Protocol of the Session on February 6, 2014

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, für uns und für die gesamte Koalition gilt in diesem sicherlich nicht einfachen Themenfeld als Grundlage das, was im Koalitionsvertrag steht, was

in unserem Antrag steht und was ich für das Protokoll auszugsweise noch einmal festhalten will: „Menschenrechte und gelebte Humanität stehen im Mittelpunkt hessischer Asyl- und Flüchtlingspolitik.“ Ich glaube nicht, dass hier im Raum jemand ist, der das anders sieht. Die Koalition wird „dafür sorgen, dass Flüchtlinge in Hessen eine humane Lebensperspektive und ausreichend Schutz finden. Das Land Hessen wird sicherstellen, dass Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden und ihnen ausreichend Angebote der Information, Beratung und gegebenenfalls Förderung zur beruflichen Integration zur Verfügung gestellt werden.“

Die von mir gerade zitierten Aussagen sind Wegweiser in der gemeinsamen Politik von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ihr Inhalt gilt für alle Abgeordneten, die zu dieser Koalition gehören. Gemeinsam wollen wir ihn in Buchstabe und Geist in gelebte Realität in Hessen umsetzen. Sie können gewiss sein, dass wir das tun werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr Kaufmann. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Rock zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin zu Protokoll gegeben, dass ich die Debatte heute eigentlich nicht auf diese Art und Weise führen wollte und dass ich glaube, das gesamte Thema Migration und Integration sollte deutlich mehr Raum erhalten. Eine Ausschussberatung zu diesem Thema wäre mehr als angemessen.

Wir Liberale haben in der letzten Legislaturperiode mit dem ersten Integrationsminister, dem islamischen Religionsunterricht und vielen anderen Initiativen gezeigt, wo wir stehen und wofür wir uns einsetzen. Wir alle haben erlebt, dass es in diesem Haus eine große Zustimmung zu diesen Initiativen gab. Ich glaube deshalb, dass wir, wenn wir uns zu diesem Thema äußern, unverdächtig sind, in irgendeiner Weise ausländerkritische Positionen zu vertreten oder zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde, der Konsens, den wir im Landtag hatten, haben und hoffentlich weiterhin haben werden, ist der richtige Weg: dass wir uns für Flüchtlinge einsetzen, dass wir nach Lösungen suchen – gerade auch für einzelne Menschen –, dass wir in diesem Landtag gemeinsame Anträge stellen, um solche Probleme anzugehen, und dass wir, obwohl wir aus unterschiedlichen Richtungen kommen, versuchen, gemeinsam zu sprechen.

Wir erleben, was passiert, wenn zu den steigenden Flüchtlingszahlen und der Einführung der Freizügigkeit der Glaube des einen oder anderen hinzukommt, man könne mit den Aufgaben der Integration vor Ort überfordert sein. Ich kann nur jeden davor warnen, dort Unfrieden zu säen. Ich kann nur jeden davor warnen, die Themen dort negativ anzugehen. Ich kann nur jeden davor warnen, dort nicht an Lösungen mitzuarbeiten. Vielmehr muss man versuchen, zu verhindern, dass, wenn vor Ort schwierige Situationen

entstehen, diese zum Schaden unseres Landes in der falschen Richtung politisch genutzt werden.

(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das sage ich zum Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der schnell zusammengezimmert und wahrscheinlich aus der Koalitionsvereinbarung kopiert worden ist: Er enthält Selbstverständlichkeiten; er hinkt sogar ein bisschen der Zeit hinterher. Es ist aus unserer Sicht nicht notwendig, dass er so beschlossen wird, ohne dass wir uns angemessen in die Debatte einbringen können. Darum werden wir diesen Antrag nicht mittragen, sondern uns enthalten. Wir hoffen, dass wir in einem angemessenen Zeitrahmen eine relativ intensive Debatte darüber führen können.

(Beifall bei der FDP)

Zu dem Antrag der LINKEN. Herr Irmer, jeder ist in einer gewissen Weise seines Glückes Schmied. Jeder ist dafür verantwortlich, wie er von außen wahrgenommen wird. Jeder ist selbst dafür verantwortlich, wie ihn die Menschen sehen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das ist ein Hinweis; damit muss jeder selbst umgehen. Damit trägt auch jeder ein Stück weit die Verantwortung dafür, wie er gesehen wird.

Ich habe versucht, das zu recherchieren. Ich war nicht dabei. Ich kann nicht sagen, was dort wirklich gesagt worden ist. Herr Irmer, ich kann Sie nur bitten, uns diese Debatten zu ersparen. Ich kann die LINKEN bitten, uns diese Debatten zu ersparen. Sie sind dem Ansehen dieses Hauses nicht wirklich zuträglich. Ich glaube, wenn sich alle in diesen Fragen ein bisschen sortieren würden, müssten wir nicht um diese Uhrzeit in der Art und Weise über diese Dinge beraten. Ich glaube, auch das wäre für Hessen ein Schritt nach vorne. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Rock. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Rudolph gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der eine oder andere Redner verwechselt Ursache und Wirkung.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, allerdings!)

