Protocol of the Session on November 27, 2014

(Beifall des Abg. Uwe Frankenberger (SPD))

Ich glaube, wir müssen auf ein paar Aspekte ein bisschen genauer eingehen. Als Erstes will ich etwas über die unterschiedlichen Bedingungen sagen, die wir in Hessen vorfinden. Wir haben Bereiche, in denen die Wohnraumsituation extrem angespannt ist, und wir haben Bereiche, in denen das nicht so ist. Dem muss Rechnung getragen werden, indem man im Hinblick auf den Sozialwohnungsbau mit unterschiedlichen Einkommensgrenzen arbeitet.

Wir sind der Auffassung, dass die Einkommensgrenzen viel zu niedrig angesetzt sind. Im Übrigen hat mich sehr gewundert – das will ich auch sagen, Sie hatten ausreichend Zeit, die Anhörung auszuwerten –: Wir waren offensichtlich bei unterschiedlichen Anhörungen. Denn es ist sehr eindeutig gesagt worden, dass die von Ihnen festgelegten Einkommensgrenzen überhaupt nichts mit der Realität zu tun haben.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

Mit Verlaub, noch einmal für die Zuhörerinnen und Zuhörer: Sie haben momentan für Sozialwohnungen eine Einkommensgrenze von 14.500 € pro Jahr festgelegt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist lächerlich!)

Wir sind bei einem Einpersonenhaushalt wenigstens auf 18.000 € gegangen. Das ist das, woran sich andere Flächenländer in der Republik orientieren. In Hessen ist das anders. Das halten wir für falsch.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der zweite Punkt, den Sie in der Tat dankenswerterweise zwar nicht direkt in das Gesetz, sondern mit dem Hinweis auf eine Verordnung aufgenommen haben, betrifft den zweiten Förderweg für mittlere Einkommen. Wir sprechen vom Gesetz, weil da natürlich definiert werden muss, wie das Ganze eigentlich vonstattengeht. Das ist kein Misstrauen unsererseits gegenüber dem Regierungshandeln auf dem Verordnungsweg, wobei ich als Parlamentarier es im Grundsatz immer für richtig halte, Dinge ins Gesetz zu schreiben und nicht in Verordnungen zu verstecken.

Wir halten den Hamburger Weg, wie ihn Olaf Scholz entwickelt hat und wie er dort auch gut realisiert wird, für richtig. Man generiert mit 30 % oberhalb der Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen einen zweiten Förderweg und lässt ihn auch wirken. Wir brauchen den zweiten Förderweg, weil sich der Polizist, die Erzieherin oder der Erzieher – ich sage es immer wieder – von dem Gehalt, das

sie erhalten, nicht mehr die Wohnung leisten können, die in Frankfurt, in Darmstadt oder in Wiesbaden so teuer ist. Deshalb ist es wichtig, den zweiten Förderweg fest im Gesetz zu verankern und zu platzieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme jetzt zu einem Punkt, der mir ziemlich wichtig ist; darauf will ich ein paar Minuten verwenden. Ein Gesetz ist immer schön und gut, aber es muss auch finanziell hinterlegt werden. Wir haben das in sehr vorsichtiger Form getan. Inwieweit es uns im Rahmen der Haushaltsberatungen gelingt, dort noch einen Schnaps draufzulegen, werden wir dann sehen. Auf jeden Fall muss sichergestellt werden, dass in einem Hessischen Wohnraumfördergesetz auch eine Aussage zur Finanzierung gemacht wird, wie das Ganze eigentlich funktionieren soll. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Wir haben es in das Gesetz hineingeschrieben.

(Beifall des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Jetzt muss ich noch ein bisschen ans Eingemachte und an den technischen Ablauf gehen: Wir haben mittlerweile – das hat der Bericht des Beauftragten für das Wohnungswesen hervorgebracht – 62 Millionen € im Sondervermögen der WIBank für den Wohnungsbau festgelegt. Wir haben damit zu rechnen, dass in diesem Jahr round about weitere 30, 32 Millionen € aus den Föderalismusmitteln in den hessischen Landeshaushalt wandern und dass dafür ein zweites Sondervermögen in der WIBank gebildet werden muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen versprechen: Wir werden oppositionsseitig sehr genau darauf achten, dass dieses Geld, so wie es von der Ministerin versprochen wurde, tatsächlich langfristig für den Wohnungsbau in Hessen zur Verfügung steht. Das ist eine notwendige Festlegung, um zu einem größeren Volumen innerhalb der WIBank zu kommen und dies für den Wohnungsbau zu generieren.

