Es müssen doch die Fragen erlaubt sein, warum es die höchsten Ausgaben bei den dritthöchsten Einnahmen sind und warum Kommunen in anderen Ländern in der Lage sind, damit auszukommen.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil der Kommunalisierungsgrad höher ist als in vielen anderen Bundesländern! – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))
Mit dem Schutzschirm sind wir unserer Verantwortung gerecht geworden und haben den Kommunen, die es am nötigsten hatten, 2,8 Milliarden € an Schuldenhilfen und 400 Millionen € an Zinshilfen zur Verfügung gestellt. Dass das funktioniert und ein gutes Programm ist, sehen Sie an einigen wenigen Zahlen: Im Jahr 2013 haben die Schutzschirmkommunen ihr Defizit um 267 Millionen € über die vertraglich getroffenen Vereinbarungen hinaus abgebaut. Im Jahr 2014 werden sie diese vertraglichen Vereinbarungen voraussichtlich noch einmal um 80 Millionen € übertreffen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass, wie ich es eben dargestellt habe, im Jahr 2013 das Defizit in den Schutzschirmkommunen drastisch gesunken ist, während es bei den Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirm sind, gestiegen ist. Auch da schließen sich doch Fragen an, über die wir mit den Kommunen, mit den Kommunalen Spitzenverbänden und – ich gebe die Hoffnung nicht auf – mit allen Fraktionen in diesem Hause sehr differenziert, sachgerecht und intensiv reden müssen.
Sie haben den Kommunalen Finanzausgleich angesprochen und gesagt, die Aufwendungen der Kommunen muss das Land erstatten. Genau das hat der Staatsgerichtshof nicht gesagt. Zu der Ausstattung der Kommunen hat der Staatsgerichtshof in seinem Urteil folgende Ausführungen gemacht – es geht um die Bedarfsanalyse und darum, dass
Diese Bedarfsanalyse kann zu dem Ergebnis führen, dass die angegriffene Änderung der Steuerverbundmasse gerechtfertigt ist. Nicht auszuschließen ist, dass auch weitere Kürzungen sachgerecht wären. Denn der Staatsgerichtshof beanstandet nicht die Höhe der Mittelzuweisungen, sondern ausschließlich die fehlende Bedarfsanalyse.
Das sollten wir allein schon aus Respekt vor dem Staatsgerichtshof ernst nehmen, und wir sollten uns sehr intensiv und genau der Frage nach dem Bedarf widmen, um anschließend eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können.
In Ihrem Antrag wird – das haben Sie hier auch angedeutet – der Herbsterlass aufgegriffen und kritisiert.
Ich frage Sie: Was hat denn der amtierende Innenminister gesagt und in seinem Herbsterlass niedergeschrieben, das nicht seit über 20 Jahren Bestandteil der gesetzlichen Regelungen für die Kommunalfinanzen ist?
Herr Kollege Hahn, die HGO verpflichtet die Kommunen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das ist keine Erfindung des Innenministers Beuth, sondern diese Vorschrift steht schon seit über 20 – um nicht zu sagen: 30 – Jahren in der Hessischen Gemeindeordnung. Die Kommunen, die das nicht erreichen, sind verpflichtet, gemeinsam mit der Haushaltsgenehmigung ein Konsolidierungsprogramm vorzulegen. Zu dem Konsolidierungsprogramm gehört, dass die Kommunen ihre Einnahmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten erhöhen und dass sie Ausgaben reduzieren.
Wenn der Innenminister diese Problematik den Kommunen in einem Erlass noch einmal verdeutlicht und Hinweise auf Möglichkeiten gibt, diesem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, geschieht das im Rahmen seiner Pflicht und seiner Aufgabe als Innenminister, der für die Kommunalaufsicht verantwortlich ist.
Daran ist aus unserer Sicht nichts zu kritisieren. Dies gilt allein schon deswegen, weil es am Ende die Entscheidung der kommunalen Gremien ist, welchen Weg sie wählen.
Zum Schluss – das haben Sie kritisiert, und das kann man auch machen – haben Sie das Thema Asylbewerberpauschale angesprochen. Sie sagen aber in Ihren Ausführungen nicht, dass die jetzt getroffene Regelung und die Erhöhung um 15 % – so haben es sowohl der Sozialminister als auch der Finanzminister angekündigt – ein erster Schritt sind.
(Norbert Schmitt (SPD): Das haben sie dieses Jahr schon gesagt! – Zurufe der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Manfred Pentz (CDU))
Herr Kollege Schmitt, jetzt haben wir aber die 15-%-Erhöhung gemacht. Erkennen Sie doch einfach einmal an, dass das ein erster richtiger und wichtiger Schritt ist. Da würde Ihnen kein Zacken aus der Krone fallen.
Natürlich müssen wir dieses Thema auch in Zukunft sehr intensiv mit den Kommunen und den Kommunalen Spitzenverbänden besprechen. Es war, ist und bleibt bei allen vor uns liegenden Aufgaben und Herausforderungen im Zusammenhang mit den kommunalen Finanzen die Politik der CDU-Fraktion und der GRÜNEN-Fraktion der regierenden Koalition, Kommunen fair, transparent und zukunftsfähig zu finanzieren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der vergangenen Woche gab der hessische Finanzminister gemeinsam mit zwei Bürgermeistern eine Pressekonferenz: mit Herrn Burghardt von der CDU aus Rüsselsheim und mit seinem SPD-Kollegen Herrn Krätschmer aus der Gemeinde Glauburg.
