Heraus kam dann der uns allen bekannte Kompromiss. Entgegen aller bisheriger Praxis sollte die Autobahn ab Schwalmstadt erst dann weitergebaut werden, wenn die Gesamtfinanzierung steht. Damit konnten beide Seiten, Schwarz und Grün, prima leben – die GRÜNEN in der Annahme, die Autobahn werde dann sowieso nie gebaut, und die CDU in dem Glauben, man könne dann die gesamte Verantwortung auf Berlin abschieben. Das war die Ausgangslage. Politisch haben wohl beide Seiten gedacht, dass dies eine Win-win-Situation sei.
Die Verlierer dabei sind die Menschen in der Region, die seit vielen Jahren auf die Autobahn warten.
Meine Damen und Herren, für die GRÜNEN schien die Ausgangslage geradezu komfortabel zu sein. Der zuständige Minister konnte durch Nichtstun ein Wahlversprechen der GRÜNEN einlösen. Aber dann wurde der Druck bei den GRÜNEN groß. Dann haben viele Menschen in Hessen gemerkt, dass es einen Unterschied zwischen den GRÜNEN als Oppositionspartei und den GRÜNEN als Regierungspartei gibt.
Fluglärm, Nachtruhe, Terminal 3 und Kali + Salz: Im Regierungsalltag war dann alles ganz anders, als man es noch vor der Landtagswahl im Jahr 2013 gesagt hatte.
Die CDU war offenbar bereit, stillschweigend zu dulden, dass die GRÜNEN bei der A 49 nun endlich eine Trophäe nach Hause bringen würden. Aber jetzt hat Ihnen in Berlin jemand einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn in Berlin ist ein Programm aufgelegt worden; da braucht man – Herr Kollege Rentsch hat es ausgeführt – nur zuzugreifen. Aber man muss auch mal Farbe bekennen und sagen, was man in Hessen machen will.
Der Bund hat ein zusätzliches Investitionspaket in Höhe von 10 Milliarden € beschlossen, 7 Milliarden € allein für die Verkehrsinfrastruktur. Ich möchte dieses Bild vom Elfmeter noch einmal ausdrücklich bestätigen. Das sehen auch wir so. Herr Minister, Sie brauchen für die A 49 nur Engagement zu zeigen, dann haben wir alle Chancen, dass diese Autobahn endlich weitergebaut wird.
Zum Schluss sage ich noch: Wir schließen eine ÖPP, auch wenn wir dem Modell sehr kritisch gegenüberstehen, nicht von vornherein aus. Nur die Menschen in Nordhessen haben die Befürchtung, dass die ÖPP totgeprüft wird. Mittlerweile sind die Mittel aus dem Zukunftsprogramm verbraucht, und dann wird die A 49 wieder nicht gebaut. Daran werden wir Sie erinnern. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal feststellen, dass es im hessischen Interesse ist, wenn die A 49 weitergebaut wird. An Hessen führt bekanntlich kein Weg vorbei. Aber es gibt viele Wege, die noch besser werden können, und daran arbeiten wir.
Die A 49 ist deswegen notwendig, weil sie zum einen für den überörtlichen, den nationalen Verkehr von Nord nach Süd eine Verkürzung der Strecke um 10 km darstellt. Frau Kollegin Wissler hat eben gesagt 569 Millionen € für eine Abkürzung von 10 km würden gar keinen Sinn machen. Sie haben es vielleicht verfolgt oder hätten verfolgen können, welcher wirtschaftliche Schaden an der Schiersteiner Brücke entstanden ist. Daran können Sie sehen, welche großen volkswirtschaftlichen Auswirkungen Umwege für die gesamte Wirtschaft und damit für uns alle haben; damit ist weniger Geld da; es ist auch weniger Geld für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer da. Es ist schon komisch, dass Sie, da Sie immer so tun, als würden Sie sich für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einsetzen, in dieser Frage nicht weit genug gedacht haben.
Es ist zum anderen sinnvoll, diese Straße zu errichten, weil wir alle die demografischen Entwicklungen kennen, die für den nord- und mittelhessischen Raum vorausgesagt wurden. Das beste Mittel gegen negative demografische Entwicklungen ist, dort Arbeitsplätze anzusiedeln; und Arbeitsplätze werden dort angesiedelt, wo es eine gute Infrastruktur gibt. Auch deswegen ist die A 49 notwendig und sinnvoll.
