Protocol of the Session on November 27, 2014

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir alle können uns noch ganz gut an die Hängepartie mit dem Unternehmen BNK erinnern. Wir können uns an die Ängste und Nöte in der Region erinnern. Wir sind Frau

Umweltministerin Priska Hinz sehr, sehr dankbar, dass sie einen Vergleich mit dem Unternehmen erzielt hat und sich BNK zurückgezogen hat.

Das war uns aber noch nicht genug, denn wir wussten, jederzeit kann ein neues Unternehmen kommen und sein Interesse an Fracking geltend machen. Deswegen hat die schwarz-grüne Koalition einen weiteren Punkt auf die Agenda gesetzt: eine gemeinsame Bundesratsinitiative mit anderen Ländern. Dadurch soll ein Verbot des Einsatzes von Chemikalien beim Fracking festgeschrieben werden. In dieser Bundesratsinitiative ist auch festgeschrieben, dass das Bergrecht geändert werden soll. Im Moment steht die Rohstoffförderung stets im Vordergrund. Wir wollen, dass endlich der Mensch im Vordergrund steht – nicht mehr die Rohstoffförderung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Schott, auch wenn Sie immer wieder behaupten, wir würden nicht alles tun, was wir tun können: Das ist alles, was wir tun können, um Fracking rechtssicher zu verhindern. Das hessische Bergrecht mit diesem Ziel zu ändern, genügt nicht, sondern man muss dafür das Bundesbergrecht ändern. Genau das versuchen wir mit unserer Bundesratsinitiative zu erreichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Was aber macht die Bundesregierung? Umweltministerin Hendricks hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es gibt darin nur in einem Bereich ein klares Verbot für Fracking: in den wenigen Schutzgebieten zur Wassergewinnung. Wie absurd das ist, habe ich gerade mit dem Beispiel der roten Farbe zu beschreiben versucht. Wasser kennt keine Grenzen. Das angestrebte Gesetz soll Fracking angeblich verhindern. Meine Damen und Herren, das ist reine Augenwischerei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dirk Landau (CDU))

Als Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister und Frau Hendricks als Umweltministerin ein Eckpunktepapier vorgelegt haben, hieß es zumindest – das hätte uns nicht gereicht, aber es wäre ein erster Schritt gewesen –, oberhalb von 3.000 m Tiefe soll Fracking verboten werden; man soll in solche Tiefen gehen, die vom Grundwasser weit entfernt sind.

(Timon Gremmels (SPD): Das macht man doch!)

Nein, Herr Kollege Gremmels, das Verbot wurde total aufgeweicht. Es dürfen nämlich jetzt Ausnahmen gemacht werden, wenn eine Expertenkommission mit einfacher Mehrheit zustimmt. Sie wissen selbst genau, wie viele unterschiedliche Interessen in diesem Bereich bestehen. Wenn mit einfacher Mehrheit gesagt wird: „Da kann gefrackt werden“, kann das passieren.

An der Stelle kommen die Länder ins Spiel. Sie wollen jetzt wahrscheinlich anführen: Die Länder haben eine Möglichkeit, einzugreifen.

(Timon Gremmels (SPD): Genau!)

Ganz toll. Reden wir doch einmal Klartext. Die Länder bekommen am Ende den Schwarzen Peter zugeschoben. Sie stehen vor einem Bundesgesetz voller Schlupflöcher und

sollen am Ende die Verantwortung übernehmen. Das geht so nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Was war denn die Forderung von uns Ländern? Wir wollten Fracking im Vorfeld verbieten, und zwar rechtssicher. Deswegen wollen wir das Bundesbergrecht ändern. Genau das erfolgt nicht. Wir werden in einem Zustand der Rechtsunsicherheit gelassen. Wir bekommen ein Fracking-Ermöglichungsgesetz und müssen versuchen, es am Ende irgendwie hinzubekommen. Das ist keine Rechtssicherheit. Wir werden von Umweltministerin Hendricks, von Sigmar Gabriel und von der Bundesregierung weiterhin alleingelassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass dieser Gesetzentwurf im Bundestag von Teilen der SPD-Fraktion und von Teilen der CDU-Fraktion durchaus kritisch gesehen wird, und ich weiß, es kommt noch etwas Weiteres, was von Herrn Wirtschaftsminister Gabriel herausgegeben wird. Ich befürchte, dass das keine Verbesserung bringen wird; denn wenn die Umweltministerin schon vorgeprescht ist, heißt das nicht unbedingt etwas Gutes.

