Protocol of the Session on April 30, 2015

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sich die Regelungen, die im letzten Jahr auf der Bundesebene im Aufenthaltsrecht beschlossen worden sind, direkt auf die Arbeit im Petitionsausschuss ausgewirkt haben. Ich glaube, es gibt schon einen Grund, warum nicht sehr viele Petitionen von Syrern bei uns gelandet sind. Das hatte damit zu tun, dass die Aufnahmeprogramme sowohl des Bundes als auch der Länder gewirkt haben. Das zeigt: Wenn man legale Wege der Migration oder der Flucht organisiert, dann kann den Menschen schneller geholfen werden, und es müssen keine „Umwege“ über den Petitionsausschuss gegangen werden. Von daher gesehen, kann ich nur dazu ermuntern, in einer sehr schwierigen humanitären Situation Aufnahmeprogramme aufzulegen.

11 % der anderen Petitionen betrafen den sozialen Bereich. Auch das ist schon erwähnt worden. Bei diesen Petitionen ging es z. B. um Streitigkeiten, die die Gewährung von Sozialleistungen oder das Schwerbehindertenrecht betrafen. Das sind meist sehr schwierige Angelegenheiten, beispielsweise deshalb, weil Menschen auf Unterstützungsleistungen hoffen und bis zur Klärung gewisser verwaltungsrechtlicher Fragen keine finanzielle Grundlage haben. Daher ist es wichtig, dass wir im Petitionsausschuss so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen versuchen.

Wir haben auch erfahren, dass ungefähr die Hälfte aller Petitionen mit „Sach- und Rechtslage“ abgeschlossen wird. Im Volksmund heißt das: negativ entschieden. – Es handelt sich aber nicht um negative Entscheidungen, sondern eine Entscheidung nach „Sach- und Rechtslage“ zeigt, dass der Petitionsausschuss an der getroffenen Verwaltungsentscheidung nichts zu bemängeln hat. In diesen Fällen versuchen wir als Angehörige des Landtags, zwischen dem Bürger und der Verwaltung Brücken zu bauen, indem wir die Rechtsgrundlage erklären, damit der Petent nicht das Ge

fühl hat, er hat sich an den Landtag gewandt, aber ihm wurde nicht geholfen.

Das Petitionsrecht ist ein in der Verfassung verbrieftes Recht. Die Zahl der Petitionen ist aber nicht sehr hoch. Daher müssen wir die Menschen aufklären, informieren und sie immer wieder ermuntern, von ihrem Petitionsrecht Gebrauch zu machen, sich an uns zu wenden und sich nicht davon abschrecken zu lassen, dass die Hälfte der Petitionen nach „Sach- und Rechtslage“ entschieden wird.

Daher bleibt es unsere ständige Aufgabe als Abgeordnete, die Menschen über das Petitionsrecht zu informieren, sei es auf unseren eigenen Homepages oder in den Bürgersprechstunden, die wir abhalten. Ich glaube, es ist schon ein Erfolg, dass wir die Menschen auf dem Hessentag direkt erreichen und dass wir ihnen bei Sprechstunden in Wiesbaden oder vor Ort in den Regionen die Möglichkeit geben, sich zu informieren und auch Petitionen einzureichen.

Ich will kurz etwas zum Thema Onlinepetitionen sagen. Wir haben ja lange darüber diskutiert, ob die Möglichkeit, Petitionen online einzureichen, einen großen Personalaufwand mit sich bringen oder große personelle Kapazitäten binden werde. Die Erfahrungen aus dem letzten Jahr haben gezeigt, dass Onlinepetitionen ein großer Erfolg sind. Ich freue mich, dass Hessen – wenn auch als letztes Bundesland – die Möglichkeit eingeführt hat, Petitionen online einzureichen, und dass die Menschen diese Möglichkeit rege annehmen.

Darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen?

Ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die sich dafür eingesetzt haben, dass auch in Hessen Onlinepetitionen möglich sind: beim Ältestenrat, bei den parlamentarischen Geschäftsführern und bei den Fraktionen.