Es ist erfreulich, dass es – bis auf die Fraktion DIE LINKE – in diesem Hause mittlerweile großer Konsens ist, dass der Weiterbau der A 49 richtig ist. Der Koalitionsvertrag wurde hier zitiert; auch da gibt es in Sachen Kompromiss oder Ähnliches überhaupt nichts aufzurufen. Es ist von der Sache her einfach nicht sinnvoll und geboten, dass, wenn man eine Autobahn baut, ein ganz kleines Stück, die letzten 10 km, nicht gebaut wird. Dann würde Folgendes passieren: Die Autobahn würde von beiden Seiten befahren werden, und der Auto- oder Lkw-Fahrer würde den Versuch machen, dieses kleine Stück über Bundesstraßen, indem er durch Orts- oder Stadtteile führe, zu verbinden. Das heißt, wir hätten in diesem Bereich, wo es kein Autobahnstück gibt, eine extreme Mehrbelastung. Aus diesem Grund ist es natürlich sinnvoll, diesen Lückenschluss in einem durchzuziehen und diese Maßnahme mit den entsprechenden Mitteln durchzuführen.
Herr Frankenberger, da Sie erwähnt haben, das Land mache dies nicht und man schiebe es auf den Bund, sage ich Ihnen: Bundesautobahnen sind nun mal Bundessache und vom Bund zu finanzieren und nicht vom Land. Also, Herr Frankenberger, Sie wissen es doch besser.
(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Außer in Verwaltung des Landes, aber das wissen Sie nicht!)
Das Land ist im Rahmen der Auftragsverwaltung für das Planungsverfahren zuständig. Auch dazu wissen Sie, dass die Regierungen der letzten Jahre sowie diese Regierung in dieser Angelegenheit hervorragend gearbeitet haben. Das heißt, wir sind vom Planungsrecht her erheblich weiter als bei der Finanzierung. Die Finanzierung ist, wie gesagt, Bundessache. Herr Frankenberger, daher würde ich es schon begrüßen, wenn Sie gegenüber den Kollegen auf Bundesebene, die mit diesem Bauvorhaben ein Problem haben, einmal notwendige Gespräche führen würden.
Wir jedenfalls setzen uns engagiert für die Finanzierung des Projekts ein. Hierbei ist es uns auch egal, über welchen Topf dies bezahlt wird. Wir wollen, dass die Mittel bereitgestellt werden. Wir als Verkehrspolitiker führen natürlich auch Gespräche auf Bundesebene. Ich hoffe, die anderen Fraktionen, die sich hierfür einsetzen, tun dies in ihren Bereichen auch. Es war egal, ob ich mit dem Bundesverkehrsminister, mit seinem Staatssekretär oder mit Haushaltsoder Verkehrspolitikern auf Bundesebene gesprochen habe, mir wurde immer gesagt: „Herr Caspar, wir kennen das Thema. Ihr Verkehrsminister, Herr Al-Wazir, war ja gerade da und hat sich auch dafür eingesetzt.“ Auch daran können Sie sehen, wie absurd es ist, zu behaupten, dass sich der jetzige Verkehrsminister nicht konsequent für den Ausbau dieser Maßnahme einsetze.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer der Lieblingssätze unseres Ministerpräsidenten ist: Vertiefte Sachkenntnis verhindert die muntere Debatte. – Deswegen waren wohl die Redebeiträge der Kollegen Frankenberger und Rentsch so munter. Ich darf an diesem Punkt einmal sagen: Wenn ich mir im Hessischen Landtag ernsthaft von einem verkehrspolitischen Sprecher der größten Oppositionsfraktion anhören muss, dass es ein durchsichtiger Versuch der Landesregierung sei, die Verantwortung für den Weiterbau der A 49 nach Berlin abzuschieben, dann kann ich nur antworten: Lieber Uwe Frankenberger, BAB 49, Bundesautobahn 49, das ist ein Hinweis darauf, wer für die Finanzierung dieser Maßnahme verantwortlich ist. Jetzt noch einmal, vielleicht ist es manchen entfallen: Ich meine, dass die SPD an der Bundesregierung beteiligt ist, man munkelt es zumindest. Vielleicht muss man an dieser Stelle auch einmal daran erinnern.
