So, wie sie jetzt beantwortet ist – sowohl in NordrheinWestfalen wie auch jetzt hier in Hessen –, ist das ein Lexikon, ein guter Sachstand von dem, was heute digitaler Verbraucherschutz ist.
Natürlich freue ich mich über den Dank für die Art der Beantwortung dieser Anfrage und gebe ihn auch gerne an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unterschiedlichen Ressorts weiter; denn es waren wirklich viele daran beteiligt.
Daran wird deutlich: Digitaler Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Sie betrifft das Schulkind genauso wie die Geschäftsfrau. Sie muss den internetaffinen Rentner genauso in den Blick nehmen wie die Ministerin und auch die Abgeordneten des Hessischen Landtags.
Natürlich bringt jede digitale Neuerung neben den Chancen auch eigene Risiken mit sich. Zum Onlinebanking gehört das Phishingrisiko; zum sozialen Netzwerk gehört der Identitätsdiebstahl oder das Cybermobbing. Das ist hier alles ausführlich nachzulesen, und das hat vielleicht der eine oder andere schon an eigener Haut oder aber auch in seiner Nachbarschaft oder im Freundeskreis erlebt.
Weil diese Antwort auf die Große Anfrage so ausführlich ist, möchte ich sie Ihnen allen ans Herz legen, nicht nur den Fachpolitikern und -politikerinnen. Es ist durchaus lesenswert, wie der Sachstand bei den einzelnen Punkten ist – wenn Sie einmal nachts nicht schlafen können. Am besten legen Sie – Mathias Wagner schaut mich ganz entsetzt an – die Anfrage neben das Bett.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann habe ich ja eine schlaflose Nacht, bei dieser Großen Anfrage!)
Meine Damen und Herren, der digitale Verbraucherschutz in Hessen ist der Landesregierung sehr wichtig. Das wird hoffentlich in dieser Beantwortung deutlich. Dabei spielt auch unser Onlineportal „Verbraucherfenster“ eine wichtige Rolle. Es wendet sich an eine breite Zielgruppe. Denn wichtig ist nicht nur der Verbraucherschutz im Internet oder der Schutz vor dem Missbrauchs des Internets, sondern auch Verbraucherinformation über das Internet. Deswegen ist es sehr gut, dass wir das „Verbraucherfenster“ haben. Wir werden es in diesem Jahr neu aufstellen und mit einem neuen Gesicht veröffentlichen, um darüber noch mehr Menschen zu erreichen.
Es existieren auch weitere zielgruppenspezifische Angebote, etwa das von der Landesregierung geförderte Internetportal für ältere Bürgerinnen und Bürger mit dem wunderbaren Namen „Senioren auf Draht“.
Besonders am Herzen liegt uns, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher gut beraten werden. Wir haben im Land zwei Organisationen, die das leisten, die Verbraucherzentrale Hessen und den DHB – Netzwerk Haushalt. Das sind zwei starke Partner, die sich auch um die Probleme und Fragen des digitalen Verbraucherschutzes kümmern. Das fördern wir finanziell, und zwar ab diesem Jahr mit einem deutlich erhöhten Budget. Wir haben ab diesem Jahr ein
Gesamtvolumen von rund 2,2 Millionen € zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass die Rechtsdurchsetzung für den digitalen Verbraucherschutz dadurch möglich wird, dass die Rechtsabteilung in der Verbraucherzentrale Hessen eingerichtet werden kann. Das ist ein wesentlicher Baustein für den digitalen Verbraucherschutz in Hessen, der neu in Angriff genommen wird.
Ebenfalls ein Projekt mit hessischem Bezug ist das Fenster „lebensmittelklarheit.de“. Hier betreibt die Verbraucherzentrale die Redaktion, und das Projekt ist sehr erfolgreich im Kampf gegen Verbrauchertäuschung. Leider ist es derzeit allerdings in Gefahr, weil der Bund die Finanzierung nicht mehr sicherstellen will. Wir werden nächste Woche bei der Verbraucherschutzministerkonferenz darum kämpfen müssen, dass dieses Erfolgsprojekt weiter finanziert wird. Ich hoffe sehr auf die Unterstützung der anderen Länder und bin mir auch fast sicher, dass wir sie haben werden. Dann sollte der Bund springen und die Finanzierung mit uns gemeinsam auf Dauer sicherstellen.