Gemeinsam mit ihnen wollte der hessische Finanzminister ein strahlendes Bild von den Kommunen zeichnen, die unter den sogenannten Schutzschirm gegangen sind – oder besser: darunter getrieben worden sind.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Haben sie das nicht freiwillig entschieden? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Herr Irmer, anders kann man es kaum bezeichnen, wenn das Land Hessen seinen Kommunen erst 344 Millionen € – wie wir jetzt wissen, willkürlich und verfassungswidrig – aus dem Kommunalen Finanzausgleich streicht und anschließend einen Entschuldungsfonds zur Verfügung stellt, der nur einen Bruchteil dieser Mittel an einige besonders hoch verschuldete Kommunen zurückführt.
Die Finanznot, die in Hessen einen Schutzschirm überhaupt erst notwendig gemacht hat, haben die CDU-geführten Landesregierungen zu verantworten. Sie waren es, die den Kommunen zwar immer mehr Aufgaben zugewiesen haben, aber nie dafür gesorgt haben, dass die notwendigen Aufgaben von den Kommunen erfüllt werden konnten.
Wenn wir uns das Resultat heute ansehen, stellen wir fest, es ist geradezu grotesk, welch positives Bild Herr Dr. Schäfer zum gegenwärtigen Stand der Haushaltskonsolidierung zeichnet. Es mag stimmen, dass von den 100 Schutzschirmkommunen voraussichtlich nur 15 die Kür
zungsziele für das Jahr 2014 nicht erreichen werden. Aber darüber, was das konkret für die Menschen in den 100 Schutzschirmkommunen bedeutet, verliert der hessische Finanzminister kein Wort. Auch Herr Schork spart das immer aus.
Sie versuchen, die Verantwortung für die Schuldenbremse auf die Kommunalpolitiker abzuwälzen. So sagen Sie dann auch nichts zu den konkreten Auswirkungen, etwa wenn in Rüsselsheim die Grundsteuer glatt verdoppelt wird.
Herr Dr. Schäfer, das überlassen Sie lieber Ihrem Parteifreund, der vor Ort den Kopf dafür hinhalten muss, dass über Grundsteuer, Gebühren und Eintrittsgelder tiefer in die Taschen von Rentnern, Geringverdienern und Arbeitslosen gegriffen wird. So wurden Sie auch ziemlich still, als es um die konkreten Maßnahmen vor Ort ging.
Herr Dr. Schäfer, Sie haben die Zahlen in Ihrem gekonnt lakonischen Ton abgespult. Dieses Metier – das kann ich konstatieren – beherrschen Sie. Wenn es aber konkret wird, wenn es nämlich darum geht, den Menschen vor Ort die schlechten Nachrichten, die Sie selbst verursacht haben, zu erklären, kneifen Sie lieber.
Aber auch auf dem Feld der nüchternen Zahlen verhalten Sie sich bemerkenswert ruhig, wenn diese Ihnen einmal wieder nicht passen. Auch heute werden Sie sicherlich mit keinem Wort erläutern, wie Ihre Erfolgsmeldungen zum sogenannten Schutzschirm mit dem zusammenpassen, was die nicht gerade als linksextremistischer Verband bekannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young ermittelt hat. Herr Schmitt hat darauf hingewiesen. Die haben festgestellt, dass nur im Saarland der Schuldenanstieg bei den Kommunen höher ist als in Hessen.
Herr Dr. Schäfer, das fällt unmittelbar in Ihre Verantwortung und natürlich auch in die des Innenministers. Sie beide sind dafür verantwortlich, dass die hessischen Kommunen ihre Aufgaben nicht erfüllen können und auch noch zusätzliche Schulden aufnehmen müssen. Da hilft auch der Verweis auf die anstehende Reform des Kommunalen Finanzausgleichs nicht weiter; denn Ernst & Young stellt, was Erwartungen betrifft, wie sich die Schulden der Kommunen in den nächsten drei Jahren entwickeln werden, fest, dass die hessischen Kommunen nach denen in Schleswig-Holstein am pessimistischsten in die Zukunft blicken dürfen.
Anders ausgedrückt: Die Kommunalpolitiker in Hessen haben sich schon jetzt darauf eingestellt, dass sie im Laufe dieser Legislaturperiode nicht damit rechnen können, dass sich ihre Finanzlage nachhaltig bessert. Herr Wagner hat das noch einmal unterstrichen. Auch in den Kommunen hat man verstanden, dass der Rosenmontagserlass die klare Ansage der schwarz-grünen Landesregierung ist, dass der kommunalfeindliche Kurs weitergeht. Der Austausch des orientierungslosen Koalitionspartners ändert daran nichts.
Deshalb unterstützen wir den uns hier vorliegenden Antrag der SPD, auch wenn im Detail ein paar Dinge aufmerksam zu registrieren sind. So schreiben Sie unter Punkt 4:
Der Landtag stellt fest, dass der von der Landesregierung hochgelobte „Kommunale Schutzschirm“ nahezu völlig ungeeignet ist, die finanzielle Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern.
Selbst die Sozialdemokraten, die sich in den Kommunen notgedrungen auf den Schutzschirm eingelassen haben, werden mittlerweile verstanden haben, dass dieser Schutzschirm nicht nur der Knirps ist, unter dem man immer noch nass wird. Vielmehr wird man, wenn man versucht, sich mit 99 anderen unter einen Schirm zu stellen, sicherlich auch nass bleiben.