Wir brauchen also mindestens die 2 % Dynamisierung, die die Verkehrsminister aller Länder einstimmig beschlossen haben. Für die erhöhten Stations- und Trassenpreise, die über den normalen Preisanstieg durch die Inflation hinaus bezahlt werden müssen, muss der Bund das Risiko übernehmen. Auch hier waren sich die Bundesländer einig.
Eine hervorragende Leistung der Bundesländer war es auch, dass sie sich auf einen Verteilerschlüssel geeinigt haben. Das Solidarprinzip der Länder hat hier funktioniert, die östlichen Länder haben gesagt: Wir verzichten zugunsten der Länder, die mehr Verkehr und mehr Bedarfe haben.
Was macht aber der Bund? Er lehnt sich zurück, erteilt den Ländern eine Absage und will über die Neuverteilung der Regionalisierungsmittel im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen verhandeln. Bis es zu diesem Ergebnis kommt, ist es aber viel zu spät. Ich habe Ihnen eben dargestellt, dass die Verkehrsverbünde gerade noch Rücklagen bis 2015 haben. Da die Verkehrsverträge aber längerfristig laufen, müsste eigentlich schon nächstes Jahr mit Abbestellungen begonnen werden, damit sich die Verkehrsverbünde nicht strafbar machen. Wenn sie nämlich bestellen und kein Geld zur Verfügung haben, könnte das zur Insolvenzverschleppung führen. Sie sehen also, es ist fünf vor zwölf, und wir müssen dringend handeln.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Die Fahrpreise weiter zu erhöhen, die jedes Jahr schon über den Anstieg durch die Inflationsrate hinaus erhöht werden, ist keine angemessene Maßnahme. Wir haben das jedes Jahr kritisiert. Wenn dazu noch Leistungseinschränkungen kämen, wäre das nicht vermittelbar und kontraproduktiv, da diejenigen, die es können, dann auf das Auto umsteigen, und diejenigen, die sich das nicht leisten können, in ihrer Mobilität erheblich eingeschränkt werden.
Neue Formen von Mobilitätsangeboten, wie Uber oder BlaBlaCar, sind im besten Fall nette Ergänzungen, aber keine Gewährleistung für ein Angebot der Daseinsvorsorge, wie wir es brauchen, sondern sie sind rein privat auf Kosten unserer Daten organisiert, die wir dafür hergeben müssen. Es gibt also keine Alternative zu einem zuverlässig und gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr. Deswegen ist es fünf vor zwölf.
An dieser Stelle will ich noch kurz etwas zu dem SPD-Antrag sagen. Ich finde es schade, dass zwar die grundsätzliche Notwendigkeit anerkannt wird, jetzt Druck auf den Bund auszuüben, gleichzeitig aber in den üblichen Oppositionsmodus verfallen wird: Das Land muss originäre Landesmittel zur Verfügung stellen. – Das haben auch wir immer gefordert, wie Sie uns wahrscheinlich gleich vorhalten werden. Das zieht in diesem Fall aber nicht. Ich habe es anfangs bereits erwähnt, und ich denke, Sie haben mir zugehört: Der Bund ist verpflichtet, die Länder hinreichend auszustatten – das ist grundgesetzlich verankert –, damit der Regionalverkehr funktioniert.
Wir haben im Koalitionsvertrag eine Prüfung vorgesehen. Aber selbst wenn die Prüfung erfolgreich gewesen wäre, kann das Land nicht die Aufgaben des Bundes übernehmen. Das ist das, was Sie immer einfordern, wenn es um die Kommunen geht. Also: gleiches Recht für die Länder wie für die Kommunen.
Ein Konzept vom Land zu fordern, wenn man kein eigenes hat, ist schnell getan. Was den ländlichen Raum angeht, wissen Sie so gut wie wir, es gibt Mobilfalt in Nordhessen und „Garantiert mobil!“ im Odenwald, die jetzt zusammengeführt werden, um ein Modellprojekt für die ländlichen Räume zu schaffen. Auch das wird aus Regionalisierungsmitteln finanziert. Auch das wäre nicht mehr möglich. Aber wir haben ein Konzept.
Im Ballungsraum Rhein-Main ist der Verkehrsminister ständig unterwegs, um für den Ausbau der Schieneninfrastruktur zu sorgen. Nur so können die Verkehrsmengen bewältigt werden.
Im Ballungsraum Nordhessen haben wir die gut funktionierende Regiotram. Auch die wäre gefährdet, wenn es nicht genug Geld gäbe, um die Züge fahren zu lassen. Die Strecken sind jetzt mühsam ausgebaut worden: drittes Gleis in Vellmar usw. Aber das alles geht anscheinend an Ihnen vorbei.