Einige weitere Bemerkungen zum Gesetz selbst. Ich kann überhaupt nicht verstehen – da muss ich auch wieder sagen: sorry, wir waren offensichtlich bei unterschiedlichen Anhörungen –, auch vor dem Hintergrund der Tradition der Forderung der GRÜNEN, wenn es noch eine solche gibt, dass Sie Ihren Koalitionspartner nicht überzeugen konnten, bei Sozialwohnungen wieder auf eine Bindungsdauer von zehn Jahren zu gehen. Insbesondere der Mieterbund Hessen hat gesagt: Eigentlich müssten wir auf 15 Jahre gehen, aber das Minimum ist ein Rückbesinnen auf zehn Jahre. – Alles andere ist auch widersinnig.

Was soll es denn bringen, wenn wir eine Sozialwohnung bauen und diese nach fünf Jahren wieder aus der Bindung herausfällt? Dann muss Frau Hinz noch einmal 5 Millionen € in die Hand nehmen, um die Bindung zurückkaufen zu können. Diese Regelung ist uns völlig unverständlich. Deshalb haben wir mit unserem Gesetzentwurf beantragt, die Bindungsdauer wieder auf zehn Jahre zu verlängern. Das macht Sinn.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die vorletzte Bemerkung meinerseits: Wir halten es für richtig, dass der Bereich des studentischen Wohnens aufgenommen worden ist. Wir halten es auch für richtig, was sich im Gesetzentwurf der LINKEN wiederfindet, den Punkt um Auszubildende zu erweitern. Der Bereich könnte sinnvollerweise einbezogen werden. – Das ist im Rahmen

der Anhörung übrigens auch sehr positiv bemerkt worden, Frau Feldmayer.

Zu dem Gesetzentwurf der LINKEN ist nicht viel positiv bemerkt worden, aber das ist herausgearbeitet worden. Die Einbeziehung von Auszubildenden in den Fördertatbestand macht Sinn. Das wollen wir gerne aufgenommen wissen. Aus dem Grund werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Ich möchte noch ein Letztes sagen. Um all das umzusetzen und gestalten zu können, ist im Rückblick auf die Historie noch eine Sache von besonderer Bedeutung; ich hätte mir gewünscht, dass das an der einen oder anderen Stelle noch eine Rolle gespielt hätte. – Frau Feldmayer, Sie haben sich in der Diskussion auf die vielen Bündnisse für mehr Wohnraum bezogen. Der Ausgangspunkt dieser Bündnisse war, dass die Hessische Landesregierung damals die Nassauische Heimstätte verkaufen wollte.

Ich glaube, die Nassauische Heimstätte ist für das Land Hessen das Gestaltungselement, das ganz wesentlich dazu beitragen kann, ein Hessisches Wohnraumfördergesetz umzusetzen. Ich kann momentan noch nicht absehen und noch nicht wahrnehmbar ersehen, dass die Nassauische Heimstätte von der Landesregierung tatsächlich als Gestaltungselement wahrgenommen und da etwas umgesetzt wird.

Herr Siebel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin beim letzten Satz. – Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das, was Sie aufgeschrieben haben, ist in vielen Punkten in der Tat besser als das vorherige Gesetz, aber es stellt noch keine Verheißung auf das dar, was uns alle ins Gesangbuch geschrieben haben, was notwendig ist, um die Wohnungsnot in unserem Land zu beseitigen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Danke, Herr Siebel. – Für DIE LINKE hat sich Herr Schaus zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man es gut mit der schwarz-grünen Landesregierung meint, dann könnte man anlässlich des nun fast einjährigen gemeinsamen Regierens den Bereich der Wohnungspolitik mit der Formel „Sie waren stets bemüht“ zusammenfassen. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen etwas Neues erzähle, wenn ich Ihnen sage, dass dies in einem Arbeitszeugnis eine eher schlechte Bewertung wäre.

Ihr Bemühen, einige kleine Schritte in die richtige Richtung zu gehen, wird dadurch, dass Sie keine zusätzlichen Landesmittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, schlicht und ergreifend ad absurdum geführt. Sie weiten den Kreis der Berechtigten zwar richtigerweise aus, belassen die jährlichen Mittel aber gleichzeitig bei 62 Millionen € pro Jahr. Das wurde in der Anhörung von vie

len Experten klar kritisiert. Es mutet daher äußerst seltsam an, wenn Sie behaupten, Ihr Gesetzentwurf habe in der Anhörung großen Zuspruch erfahren. Da muss ich bei einer anderen Veranstaltung gewesen sein. Bei der Anhörung wurde zwar die richtige Richtung des Gesetzentwurfs begrüßt; dass Ihr Entwurf jedoch der große Wurf sei, um das 2012 aus der FDP-Feder und mit der Tinte von Haus & Grund geschriebene Wohnraumförderungsgesetz in erheblichen Teilen endlich sozialer zu gestalten, hat dort niemand behauptet. Das war nun wahrlich nicht das Ergebnis der Expertenanhörung vom 11. September.

