Protocol of the Session on October 15, 2014

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher bedauern wir es auch sehr, dass bezüglich der Zusammensetzung des Staatsgerichtshofs und der beabsichtigten Wahlen zum Präsidenten und Vizepräsidenten von Ihnen der Versuch unternommen wird, nun auch noch die Integrität des höchsten hessischen Gerichtes infrage zu stellen. Dies ist ein mehr als durchschaubares Ablenkungsmanöver.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der einzig entscheidenden Frage – der Wählbarkeit oder Nichtwählbarkeit des Bewerbers Safferling – hat der Staatsgerichtshof ein einstimmiges Urteil gesprochen. Das sage ich auch meinem Vorredner.

Die daraus entstehende Frage, ob die Listen neu eingereicht werden müssen oder ob die „fehlerhafte“ Liste nur verändert werden muss, wurde innerhalb des Staatsgerichtshofs durch Mehrheitsbeschluss herbeigeführt. Das heißt aber ganz klar: Der Staatsgerichtshof hat die von vornherein absehbare und durch Sie von der Opposition erzwungene fehlerhafte Zusammensetzung einstimmig verworfen.

Meine Damen und Herren, dass Sie nun durch eine vollkommen unangebrachte Diskussion über die Besetzung der Spitze des Staatsgerichtshofs von Ihrem gerichtlich festgestellten Fehler auch noch abzulenken versuchen, zeigt einmal mehr Ihre mangelnde Größe, einen Fehler einzugestehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich beziehe mich dabei auf die Presseerklärungen, die wir in den letzten Tagen haben lesen können.

Aber wenn Sie sich die Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause vor Augen führen – wir sind ja komplett vertreten –, müsste Ihnen klar sein, dass wir, die regierungstragenden Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, uns bei Ihrem Wahlvorschlag nur enthalten müssten, damit dieser keinen Erfolg hat. Doch das ist nicht unser Niveau.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Bellino, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Es ist geübte parlamentarische Tradition, die Wahlvorschläge zur Besetzung der Spitze des Staatsgerichtshofs mit einer breiten Mehrheit zu versehen. Wir halten uns an diesen jahrzehntelang praktizierten Komment.

Zum Schluss appellieren wir noch einmal an Sie von der Opposition, zu einem respektvollen und würdigen Umgang mit dem Staatsgerichtshof zurückzukehren: Der Hessische Landtag, der Staatsgerichtshof und die hessische Sozialdemokratie hätten es verdient. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Bellino. – Das Wort hat der Abg. Günter Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt auch der heutigen Diskussion war und ist die Frage des von uns gemachten Wahlvorschlags, Prof. Dr. Safferling, den wir nach wie vor für eine veritable Persönlichkeit halten,

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP – Demonstrativer Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der dem Staatsgerichtshof gut angestanden hätte und über dessen Wählbarkeit es unterschiedliche Auffassungen gibt.

(Zurufe: Nein! – Anhaltende Unruhe – Glockenzei- chen des Präsidenten)

Sie müssen mich nur ausreden lassen, Herr Wagner. Diese Größe sollten selbst Sie an einem solchen Tag besitzen. Vielen Dank.

Man kann unterschiedlicher Auffassung darüber sein. Klar ist aber auch – das hat übrigens niemand von uns in Zweifel gezogen –, dass es hierzu einen Beschluss des Staatsgerichtshofs gibt, den wir natürlich akzeptieren und respektieren. Und für die Wählbarkeit von Prof. Dr. Safferling – so sagt das Minderheitenvotum auch zweier Richter des Staatsgerichtshofs – kann man sehr wohl gute Argumente finden und streiten. Das sollten wir an dieser Stelle gegenseitig akzeptieren. Ob Sie das an dieser Stelle akzeptieren, Herr Staatsminister Al-Wazir, ist mir, ehrlich gesagt, egal.

Meine Damen und Herren, jetzt aber geht es um die Rechtsfolgen. Das ist der Punkt, bei dem wir in der Tat unterschiedlicher Rechtsauffassung sind. Herr Bellino, zu den Rechtsfolgen haben Sie in Ihrer Rede gar nichts gesagt.

Ich will einmal etwas aus dem Beschluss des Staatsgerichtshofs vortragen. Da er öffentlich ist, darf man daraus

zitieren. Frau Prof. Dr. Sacksofsky sagt aus, dass die Durchführung des Verfahrens in der beabsichtigten Weise, nämlich indem man die gesamte Wahl wiederholt, „sogar einen eklatanten Verfassungsbruch“ darstelle, dass nach § 11 Abs. 3 der Staatsgerichthof nur die Wählbarkeit einzelner Mitglieder, aber nicht die gesamte Liste infrage stellen könne, und sie sagt weiter, eine Wahlhandlung zu annullieren bedeute den schwersten „Eingriff in das Funktionieren eines demokratischen Systems“. „Es sei daher äußerste Zurückhaltung bei der Ungültigerklärung von Wahlen geboten: Nur eindeutige Wahlfehler könnten dazu führen“, weswegen man sehr sorgfältig mit diesem Instrument umgehen müsse. Im Übrigen bezweifelt sie weiter, dass der Staatsgerichtshof ein prinzipielles Recht zur Prüfung der Wahl hat, und verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juni 2014.

