Protocol of the Session on December 17, 2014

Man könnte zu dem Bildungsgipfel noch viel sagen. Wir sind – das will ich zugeben – mit einer gewissen Skepsis an ihn herangegangen, aber durchaus mit der positiven Grundhaltung, das nicht von vornherein in Bausch und Bogen zu verurteilen.

Ich stelle fest, wir investieren alle sehr viel Zeit in ihn. Viele Menschen in der hessischen Bildungslandschaft investieren sehr viel Zeit in diesen Bildungsgipfel. Es stellt sich einem von Sitzung zu Sitzung der verschiedenen Gremien und Arbeitskreise immer mehr die Frage, ob dabei irgendetwas herauskommt oder ob er nicht eher die Funktion hat, irgendeinen Teppich über alles zu legen, um die Leute zu beschäftigen, damit sie sich nicht so sehr mit der schwarz-grünen Bildungspolitik befassen. Diese Zwischenbilanz müssten wir hier einmal in einer Debatte ziehen und sehen, ob das in die richtige Richtung läuft. Ich denke aber, das würde jetzt den Rahmen sprengen.

Herr Kultusminister, es gibt eine andere Sache zu besprechen. Ich freue mich sehr: Das Thema PuSch braucht man hier nicht so ausgiebig zu diskutieren. Wir hatten SchuB und EIBE. Wir alle in diesem Haus wussten, dass die Förderperiode ausläuft und dass wir ein neues Programm brauchen. Ich freue mich, dass Sie die Arbeit fortgesetzt haben, die wir in der letzten Wahlperiode begonnen haben, und aus SchuB und EIBE jetzt PuSch machen: Praxis und Schule. Ich erinnere mich daran, dass ich vor ungefähr einem halben Jahr diesen Vorschlag in diesem Haus schon einmal gemacht habe. Ich freue mich, dass Sie selbst diesen Namen gewählt haben, und wünsche weiter Erfolg bei der Arbeit an dieser Maßgabe.

(Heiterkeit des Abg. René Rock (FDP) – Zuruf: So ein Zufall!)

So gibt es viele Punkte, über die wir uns sinnvoll unterhalten können. Da geht es positiv weiter. Wo wir die Weichen gestellt haben, fährt der Zug in die richtige Richtung. Da müssen Sie jetzt aber aufpassen, dass er nicht entgleist, weil Sie Ihre „Brocken“ daraufschmeißen.

(Heiterkeit bei der FDP)

Deswegen werden wir Sie entsprechend begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kultusminister, Staatsminister Prof. Lorz. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn der Einzelplan 04 des vorliegenden Haushaltsentwurfs für 2015, den Herr Abg. Degen vorhin so schön hochgehalten hat, eines belegt, dann das, welchen überragenden Stellenwert die Bildungspolitik für diese Landesregierung und für die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Hause hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Haushaltsansatz für 2015 steigt der Bildungsetat in Hessen noch einmal um 100 Millionen € und damit auf einen historischen Höchststand. Das ist eine der höchsten Steigerungsraten in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt.

Was schon in den letzten 15 Jahren kontinuierlich geleistet worden ist, illustriert am besten ein einfacher Zahlenvergleich. Es ist vorhin schon einmal angesprochen worden: Als wir 1999 die Regierungsverantwortung von der Sozialdemokratie übernommen haben, hatten wir einen Bildungsetat von 2,3 Milliarden €. Jetzt sind es 3,6 Milliarden €, und zwar selbst dann, wenn man die internen Verrechnungen und die Versorgungspauschale herausrechnet, damit die Zahlen vergleichbar werden. Das ist eine Steigerung von mehr als 56 % bei einer Inflationsrate von ungefähr 25 % im gleichen Zeitraum. Das wollen wir ehrlicherweise auch noch herausrechnen.

Das heißt: Wir haben über 30 Prozentpunkte Steigerung, die ausschließlich auf das gute Wirtschaften und die besondere Prioritätensetzung der seitherigen Landesregierungen zugunsten der Bildungspolitik zurückzuführen sind. Meine Damen und Herren, zeigen Sie mir das Bundesland, das eine vergleichbare Aufholjagd hingelegt hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur dank dieser Aufholjagd haben wir die durchschnittlich 105-prozentige Lehrerversorgung erreicht. Herr Abg. Degen, jede Schule hat davon profitiert. Je nachdem, welche Sonderzuweisungen sie vorher hatten und die sie ja bekommen mussten, weil von der Grundversorgung her nicht genug da war, um irgendwelche Sondertatbestände zu finanzieren, hat die eine etwas mehr und die andere etwas weniger Zuwachs gehabt. Aber jede Schule hat von diesen 105 % profitiert. Ich bin gern bereit, Ihnen das auch für jede Schule einzeln zu beweisen, wenn Sie das möchten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist eine der wesentlichen politischen Aussagen dieser Koalition, dass es auf Dauer dabei bleiben soll. Aber damit nicht genug: Wie Sie in diesem Kreis jetzt schon mehrfach gehört haben, setzt diese Landesregierung noch eines drauf, indem sie die sogenannte demografische Rendite im System belässt. Das ist hier schon mehrfach gesagt worden; ich will es aber noch mit einer Zahl illustrieren: Wir hatten in Hessen allein in diesem Schuljahr einen Rückgang der Schülerzahlen um 11.000. Obwohl wir also 11.000 Schülerinnen und Schüler weniger im System zu beschulen haben, kürzen wir nicht eine einzige Lehrerstelle.

