Das ist vielleicht schmerzhaft für die SPD, wenn ihre Bundesministerin so herumeiert. Aber wir wollen dieses Thema nach sachlich-fachlichen Gesichtspunkten abarbeiten.
Einige sachliche Anmerkungen. Erstens. Biblis als Zwischenlager wird von RWE betrieben und nicht vom Land Hessen. Biblis hat eine gültige Genehmigung bis 2046. Biblis hat etwa 100 Castoren, die dort ohnehin gelagert werden müssen, nämlich die, die schon dort sind, und die, die noch gefüllt werden, wenn denn die Brennstäbe aus den beiden Reaktorblöcken dazukommen. Dazu kämen fünf Castoren, nämlich diejenigen mit Ware, die irgendwann schon einmal für die Energieerzeugung in Biblis war. 5 % mehr Abfall zu dem, was heute dort steht: Ich glaube, darüber kann man doch nicht ernsthaft viele Worte verlieren und das verhindern wollen; denn – auch das ist geregelt – das Lager in Biblis ist nur für die Brennstäbe da, die auch in Biblis angefallen sind.
Dritte Anmerkung. Ich glaube auch nicht, dass RWE bereit wäre, ein zusätzliches neues Genehmigungsverfahren einzuleiten, wenn RWE denn tatsächlich den Wunsch hätte, dort weitere Castoren zu lagern, die nicht Stoffe aus Biblis enthalten.
Noch ein Satz dazu, dass sich in diesen Tagen erstmals die Gemeinde Biblis zur Frage weiterer Castoren geäußert hat. Wir, das Land Hessen, haben Biblis in dem sich lange andeutenden Strukturwandel unterstützt. Biblis ist unter anderem ein Sonderfall, ein EFRE-Gebiet, also ein besonderes Fördergebiet. Auch das sollte man einmal in diese Diskussion hineinbringen. Wenn jetzt die Bürgermeisterin in Biblis, die im Kreis Bergstraße in der SPD-Kreistagsfraktion sitzt, lauthals ruft: „Keine weiteren Castoren nach Biblis, weil dann unser Strukturentwicklungskonzept zusammenbricht“, dann bin ich mir an dieser Stelle sicher, dass sich ein potenzieller Investor wegen einer solchen Frage nicht für oder gegen Biblis entscheidet.
Das Kernkraftwerk ist da, es wird zurückgebaut. Wir als Land Hessen haben für Biblis deutliche Förderungen geleistet und werden dort deutliche Förderungen leisten, damit eine Umstrukturierung erfolgreich sein wird.
Die Kritik der Opposition an dem Verhalten und den Aussagen der Koalition geht fehl. Der Ministerpräsident lehnt mit Recht eine politisch motivierte Lagerung von Castoren ab. Er verschließt sich nicht, wie auch die ganze Koalition, sinnvollen, fachlich fundierten Lösungen. Insoweit zeugt das Verhalten der Koalition von Verantwortungsbewusstsein, das wir haben – Verantwortungsbewusstsein, das die Bundesumweltministerin der SPD nun offenbar auch hat, zu Beginn jedoch nicht hatte. Die Frage der Castorenzwischenlagerung ist nicht einfach, sie erfordert Sachverstand und Fingerspitzengefühl.
Trotz allem wünschen wir der Umweltministerin in Berlin den besten Erfolg in der Frage der Endlagersuche; denn ein Erfolg in der Frage der Endlagersuche ist kein Erfolg einer Ministerin, das ist ein Erfolg für Deutschland und ein Erfolg für uns alle, an dem sich schon viele versucht haben und den keiner erreicht hat – ob Rot, ob Schwarz, ob Grün. Das müssen wir einfach einmal so feststellen.
In Hessen jedenfalls ist die Lagerung weiterer Castoren in Biblis kein Thema, mit dem SPD, FDP oder LINKE einen Spaltpilz in die Koalition treiben könnten; da müssen Sie von der Opposition schon früher aufstehen, wenn Sie das wollen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es sehr spannend, was für Reden wir hier heute Morgen hören – vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, was dieselben Menschen noch vor einem halben, einem, zwei oder gar fünf Jahren gesagt haben.