In dem Sinne schreiten wir weiter voran, sodass sich die Bürgerinnen und Bürger auf kurzen und schnellen Wegen an den Hessischen Landtag, an uns wenden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Das Wort hat Frau Abg. Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Wir besprechen heute den ersten Petitionsbericht Ihrer Amtsperiode, Frau Vorsitzende Andrea Ypsilanti. Er ist wieder ein klarer Beleg für den Umfang der Aufgaben und der geleisteten Arbeit des Petitionsausschusses, zuvorderst allerdings des Petitionsreferats, dem ich im Namen meiner Fraktion für die geleistete Unterstützung ein herzliches Dankeschön aussprechen möchte.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

1.094 Petitionen mit einer großen Bandbreite an Anliegen, darunter Mehrfachpetitionen, an denen über 57.000 Personen beteiligt waren – das sind schon beeindruckende Zahlen. Ich bin sicher, dass in der Amtszeit von Frau Ypsilanti der Petitionsausschuss weiter an Bedeutung gewinnen wird. Schließlich gibt es ja noch weitere Herausforderungen und auch eine durchaus gestiegene Bereitschaft des Petitionsausschusses und des Parlaments, diesen zu begegnen.

An Beispielen für diese Herausforderungen möchte ich nur die zwei meines Erachtens wichtigsten nennen. Die eine ist das weltweite Flüchtlingselend und die zunehmende Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten auch in Hessen. Dies wird sich aller Voraussicht nach – Frau Ypsilanti ist darauf schon eingegangen – in einer steigenden Zahl von Petitionen ausländischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger niederschlagen, die um Bleiberecht bei uns bitten werden.

Die zweite Herausforderung für das Petitionswesen sehe ich in der Notwendigkeit, mehr Bürgernähe herzustellen – eine Herausforderung, der sich angesichts sinkender Wahlbeteiligung das ganze Parlament, ich möchte sogar sagen, der Parlamentarismus als solcher stellen muss.

Zu der ersten Herausforderung. Es hat in der letzten Zeit einige Verbesserungen gegeben – bzw. es sind Verbesserungen angekündigt worden –, die sich auf die Lebens- und Arbeitssituation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern durchaus positiv auswirken können. Sie wurden und werden aber nicht nur aus humanitären Gründen umgesetzt, sondern sie hängen mit Nützlichkeitserwägungen zusammen – ich denke, da sind wir uns alle einig –; denn viele der Geflüchteten, die es schaffen, hierher zu kommen, hatten in ihrem Heimatland eine gute Ausbildung, gute Jobs und dementsprechende Mittel für die Flucht. Das kommt uns mit unserem selbst verantworteten Fachkräftemangel natürlich gut zupass.

Aber was ist mit den vielen anderen, die in diesem Sinne nicht „nützlich“ sind? Wir wissen, humanitäre Erwägungen können im Petitionsausschuss keine – jedenfalls keine entscheidende – Rolle spielen. Aber auch in der sogenannten Härtefallkommission kann nur dann ein Härtefall konstatiert werden, wenn die öffentliche Hand durch den Verbleib dieser Menschen in Deutschland nicht oder nicht wesentlich belastet wird. Für viele dieser Menschen – das wissen wir – ist selbst eine Sicherung des Lebensunterhalts in „überwiegendem Umfang“ nicht machbar, und es ist nur dem engagierten Einsatz der Mitglieder der Härtefallkommission zu verdanken, dass dennoch viele Betroffene bei uns bleiben können. Wir LINKE würden uns wünschen, dass wir deutlich mehr Anstrengungen unternehmen, um mehr Menschen bei uns eine sichere Zukunft zu geben, ohne sie unter Druck zu setzen und ohne ihnen Angst zu machen.

Damit komme ich zum zweiten Punkt: mehr Bürgernähe. Onlinepetitionen haben wir ja nun endlich, aber unsere anderen, seit Jahren vorgetragenen Forderungen sind noch unerfüllt, wie die Forderungen nach öffentlichen Petitionen. Viele Menschen, vor allem jüngere Menschen – Sie haben es eben selbst angeführt, Frau Vorsitzende –, zeichnen inzwischen öffentliche Petitionen mit. Sie verstehen dies als ein zeitgemäßes Mittel politischer Meinungsäußerung und hoffen, dass auch die große Zahl der Mitzeichnerinnen und Mitzeichner in die Bewertung einbezogen und gewürdigt wird.

