die seit den Achtzigerjahren an einzelnen Standorten zu einem Drittel mitfinanziert wurde. Ich weiß, es gibt Pressemitteilungen von einzelnen Abgeordneten, die sich feiern, da etwas erkämpft zu haben.
Wir wissen davon noch nichts. Unser Ziel ist weiterhin, zu einer flächendeckenden Drittelfinanzierung zu kommen.
Ich muss heute gar nicht erst Herrn Kollegen Banzer mit seinem Versprechen von 2008 zitieren. Kolleginnen und Kollegen, ein Blick in das Wahlprogramm der CDU aus dem Jahr 2013 – Sie sollten einmal nachschauen – reicht schon aus. Wissen Sie eigentlich, was die CDU in ihrem Wahlprogramm auf Seite 25 versprochen hat? Da steht: „Ausbau der Schulsozialarbeit auf dem Wege einer Drittelfinanzierung zwischen Landesregierung, Schulträgern und Kommunen“.
Die Landesregierung erfindet die sogenannte unterstützende sozialpädagogische Förderung, die ausdrücklich nicht mit Schulsozialarbeit gleichzusetzen ist. Dazu gibt es sogar eine eigene Verordnung; bloß bezahlen sollen die Schulen das Ganze aus ihrem Zuschlag zur Grundunterrichtsversorgung, den sie längst anders verausgabt haben.
Das beste Beispiel ist unter anderem die Ernst-ReuterSchule in Frankfurt, die gerade diesen Zuschlag seit Jahren, seitdem es ihn gibt, massiv in die inklusive Beschulung hineinsteckt, weil die Mittel, die sie dafür bekommt, nicht ausreichen. Plötzlich soll sie das Geld, womit Inklusion gemacht wird, in die unterstützende sozialpädagogische Förderung stecken. – So einfach geht es nicht.
Der Herr Ministerpräsident hat gestern mehrfach Zeitungsberichte als Stütze seiner Rede herangezogen. Ich will das auch tun. In der „Offenbach-Post“ vom 12.12. heißt es in Anlehnung an den jüngsten „Chancenspiegel“ der Bertelsmann Stiftung:
Sozial benachteiligte Kinder haben in Deutschland weiterhin schlechtere Bildungschancen. … Die Erkenntnis ist sicherlich nicht neu.
Reaktionen von Lehrern ist aber zuzustimmen, wenn es heißt: „Manchmal muss die Wahrheit häufig genug wiederholt werden, bis sie auch ernst genommen wird.“
Immer wieder steht ja am Ende zahlreicher Untersuchungen die Aussage, dass Kinder von sozial schwachen Eltern und von Eltern mit Migrationshintergrund benachteiligt werden und dass bisher zu wenig getan wird, um das zu ändern. …
Damit ist natürlich auch ein Appell an die hessische Schulpolitik verbunden, sich mehr anzustrengen. Denn unterdessen mehren sich die Anzeichen für schmerzhafte Miseren. Wenn von Chancengerechtigkeit die Rede ist, dann muss über den weiterhin spürbaren Lehrermangel in bestimmten Fächern, über teils marode Schulen … und vor allem über die großen Herausforderungen und Ungewissheiten im Bereich der Inklusion intensiver diskutiert werden. Was besonders schmerzt: Der lange Zeit verzögerte entschiedene Wechsel zur flächendeckenden Einführung der Ganztagsschule verläuft in Hessen zu langsam.
Meine Damen und Herren, das ist keine Aussage der SPD, auch wenn ich sie vollumfänglich teile. Das ist eine Aussage der „Offenbach-Post“ der jüngsten Zeit.
Ich habe noch mehr Zitate, nicht nur von der „OffenbachPost“. Ganztagsschulen sind in Hessen einige Förderschulen und eine Handvoll Regelschulen. Dabei sind es gerade gebundene Ganztagsschulen, die „am ehesten die Nachteile von Kindern ausgleichen, die von ihren Familien nur geringe Unterstützung bekommen“. Das sagt nicht nur die SPD, sondern auch Jörg Dräger von der Bertelsmann Stiftung.
Im „Handelsblatt“ war am 10.12. vom Bundesverband der Deutschen Industrie und vom Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände zu lesen, die uns gerade vorgestern geschrieben und genau das noch einmal dargelegt haben. Sie sagen nämlich:
Gebundene Ganztagsschulen müssen stärker gefördert werden; denn diese sind die einzigen, die Lehrinhalte rhythmisch auf den Tag verteilen können, statt in Vormittagsstunden geballt zu unterrichten. Davon braucht es einen ganz deutlichen Ausbau.
Meine Damen und Herren, das sagt die Wirtschaft. Macht es Sie nicht nachdenklich, gerade CDU und GRÜNE, dass Sie so visionslos sind, dass BDA und BDI mit den Sozialdemokraten zusammen argumentieren müssen, um etwas für das Land und die Chancengleichheit zu erreichen?
Das Einzige, was Schwarz-Grün zu bieten hat, ist eine Betreuungsgarantie zum Spartarif, und selbst die flächendeckend erst ab 2016. Was wir brauchen und neben uns viele Bildungsexperten fordern, ist ein Ausbauprogramm hin zu echten Ganztagsschulen.