Ich appelliere also dringend an Sie: Liebe Abgeordnete der SPD, kommen Sie zur Sachpolitik zurück, ziehen Sie den Antrag zurück, unterstützen Sie den gemeinsamen Antrag von CDU und GRÜNEN, und machen Sie Druck auf die Bundestagsabgeordneten, damit die Erfolgsgeschichte des regionalen Schienenverkehrs weitergeht.
Die Verkehrsleistung des regionalen Schienenverkehrs ist innerhalb von zehn Jahren, zwischen 2002 und 2012, um 34 % gestiegen. Zum Vergleich: Die Verkehrsleistung des Personenverkehrs insgesamt ist nur um 7 % gestiegen. Der regionale Schienenverkehr trägt also erheblich zur Mobilität und damit zur Teilhabe sowohl am Erwerbsleben als auch am gesellschaftlichen Leben bei.
Dieses Grundrecht darf nicht infrage gestellt werden. Ich denke, darüber sollten wir uns alle einig sein. Deswegen freue ich mich auch über eine einheitliche Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir haben gern einmal Jubelanträge gemacht. Man muss sich selbst loben, es lobt einen ja sonst keiner.
Aber, liebe Kollegen, wir haben nie Anträge gestellt, die nur die reine, gute Absicht bejubeln oder die Ankündigung eines guten Willens feiern. Das kommt also dabei heraus, wenn sich sehr unterschiedliche Koalitionäre zusammenfinden und dann keinen Mut mehr haben, Politik wirklich zu gestalten.
Unter Punkt 4 Ihres Antrags formulieren Sie die Bitte an die Landesregierung, „sich für eine bessere Finanzierung durch den Bund einzusetzen“. Liebe Kollegen, ich hatte den Eindruck, das hätte die Landesregierung schon längst gemacht. Unser Staatsminister Samson hat uns in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 2. Oktober aus der Verkehrsministerkonferenz in Kiel berichtet,
dass seitens der Länder ein Mehrbedarf von 1 Milliarde € festgestellt ist und die Mittel damit von rund 7,5 auf 8,5 Milliarden € steigen müssten. Dieses zusätzliche Geld fordert man jetzt vom Bund.
Er hat uns auch davon berichtet, dass es jetzt einen neuen Verteilungsschlüssel gibt. Das ist ein großer strategischer Erfolg für Hessen. Das Problem ist nur, dass das für Hessen eine Verbesserung der Finanzausstattung bedeutet, die im Promillebereich liegt. Wenn es aber die geforderten zusätzlichen 1 Milliarde € gibt, bekommt auch Hessen mehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre noch schöner, wenn die Mittel erhöht würden und Hessen auch dabei leer ausginge. Das wäre geradezu abenteuerlich.
Was sagt man jetzt im Bund dazu? Da kommt ein klares Nein von Herrn Schäuble. Gut, das kennt man schon von Herrn Schäuble.
Aber, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen und auch von der Landesregierung, warum kündigen Sie immer nur an? Warum machen Sie denn nichts? Wer hält Sie hier fest? Wenn Sie eine Entschuldigung für diese Plenarwoche brauchen: Bitte schön, die bekommen Sie, fahren Sie nach Berlin. Meine Damen und Herren von der CDU und von den GRÜNEN, wenn Sie unsere Unterstützung bei dem Antrag brauchen: Bitte schön, die bekommen Sie, machen wir, kein Problem.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Lenders, aber in Berlin doch nicht! – Judith Lannert (CDU): Unerträgliche Rede ist das! Er weiß gar nicht, wovon er redet!)
Liebe Kollegin Lannert, auch mir kommt das ab und zu so vor, wenn Mitglieder der Regierung von CDU und GRÜNEN hier sprechen. Ich frage mich dann, ob sie tatsächlich noch wissen, über welchen Politikkurs sie reden.
Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit durfte ich die Minister Posch und Rentsch begleiten. Wenn die aus Berlin zurückgekommen sind – die sind meistens dorthin gefahren, ohne dass sie meine Hilfe brauchten –, haben sie gesagt: Schau mal her, was wir Schönes für Hessen mitgebracht haben. – Das haben wir dann gefeiert, auch im Parlament. Das ist durchaus legitim. Bringen Sie etwas Handfestes aus Berlin mit, dann haben wir auch gemeinsam etwas zu feiern.
Es entspricht zwar nicht dem Bild eines FDP-Politikers, aber ich fahre recht häufig mit dem Bus, mit der S-Bahn und mit der Deutschen Bahn.
