Protocol of the Session on November 4, 2014

Ihre Argumentationslinie ist auch sehr durchsichtig. In keinem Punkt Ihrer Rede haben Sie einmal die riesige Dimension der Steuermehreinnahmen genannt. In Ihrer Rede haben Sie das wunderschön umschrieben:

Auf der Einnahmeseite gehen wir momentan von einer moderat positiven Entwicklung aus.

Meine Damen und Herren, das ist wirklich eine Verniedlichung. So vertuscht man die eigentliche Ursache dafür, dass Sie – zum Glück – endlich die gesetzliche Vorgabe einhalten können und die Nettoneuverschuldung gesenkt werden kann.

Meine Damen und Herren, seltsam bei dieser Rede des Ministers war, dass er die Einsparungen durch die Nullrunde für die 95.000 Beamtinnen und Beamte nicht beziffert hat. Er hat sie nicht beziffert. In diesem Bereich waren Sie verhältnismäßig schmallippig. Auch zu den Plänen, bei der Beihilfe 20 Millionen € einzusparen, waren die Äußerungen des Herrn Ministers doch sehr zurückhaltend. Wir hätten schon einmal gerne gewusst, was Sie an dieser Stelle vorhaben.

Auch wir wissen natürlich, dass der größte Ausgabenblock die Ausgaben beim Personal sind. Aber: Stichwort Nullrunde. Herr Minister, es gibt nicht nur Beamte, die eine B-Besoldung haben. Es gibt auch nicht nur Regierungsoberräte. In Ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich, in der Steuerverwaltung, gibt es z. B. 250 Mitarbeiter mit A 6, 330 Steuerobersekretäre mit A 7 und jeweils rund 1.000 Mitarbeiter in den Besoldungsgruppen A 8 oder A 9. Meine Damen und Herren, diese Beschäftigten von der Besoldungsentwicklung abzukoppeln, ist schlicht falsch.

(Beifall bei der SPD)

Wissen Sie, mit wie viel Geld jemand z. B. mit A 8 über die Runden kommen muss? Mit 2.500 € im Monat brutto. Von diesem Betrag gehen natürlich die Steuer und die Krankenversicherung ab; manche haben auch noch Miete zu zahlen. Herr Minister, diese in Ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich Beschäftigten koppeln Sie von der Besoldungsentwicklung ab. Das ist im höchsten Maße unfair.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch deswegen unfair, weil diese Beamten schon heute mehr Wochenarbeitszeit leisten. Das führt zu Frustration, und das erstickt auch die Motivation der Betroffenen. Das ist doch völlig klar.

Die CDU hat mit der „Operation düstere Zukunft“ für die Beamten Mehrarbeit eingeführt. Schwarz-Grün toppt diese Fehlentwicklung, indem die Beamten jetzt auch noch eine Nullrunde fahren sollen. Gestern haben die Lehrergewerkschaft GEW und die Gewerkschaft der Polizei, die GdP, Proteste bis hin zu Streiks angekündigt. Aus unseren Kontakten zum Beamtenbund, zur Steuer-Gewerkschaft und zu anderen wissen wir, dass schwere Konflikte zwischen der Arbeitnehmerseite und der Landesregierung drohen.

Jetzt richte ich meine Worte insbesondere an Sie von der CDU-Fraktion. Sie haben den Beamten in Hessen vor der Wahl versprochen, dass es für sie keine weiteren Sonderopfer geben werde.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist diese Politik nach Gutsherrenart auch noch ein eklatanter Wortbruch.

(Michael Boddenberg (CDU): Den Wortbruch haben Sie für sich gepachtet! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wir werden Ihnen Ihre Äußerungen – genug davon sind veröffentlicht – immer wieder vorhalten.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Boddenberg, die hessischen Beamten haben eine höhere Wochenarbeitszeit zu leisten, sie haben jetzt mit einem verstärkten Stellenabbau zu kämpfen, und sie haben Kürzungen bei der Beihilfe zu ertragen; Sie wollen hier 20 Millionen € einsparen. Den Beamten jetzt auch noch eine Nullrunde zu verordnen, ist inakzeptabel. Das ist außerdem ungerecht. Wir haben eher das Gefühl, dass sich für Sie von den Regierungsfraktionen die Frage der Gerechtigkeit nur in Selbstgerechtigkeit ausdrückt. Das war doch auch der Tenor Ihres Beitrags an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD)