Derjenige, der Feuer gelegt hat, ruft jetzt nach der Feuerwehr. Das ist ein bemerkenswerter Tatbestand.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Irmer ist kein Unbekannter, sondern, wie die „FAZ“ heute getitelt hat, „ein alter Bekannter“. Wir haben uns in diesem Landtag wiederholt mit Äußerungen von Herrn Irmer auseinandersetzen müssen. Das bereitet uns keine Freude; das will ich sehr deutlich sagen.

Meine Damen und Herren, es gibt in Ihrer Koalitionsvereinbarung eine Passage, deren Aussage wir ausdrücklich teilen – sie ist auch in dem Entschließungsantrag der LINKEN aufgeführt –:

Menschenrechte und gelebte Humanität stehen im Mittelpunkt hessischer Asyl- und Flüchtlingspolitik. Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass Flüchtlinge in Hessen eine humane Lebensperspektive und ausreichend Schutz finden.

Wer das schreibt, muss das nachher auch leben und durchexerzieren. Er darf das nicht diskreditieren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Äußerungen des Herrn Irmer zur Integrations- und Asylpolitik, die er sowohl im Kreistag des Lahn-Dill-Kreises als auch in seiner Hauspostille „Wetzlar Kurier“ gemacht hat, belegen einmal mehr, dass er am rechten Rand und gelegentlich sogar darüber hinaus agiert.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Uiuiui!)

Ja, ja. – Mit Ihren vermeintlichen Argumenten und Ihren kruden Aussagen schüren Sie Vorurteile und Ressentiments. Sie weisen immer auf angebliche Probleme hin, die die Asylbewerber mit sich bringen, und nehmen dabei auch Applaus von der NPD entgegen. Sie wurden im Kreistag gelobt; das sei populistisch gut gelungen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, allerdings!)

Es müsste Sie eigentlich nachdenklich stimmen, wenn Sie von einer Partei, die diesen Staat bekämpft, Beifall bekommen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es geht nicht darum, die Asyldebatte zu tabuisieren. Genau das macht auch der nordrhein-westfälische Innenminister Jäger nicht. Es geht auch nicht darum, dass man die Ängste in der Bevölkerung nicht wahrnimmt. Die gibt es. Aber es ist ein Unterschied, ob man die Ängste in der Bevölkerung wahrnimmt und die Menschen dann aufklärt oder ob man sie bewusst schürt. Das ist ein eklatanter Unterschied.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie wollen Asylbewerber in eine bestimmte Ecke stellen. Das machen Sie in Ihrer Hauspostille „Wetzlar Kurier“, die in einer Auflage von 112.000 Exemplaren verteilt wird. Einer dieser Ausgaben wurde ein Prospekt – eine Leseprobe der „Jungen Freiheit“ – beigelegt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Das ist eine Publikation, deren Herausgeber sich am äußersten rechten Rand sehen. Dort wird der Koalitionsvertrag auf Bundesebene thematisiert.

(Zurufe von der CDU)

Ich will nur etwas zu dem Thema Ausländerkriminalität sagen: Herr Irmer, auch wenn es Sozialdemokraten wären, die so etwas machen, würde ich es kritisieren und für falsch halten. Damit haben wir gar kein Problem. Da sind wir sehr sortiert. Kadavergehorsam gibt es in der Sozialdemokratischen Partei nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Zu dem Thema Sicherheit schreibt die „Junge Freiheit“ – das Ding ist als Beilage verteilt worden; Sie haben wahrscheinlich Geld dafür bekommen, dass es verteilt wurde, also auch noch daran verdient –:

Ausländerkriminalität gibt es in unserem ideologischen Raster nicht … Schon der bloße Anblick von einheimischen Deutschen ist für manche Einwande

rer zu viel, deswegen müssen sie im Polizei- und Justizdienst bevorzugt eingestellt werden, auch wenn sie nicht die formalen Voraussetzungen erfüllen. Wir steigen in die antifaschistische Gesinnungsjustiz nach DDR-Vorbild ein, die Urteile nicht nach der Schwere der Tat fällt, sondern nach der Gesinnung der Täter.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist mit dem „Wetzlar Kurier“ verteilt worden. Das ist eine verheerende Sprache. Sie schaffen damit einen Nährboden für rechtsextremes Gedankengut.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Da wird nämlich nicht eine differenzierte Auseinandersetzung gesucht, wie wir sie führen müssen. Dabei sage ich auch, wir Deutsche haben eine besondere Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir haben von anderen Nationen viel Hilfe und Unterstützung bekommen. Wir müssen unseren Beitrag leisten, und wir wollen das auch.