(Ismail Tipi (CDU): Sehr gut!)

Herr Abg. Degen, Sie haben gesagt – Frau Abg. Cárdenas hat es auch noch einmal gesagt –: Es ist schön, dass nichts wegzunehmen jetzt schon als Fortschritt gefeiert wird. – Ja, das kann man nur unterstreichen, weil man, erstens, bei 11.000 Schülerinnen und Schülern weniger in der Tat darüber diskutieren könnte, ob man keine einzige Lehrerstelle aus dem System nimmt. Aber das ist, zweitens, vor allen Dingen verglichen mit allen anderen Bundesländern – namentlich den sozialdemokratisch regierten –, eine sensationelle Errungenschaft. Es wäre schön, wenn Sie das anerkennen würden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Weltmeisterlich!)

Wir haben vonseiten der Opposition immer wieder den Ruf nach Qualität gehört. Wo steht die Investition in Qualität in diesem Haushaltsplanentwurf? Man kann nun lange darüber sinnieren, inwieweit man so etwas in einem Haushaltsplan unterbringen kann, der ja zunächst einmal ein nüchternes Zahlenwerk von Einnahmen und Ausgaben ist. Vor allen Dingen aber waren alle Vorschläge, die ich aus den Reihen der Opposition gehört habe, quantitative Vorschläge: Es ist von allem noch zu wenig, wir brauchen von allem noch viel mehr. – Gut, das passt vielleicht in die Zeit. Ich nehme an, Sie erwarten, dass Ihnen nächste Woche der Weihnachtsmann das Geld dafür durch den Kamin zusteckt.

(Heiterkeit bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich: Obwohl ich dem Weihnachtsfest als gläubiger Mensch voll Freude und Hoffnung entgegensehe, reicht selbst meine Glaubenskraft nicht so weit, dass ich unsere Bildungspolitik auf dieser Annahme aufbauen möchte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir tun, was möglich ist. Wir mobilisieren die Ressourcen, die zu mobilisieren sind, insbesondere indem wir die sogenannte demografische Rendite im System lassen. Wir machen das nicht als Selbstzweck, sondern wir investieren über die 105-prozentige Lehrerversorgung hinaus in diejenigen Bereiche, die uns bildungspolitisch besonders am Herzen liegen.

Ich will nur vier davon nennen. Jetzt benutze ich auch einmal den Begriff „Brockenliste“: Das Erste – ja, das ist der größte Brocken – ist die Erweiterung der Ganztagsangebote. Da haben wir außerhalb der 105-prozentigen Lehrerversorgung schon jetzt fast 2.000 Stellen drin; das ist bereits genannt worden. Ich will jetzt aus zwei Gründen gar nicht auf die Einzelheiten des Angebots eingehen, das wir im Koalitionsvertrag unterbreitet haben: erstens, weil der Pakt für den Nachmittag im Moment noch modellhaft mit den sechs Pilotregionen verhandelt wird, und zweitens, weil wir, wie der Oppositionsführer völlig zu Recht gestern hervorgehoben hat, über die Art und Weise der Ausweitung des Ganztagsangebots und damit des Einsatzes dieser Ressourcen noch auf dem Bildungsgipfel reden wollen.