Beim Thema öffentliche Übergabe ist es leider still geworden. Ich sehe den Zeitraum unter meinem Vorsitz, als eine Reihe von Petitionen mit sehr vielen Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern von ihren Initiatorinnen und Initiatoren öffentlich im Beisein der Presse übergeben wurden, auch heute noch als eine gute, wenn auch etwas chaotische Zeit – eine Zeit, in der der Souverän, die hessische Bevölkerung, selbstbewusst seine Anliegen vorbringen konnte.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir hätten meines Erachtens diese Umbruchzeit aufgreifen und konstruktiv nutzen sollen, statt uns auf das alte „Weiter so“ zurückwerfen zu lassen. Ich würde mir jedenfalls von der Landesregierung eine Überarbeitung des Petitionsgesetzes wünschen, die in Richtung Bürgernähe geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem halten wir folgende Maßnahmen für sinnvoll: ein Selbstbefassungsrecht des Petitionsausschusses, die Einführung des kommunalen Petitionsrechts, die Möglichkeit, dass Petenten ihre Eingabe im Petitionsausschuss vorbringen und begründen dürfen, und ein besonderes Petitionsportal für Kinder und Jugendliche, wie es das Kinderhilfswerk vorschlägt. Es gibt dafür gute Vorbilder in anderen Bundesländern, an denen wir uns orientieren könnten.

Ich wünsche uns eine weiterhin gute Zusammenarbeit im Interesse der Petentinnen und Petenten und ein bisschen mehr Kreativität und Mut, auch neue Wege in Richtung mehr Bürgernähe zu gehen. – Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Rock, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich erst einmal beim Petitionsreferat für die hervorragende Arbeit, die dort geleistet wird, bedanken sowie für die gute Zusammenarbeit mit den Fraktionen und für die gute Unterstützung, die jeder Berichterstatter – meistens extrem unbürokratisch – dort erhält. Dafür geht mein herzlicher Dank ans Petitionsreferat. Ich glaube, darin sind wir alle uns einig.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der SPD)

An dieser Stelle sollte man auch noch einmal unserer Vorsitzenden für die gute Arbeit danken. Frau Ypsilanti hat das bis jetzt sehr kollegial und sehr diplomatisch gehandelt. Auch das ist ganz wichtig. Ein solcher Ausschuss lebt auch davon, wie er geleitet wird. Das hat großen Einfluss auf das Selbstverständnis der Ausschussmitglieder. Darum danke ich Frau Ypsilanti herzlich für ihre Arbeit.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Auch die Ministerien wurden schon erwähnt. Ich würde es so sagen: Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit den Ministerien. Oft ist die Zusammenarbeit sehr gut, gerade mit dem Innenministerium. Aber ich möchte den Ministern, die jetzt hier sind, ans Herz legen, dass sie wiederum ihren Mitarbeitern ans Herz legen, wie wichtig die Petitionsarbeit ist. Ich will mich nicht beschweren; trotzdem möchte ich immer wieder in Erinnerung rufen, dass eine

gute Zusammenarbeit die Grundlage dafür ist, dass wir Abgeordnete den Bürgern helfen können.

(Beifall bei der FDP)

Mein Dank geht an der Stelle auch an meine Kollegen. Ein Ausschuss, der über seine Vorlagen fast immer einstimmig beschließt – annähernd 100 % –, ist eine absolute Seltenheit im Hessischen Landtag. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass alle, die dort aktiv sind, immer versuchen, eine vernünftige Lösung zu finden, und dass die Lösungen aufgrund der Rahmenbedingungen oft vorgegeben sind. Wenn man sich über die Argumente ausgetauscht hat, stellt man oft fest, dass überhaupt nur eine vernünftige Entscheidung möglich ist.