Wir haben aber noch eine Chance. Deswegen ist es mir ein echtes Anliegen, dass wir alle in diesem Saal – wir waren uns bei diesem Punkt ja häufig einig – auf unsere Bundestagsabgeordneten Einfluss nehmen, damit wir ein Gesetz bekommen, das Fracking rechtssicher verhindert, damit wir in Hessen endlich Ruhe davor haben und unsere Umweltministerin gestützt wird, statt dass weiterhin Steine in den Weg gelegt werden. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Landau, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fracking ist für viele Menschen in Deutschland ein Synonym für – ich zitiere – „zerstörte Umwelt und verseuchtes Wasser“. Diese Bergbaumethode hat aber für etliche Menschen etwas mit der Bedeutung des Industriestandorts Deutschland und einer größeren Versorgungsunabhängigkeit beim Energieträger Gas zu tun. Die einen sehen in Fracking eine Zukunftstechnologie, die anderen hingegen eine Risikotechnologie. So wollen die einen die Anwendung von Fracking nicht völlig ausgeschlossen wissen und tragen vor, dass kein Unternehmen in Erkundungen und Probebohrungen investiert, wenn nicht wenigstens die vage Aussicht auf spätere kommerzielle Nutzung besteht. Den anderen gehen die diskutierten gesetzlichen Regelungen nicht weit genug. Sie sehen ein nicht abschätzbares Gefährdungspotenzial für die Umwelt durch Fracking.

Allerdings haben 2013 die staatlichen geologischen Dienste der deutschen Bundesländer und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe drei zentrale Studien ausgewertet und stellen als gemeinsames Ergebnis fest,

dass eine Erkundung der Lagerstätten und voraussichtlich auch die Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten unter bestimmten Voraussetzungen mit den Anforderungen des Umwelt- und Gewässerschutzes vereinbar sind.

Andererseits wissen wir vom Beispiel der Stadt Staufen, was passieren kann, wenn Sicherungstechnik zwar vorhanden ist, aber falsch angewendet wird, oder wenn Fahrlässigkeit vorliegt. Dort ist man bei der Bohrung mit einer Grundwasserschicht in Kontakt gekommen, was vollkommen hätte ausgeschlossen werden müssen – wie wir es auch beim Fracking ausschließen wollen. Die dramatischen Folgen in Staufen sind nach Jahren noch zu sehen, allerdings nur bei der Bausubstanz in der Stadt. Die Umweltfolgen für das Grundwasser nach einem Störfall – so will ich es einmal nennen – beim Fracking wären bei Weitem schlimmer. Da sind wir uns alle sicher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Berliner Gesetzentwurf sieht ein Frackingverbot vor, allerdings – so wurde es in der Presse genannt – mit „offener Hintertür“. Man muss aber feststellen, dass der Umweltschutz mit diesem Gesetzesentwurf stärker in den Vordergrund gerückt wird, als es bei der derzeit gültigen Regelung der Fall ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD so- wie bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die „Süddeutsche Zeitung“ spricht von einem „Konvolut aus Hürden und Hindernissen“, nicht alleine wegen der Veröffentlichungspflichten, die jetzt feststehen, und der intensiven Überwachungsmaßnahmen, die eingefordert werden, auch nicht, weil Fracking grundsätzlich in Trinkwasserschutzgebieten und Heilquellgebieten ausgeschlossen ist – was Frau Dorn angesprochen hat –, sondern wegen des abgestuften und sehr komplexen Genehmigungsverfahrens.

Das grundsätzliche Verbot von Fracking bei unkonventionellen Lagerstätten, wenn die Bohrungen nicht die Tiefe von 3.000 m erreichen, besteht zunächst theoretisch. In dieser Tiefe befinden sich zwei Ressourcen gleichzeitig, nämlich die meisten Schiefergasvorkommen, aber auch die Grundwasserleiter. In § 13 des Gesetzentwurfs steht, dass oberhalb von 3.000 m Tiefe Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas zu versagen sei. Aber nach Unterpunkt 2 sind Probebohrungen möglich. Wenn sie erfolgreich waren, prüft eine sechsköpfige Expertenkommission, ob ein konkretes Frackingvorhaben in der betroffenen geologischen Formation unbedenklich ist, und gibt – wie Unterpunkt 5 besagt – eine entsprechende Empfehlung an die jeweiligen Landesbehörden.