Aber da wir hier über den Haushalt 2015 reden, darf ich doch festhalten, dass wir die neu zur Verfügung gestellten Ressourcen für das Ganztagsangebot sogar noch einmal verdoppeln werden. Wir haben im Haushaltsplanentwurf angesetzt, dass wir außerhalb der 105-prozentigen Lehrerversorgung 230 Stellen dazupacken. Egal, was genau wir

damit machen werden, das wird auf jeden Fall ein weiterer substanzieller Schritt zugunsten des Ausbaus der Ganztagsangebote sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Degen, da Sie sie mehrfach zitiert haben, will ich doch einmal auf die Veröffentlichungen der Bertelsmann Stiftung eingehen, von deren Auswertungen ich, ehrlich gesagt, sonst nicht besonders viel halte. Es wäre schön, wenn Sie nicht verschwiegen hätten, dass selbst die Bertelsmann Stiftung Hessen bescheinigt hat, dass wir beim Ausbau der Ganztagsangebote schon sehr gut dabei sind, selbst nach dem heutigen Stand. Was wir in dieser Legislaturperiode noch dazupacken werden, wird uns an die Spitze dieser Statistik katapultieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Punkt – auch er ist schon genannt worden – sind die Deutschfördermaßnahmen zur besseren Integration. Auch hier setzen wir allein in diesem Schuljahr noch 50 Stellen obendrauf, 1.070 Stellen insgesamt außerhalb der 105-prozentigen Lehrerversorgung.

Der dritte Punkt: die Inklusion. Frau Abg. Cárdenas, die 30 Stellen, die Sie im Haushaltsplanentwurf gefunden haben, sind das, was wir zusätzlich zu den Umlenkungsmaßnahmen, die sowieso schon stattfinden, obendrauf gegeben haben, weil wir diese Stellen zusätzlich mobilisieren konnten. Wir haben bereits jetzt über 1.700 Stellen für die sonderpädagogische Förderung an den allgemeinbildenden Schulen eingesetzt. Auch das läuft außerhalb der 105-prozentigen Lehrerversorgung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann haben wir die sozial indizierte Lehrerzuweisung. Darauf ist schon hingewiesen worden. Das will ich als solches nicht vertiefen. Aber lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit gleich noch mit einem anderen Missverständnis aufräumen. Es ist gestern und heute mehrfach hier beklagt worden, das Land ziehe sich aus der Förderung der sogenannten Schulsozialarbeit zurück, weil die dazu zum Teil seit vielen Jahren bestehenden Sonderregelungen zwischen Land und Kommunen gekündigt worden sind.

Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Ja, die Regelungen mussten gekündigt werden, weil der Rechnungshof sie beanstandet hat; denn die Aufgaben der Jugendhilfe sind nun einmal durch die Kommunen zu organisieren, und das muss von der unmittelbar den Unterricht unterstützenden sozialpädagogischen Förderung getrennt gehalten werden.

Aber wir haben gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, dass sowohl die sozial indizierte Lehrerzuweisung als auch die Hälfte der über die Grundunterrichtsversorgung hinausgehenden zusätzlichen Lehrerzuweisung, also der 104 bzw. 105 %, genau für diesen Zweck eingesetzt werden. Das heißt, dass jede Schule mindestens den gleichen finanziellen Spielraum zur Einstellung sozialpädagogischer Fachkräfte zur Verfügung hat wie bisher. Die meisten stehen sogar sehr viel besser als unter der alten Regelung, die bis 2013 gegolten hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet, dass sich die Lage nirgendwo verschlechtern kann,

(Zuruf von der SPD: Das sehen die Schulen aber an- ders!)

es sei denn, die Schulen selbst halten die sozialpädagogische Förderung für unnötig. Das ist in der Tat eine Änderung. Wir überlassen es jetzt den Schulen selbst, zu entscheiden, was sie mit den Ressourcen machen; denn wir glauben daran, dass die Schulen vor Ort am besten wissen, wo sie Lehrer und wo sie sozialpädagogische Fachkräfte brauchen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das entspricht einer Devise dieser Landesregierung, nämlich „ermöglichen statt verordnen“, die Sie, insbesondere vom Kollegen Wagner, schon häufiger gehört haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das stimmt allerdings! – Gerhard Merz (SPD): Man muss es nicht nur wollen, sondern man muss es auch können!)

Sehr geehrter Abg. Merz, das beweisen wir tagtäglich. – Ich fasse zusammen: Wir garantieren unseren Schulen Verlässlichkeit durch die 105-prozentige Lehrerversorgung, und wir mobilisieren zusätzlich massive Ressourcen für den Ganztag, für die Integration, für die Inklusion und für die sozial indizierte Lehrerzuweisung. Dafür steht diese Landesregierung, dafür steht dieser Haushaltsentwurf, und das ist gut so. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zum Einzelplan 04.

Abschließend an den Kulturpolitischen Ausschuss zu überweisen haben wir unter Tagesordnungspunkt 19 den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einführung der Herkunftssprache als zweite oder dritte Fremdsprache an allgemeinbildenden Schulen, Drucks. 19/710, und unter Tagesordnungspunkt 28 den Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Förderung der Herkunftssprache an Schulen, Drucks. 19/969. – Das wird so überwiesen. Erledigt.

Wir kommen nun zum

Einzelplan 05 – Hessisches Ministerium der Justiz –