Wenn der Ministerpräsident sich jetzt Sorgen macht, dass Castortransporte durch das Land doch sehr aufwendig seien und Proteste mit sich ziehen würden, dann hätte ich das doch gern all die Jahre davor gehört, als er der Meinung war, dass Menschen, die gegen Castortransporte protestieren, kriminell seien, und als es symbolische Aufforderungen zu angeblich kriminellen Handlungen gab, als versucht worden ist, Menschen, die sich berechtigt Sorgen um unser Land machen, in eine Ecke zu drängen, als seien sie weltfremde Spinner.
Ich denke, es wird auch weiter Protest gegen Castortransporte geben; denn der Protest war immer ein Protest gegen die Transporte, aber vor allen Dingen war er ein Sinnbild und Protest gegen die ganze Atompolitik. Darum ging es doch. Es ging doch nicht nur darum, dass Dinge von A nach B bewegt werden und damit ein Risiko darstellen. Es ging doch vor allem darum, dass immer weiter Atommüll produziert wird, von dem wir nicht wissen, wohin er soll, den wir quer durch die Welt schieben und bei dem wir keine Idee haben, wie wir ihn zwischenlagern, bei dem wir überhaupt keine Idee haben, wo wir ihn endlagern. Dagegen haben Menschen protestiert, und das muss aufhören.
Trotzdem sagen wir: Man muss ernsthaft darüber nachdenken, ob man in Biblis zwischenlagert. Und das ergibt auch Sinn; denn tatsächlich – davor sollte man die Augen nicht verschließen – ist das doch ein Zwischenlager, und zwar seit vielen Jahren. Und tatsächlich erzählt uns die fast selbe Regierung seit Jahren, dass das ein sicherer Standort ist. Er war sogar sicher, um dort zu produzieren.
Jetzt ist plötzlich alles mit großem Risiko behaftet. Was stimmt eigentlich? Stimmt es, dass man dort nicht zwischenlagern kann, weil das verantwortungslos wäre? Dann war alles, was in den letzten Jahren gemacht worden ist, hochgradig verantwortungslos, weil das noch deutlich weiter ging.
Oder aber man muss sagen: Wir haben jetzt dieses Dilemma, und mit diesem Dilemma müssen wir mit der größtmöglichen Sicherheit umgehen, d. h. Sorge dafür tragen, dass das, was dort bereits eingelagert ist, auch sicher eingelagert ist. Ich weiß wirklich nicht, ob das möglich ist. Aber darüber muss man dann reden. Dann muss man feststellen, wann es so sicher eingelagert ist, dass es sowohl einem Angriff aus terroristischer Motivation als auch einem Unfall wie einem Flugzeugabsturz standhalten kann. Das sind die Fragen, die uns hier beschäftigen müssen.
Ich glaube, wenn man Spaltpilze essen könnte, dann hätten wir viele Nahrungsmittel in diesem Land produziert, wenn man die Wortwahl der letzten Tage betrachtet. Aber das ist an dieser Stelle nicht hilfreich. Wir müssen ernsthaft diskutieren, in welcher Weise dieser Standort baulich und auf anderem Wege, worüber die Fachleute reden müssen, so hergerichtet werden kann, dass er tragfähig ist. Oder aber man muss zu dem Ergebnis kommen, dass das nicht geht. Aber dazu braucht man klare und fachliche Aussagen. Genau die müssen getroffen werden, und an der Stelle müssen die notwendigen Investitionen getätigt werden.
Ich möchte dann auch nicht mehr hören, wenn Menschen protestieren, dass es verantwortungslos sei, wenn sie das tun. – Nein, sie machen auf ein Problem aufmerksam.
Ich glaube, wir müssen auch sehr viel deutlicher in Richtung Berlin signalisieren, und zwar alle, die Verantwortung haben, dass man über alternative Energien nicht so diskutieren kann, wie es zurzeit geschieht, und gleichzeitig sagt, man will abschalten. Denn wir müssen unbedingt alle Möglichkeiten ausschöpfen, alternative Energien zu produzieren, damit wir tatsächlich vom Atomstrom wegkommen. Die Diskussion, wie sie im Moment geführt wird, hat eher die Tendenz, alle möglichen Türen, Törchen oder Hintertüren aufzumachen, um eben nicht auszusteigen. Aber solange diese Sicherheit des Ausstiegs nicht gegeben ist, werden Menschen in diesem Land weiter auf die Straße gehen. Das kann ich Ihnen garantieren.