Jetzt komme ich von dem theoretischen Verbot zu dem praktischen Verbot und zitiere wieder einmal aus der „Süddeutschen Zeitung“:

Erstens lassen sich Wissenschaftler zu vielem hinreißen, ungern aber zu einer quasi amtlichen Unbedenklichkeitserklärung. Und zweitens wäre das nur der erste Schritt: Die eigentliche Genehmigung nämlich müssten Bergämter und die örtlichen Wasserbehörden ausstellen. Doch gerade Letztere stehen dem Fracking ungefähr so offen gegenüber wie die Feuerwehr dem Brandstifter.

Ferner müsste das Umweltbundesamt die verwendete Frackingflüssigkeit als völlig ungefährlich einstufen. Das wird sie nicht leichtfertig tun.

Ich möchte, auch wenn ich dieses faktische Verbot sehe, einen Punkt ansprechen, der mir in diesem Gesetzentwurf sehr fehlt: der Umgang mit dem Lagerstättenwasser und dem Flow-back, die hochgradig giftig sind und die nach dem vorliegenden Gesetzentwurf verpresst werden können. Ich möchte kurz darauf hinweisen, welche Erfahrung wir in Hessen mit Verpressungen durch die Kaliindustrie gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die hessische CDU-Landtagsfraktion hat der Schutz des Trinkwassers und der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger nach wie vor oberste Priorität. Wir sehen in dem Berliner Gesetzentwurf eine Gratwanderung zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz. Wir sehen in ihm einen richtigen, allerdings nicht konsequent zu Ende gegangenen Weg.

Deshalb bleiben wir bei dem, was wir auch im Bundesrat vorgetragen haben und was sich in dem Schutz, den ich eben angesprochen habe, wiederfindet. Hessen ist in der Vergangenheit seiner Verantwortung gerecht geworden. Sie wissen, in dem Berliner Entwurf steht,

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

dass die letzte Entscheidung bei den Landesbehörden liegt. Dazu will ich nur sagen: Wir werden auch weiterhin unserer Verantwortung an dieser Stelle gerecht werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste hat Kollegin Schott, DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es war Pippi Langstrumpf, von der der Satz stammt: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“. Frau Dorn, ich bin wirklich beeindruckt, mit welcher Nachdrücklichkeit Sie hier und heute mehrfach gesagt haben, das Wasser findet seinen Weg. Das gilt anscheinend nur, wenn Sie das bei Fracking als Argument anführen. Ich frage mich, wie das bei Kali + Salz mit der Verpressung ist. Da findet das Wasser wohl seinen Weg nicht, oder?

(Beifall bei der LINKEN)

Entweder hat man eine Haltung dazu, dass sich Wasser dahin bewegt, wohin es will, oder man hat sie nicht. Es wird sich dorthin bewegen, wohin es will, und es wird das auch machen, wenn man es weiterhin in den Untergrund verpresst. Sie sind gerade dabei, das zu genehmigen. Ich finde, Sie sollten sich mit sich selbst einig werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach dem Entwurf für ein Frackinggesetz von Union und SPD wird Fracking zur Gasförderung im Sandstein problemlos und im Schiefergestein in relevanten Schichten möglich werden. Danach können zukünftig auf mehr als drei Vierteln der Fläche Deutschlands Erdöl und Erdgas mit Fracking gefördert werden. Selbst die Industrie erklärt, dass es nicht so schlimm gekommen sei, wie sie befürchtet hatte.

Übersetzt heißt das: Der Gesetzentwurf hat mit einem Verbot nichts mehr zu tun. Dank engagierter Lobbyarbeit haben die SPD-Minister Gabriel und Hendricks den Weg für die kommerzielle Nutzung von Fracking in Deutschland geebnet. Die SPD bremst die Energiewende, hält die Kohlekraftwerke am Laufen und entsorgt jetzt auch noch das Frackingverbot zusammen mit dem Klimaschutz in die Kiste der Wahllügen.

Wir teilen daher die Kritik der GRÜNEN an dem Gesetzentwurf der Großen Koalition in vielen Punkten. Was wir nicht teilen, ist die Einschätzung, dass die Bundesratsinitiative, die die Hessische Landesregierung zusammen mit den Regierungen der Länder Schleswig-Holstein und BadenWürttemberg eingebracht hat, besser ist als der Entwurf der Großen Koalition.

(Lachen der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))