Die geplanten Maßnahmen bergen Sprengstoff für den Landesdienst. Die angekündigten Streiks machen doch den Unmut der Beamten deutlich. Herr Kultusminister, wenn sich das bewahrheitet, was angekündigt worden ist, wird auch Ihr Schulfriede durch diese Maßnahmen in die Luft gesprengt; denn es drohen harte Auseinandersetzungen, gerade an den Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Sie fragen immer, welche Alternativen wir anzubieten haben. Sie kennen unser Modell. Ich will jetzt nicht ausführen, woher Sie es kennen. Aber Sie kennen es. Unsere Modelle unterscheiden sich schon methodisch. Wir sagen: Wir halten es für erforderlich, dass die Gewerkschaften über einen Beschäftigungspakt eingebunden werden und dass mit ihnen im Rahmen des Beschäftigungspaktes über die Arbeitszeit, die Stellenentwicklung und die Lohnentwicklung gesprochen wird. Aber an allen drei Stellschrauben zulasten der Beschäftigten gleichzeitig zu drehen und dazu auch noch bei der Beihilfe zu kürzen, das ist einfach miserable Politik.

(Beifall bei der SPD)

Sie fordern uns immer auf, Alternativen zu nennen. Ich will gern einige nennen. Bauen Sie endlich den Überhang in den Ministerien ab.

(Beifall bei der SPD)

Bauen Sie endlich den Überhang bei der politischen Führung in Hessen ab. Sparen Sie endlich bei den Ministerien ein. Unstreitig ist, dass die Ausgaben für die politische Führung in Hessen um 190 Millionen € über dem Durchschnitt der diesbezüglichen Ausgaben in den Flächenländern liegen. In Hessen wird hier aber nicht gespart. Anscheinend soll deswegen die Besoldung der Beamten eingefroren werden. Es ist wie immer: Die Indianer sollen bluten, und die Häuptlinge sollen davonkommen. Das ist nicht unsere Politik, sondern Ihre Politik.

(Beifall bei der SPD)

Das Wirtschaftsministerium hat es geschafft, im Rahmen des Abbaukonzepts eine Stelle zu streichen, aber 21 Stellen im nachgeordneten Bereich zu streichen – vor allem bei Hessen Mobil; über die Auswirkungen dieser Maßnahme

habe ich schon etwas gesagt. Ich finde, umgekehrt wäre es besser gewesen: 21 Stellen im Ministerium zu streichen und eine Stelle bei Hessen Mobil. Das wäre auch möglich.

(Beifall bei der SPD)

Schwarz-Grün hat es sogar geschafft, im Justizministerium den Stellenplan um eine halbe Stelle aufzustocken und 122,5 Stellen im nachgeordneten Bereich abzubauen. So sind die Verhältnisse.

In der Staatskanzlei wollen Sie eine A-14-Beamtenstelle und eine Stelle im mittleren Tarifbereich streichen, obwohl die Staatskanzlei völlig überbesetzt ist. Auch da könnte man in diesem Jahr einen zehnfach größeren Stellenabbau realisieren.

(Beifall bei der SPD)

Gehen Sie endlich an die Ministerien, an die Verwaltung der politischen Führung heran. Hier können Sie innerhalb von drei oder vier Jahren 190 Millionen € sparen.

Ich möchte einen einzelnen Aspekt Ihrer Rede ansprechen, nämlich Ihre steuerpolitischen Initiativen. Herr Minister, hier unterstützen wir Sie. Wir haben bei den Abschreibungen möglicherweise eine andere Auffassung, aber die steuerpolitischen Initiativen sind aus unserer Sicht so weit okay. Wenn Sie aber auf einmal Steuerschlupflöcher bekämpfen wollen und von Steuerflucht reden: Wer wollte denn über Monate, ja Jahre hinweg dem Steuerabkommen mit der Schweiz die Absolution erteilen? Das waren Sie, Herr Minister, und Herr Ministerpräsident Bouffier. Sie haben über Monate, über Jahre hinweg gesagt, wir sollten das Steuerabkommen mit der Schweiz unbedingt unterschreiben. Wissen Sie, was die Folge gewesen wäre? Das Steuerabkommen zwischen 50 Staaten, das vergangene Woche zustande gekommen ist, wäre niemals in Kraft getreten, weil sich jeder einzelne dieser 50 Staaten darauf berufen hätte, dass Deutschland ja ein Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen hat, wodurch diejenigen, die Steuern ins Ausland verbracht haben, weiterhin anonym bleiben können. Genau das wäre der „Erfolg“ Ihrer Politik gewesen. Das hätte dazu geführt, dass auf internationaler Ebene ein solches Abkommen nicht zustande gekommen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt kommt es so, dass das Bankgeheimnis endlich fällt. Österreich und die Schweiz werden sich im nächsten Jahr diesem Abkommen anschließen. Das hat nichts mit Ihrer Politik zu tun, sondern damit, dass die Öffentlichkeit gegen dieses Steuerabkommen mit der Schweiz aufbegehrt hat und dass die SPD und auch die GRÜNEN auf der Bundesebene das immer wieder thematisiert und im Bundesrat blockiert haben.