Der Petitionsausschuss ist auch immer wieder ein Jungbrunnen für die Parlamentsarbeit, weil man dort die Kollegialität vorfindet, die in dem einen oder anderen Ausschuss nicht so gegeben ist. Darum geht ein herzlicher Dank an meine Kollegen, mit denen man doch sehr gut zusammenarbeiten kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Warum arbeitet man im Petitionsausschuss mit? Ich kann für mich sagen, ich habe den Eindruck, entweder man liebt den Petitionsausschuss, oder man liebt ihn nicht. Diejenigen, die mit ihrem Herzblut dabei sind, haben auch wirklich Spaß daran, weil es eine besondere Art der Arbeit ist. Die Arbeit von uns Abgeordneten ist oft nur abstrakt – außer im Wahlkreis vielleicht –; denn wir arbeiten an Gesetzen oder brüten über den Berichten der Landesregierung.

Da ist es ein bisschen erholsam – so empfinde ich es zumindest –, wenn man sich tatsächlich mit Schicksalen von Bürgern in ganz speziellen Lebensphasen oder auch mit Ausländerpetitionen auseinandersetzen muss und in dem einen oder anderen Fall tatsächlich helfen kann. Das ist etwas, was uns Abgeordneten nicht an jeder Stelle möglich ist, weil wir oft abstrakt arbeiten müssen. Das macht mir am Petitionsausschuss Spaß, und ich denke, das gilt für die allermeisten, die dabei sind.

Ich möchte noch auf den einen oder anderen Vorredner eingehen. Wir haben uns mit dem Ermöglichen von Onlinepetitionen weiterentwickelt. Wir sind sicherlich noch nicht am Ende des Weges und werden uns überlegen, wie wir noch besser werden können. Da gab es schon den einen oder anderen Vorschlag.

Ich möchte hier einen Gedanken einbringen – ich weiß, dass das etwas schwierig ist –: Wir haben, wenn es um Petitionen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht geht, die Härtefallkommission. Manchmal wünsche ich mir, wir hätten auch für die anderen Petitionen eine Art Härtefallkommission, in der man feststellen könnte, dass die Rechtslage zwar ist, wie sie ist, man den Menschen aber helfen müsste, weil die Fälle eindeutig sind und vielleicht auch nicht verschuldete Härten vorliegen. Auch dafür würde ich mir eine Lösung wünschen, bei der wir die Möglichkeit hätten, zu sagen: Hier muss man eine Ausnahme machen, auch wenn es das Gesetz eigentlich nicht zulässt.

(Beifall des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD))

Das ist ein Endpunkt in dieser Debatte. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit. Ich denke, wir werden diese gute Zusammenarbeit auch in den kommenden Jahren fortsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Ernst-Ewald Roth für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass abgesehen von der SPD-Fraktion die Mitglieder aller Fraktionen einander und all denen, die ihnen zuarbeiten, herzlich danken und sich zum Petitionsbericht äußern. Deshalb sage ich am Anfang meiner Rede ein herzliches Wort des Dankes, ohne die einzelnen Gruppen und die einzelnen Personen zu nennen. Ich meine es so, wie ich es sage – ganz aufrichtig –: einen ganz herzlichen Dank an alle die, die bereits genannt sind.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Da diese Debatte live im Hessenland übertragen wird, will ich darauf aufmerksam machen, dass im Petitionsbericht ein wunderbares Schaubild enthalten ist, das zeigt, wie viele Petitionen positiv, negativ oder teilweise positiv abgeschlossen worden sind. Man kann sagen, das ist ungefähr halbe-halbe.

Eben wurde der Beschluss nach Sach- und Rechtslage erwähnt. Das sind nicht immer negativ abgeschlossene Petitionen; denn wir konnten nur feststellen: Da hat die Behörde im Vorfeld ordentlich gearbeitet, da ist ein ordentlicher Bescheid ergangen, und von daher ist da nichts zu bemängeln.

Aber immerhin knapp die Hälfte der Petitionen wird im Sinne der Petenten positiv oder teilweise positiv entschieden. Da kann geholfen werden. Ich meine, das ist ein deutliches Signal an die Bürgerinnen und Bürger des Landes, sich, wann immer sie mit einer Situation oder einer Entscheidung unzufrieden sind, die Mühe zu machen und eine Petition einzureichen. Der Bericht hat eindeutig belegt, dass sich das lohnt. Deshalb meine Ermutigung: Tun Sie das.