Protocol of the Session on February 5, 2015

Diese Feststellung von Prof. Agai ist sehr wichtig. Das hat mich in seiner Rede sehr beeindruckt. Genau deshalb ist die Gleichsetzung von Islam und Islamismus so falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind gläubig, oder wir sind nicht gläubig. Wir sind auch Christen, wir sind auch Juden, wir sind auch Muslime, aber eben nicht nur. So ist es bei Christen. So ist es bei Muslimen. So ist es bei Juden. Deshalb sagen wir: Die Muslime gehören zu Deutschland. Sie gehören zu Hessen. Sie gehören dazu. Sie sind bei uns willkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der LINKEN und der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD)

Meine zweite Feststellung ist: Wir teilen nicht die Auffassungen von Herrn Irmer zum Islam. Wir treten aber auch nicht nach. Mehr als Konsequenzen ziehen und auf seine Ämter zu verzichten, kann ein Abgeordneter nicht.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich weiß, es gehört dazu, dass die Opposition sagt, es müssten noch weitere Konsequenzen gezogen werden.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Heute ist es der Verzicht auf den Ausschussvorsitz. Morgen ist es die Forderung nach Ausschluss aus der CDU

Fraktion. Übermorgen ist es dann die Forderung, er möge sein Abgeordnetenmandat zurückgeben. Das gehört zum Geschäft. Aber spätestens beim Abgeordnetenmandat müssen wir erkennen, da sind die Grenzen erreicht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aber die CDU-Fraktion kann ihn ausschließen! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

Frau Wissler, ob Ihnen das gefällt oder nicht, ob mir es gefällt oder nicht, er ist gewählt. Mir wäre es lieber, es gäbe nur grüne direkt gewählte Abgeordnete in diesem Hessischen Landtag. Aber das ist nun einmal nicht die Wirklichkeit, Frau Kollegen Wissler.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine dritte Feststellung ist: Wir teilen nicht die Auffassung des Abg. Irmer zum Islam, haben aber großen Respekt davor, wie die Kolleginnen und Kollegen der CDU damit umgegangen sind.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach ja! – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wenn Sie sich einen Moment einmal zur Seite stellen. – Meine Damen und Herren, es ist für keine Fraktion einfach, wenn sich die Inhalte eines Abgeordneten und die Auffassung der Fraktion auseinanderentwickeln. Deshalb gehört es in so einer Debatte dazu, Respekt den Kolleginnen und Kollegen zu bezeugen, die festgestellt haben: Das ist nicht unsere Position; wir ziehen hier eine klare Trennung. – Deshalb gehört der Respekt vor dem Verhalten der Kollegen der CDU für uns auch in diese Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine vierte Feststellung ist: Wir werden weiter gemeinsam in der Koalition mit den Kolleginnen und Kollegen von der CDU

(Günter Rudolph (SPD): Und Herrn Irmer!)

an einer vielfältigen, bunten und lebendigen Gesellschaft arbeiten, in der Diskriminierungen keinen Platz haben. Wir werden das fortsetzen, was wir im Koalitionsvertrag geschrieben haben, woran wir arbeiten – mit einem eigenen Staatssekretär für Integration und Antidiskriminierung. Wir werden weiter an einer Willkommens- und Anerkennungskultur für Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten. Diese Koalition steht weiter für eine humane Asylund Flüchtlingspolitik. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Mit Herrn Irmer!)

Herzlichen Dank, Kollege Wagner. – Das Wort hat der Abg. René Rock, FDP-Fraktion, Seligenstadt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser laute und intensive Applaus aus den Regierungsfraktionen

bei diesem Thema und bei diesem Redebeitrag irritiert mich, ehrlich gesagt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Herr Wagner, Sie haben zu Recht hier ein Stück weit die Hilflosigkeit bei der Frage des Mandats eines direkt gewählten Abgeordneten zum Ausdruck gebracht. Und Sie haben zum Ausdruck gebracht, wie leid Ihnen manche Dinge tun. Warum das so einen Applaus auslösen kann – für mich hätten eher leise und bedauernde Töne kommen müssen. Das hätte ich eher erwartet. Triumphalen Applaus hat diese Rede sicherlich nicht verdient.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Ich hätte nicht erwartet, dass ich so schnell wieder zur Causa Irmer hier im Hessischen Landtag reden müsste.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Ich erinnere mich an einen Redebeitrag des Abg. Irmer an dieser Stelle, wo er uns versichert hat, dass wir Dinge scheinbar falsch verstanden hätten und dass er uns deutlich gemacht hätte, dass wir ihn missverstehen würden. Ich kann nur sagen: Ich kann heute dem Abg. Irmer nicht mehr wirklich glauben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Ich frage mich an dieser Stelle: Was muss eigentlich noch passieren, was muss eigentlich noch notwendig sein, dass die CDU-Fraktion erkennt, was für eine Belastung Herr Irmer für ihr Ansehen ist, dass die CDU-Fraktion erkennt, wie sehr das dem politischen Ansehen aller Abgeordneten hier im Hessischen Landtag schadet und wie lange man die Auseinandersetzung mit dem Abg. Irmer scheut?