Zweite Vorbemerkung. Ich habe es mir in den letzten 15 Monaten verkniffen. Es gab mal einen gewissen Comment. Bürgerliche Parteien, die es wirklich sind, wissen, was das bedeutet. Das bedeutet nämlich, dass sich Amtsvorgänger eigentlich nicht zu den Fachfragen ihrer ehemaligen Ressorts äußern. Dass jetzt die Kollegen Rentsch und Posch sozusagen als Plisch und Plum durch Mittel- und Nordhessen ziehen und wider besseres Wissen Sachen erzählen, die sie selbst besser wissen, das ist schon eine ganz besondere Verrohrung der politischen Sitten.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist eine Unverschämtheit! So etwas Ungezogenes! – Weitere Zurufe von der FDP – Günter Rudolph (SPD): Das ist Arroganz! – Glockenzeichen des Präsidenten)
Eine wesentliche Frage für die Realisierung der A 49 ist die Klärung der Finanzierung. Der Bund ist der Baulastträger. Der Bund hat bisher keine verbindlichen Aussagen zur Finanzierung der A 49 getroffen. Der Bund hat Mittel in Höhe von 76 Millionen € für den Bau des Tunnels Frankenhain zur Verfügung gestellt, für vier Brücken sowie für 1.550 m Autobahnbau. Das ist die Finanzzusage des Bundes. Die Gesamtmaßnahme kostet 570 Millionen €. Es gibt eine Zusage über 76 Millionen €. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Sachlage.
Eine Finanzzusage des Bundes für den Weiterbau im bereits begonnen Abschnitt fehlt bisher. Für die südlich anschließenden Teilabschnitte von Schwalmstadt bis Stadtallendorf und von Stadtallendorf bis zur A 5 haben wir bisher ebenfalls keine Finanzierungszusage.
Ich fasse deshalb zusammen: Nach der derzeitigen Finanzplanung des Bundes sind somit weder die Fertigstellung der VKE 20 noch der Baubeginn und die Realisierung der Verkehrskosteneinheiten 30 und 40 gesichert.
Herr Kollege Rentsch, wenn Sie mich fragen, warum am Ende eine Liste von Herrn Dobrindt in der „Bild“-Zeitung veröffentlicht ist, auf der die A 49 nicht steht, dann kann ich nur erwidern: Da müssen Sie Herrn Dobrindt fragen und nicht die Hessische Landesregierung.
Ich will das ausdrücklich sagen: Auch meine Amtsvorgänger konnten trotz wiederholter Anfragen den Bund nicht zu konkreten Aussagen bezüglich des Weiterbaus der A 49 bewegen.
Programme, die vom Bund zusätzlich aufgesetzt werden, schauen wir uns natürlich an. Natürlich prüfen wir solche Programme, ob es um Straßenbau geht, ob es um Breitband geht, ob es um Schiene geht, ob es um Kommunen geht, damit wir möglichst viel davon nach Hessen lenken können. Herr Rentsch, Sie wissen es doch besser. Sie wissen doch, dass wir über 1 Milliarde € im Straßenbau mehr oder weniger baureif haben und dass der Bund weniger als 100 Millionen € zur Verfügung stellt. Da muss man sich auch in der Opposition ausrechnen können, dass das eine mit dem anderen nicht zusammenpasst. Sie wissen es doch besser.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Was ist mit den Sondermitteln? Haben Sie eigentlich gar keine Ahnung?)
Letzter Punkt. Es bleibt abzuwarten, welche Haushaltsmittel dem Land Hessen für Neubaumaßnahmen, für Ausbaumaßnahmen sowie Erhaltungsmaßnahmen aus diesem Programm zur Verfügung gestellt werden.
Ich will ausdrücklich sagen: Ja, wir wollen die VKE 20 beenden. Natürlich wollen wir das fertig bauen. Der Tunnel auf der einen Seite und der Abschluss bei Bischhausen auf der anderen Seite stehen in einer ziemlich weiten Entfernung zueinander. Es ist eine Baumaßnahme, die begonnen worden ist, die wir fertigstellen wollen. Selbst dafür gibt es keine Finanzierungszusage.
Wir sind aus verkehrlichen Gründen der Auffassung, dass, wenn man von Schwalmstadt in Richtung Stadtallendorf weiterbauen würde, man die Sicherheit braucht, auch an der A 5 anzukommen. Alle, die ein bisschen Ahnung von Verkehrspolitik haben, wissen, dass das hoch sinnvoll ist.
Ich habe mich in diesem Haus an vieles gewöhnt. Aber noch einmal: Vertiefte Sachkenntnis verhindert die muntere Debatte.
Vielleicht sollte die FDP, obwohl sie hochgradig verzweifelt ist, sich an dieser Stelle wieder einmal ein bisschen mehr mit der Sache beschäftigen.