Ich komme zu meinem letzten Schwerpunkt. Der „Chancenspiegel“ spricht davon, dass Bildungsbeteiligung in Hessen nicht nur etwas mit sozialer Benachteiligung zu tun hat, sondern auch damit, wo eine Familie in Hessen wohnt. Das ist neu, aber nicht überraschend. Es ist nicht überra
einer Politik, die gerade noch so im Ballungsraum funktioniert. Vielfalt der Schulen muss man sich in Hessen mit den entsprechenden Mieten leisten können. So sieht es doch aus. Das ist nicht gerecht.
Im Rhein-Main-Gebiet wechseln nach der Grundschule zwei von drei Kindern aufs Gymnasium. Im Norden und Osten Hessens kommt eines von drei Kindern aufs Gymnasium. Dies ist erst der Anfang dessen, was uns das System Lorz beschert. Sie steuern nicht. Das System Lorz setzt auf Beliebigkeit, verkauft den Eltern und Lehrkräften die ministerielle Unfähigkeit, sich für einen Weg zu entscheiden, als Mitbestimmung und Wahlfreiheit. Weil Sie sich selbst in Ihrer Koalition nicht einigen können, wo Sie hinwollen, schieben Sie die Verantwortung, für die Sie gewählt wurden, auf andere Instanzen ab.
Dafür gibt es viele Beispiele. So läuft es schon seit 2012 mit den Beratungs- und Förderzentren, die den Schwarzen Peter bekommen haben, wenn nicht genug Schulen für die inklusive Beschulung zur Verfügung stehen. So haben Sie es bei der Rückkehr der laufenden Jahrgänge zu G 9 praktiziert. Den Frust der Eltern mussten die Schulen aushalten, wenn der Wechsel an wenigen Elternstimmen gescheitert ist. So ist es überhaupt bei der angeblichen Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9, die es faktisch nicht überall in Hessen gibt, weil sie in der Fläche gar nicht umsetzbar ist. So machen Sie es mit der Schulsozialarbeit, schreiben einen neuen Erlass, aber nehmen null zusätzliche Mittel dafür in die Hand.
Genau so wird es beim Pakt für den Nachmittag laufen, wo das Land generös erklärt, es kümmere sich bis 14:30 Uhr um Betreuung und Unterricht. Aber danach muss die Kommune aufkommen, und die Kommunen können dann den Eltern erklären, wie sie das organisieren wollen oder eben nicht organisieren können, weil nach Meinung der Landesregierung, nach Herbsterlass und KFA-Reform das alles freiwillige Leistungen sind und eben nicht finanziert werden können.
Schwarz-Grün treibt die Zersplitterung unseres Schulsystems voran, indem Sie alles, aber auch wirklich alles den 104 oder 105 % einer durchschnittlichen Unterrichtsversorgung unterordnen. So stören Sie reihenweise Leuchtturmprojekte, demotivieren engagierte Lehrkräfte, die schon lange gute Arbeit machen, und schaffen nur noch Durchschnitt. Da kann selbst ein Sozialindex nichts mehr herausreißen. Nur auf Quantität zu setzen, genügt nicht. Aber, okay, für Qualität sorgt dann eben die SPD.
(Holger Bellino (CDU): Davon träumen Sie schon ein paar Jahre! – Günter Rudolph (SPD): Liegt kein Zettel vor? Auch die CDU muss sich melden!)
Hochverehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Degen, den ich wirklich schätze, hat eben erklärt: Was nutzen Stellen, wenn nicht genügend Lehrer da sind. – Das ist richtig, es gibt in Metall- und Elektrobereichen im beruflichen Schulwesen Defizite. Da würden wir gerne mehr Kräfte haben, wir können sie nicht backen. Das ist korrekt.
Ansonsten haben wir mehr als reichlich Lehrer. Nur hatten wir, im Unterschied zwischen Ihnen damals und uns heute, zu Ihrer Regierungszeit keine Lehrerstellen, aber genügend Lehrer. Die waren aber arbeitslos. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns heute.
50 % derjenigen, die damals Abitur und Staatsexamen gemacht haben, um in den Schuldienst zu kommen, haben keine Stellen bekommen. Das war Lebensrealität zu rotgrünen Zeiten. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich in dem Fall die GRÜNEN mit erwähnen muss.
Aber der Kultusminister war Herr Holzapfel, SPD. – Zurück zum eigentlichen Kern, nämlich unserem Haushalt heute. Wir haben allein 1.900 Stellen im Ganztagsbereich zur Verfügung gestellt. Das sind 115 mehr als im letzten Schuljahr. Ich erinnere auch daran, als Kultusminister Holzapfel tätig oder nicht tätig war, hatten wir 125 Lehrerstellen für Ganztagsschulen –
125, heute 1.900 –, um einmal den Unterschied deutlich zu machen. Sozialindex: 300 Stellen in der letzten Legislaturperiode zwischen CDU und FDP vereinbart; Ausbau und, zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vereinbart, positive Verdoppelung, geplant auf 600, 60 neue Stellen, die im neuen Schuljahr dazukommen.