Ich war damals nicht dabei. Aber ich kann Ihnen sagen: Es gab eine intensive Diskussion in der FDP und in der FDPFraktion. Wenn man erkennen muss, dass ein Abgeordneter nicht mehr für das steht, für das seine Fraktion im Hessischen Landtag auftritt, dann muss diese Diskussion in der Fraktion geführt werden, auch wenn das schmerzhaft ist.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Wir wissen alle, dass das für eine Fraktion eine Zerreißprobe bedeuten kann. Aber wir wissen alle auch, dass wir hier eine Situation haben, in der es nicht zu einem einzigen Ausfall gekommen ist, nicht zu einer Äußerung, hinter der kein anderer Abgeordneter des Hessischen Landtags steht.

Ich glaube, es ist für die Mitglieder der CDU-Fraktion notwendig, sich einmal in diesen Überlegungsprozess hineinzuversetzen. Herr Fraktionsvorsitzender Boddenberg, das ist schwer. Aber ich kenne Ihre Äußerungen. Ich weiß, wofür Sie stehen. Ich weiß, dass Sie nicht für das stehen, was Herr Irmer in seinen Publikationen äußert. Diese Verantwortung müssen Sie irgendwann annehmen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Es sind manchmal die schwierigen und unschönen Aufgaben, mit denen man politisch wächst. Es sind diese Herausforderungen, die jedem von uns deutlich machen, wie ernsthaft Sie das alles nehmen, was Sie hier äußern. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, das sei nicht Ihre politische Haltung. Aber Sie müssen das auch nach außen und nach innen deutlich machen. Das ist ein Wunsch von mir. Das

kann ich nicht einfordern. Das muss jeder für sich bewerten. Die Entscheidung müssen die Mitglieder jeder Fraktion für sich treffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Herr Kollege Rock, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Boddenberg, der Fraktionsvorsitzende der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, ich will einräumen, dass mich diese Debatte und ganz besonders der Beitrag von Mathias Wagner, aber auch die durchaus gezeigte Nachdenklichkeit von René Rock sehr berührt. Das ist nicht nur das, was ich jetzt empfinde, sondern das ist eine Emotionalität, die ich seit einigen Tagen verspüre. Denn in meiner Seele kreisen zwei unterschiedliche, man könnte auch sagen, ambivalente Gedanken.

Zum einen gibt es einen Abgeordneten, den ich und den wir seit vielen Jahren kennen. Das ist von einigen beschrieben worden. Ich lasse jetzt einmal meine Kommentierung der jeweiligen Wortwahl weg. Ich fand das in weiten Teilen unangemessen. Er hat in der Vergangenheit in unterschiedlichen Positionen und in unterschiedlicher Form immer wieder Äußerungen getätigt – das hat uns auch in diesem Haus beschäftigt –, die zu Missverständnissen und teilweise auch zu Verletzungen geführt haben. Hans-Jürgen Irmer hat sich dazu in diesem Haus geäußert.

Jetzt haben wir eine Situation, die zu Konsequenzen geführt hat. Ich kann dazu sagen, dass ich glaube, dass man erst einmal respektieren sollte, dass Hans-Jürgen Irmer mit Leib und Seele Bildungspolitiker und mit Leib und Seele Politiker ist.

Ich darf mir eine Bemerkung erlauben. Ich habe gerade Clemens Reif gefragt: Wie war das denn am Montag im Kreistag des Lahn-Dill-Kreises? Auch dort hat er offenkundig eine hohe Wertschätzung aufgrund seiner politischen Empathie und seines Wirkens empfunden. Er hat aber sehr wohl auch Menschen in seinem eigenen Umfeld, die sehr kritisch mit dem umgehen, was er hat verlautbaren lassen.

Ich will deutlich sagen: Ich muss hier nicht noch einmal deutlich machen, was im letzten „Wetzlar Kurier“ vor allem mit dieser Anzeige passiert ist, die genau das Gegenteil von dem schürt, was wir wollen. Sie spaltet nämlich und baut keine Brücken, sondern erzeugt Ressentiments und schürt sicherlich auch Hass. Dass er das zugelassen hat, ist für mich ein Grund gewesen, zu sagen: Jetzt müssen wir und muss er Konsequenzen ziehen.

Wir reden in diesen Tagen sehr über die Frage: Was darf man in diesem Land sagen, und was darf man nicht sagen? – Einige der Reaktionen, die ich jetzt aus ganz Deutschland, nicht nur aus Hessen, erhalte, lauten: Das, was er in diesem Text geschrieben hat, muss man doch wohl sagen dürfen.

Dazu sage ich: Es mag ja sein, dass man alles sagen können dürfen muss. Aber man darf nicht alles sagen, wenn man für die CDU im Hessischen Landtag in führender Verantwortung diese beiden Ämter innehat. Deswegen ist es

konsequent und ein klarer Schnitt, dass Hans-Jürgen Irmer diese beiden Ämter niedergelegt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rock hat eingefordert, dass sich die Union positioniert. Wir haben am vergangenen Wochenende in Künzell intensiv über die Fragen diskutiert, die die Menschen in diesem Land in diesen Tagen zu Recht bewegen. Wir haben mit der „Künzeller Erklärung“, die das so deutlich sagt, wie man es eben erklären kann, zwei, wie ich finde, sehr wesentliche Feststellungen getroffen. Ich zitiere. Die „Künzeller Erklärung“ besagt: