So viele Menschen auf der Welt, auch wenn ihr es nicht seht, gibt es immer jemanden, der euch versteht.
Bei euch liegt die Wahl, beendet die schweigende Qual, und nehmt euch nicht das Leben, denn euch gibt es nur ein einziges Mal.
Jeder wird geliebt, irgendwo ist immer jemand, der froh ist, dass es euch gibt, lasst euch die Hilfe von anderen geben, sucht nicht nach Worten, die den Tod begründen, sucht nach Gründen für das Leben.
Das hat ein 14-jähriges Mädchen als Gedicht geschrieben, um seinen Altersgenossen, seinen Leidensgenossen einen Weg zu weisen.
Ich glaube, dass wir im Hessischen Landtag das als Aufforderung verstehen sollten, dieses Thema ernst zu nehmen. Es betrifft viele Kinder in unserem Land. Wir sind in der Pflicht, zu überlegen, ob das, was wir bis jetzt tun, genügt, diesen Kindern zu helfen.
Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Geis von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! An anderer Stelle habe ich mich immer sehr darüber gefreut und mir immer gewünscht, dass das Thema Cybermobbing aufgegriffen und konkret angegangen wird. Denn Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt.
Schade, dass unter Schwarz-Gelb fünf Jahre im Regierungshandeln vergangen sind, in denen weder die Kultusministerin Henzler noch die Kultusministerin Beer die Gunst der Stunde genutzt hätte und maßgebliche Schritte in die richtige Richtung gegangen wäre.
Es gab leider immer nur zaghafte Schrittchen bei dem Versuch, das Thema Medienschutz für Kinder und Jugendliche anzupacken.
Umso besser ist es, dass nun der Antrag der FDP vorliegt und der Landtag sich mit dem Problem Cybermobbing befasst, wobei Cybermobbing alleine aus meiner Sicht zu kurz greift. Medienkompetenz und Jugendmedienschutz ist eine Querschnittsaufgabe in der Schule, die fächerübergreifend begriffen werden muss.
Das Bündnis gegen Cybermobbing hat in der „JIM-Studie 2014“ festgestellt, dass sich jeder sechste Schüler, jede sechste Schülerin – Herr Rock, das sind andere Zahlen als Ihre, aber Zahlen gibt es in dem Kontext ziemlich viele – schon als Opfer von Cybermobbing gefühlt hat. Von nachhaltigem Cybermobbing sind laut der Studie 3,4 % unserer Schülerinnen und Schüler betroffen.
Jeder dritte Mobbingfall setzt sich online weiter fort. Das Perfide dabei ist, dass die meisten Fälle von Cybermobbing die Schulöffentlichkeit gar nicht erreichen, sondern im Verborgenen geschehen. Insofern stellt sich die Frage, welche Aussagekraft die von Ihnen geforderte statistische Datenerhebung von Mobbingfällen überhaupt hat.
Wo stehen wir in Hessen? Inzwischen gibt es eine Landeskoordination Projekt Jugendmedienschutz. Dort ist es gelungen, eine dreitägige Fortbildung zu konzipieren, die Jugendmedienschutzberater/-innen für die hessischen Schulen ausbildet. Gut, dass es wenigstens dieses Angebot in Hessen gibt.
In den Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 haben jeweils 60 Lehrerinnen und Lehrer an der Fortbildung teilgenommen. Die dort ausgebildeten Jugendmedienschutzberater/-innen stehen an ihren Schulen einer großen Aufgabe und intensivster Arbeit gegenüber, wobei sie aber nicht zwingend dafür bei der Unterrichtsverpflichtung entlastet werden. Das ist ein weiteres Problem.
Es fehlt in Hessen ein konsistentes Konzept für Jugendmedienschutz an den Schulen. Jede Schule ist auf sich alleine gestellt und muss irgendwie klarkommen. Manche Schulen haben Glück, und im Kollegium sind medienaffine Lehrkräfte, die sich des Themas annehmen können.