Dass Sie nun heute Ihren Gesetzentwurf in zweiter Lesung in unveränderter Weise zur Abstimmung stellen, ist vor dem Hintergrund schon ein beachtlicher Vorgang. Sie halten, obwohl dies kritisiert wurde, an der extrem ungerechten Nachwirkungsfrist von lediglich fünf Jahren fest. Sie fördern weiterhin Eigentum und dringend benötigten sozialen Wohnungsbau in gleicher Weise, und Sie erweitern sogar die Möglichkeiten, Wohnungen ungestraft sechs Monate lang leer stehen zu lassen.

Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die dringend eine günstige Wohnung benötigen – und das sind in Hessen immerhin über 40.000 registrierte Familien. Gerade dieser letzte Punkt zeigt deutlich, mit welcher Geisteshaltung Sie Wohnungspolitik betreiben: Im Zweifel verschlechtern Sie die Parameter für die Mieterinnen und Mieter. Denn anstatt den unnötig langen Zeitraum der Möglichkeit, eine Wohnung leer stehen zu lassen, in § 23 des Wohnraumförderungsgesetzes von sechs auf drei Monate zu senken, erhöhen Sie ihn unter dem Vorwand, das Gesetz an das Wohnungsbindungsgesetz anzugleichen.

Frau Ministerin, warum machen Sie es eigentlich nicht umgekehrt? Das frage ich hier an dieser Stelle. – Dies bezeichnen Sie auch noch als nur „redaktionelle Anpassung“.

Dass Sie darüber hinaus die zahlreichen Forderungen und Einwände der Experten aus der Anhörung von November 2012, also vor der Einführung des Gesetzes, weiterhin ignorieren und gar nicht in Ihre Überlegungen mit einbezogen haben, überrascht dann auch nicht mehr. Wir hätten es sehr gewünscht, dass neben dem Vorrang der Bildung von Wohneigentum auch andere damals geäußerte Kritiken an dem Entwurf 2012 nun von der neuen Landesregierung aufgegriffen und die betreffenden Passagen des Gesetzes geändert worden wären.

Deshalb haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt, der vorsieht, die viel zu geringen Mittel für den sozialen Wohnungsbau wenigstens dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, nämlich ausschließlich bei der Errichtung von Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will daran erinnern, dass dies auch einmal eine grüne Forderung war. Ich darf aus der Presseerklärung vom 26. Juni 2012 der GRÜNEN-Fraktion zitieren:

Wir konzentrieren die staatliche Förderung auf den echten Mangelbereich, den Mietwohnungsbau. Angesichts der sehr niedrigen Hypothekenzinsen und der begrenzten zur Verfügung stehenden Mittel gibt es gegenwärtig keinen Grund, selbst genutztes Wohnungseigentum zusätzlich zu fördern.

So weit das Zitat.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Herr Wagner, in der Tat hatten Sie da recht. Ich frage Sie jetzt: Was hat sich seit 2012 geändert? – Nur der Wechsel von der Opposition auf die Regierungsbank, sonst nichts.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und das Gesetz!)

Herr Wagner, nein an dieser Stelle gerade nicht. Die Förderung des Wohneigentums wird nach wie vor gleichrangig mit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus gesehen. Das ist nicht unsere Position, und aus dieser Presseerklärung kann man das auch nicht anders lesen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie nicht!)

Andere auch, nicht nur wir. Wir als LINKE sagen weiterhin: Die Förderung von Eigentumswohnungen und Quartiersmaßnahmen darf nicht aus Mitteln für den sozialen Wohnungsbau erfolgen. Solange jährlich weit mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, als neue Wohnungen hinzukommen, hat die Förderung des sozialen Wohnungsbaus absolute Priorität.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich wollen auch wir Quartiersmaßnahmen, die die Wohnqualität erhöhen, erhalten. Hierfür müssen aber andere, bereits vorhandene oder neu zu schaffende Programme genutzt werden. Um die akute Wohnungsnot in den Ballungsgebieten und den Universitätsstädten in den Griff zu bekommen, muss man eben mehr Geld in die Hand nehmen. Anders wird es nicht gehen. Zur Errichtung von Wohnraum für Studierende und Auszubildende benötigen wir ein Sonderprogramm von 40 Millionen € jährlich zur Schaffung von zusätzlich 2.000 Wohneinheiten.

Ähnliches gilt auch für den sozialen Wohnungsbau. Jahr für Jahr bringen wir dazu immer wieder unsere Anträge in die Haushaltsdebatte ein, um die Förderung für die Errichtung von jährlich 4.000 neuen Sozialwohnungen zu erhöhen. Denn diese Zahl an Neubauten ist notwendig, um die Anzahl der Sozialwohnungen wenigstens zu erhalten; da geht es noch nicht einmal um einen Ausbau.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wenn man den Mangel an bezahlbarem Wohnraum ernsthaft bekämpfen will, muss man Geld in die Hand nehmen. Große Worte oder Ankündigungen, etwas zu tun, und das Vortäuschen von Aktivitäten reichen da einfach nicht aus.

(Beifall bei der LINKEN)