Cárdenas, die Grundlage für die sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern ist unter anderem § 54 des Hessischen Schulgesetzes. Darin ist geregelt: Wenn an der zuständigen allgemeinen Schule die notwendige sonderpädagogische Förderung nicht oder nicht ausreichend erfolgen kann, „bestimmt die Schulaufsichtsbehörde auf der Grundlage einer Empfehlung des Förderausschusses nach Anhörung der Eltern, an welcher allgemeinen Schule oder Förderschule die Beschulung erfolgt“.

Insofern erkennt das Schulgesetz bereits an, dass es trotz des allgemein wünschenswerten Zieles der gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen oder Beeinträchtigungen im Einzelfall immer auch Grenzen geben kann, denen durch geeignete Entscheidungen Rechnung getragen werden muss.

Zusatzfrage, Frau Abg. Cárdenas.

Herr Kultusminister, wir wissen, dass es in vielen europäischen Ländern keine getrennte Beschulung gibt. Legt das nicht auch aus Ihrer Sicht nahe, dass es sich hier nicht um pädagogische, sondern um politische Grenzen handelt?

Herr Kultusminister Dr. Lorz.

Frau Abg. Cárdenas, wir wissen – das diskutieren wir ganz intensiv etwa in der Arbeitsgruppe 3 des Bildungsgipfels –, dass wir von unterschiedlichen Traditionen herkommen. Natürlich kann die Weiterentwicklung des Schulsystems immer nur auf der Grundlage dessen erfolgen, was vorhanden ist. Das aber ist keine politische Setzung, sondern das liegt zunächst einmal vor. Das entwickeln wir auch im pädagogischen Sinn und vor allem unter Heranziehung der pädagogischen Fachlichkeit weiter.

Zusatzfrage, Herr Abg. Degen.

Herr Kultusminister, zu den Einschränkungen, die Sie eingangs angesprochen haben und die sich im Schulgesetz wiederfinden: Nach meiner Erinnerung handelt es sich dabei um personelle, sächliche und räumliche Einschränkungen, den sogenannten Ressourcenvorbehalt. Habe ich da etwas übersehen, oder wo ist da die pädagogische Einschränkung?

Herr Kultusminister Prof. Dr. Lorz.

Herr Abg. Degen, im Endergebnis ist es immer eine pädagogische Entscheidung, welche Art der Beschulung für das einzelne Kind am besten geeignet ist. Alle Aspekte, die Sie genannt haben, fließen letzten Endes in einer pädagogischen Beurteilung und Entscheidung zusammen.

(Zuruf von der SPD: Falsch!)

Zusatzfrage, Frau Abg. Schott.

Herr Minister, können Sie in diesem Zusammenhang ein Beispiel für pädagogische Grenzen nennen?

Herr Kultusminister.

Frau Abgeordnete, ich möchte mich jetzt nicht aus der Hand in eine sonderpädagogische Fachdiskussion begeben.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aber wenn Sie sich mit unseren Fachleuten unterhalten – wir wissen, dass z. B. der Abg. Degen vom Fach ist und dazu auch eine bestimmte Auffassung vertritt –, dann gehen die von entsprechenden Voraussetzungen aus. Ich kann Ihnen gerne auch entsprechende Einzelfälle heraussuchen, aber ich werde nicht versuchen, hier aus der Hand einen Einzelfall zu konstruieren.