(Beifall bei der SPD)

Das hat also nichts mit Ihrer Politik zu tun. Hätte man Sie gewähren lassen, wäre dieses Abkommen überhaupt nicht zustande kommen. Vielleicht ist der Gesetzentwurf, der jetzt eingebracht worden ist, ein Zeichen tätiger Reue des Ministers. Schön wäre es.

Ich fasse zusammen: Schwarz-Grün setzt mit diesem Haushaltsentwurf keine besonderen Impulse. Schwarz-Grün ist eher ambitionslos. Die GRÜNEN und die CDU freuen sich, dass sie zusammen regieren. Das war es aber schon. Mit diesem Haushaltsentwurf werden jedenfalls weder die Probleme Hessens auch nur ansatzweise gelöst, noch wird die Zukunft Hessens erfolgreich gestaltet.

Ich wünsche uns anregende Beratungen in den nächsten Wochen und Monaten. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willy van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Als Nächster hat Kollege Kaufmann vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ lautet der Titel des Koalitionsvertrags. Dieser Leitgedanke definiert damit zugleich den schwarz-grünen Kurs der Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den wir für die laufende 19. Legislaturperiode des Hessischen Landtags verabredet haben. „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ könnte auch über dem heute vorgelegten Haushaltsentwurf für das Jahr 2015 stehen, wenn es denn üblich wäre, Haushalte unter eine formulierte Devise zu stellen. Vielleicht sollten wir dies in Zukunft tun und diese Devise als Oberziel des gesamten Regierungshandelns im Sinn der neuen Verwaltungssteuerung definieren. Damit könnten wir sie in der Systematik des Haushaltskonzepts ausweisen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der Haushaltsentwurf für 2015 ist jedenfalls der erste Jahresetat, der unter den genannten Leitgedanken konzipiert und formuliert ist; der Nachtraghaushalt 2014, den wir im Juli verabschiedet haben, enthielt im Wesentlichen lediglich die aufgrund der Regierungsneubildung notwendigen Veränderungen. Mit dem Haushaltsentwurf 2015 sollen nunmehr die wesentlichen Fragen nach Profil und Schwerpunkten der Regierungspolitik von Schwarz-Grün gegenüber allen politisch Interessierten beantwortet werden. Das werden sie auch. Schließlich definiert der Haushalt den Handlungsrahmen der gesamten Politik für das kommende Jahr und zusammen mit dem Finanzplan auch die dazugehörigen Perspektiven für die Dauer der Legislaturperiode.

Wie Sie wissen sollten, steht für die Koalition aus CDU und GRÜNEN ausweislich des Koalitionsvertrages die Aufgabe, in Verantwortung für alle Generationen eine nachhaltige Haushaltspolitik zu betreiben, an erster Stelle. Wir bekennen uns zur Schuldenbremse, wie sie uns die Hessische Verfassung aufgibt und wie sie von 70 % der hessischen Wählerinnen und Wähler bei der Volksabstimmung unterstützt wurde. Damals war dies ein gemeinsames Projekt, das Regierungs- und Oppositionsfraktionen weitgehend einte und für das wir gemeinsam geworben haben. Ich betone das an dieser Stelle, weil ich nach der soeben gehörten Rede des Kollegen Schmitt nicht mehr so sicher bin, ob das heute in gleicher Weise auch noch für die SPD gilt. Doch dazu später.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Was DIE LINKE angeht: Sie war bekanntlich noch nie für verantwortliches Wirtschaften und demgemäß auch stets gegen die Schuldenbremse.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Verehrter Kollege van Ooyen, Begriffe wie Generationengerechtigkeit oder Nachhaltigkeit sind Ihnen offensichtlich völlig fremd. Deswegen ist eine haushaltswirtschaftliche Debatte mit der LINKEN eigentlich müßig und eher nur Zeitverschwendung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)