Deshalb müssen wir an dieser Stelle doppelt Sorge tragen, nämlich den Ausstieg sicher machen, die erneuerbaren Energien voranbringen sowie so wenig wie möglich transportieren und so sicher wie möglich lagern. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rock, Sie haben eben gesagt, unser Kompromiss, den wir in der schwarz-grünen Koalition beschlossen haben, sei schlecht für Hessen. Im Gegenteil, Herr Rock, wenn der Prozess zur Suche eines offenen Endlagers enden würde, dann hätten wir ein echtes Problem für Hessen. Das wäre wirklich schlecht für Hessen; denn wir haben alle ein gemeinsames Interesse daran, dass das Zwischenlager in Biblis ein befristetes Zwischenlager bleibt.
Dafür brauchen wir diesen offenen Prozess zur Endlagersuche, damit der Müll endlich in ein, soweit es geht, sicheres Endlager kommen kann.
Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass wir, CDU und GRÜNE, in der letzten Legislaturperiode eine unterschiedliche Haltung zu dieser Frage hatten. Es geht im Kern darum, dass die Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague nicht mehr nach Gorleben rollen sollen. Insofern ist die Frage: Wohin kommen jetzt die übrigen Castoren?
Es ist auch kein Geheimnis, dass wir GRÜNE uns in der letzten Legislaturperiode prinzipiell dazu bereit erklärt haben. Ich verstehe, dass die Opposition darauf wartet, dass wir uns an diesem Punkt streiten. Aber, liebe Oppositionsfraktionen, das ist gar nicht der Fall. Wir streiten uns gar nicht. Wir haben einen sehr guten Kompromiss gefunden, wie wir diesen Prozess lösen wollen.
Wir wollen diese Frage rein sachlich angehen. Wenn es sich nach rein sachlichen Erwägungen als notwendig erweist, dass eine Zwischenlagerung in Biblis erfolgen soll, dann werden wir das auch tun. Diesen Kompromiss tragen wir gemeinsam, auch vor Ort, auch wenn er schwierig ist. Es gibt keinerlei Grund, zu sagen, dass wir uns streiten würden.
Ich bin dem Kollegen Stephan dankbar, dass er die Zitate komplett vorgelesen hat. Herr Rock, es ist ein beliebtes Spiel, dass man Zitate so verkürzt, dass sie am Ende nicht mehr so klingen, wie sie eigentlich gemeint waren.
Das ist überhaupt nicht völliger Unsinn. – Herr Rock, Sie haben das Zitat nicht fortgeführt. Das hat Herr Stephan Ihnen gerade gezeigt. Es war eine Reaktion auf Bundesumweltministerin Hendricks, die am Anfang eine andere Position hatte, als sie jetzt hat. Sie hat gemeint, es geht darum, dass nicht nur sozialdemokratisch geführte Regierungen Atommüll aufnehmen sollen. Darauf hat der Ministerpräsident reagiert. Ich finde, er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht sein kann, dass man das nur macht, um ein unionsregiertes Bundesland betroffen zu machen.
Es geht bei dieser Frage nicht um Parteizugehörigkeit, es geht um sachliche Erwägungen. Auch das hat Tarek AlWazir so gesagt. Das ist unser Kompromiss, und zu dem stehen wir. Es ist ein sehr guter Kompromiss.
Ich freue mich sehr, dass Bundesumweltministerin Hendricks mittlerweile ganz auf unserer Linie ist. Ich darf es zitieren, weil es wirklich sehr gut dargestellt ist. Am 17.01., ein paar Tage nach ihrer ersten Äußerung, sagte sie:
Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass die Castoren auf drei Zwischenlager in drei Bundesländern verteilt werden. Ich bin gar nicht auf Hessen fixiert. Aber ich erwarte, dass wir mit allen betroffenen Bundesländern jetzt auf der Basis sachlicher Kriterien eine Lösung finden.
Aber ein unionsregiertes Land sollte es schon sein, das Castoren neben den beiden rot-grünen Ländern aufnimmt?