Es gibt ein weiteres Erfolgsmodell mit hessischer Beteiligung. Wir sind davon überzeugt, wer online einkauft, muss sich auch online beschweren können. Deshalb unterstützen wir den sogenannten Onlineschlichter. Er hilft bei der außergerichtlichen Streitbeilegung, wenn man beim Einkauf im Internet Ärger hat. Das Problem ist gar nicht so marginal. Er hilft bei der außergerichtlichen Streitbeilegung, und das ist ein starker Baustein für unseren Verbraucherschutz.
Ein dritter Punkt ist unsere Aufklärungskampagne zu sozialen Netzwerken. Das ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Innenministerium. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei waren in einem Präventionsmobil unterwegs. Sie gaben den hessischen Verbraucherinnen und Verbrauchern Tipps im Umgang mit dem Internet und den sozialen Netzwerken. Es benutzen zwar viele diese sozialen Netzwerke, aber nicht jeder weiß, wie man sich in diesen sozialen Netzwerken am besten verhält, damit die eigenen Daten nicht missbräuchlich verwendet werden können. Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir solche Formate anbieten und gleichzeitig dazu eine Serie zu diesem Thema im „Verbraucherfenster“ anbieten. Dann haben wir die Information auf der Straße, ganz direkt mit Ansprache der Bürgerinnen und Bürger, und dann kann man noch zusätzlich auf weiterführende Informationen im Internet verweisen, auf die gern zurückgegriffen wird.
Meine Damen und Herren, an diesem Beispiel sehen Sie, dass es bei der Vorbeugung vor digitalen Gefahren wichtig ist, dass viele Akteure an einem Strang ziehen. Ich finde, da ist Hessen auf einem guten Weg.
Ein nächster Punkt ist der Schutz und die Verbraucherfreundlichkeit beim Einkauf mit Smartphone, Tablet und Co. Das ist heute völlig logisch, bei den Jugendlichen noch viel mehr als bei den Erwachsenen und Älteren: Man hat ein Smartphone, man geht auf eine App, und dann kauft man etwas ein. – Hessen hat sich auf Bundesebene und bei der EU für Rechtssicherheit und Transparenz eingesetzt, mit Erfolg übrigens. Denken Sie an den Stopp der Abofallen. Dabei wurden Internetnutzerinnen und -nutzer durch Tricks dazu gebracht, gegen ihren Willen eine kostenpflichtige Bestellung aufzugeben. Die Beschwerden über die Abofallen sind durch die Button-Lösung deutlich zurückgegangen; das ist ein Erfolg.
Außerdem haben wir uns auf Fachministerebene für die Stärkung der Persönlichkeitsrechte in sozialen Netzwerken stark gemacht. Was heißt das? Ganz einfach: Verbraucherinnen und Verbraucher sollen die Möglichkeit haben, ein Kundenkonto zu löschen, wenn sie nicht mehr Teil der sozialen Community sein wollen. Es kann nicht sein, dass einige Anbieter von Onlineprofilen oder Onlinediensten gar keine Löschmöglichkeit bereithalten oder diese so verstecken, dass man sie fast nicht findet, selbst wenn man ein internetaffiner Nutzer ist. Dann hat man wieder das Problem, dass man umständliche Mails schicken oder eben den Onlineschlichter anrufen muss.
Meine Damen und Herren, regulieren ist wichtig, genauso wie Information für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es ist genauso wichtig, junge Menschen zu erreichen wie ältere Menschen, weil das Internet inzwischen überall angekommen ist, sich aber auch noch weiterentwickelt. Deswegen ist die Antwort auf die Große Anfrage ein gutes Kompendium, aber immer ein Zwischenstand. Wir werden uns weiter mit dem Thema beschäftigen müssen, weil sich das Internet und damit die digitale Welt weiterentwickeln. Wir werden auf neue Informationsangebote kommen müssen, und wir werden neue Regelungen, auch Regulierungen schaffen müssen, damit wir uns frei, aber sicher im Internet bewegen können. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin Hinz. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich stelle fest, dass die Große Anfrage damit besprochen wurde.
Große Anfrage der Abg. Wissler, Schaus, van Ooyen, Dr. Wilken (DIE LINKE) und Fraktion betreffend Geheimdienstskandale, Massenüberwachung sowie Grundund Völkerrechtsverletzungen in Hessen – Drucks. 19/1614 zu Drucks. 19/382 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Es hat sich der Kollege Schaus von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Herr Kollege Schaus, Sie haben das Wort.
(Lothar Quanz (SPD): Er hat eine lange Rede! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Er hat doch nur zehn Minuten!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE hat im Mai vergangenen Jahres die vorliegende Große Anfrage betreffend Geheimdienstskandale, Massenüberwachung sowie Grund- und Völkerrechtsverletzungen in Hessen gestellt. Wir wollten schon damals, auf dem Höhepunkt der bundesweiten Debatte über die unglaublichen Enthüllungen von Edward Snowden, von der Landesregierung wissen, ob und wie sie die zahlreichen ungeheuerlichen Vorwürfe einschätzt. Diese Vorwürfe betreffen in besonderem Maße auch Hessen. Denn im Frankfurter USKonsulat sitzt diejenige CIA-Einheit, die unter anderem das Handy von Angela Merkel abgehört hat. In Frankfurt ist der weltweit größte Internetknotenpunkt, der systematisch und massenhaft angezapft wurde. In Wiesbaden und Darmstadt sind große US-Stützpunkte, wobei das DaggerGelände in Darmstadt der größte Geheimdienstkomplex außerhalb der USA ist.
Alle Fraktionen haben sich bisher für Aufklärung und gegen Massenüberwachung ausgesprochen. Von der Notwendigkeit einer internationalen Vereinbarung war die Rede. „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“, sagte die Kanzlerin, usw.
Ich sage es vorneweg: Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage stammt offenbar aus einem weit entfernten Paralleluniversum – einem Paralleluniversum, in dem es die Veröffentlichungen zum NSA-Skandal und die Erkenntnisse des NSA-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag schlichtweg nicht gibt. Ein Zitat der Landesregierung, Seite 7 der Großen Anfrage:
Es ergaben sich zu keinem Zeitpunkt … Anhaltspunkte auf die in den Medien behaupteten Aktivitäten der … (NSA) in … Deutschland.
Ich wiederhole es, weil es so schlicht wie schlimm ist: zu keinem Zeitpunkt, keine Anhaltspunkte auf Aktivitäten der NSA in Deutschland. – Bei solchen Antworten nach dem Motto „Ich weiß, dass ich nichts weiß, aber ich weiß ganz genau, dass ich gar nichts wissen will“ kann man nur noch Zynismus unterstellen.
In der bizarren Traumwelt, in der sich die Landesregierung demnach bewegt, gibt es auch keine Steuerung von USKampfdrohnen von Deutschland aus. Ein Zitat aus der Antwort der Landesregierung – Drucks. 19/1614, Seite 6 –:
Die US-Streitkräfte haben gegenüber der Bundesregierung mehrfach versichert, dass von amerikanischen Einrichtungen in Deutschland bewaffnete Drohneneinsätze weder geflogen noch befehligt werden …
Klar, wenn die US-Streitkräfte das sagen, dann muss es auch so sein. Nur: Warum sagen US-Drohnenpiloten öffentlich genau das Gegenteil? Warum belegen öffentliche Dokumente das Gegenteil? Warum fordern die BundesGRÜNEN lautstark genau hierüber Aufklärung und bezeichnen dies als „Bruch deutschen Rechts und des internationalen Völkerrechts“ – obwohl es das angeblich doch gar nicht gibt, meine Damen und Herren?
In der Welt der Landesregierung gibt es aber auch keine Folter und keine Entführung durch US-Streitkräfte. Dazu weitere Zitate von den Seiten 5, 6 und 12 der Antwort.
Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich über ihre Botschaft in Berlin in einer Stellungnahme vom 15. November 2013 von Folter und Entführungen distanziert. … Zu hypothetischen Fragestellungen gibt die Landesregierung keine Einschätzungen ab.
Die Menschen sind offenbar selbst nach Guantanamo gereist, um freiwillig Waterboarding kennenzulernen. Es gibt auch keine Folterbilder aus dem Irak und keinen Folterbericht des US-Kongresses, dessen öffentlicher Teil 600 Seiten umfasst – ich habe ihn mitgebracht –, in dem bestialische Dinge zu lesen sind. Dieser Bericht hat weltweit Beachtung gefunden, nicht nur als Zeugnis eines wenigstens um Aufklärung des Schlimmsten bemühten US-Parlaments gegenüber den eigenen Geheimdiensten und Militärs, sondern er hat auch deshalb Aufmerksamkeit erregt, weil auch europäische Staaten und ihre Regierungen involviert waren. In der schönen neuen Welt der Landesregierung ist das, was der US-Kongress da aufgeschrieben hat, aber wohl antiamerikanische Propaganda; denn der US-Botschafter hat in Berlin im Jahr 2013 ja gesagt, dass es das gar nicht gibt.
In Frankfurt findet das Anzapfen des weltweit größten Datenknotenpunktes DE-CIX statt. Dort laufen pro Sekunde 3 Terabyte an E-Mail-Daten und Telefongesprächen durch. Der Betreiber, DE-CIX, verklagt jetzt zusammen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichtes den Auslandsgeheimdienst BND, weil der BND zumindest in den Jahren 2004 bis 2008 massenhaft Daten abgegriffen und freundlichst an die NSA weitergeleitet hat. Heribert Prantl, der den Vorgang im Oktober 2014 kommentierte, sprach in der „Süddeutschen Zeitung“ vom „Totalverlust eines Grundrechtes“ und schlussfolgerte, „rechtsstaatliche Kontrolle existiert nicht“. Wie wahr.
Ein BND-Mitarbeiter hat im Bundestag dazu gesagt, die durch den Knotenpunkt in Frankfurt fließenden Daten seien „zum Abschuss freigegeben“. Für die Landesregierung ist das aber kein Thema, weil es die NSA in Deutschland ja gar nicht gibt und weil sie auch gar nicht zuständig ist. Aber immerhin gesteht die Landesregierung zu – Zitat auf Seite 6 –: „... sind auch bei den hessischen Strafverfolgungsbehörden Strafanzeigen erstattet worden, die zentral dem GBA zugeleitet wurden.“ Der Generalbundesanwalt habe im letzten Jahr immerhin einen Prüfvorgang angelegt. Die Landesregierung wartet also wieder einmal ab und hat auch ein formales Argument für ihr Desinteresse.
Keine Verantwortung sieht die Landesregierung offenbar auch für sogenannte Contractors. Hier geht es um Privatunternehmen, die aus Einheiten der US-Geheimdienste ausgegliedert wurden. Beispielsweise war Edward Snowden als Spitzenagent mit Zugriff auf sämtliche Top-Secret-Daten und -Programme gar nicht direkt beim US-Geheimdienst beschäftigt, sondern bei Booz Allen Hamilton, dem zweitgrößten der weltweit agierenden Contractors. Contractors machen die richtige Drecksarbeit – ähnlich, wie es die private Söldnertruppe Blackwater im Irak für die USArmee gemacht hat. Die offizielle Eigenbeschreibung der Tätigkeiten von in Hessen tätigen Contractors ist z. B. Kampfplanung – Combat Service – und militärische Ge
Der Clou ist: In Deutschland begünstigt eine Verbalnote des Auswärtigen Amtes die Tätigkeit dieser ContractorFirmen sogar noch, und sie arbeiten teilweise parallel für deutsche Behörden. Deutschland ist nach Afghanistan das Land mit dem höchsten Budget des US-Militärs – obwohl hier doch eigentlich gar kein Krieg stattfindet. Aber allein in Hessen sind – laut der Antwort der Landesregierung – von Booz Allen Hamilton in den letzten Jahren 84 Privatagenten akkreditiert worden. Insgesamt waren es in Hessen sogar 240 Privatagenten für die US-Armee und für die NSA, die mit einer von der Hessischen Landesregierung erteilten Arbeitsgenehmigung hier spionieren durften und noch dürfen.
Zur Erlangung dieser Genehmigung müssen nach unseren Informationen sowohl die Arbeitsverträge als auch detaillierte Aufgabenbeschreibungen vorgelegt werden. Die Landesregierung wusste demnach genauestens Bescheid, bevor sie diesen 240 Privatagenten die Erlaubnis zur Spionage von hessischem Boden aus offiziell erteilt hat.
Bei dieser Schweigepolitik wundert es nicht, dass in der Antwort der Landesregierung der weltweit größte Contractor, der milliardenschwere Konzern CSC, fehlt. Der hat seinen Deutschlandsitz in Wiesbaden, in Stützpunktnähe. Klar, das ist sehr praktisch. Laut einer älteren Anfrage von uns hat die Landesregierung mehrere Verträge auch mit CSC abgeschlossen.