Protocol of the Session on February 4, 2015

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Damit sind wir am Ende der ersten Lesung und überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Rechtspolitischen Ausschuss.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 39 auf:

Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen – Drucks. 19/1296 –

Auf Antrag der Fraktion der SPD soll zur Petition Nr. 5168/18 eine Aussprache stattfinden. Die Petition Nr. 246/19 ist zum gleichen Thema. Soll diese hierzu mit aufgerufen werden? Ich habe das Signal erhalten, dass diese Petition mit aufgerufen werden soll.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt. Ich erteile hierzu nun Herrn Kollegen Roth das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Es kommt nicht oft vor, dass wir im Plenum über einzelne Petitionen debattieren. Ich glaube, seit 2008 ist es exakt das dritte Mal. Gestatten Sie mir deshalb als Berichterstatter, dass ich zunächst etwas zum Inhalt der Petition sage.

Erstens ist das Anliegen der Petition Nr. 5168/18 identisch mit dem der Petition Nr. 246/19. Bei beiden Petitionen geht es um den Love Family Park in Hanau. Diese Petition ist von über 12.000 Menschen unterzeichnet worden, darunter zwei Mitglieder dieses Landtags.

Das Petitum selbst heißt: Es soll erreicht werden, dass der Love Family Park wieder auf den Großauheimer Mainwiesen in Hanau stattfinden kann. Die Petenten selbst sagen in ihrer Petitionsschrift, dass es sich bei dem Love Family Park um das älteste Open Air Festival elektronischer Musik weltweit und ein Vorbild für zahlreiche Veranstaltungen in der ganzen Welt handelt.

Die Stadtverordnetenversammlung in Hanau hat im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung fraktionsübergreifend einen Beschluss gefasst, nur eine Handvoll Abgeordneter hat dagegen gestimmt, ansonsten gab es ein eindeutiges Votum für diese Veranstaltung. – So viel zu dieser Petition selbst, jetzt zur Sache.

Seit 2002 hat diese Veranstaltung auf den Großauheimer Mainwiesen stattgefunden, auf Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde. Danach war das Regierungspräsidium Darmstadt für die Genehmigung zuständig, das schon sehr bald deutlich gemacht hat, dass dies dauerhaft nicht so sein könne. Zum guten Schluss hat sich das Umweltministerium dieser Sache angenommen. Es gibt zwei konkrete Schreiben. Zum einen das Schreiben der Ministerin Puttrich vom November 2013 und zum anderen das Schreiben der Ministerin Hinz aus dem letzten Jahr.

Zum Inhalt: Das Ministerium und auch das Regierungspräsidium Darmstadt beziehen sich auf die Landschaftsschutzverordnung und argumentieren mit der Schutzzone I dieser Verordnung. Die Stadt Hanau spricht zu Recht von anderen Dingen, die mit abgewogen werden müssen, nämlich ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte.

Um das Abwägen geht es bei dieser Petition. Deshalb gibt es die Frage, und das ist der Streitpunkt im Petitionsausschuss, wie es bei der Anerkennung der Landschaftsschutzverordnung mit Ausnahmeregelungen steht. Aus meiner Sicht als Berichterstatter konnte ich nicht erkennen, dass die Ausnahmegenehmigung und die Ausnahmetatbestände im Petitionsverfahren gewürdigt wurden. Deshalb habe ich, dafür gibt es eine Form im Petitionsverfahren, Berücksichtigung angemeldet. Die Mehrheit hat die Berücksichtigung abgelehnt, das ist ihr gutes Recht. Wir sind aber dann zu einem Beschluss gekommen, der heute auf der Tagesordnung steht, diese Petition nach Sach- und Rechtslage abzuschließen. Ich selbst habe dies in der Petitionsausschusssitzung nicht beantragt.

Der zweite Punkt neben der Darstellung des Verfahrens, der mir in dem Zusammenhang wichtig ist. Ich spreche Sie, Herr Kollege Kasseckert, in voller Wertschätzung direkt an. Ich kenne Ihr Denken in dieser Angelegenheit, ich teile Ihre Sacheinschätzung über weite Strecken. Wir waren in der sachlichen und rechtlichen Würdigung über weite Strecken mit Ihnen und anderen aus der Fraktion dicht beieinander. Was ich Ihnen allerdings nicht ersparen kann und was ich Ihnen konkret vorwerfe, ist, dass Sie letztlich die sachlich-rechtliche Würdigung hintangestellt haben, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Das geht aus meiner Sicht so nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wer das Brot auf beiden Seiten geschmiert haben will, hat irgendwann das Problem, dieses Brot nicht mehr in der Hand halten zu können.

(Zurufe von der CDU: Uiuiui!)

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende Ihrer Rede kommen.

Ich komme zum Schluss. – Ich bin überhaupt nicht festgelegt, wie wir am Ende mit dieser Petition umgehen, was

am Ende dabei herauskommen soll. Aber ich glaube, solange die sachliche und die rechtliche Würdigung dieser Petition nicht bis in den letzten Punkt hinein stattgefunden hat, so lange müsste sie im Geschäftsgang bleiben, ganz im Sinne der Petenten und, ich meine, auch ganz im Sinne der Stadt Hanau.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Deshalb bitte ich Sie, Ihr Abstimmungsverhalten noch einmal zu überdenken. Wir geben Ihnen dazu Gelegenheit in namentlicher Abstimmung.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Roth. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Goldbach von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Roth, es fällt mir jetzt etwas schwer, aber ich werde es ganz sachlich darstellen, warum wir uns dafür ausgesprochen haben, bei dieser Petition nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden.

Diese Technoveranstaltung Love Family Park gibt es bereits seit 1996. Sie fand von 1996 bis 2002 auf dem Gelände des Dunlop-Parks statt. Das heißt, sie hat – das muss man auch sagen – nicht immer in den Mainauen in Hanau stattgefunden.