Aber was machen diejenigen Schulen, an denen das nicht möglich ist? Es fehlt ein verbindlicher Rahmen, in dem Medienerziehung stattfinden kann. Es sollte an jedem Staatlichen Schulamt ein Koordinator vor Ort zur Unterstützung und Fachberatung der Schulen vorhanden sein,
ebenso wie an jeder Schule in Hessen ein Jugendmedienschutzberater etabliert sein sollte. Schülerinnen und Schüler müssen jemanden haben, den sie kennen, der qualifiziert ist und an den sie sich vertrauensvoll wenden können, wenn sie Mobbing oder Cybermobbing erleiden.
Bei durchschnittlich 60 ausgebildeten Jugendmedienschutzberatern/-innen pro Jahr sind wir bei ca. 1.800 Schulen in Hessen in etwa 30 Jahren an dem Punkt, dass jede Schule einen Jugendmedienschutzberater im Kollegium hat.
Das hat etwas von Sisyphos, wenn wir im Jugendmedienschutz einen Stein den Berg hinaufschieben, der schneller wächst, als wir den Stein schieben können.
Die Eltern sehen bei den neuen Medien die Schulen in der Pflicht. Es muss zwingend auch die Kommunikation mit den Eltern stattfinden, sind sie es doch, die den Nachwuchs mit Smartphone und Co. ausstatten. Auch Eltern müssen informiert werden.
Aber dafür brauchen Schulen Zeit. Sie brauchen Ressourcen, und sie brauchen ein Konzept. Sie brauchen Unterstützung, und das heute und nicht erst im Jahr 2045, obwohl wir davon ausgehen können, dass im Jahr 2045 das Internet wahrscheinlich nicht mehr Neuland ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Geis. – Als nächster Redner hat sich Kollege Veyhelmann von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine beiden Vorredner schon bemerkt haben, ist Cybermobbing längst keine Ausnahmeerscheinung mehr und tritt insbesondere immer mehr an Schulen auf. Das liegt vor allen Dingen daran, dass junge Menschen verstärkt über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter usw. miteinander kommunizieren. Junge Menschen sind natürlich hier mangels Lebenserfahrung in einer äußerst schwierigen Situation und wissen sich oftmals nicht zu helfen.
Der Antrag der FDP setzt somit vordergründig an der richtigen Stelle an. Allerdings ist der Sprung in die durchaus richtige Richtung meiner Meinung nach zu kurz angesetzt. Grundsätzlich ist Cybermobbing inzwischen ein gesamtgesellschaftliches Problem mit derart vielen Facetten, dass auch nur eine Betrachtung des Phänomens in seiner Gesamtheit einen Sinn macht.
Wenn wir das Problem nur auf Schule und deren Umfeld reduzieren, dann werden auch die Möglichkeiten, Cybermobbing zu bekämpfen, ins Leere laufen. Wohlgemerkt: Ich spreche hier nicht gegen die Suche nach Unterstützung und Lösungen für Schülerinnen und Schüler im Umgang mit den neuen Medien. Wir werden aber nur dann Lösungen finden, wenn wir auch im gesamten Lebensumfeld ansetzen,
sonst werden vermeintliche Lösungen lediglich zur Kosmetik der Ergebnisse, aber nicht zum Beheben von Ursachen dienlich sein. Dazu zitiere ich aus der „JIM-Studie 2012“ – JIM heißt Jugend, Information und Multimedia –:
Eine öffentliche Diskussion, die … nur die Schattenseiten in den Blick nimmt, geht an der Realität vorbei. Nimmt man die Gefahren und die Probleme wahr, ist es eben eine wichtige und notwendige Auf
gabe, Kinder und Jugendliche hierauf vorzubereiten bzw. Rahmenbedingungen zu schaffen, die sie vor entsprechenden Inhalten und Problemen schützen. Ein Verzicht schiebt diese Probleme nur auf und lässt Jugendliche in der von Erwachsenen geschaffenen Medienwelt alleine.