Das Mitglied des Staatsgerichtshofs, Herr Rupert von Plottnitz, sagt auch sehr deutlich, dass es neben Herrn Dr. Safferling an anderen Personen, die zur Wahl standen, gar keine Zweifel gegeben hätte. „Die Wahl der Mitglieder des Staatsgerichtshofs sei – dem Demokratiegebot entsprechend allein – und ausschließlich Sache des Hessischen Landtags. „Weiter zweifelt er an, dass das Verfahren nach § 11 Abs. 3, so wie es drei von elf Richtern gesehen hätten, zulässig sei. – Das sagt das Mitglied des Staatsgerichtshofs, Herr Rupert von Plottnitz, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

In dem Minderheitenvotum von zwei Richtern wird auch deutlich das Verfahren kritisiert, beispielsweise, dass es überhaupt kein Anhörungsrecht für die Fraktionen gab, die Listen eingereicht hätten – ein im deutschen Verwaltungsrecht und der Rechtspraxis eher ungewöhnliches Verfahren. Auch das wird sehr deutlich festgestellt. Auch sie sehen dieses Verfahren als problematisch an. Sie halten es sogar für verfassungswidrig. Auch das sei erwähnt, um es an dieser Stelle deutlich zu machen. Die Reduzierung des zur Entscheidung berufenen Gremiums auf weniger als die Hälfte – der Staatsgerichtshof besteht aus elf Mitgliedern, fünf haben entschieden, drei mit Mehrheit – widerspricht dem Grundgedanken der Hessischen Verfassung. Auch hierzu gibt es eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass dann das gesamte Organ über solche Fragen entscheiden müsse. – Das ist schlüssig nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Schließlich betont auch die Landesanwältin in ihrer Stellungnahme – Sie sehen, wir sind durchaus in der Lage, zu differenzieren –,

(Zuruf)

sie sehe die Wählbarkeit von Herrn Safferling als nicht gegeben. Das respektieren wir, Frau Kollegin Dorn. Aber jetzt geht es um die daraus resultierenden Rechtsfolgen. Man kann sich nicht etwas konstruieren. Die Landesanwältin sagt auch, es gebe kein Recht des Staatsgerichtshofs, die unstrittige Zulässigkeit der Wahl von nicht richterlichen Mitgliedern zu überprüfen, an deren Wahl – nämlich beispielsweise von Herrn von Plottnitz, von Frau Sacksofsky und von Herrn Giani – es überhaupt keine Zweifel gebe, um sie für ungültig zu erklären.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Deswegen ist es schon ein Unterschied, ob man die gesamte Wahl annulliert, die schärfste Waffe in der Demokratie, oder ob man zu anderen Mitteln greift, wenn ein Wahlfehler zu beheben ist. So kennen wir das etwa auch aus dem Kommunalwahlrecht: Wenn ein Wahlbewerber nicht wählbar ist, rückt der Nächste von der Liste nach. Über diese Rechtsfolge wird nämlich nicht geredet, wohl wissentlich von CDU und GRÜNEN, meine Damen und Herren.

Deswegen ist es heute in der Tat eine Sache des Hessischen Landtags. Nicht der Staatsgerichtshof entscheidet, wer Mitglied des Staatsgerichtshofs ist – von Mitgliedern, die der Landtag zu wählen hat –, sondern das höchste Organ in Hessen. Deswegen respektieren wir die Entscheidung – das stand und steht außer Frage – des Staatsgerichtshofs, diesen Beschluss. Klar ist aber auch: Der Landtag entscheidet in geheimer, demokratischer Wahl. Wir sind sehr gespannt, was am Schluss dabei herauskommt.

Ein Urteil aber, das unter Juristen mehr als umstritten ist, muss man auch kritisch kommentieren können. Ich glaube, wir haben das einem Verfassungsorgan angemessen getan, weil die Auswirkungen gravierend sind.

Deswegen liegt es an Ihnen, an uns, heute zu entscheiden. Die Entscheidung wird von uns natürlich respektiert. Aber wir wissen, die Verantwortung hat jede Abgeordnete, jeder Abgeordnete, und wir sind uns dieser hohen Verantwortung bewusst. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat Frau Abg. Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Schauspiel, das Sie gerade aufführen, ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver vom eigenen Fehler.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie wollten damals, am Anfang der Legislaturperiode, einen geschickten Schachzug machen. Sie wollten ein Mitglied aus Oppositionskreisen mehr entsenden. Dieser Versuch über eine Verbindung der Listen ist völlig legitim. Was aber nicht geht: den Versuch zu verstolpern und dann aus Frust uns zu beschimpfen. Das geht nicht.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU – Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren von SPD und FDP, hätten Sie vorher einmal ins Gesetz geschaut, wäre das alles nicht passiert. Es ist ganz klar: Nur Personen können in den Staatsgerichtshof gewählt werden, die in Hessen ihren eigentlichen Wohnsitz haben.

Meine Damen und Herren, den Fehler haben Sie zu verantworten. Sie haben leider vorher nicht ins Gesetz geschaut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich darf erinnern: Wir hatten die Wahl extra verschoben. Sie hätten die Zeit nutzen können, Sie hätten Herrn Saffer

ling einfach streichen können. Dann wäre der Staatsgerichtshof ganz normal gewählt worden,

(Michael Boddenberg (CDU): So ist das!)

wir hätten kein Verfahren gehabt. Doch was haben Sie gemacht? Sie haben uns beschimpft. Ich darf Herrn Rudolph aus der Presseerklärung nach der damaligen Plenarsitzung zitieren: Das sei „schwarz-grüne Politik nach Gutsherrenart“, ein „nie da gewesener Vorgang“, ein „machtpolitischer Winkelzug“.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) – Zurufe von der CDU)

Danke für den Applaus. Wir können gleich sehen, ob das berechtigt war. – Sie haben trotz all dieser Warnungen Ihre Liste genau so wieder eingereicht, und zwar in dem Wissen, dass nun der Staatsgerichtshof prüfen muss. Was kam dann heraus, Herr Wilken? In der Frage über die Wählbarkeit gab es keine Zweifel. Es ist die einstimmige Meinung,