Fragen Sie die Kollegen. Ab und zu trifft man sich. – An dieser Stelle muss man auch einmal das Angebot des ÖPNV und der Deutschen Bahn loben. Das ist schon recht gut.
Aber man stellt auch fest, größere Hemmnisse sind sicherlich, wenn man mehr Menschen dazu bekommen möchte, den ÖPNV zu nutzen: Wir brauchen mehr Transparenz, was die Verbindungen anbelangt, mehr Qualität im Auffinden der richtigen Verbindung, und dass man möglichst wenig umsteigen muss. Wir brauchen für diese Qualitätsverbesserungen mehr Geld. Das Geld muss in die Angebotsund Qualitätssteigerung und in die Erweiterung fließen, nicht in die Verwaltung.
Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium hat in der Vergangenheit eine Strukturreform angestoßen, die auf mehr Freiwilligkeit setzt. Das muss man sicherlich noch evaluieren; das stimmt. Wenn die Zusammenlegung auf freiwilliger Basis aber nicht zu einer Kosteneinsparung führt, dann darf auch das Zusammenlegen von Verbünden kein Tabu sein.
Wenn wir mehr Menschen dazu bekommen, auf den ÖPNV umzusteigen, dann ist das ein Riesenerfolg. Es ist auch ein Muss, wenn der Ballungsraum nicht im Verkehr ersticken will.
Meine Damen und Herren, im Antrag sagen Sie tatsächlich nichts über den ländlichen Raum. Ich bin Frau Müller sehr dankbar; sie hat dazu in ihrer Rede noch einmal Stellung genommen. Wir müssen leider auch feststellen: Oftmals ist es im ländlichen Raum so, dass wir nur noch Schülerverkehre haben und dass wir neue, flexiblere Angebote brauchen, die viel kleinteiliger funktionieren und bedarfsorientierter sind. Auch dafür müssen wir Gesetze und Verordnungen ändern. Wir dürfen im ländlichen Raum nicht länger nur Luft transportieren, wenn wir auch das Angebot im ländlichen Raum attraktiv machen wollen.
Man braucht viel Geld, wenn man die Ziele im Ballungsraum und im ländlichen Raum vernünftig versorgen will und die Aufgaben der Verbünde ernst nimmt. Herr Kaufmann hat hierzu in der Vergangenheit im Wirtschaftsausschuss immer Transparenz verlangt. Es liegt ein Gutachten zugrunde, das der RMV einmal in Auftrag gegeben hat. Ich frage mich: Was ist eigentlich jetzt mit der Transparenz? Warum diskutieren wir dieses Gutachten jetzt nicht im Ausschuss? Wir hatten seinerzeit überhaupt nichts dagegen, und wir haben auch heute nichts dagegen. Aber die Transparenz war wohl immer nur so lange gut, wie man selbst in der Opposition war. Das ist auch ein deutliches Bild dafür, wie man jetzt mit dem Parlament umgeht.
Die FDP-Fraktion hat die Regionalisierungsmittel zusammen mit der CDU-Fraktion in der Vergangenheit im ÖPNV-Gesetz festgeschrieben. Nicht jedem im Wirtschaftsministerium hat das gefallen, und das hat auch lange nicht jedem im Finanzministerium gefallen; aber die Bedeutung des ÖPNV war der CDU und der FDP immer klar,
Für den Bund gilt allerdings noch: Dort müssen wir weiterhin Anreize schaffen, damit Menschen stärker auf den ÖPNV umsteigen. Viele Arbeitgeber wissen nicht, welche steuerrechtlichen Spielräume sie in Lohn- und Gehaltsbestandteilen haben. Vielen Arbeitgebern erscheint es viel zu bürokratisch, und sie scheuen auch die Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt. Setzen wir uns gemeinsam in Berlin für eine Steuervereinfachung ein. Dafür können Sie auch nach Berlin reisen; dafür wäre es richtig, sich einzusetzen. Wenn Sie unsere Hilfe auch dabei brauchen, dann wollen wir einmal nicht so sein, dann bekommen Sie diese auch an dieser Stelle. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Staatsminister, zum Schluss: Falls Sie mich suchen, Sie haben mich im Präsidium fest in Ihrem Rücken. – Vielen Dank.
Danke, Herr Lenders. – Als Nächster hat Herr Frankenberger von der SPD, der ebenfalls antragstellenden Fraktion, das Wort. Sie haben die Begründung für die Organisationsabläufe gerade gehört, warum Sie also als Dritter reden. Herr Frankenberger.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Müller hat schon versucht, einen Teil meiner Rede vorwegzunehmen, indem sie schon einmal ausgeführt hat, was ich wahrscheinlich sagen werde. Frau Kollegin Müller, mal sehen, ob ich Sie enttäusche.