Die Mainauen liegen in der strengen Schutzzone eines Landschaftsschutzgebietes. Geschützt werden hier besonders die Auenlandschaften mit einer ganz besonderen Tierund Pflanzenwelt. 2003 hat das RP Darmstadt aufgrund von Bürgerprotesten erstmals überprüft, ob die Entscheidung der unteren Naturschutzbehörde richtig ist, eine Genehmigung für diese Großveranstaltung zu erteilen. Grund dafür war, dass die Besucherzahl ständig gestiegen ist.

(Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Technoveranstaltungen – das möchte ich betonen – sind klasse: Die Leute haben dort viel Spaß und tanzen. Niemand hat irgendetwas gegen diese Veranstaltung. Aber es ist nun einmal das Wesen einer erfolgreichen Veranstaltung, dass immer mehr Leute dazukommen. Der Punkt war einfach, dass mit 20.000 Menschen die Grenze erreicht war, bei der eben nicht mehr gesichert werden konnte, dass keine nachhaltigen Beeinträchtigungen der Pflanzenwelt stattfinden würden.

Diese besondere Pflanzenwelt kommt daher, dass dort durch die wechselnden Wasserstände Pflanzen wachsen, die man sonst nirgends anders findet, das nur nebenbei bemerkt. Deswegen Auenlandschaft am Fluss, und das kann man auch nicht verlagern. Tanzen kann man durchaus woanders, aber diese Pflanzen kommen eben nur dort vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir hatten also abzuwägen zwischen dem berechtigten Interesse der Veranstalter, eine Tanzveranstaltung abzuhalten, und unserem gemeinsamen gesellschaftlichen Interesse und unserer Aufgabe, Landschaftsschutzgebiete zu erhalten und zu schützen. Mit Koalitionsfrieden hat das überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Timon Gremmels (SPD): Nein, ganz bestimmt nicht!)

Üblicherweise bilden wir uns im Petitionsausschuss eine Meinung, aufgrund derer wir zu einer Entscheidung kommen, indem wir uns Gutachten geben lassen, ansehen und durchlesen. Das haben wir getan, insgesamt waren es drei. Wir haben sie uns sorgfältig durchgelesen und abgewägt. Wir haben auch versucht, gemeinsam zu einem Beschluss zu kommen. Es bereitet uns auch keine Freude, entgegen dem Beschlussvorschlag des Berichterstatters zu entscheiden, Herr Roth. Das macht uns keine Freude.

(Timon Gremmels (SPD): Unsinn!)

Es gibt auch noch eine Argumentation, besonders der Veranstalter, wonach die Veranstaltung, gemessen an anderen Veranstaltungen, schlechter behandelt worden sei, es fänden durchaus auch andere Veranstaltungen in den Mainauen statt. Aber auch das lässt sich leicht entkräften; denn eine so große Veranstaltung findet dort ansonsten eben nicht statt. Und noch einmal: Es ist uns völlig wurscht, ob dort zu Techno geravt oder Schuhplattler getanzt wird.

(Zuruf von der CDU: Das ist aber ein Unterschied! Letzteres ist schwieriger!)

Es geht nicht darum, Technofans irgendwie an ihrer Tanzerei zu hindern. Darum geht es nicht.

Ich möchte noch ein weiteres Argument vorbringen, warum die Natur dort dauerhaft unter diesen Veranstaltungen leiden könnte. Bei der letzten Veranstaltung, die schon auf einem anderen Gelände in Mainz stattfand, gab es ein heftiges Gewitter. Wenn bei einem solchen Starkwetterereignis 20.000 Menschen in Panik über eine Wiese rennen, können Sie sich vorstellen, dass damit diese Pflanzenwelt unwiederbringlich geschädigt wird.

Wir vertreten ganz klar die Ansicht, in diesem Falle dem Natur- und Landschaftsschutz recht und den Vorzug geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Astrid Wallmann (CDU))

Zwar schränkt der Landschaftsschutz hier die Nutzungsmöglichkeiten eines Geländes ein – das ist so –, aber wir haben eben die Aufgabe, die Vielfalt unserer Tiere und Pflanzen dort zu erhalten, wo ihre natürlichen Lebensräume sind – und das ist nun einmal hier in dieser Auenlandschaft. Tanzen kann man, wie schon gesagt, auch woanders.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Das Wort hat Frau Abg. Cárdenas, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die naturschutzrechtliche Bewertung der Petition zum Erhalt des Love Family Parks in Hanau sagt eindeutig, dass es keine Abstriche beim Landschaftsschutz und beim Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen geben darf. Somit ist klar, dass die Mainauen in Hanau-Großauheim zu schützen sind und es deswegen auch keine Ausnahmen mehr geben wird.

(Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und bei Abgeordneten des BÜNDISSES 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem haben die Initiatoren der Petition schon recht, wenn sie Beispiele von Volksfesten und Veranstaltungen nennen, die in Hanau auf der anderen Mainseite, aber auch in anderen Städten auf Mainwiesen stattfinden können. Diese Veranstaltungen haben nur das Glück, dass sie an diesen Orten schon länger stattfinden und ein Verbot nun nicht mehr fürchten müssen.

Der Love Family Park ist eine Erfolgsgeschichte für die Jugendkultur. Nicht nur aus dem Rhein-Main-Gebiet, sondern europaweit kommen Raver zu dieser einzigartigen Veranstaltung. Zum Schluss waren es 20.000, die friedlich einen ganzen Tag zu Technomusik tanzten – nur eben nicht mehr in Hanau, sondern jetzt in Mainz. Ohne Frage ist dies ein kultureller Verlust im östlichen Rhein-Main-Gebiet.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)