Wer diese Studie genau liest, der erkennt auch hier, obwohl es sich eigentlich um eine Studie über die allgemeine Welt der jungen Menschen handelt, dass die Betrachtung des Problems Cybermobbing ohne ein detailliertes Eingehen auf das Umfeld in einer Gesellschaft keinen Sinn macht.
Herr Rock, Ihr Antrag müsste hier und heute, würden wir in eine Abstimmung gehen, eigentlich abgelehnt werden; denn vieles wird schon umgesetzt, manches ist nicht umsetzbar. Doch dieses Thema ist nach unserer Auffassung zu wichtig, um einfach so abgetan zu werden. Beim Umgang mit diesem Thema ist vor allem eine genaue Bestandsaufnahme vorhandener Überlegungen anzustellen und diese in der Umsetzung mit ergänzenden Hinweisen aus der Praxis zu koordinieren.
Frau Geis, Sie bemängeln, dass in den vergangenen Jahren eigentlich nichts passiert sei. Ich habe extra diesen „kleinen“ Stapel Papier mitgebracht. Das sind alles Hinweise auf Maßnahmen, die seitens der Hessischen Landesregierung nicht nur seit dieser Legislaturperiode, sondern auch davor angegangen wurden und in der Umsetzung sind.
Die Fraktion der CDU nimmt die Situation rund um den negativen Gebrauch neuer Medien sehr ernst und lässt junge Menschen ebenso wie Erwachsene keinesfalls mit dem Problem des Cybermobbings allein. Die CDU-Fraktion ist daher auch für die Verweisung in den Fachausschuss, um die für Schulen möglichen Lösungswege bzw. unterstützende Maßnahmen auch mit dem nötigen Rückhalt zu versehen, d. h. ihnen eine gesellschaftliche Verankerung zu geben.
Hier sind sicherlich vor allem auch Fragen der Strafbarkeit bestimmter Handlungsweisen zu stellen und möglicherweise ein entsprechendes Strafmaß zu formulieren, weswegen unter anderem auch der Rechtsausschuss an der Diskussion zu beteiligen sein wird. Auf jeden Fall – da gebe ich meinen beiden Vorrednern recht – muss deutlich werden, dass es sich bei Cybermobbing nicht um ein Kavaliersdelikt handelt, sondern um eine klar kriminelle Vorgehensweise. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Veyhelmann. – Als nächster Redner spricht Kollege Bocklet von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber René Rock, ich möchte mich entgegen den üblichen Scharmützeln zwischen GRÜNEN und FDP an dieser Stelle ausdrücklich bei der FDP bedanken, weil ich glaube,
dass dieses Thema Cybermobbing gerade für unsere Kinder und Jugendlichen ein extrem schlimmes und belastendes ist. Es ist richtig, dass sich der Hessische Landtag auch im Plenum damit beschäftigt, weil ein Schlüssel zur Lösung dieses Problems die Sensibilisierung aller Beteiligten im Umfeld dieses Cybermobbings ist.
Dazu gehören die Eltern, die Lehrer, Sozialarbeiter, alle Menschen, die mitbekommen, was im Netz Kinder und Jugendliche untereinander machen – in dem Fall ist der Schwerpunkt der FDP bei Kindern und Jugendlichen. Sie müssen sensibilisiert werden, dass sie ihre Augen aufmachen und hören, was ihre Kinder und Jugendlichen dort machen.
Das ist aktuell in bestimmten Lebensphasen – ich sage jetzt einmal – von zehn bis 16 Jahren eines der schlimmsten Dinge, die einem Kind, einem Jugendlichen widerfahren können. Ich finde, der komplette Hessische Landtag ist gut beraten, das nicht in parteipolitische Scharmützel hineinzuführen, sondern in einen Ideenwettbewerb einzutreten, wie wir alles tun können, damit Cybermobbing für diese Zielgruppe ein Ende findet.