Protocol of the Session on July 17, 2014

Selbstanzeige zwischenzeitlich zu einer signifikanten Weiterentwicklung gekommen ist. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass sich die strafrechtliche Bewertung des Falls mit dem Fußballmanager – ohne dass man den Fall jetzt im Detail kennen muss – allein deshalb zu einer Strafbarkeit erweitert hat, weil es in der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags eine erste, signifikante Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige gegeben hat. Am Ende ist die Strafbarkeit nur eingetreten, weil dort eine Verschärfung eingetreten ist, nämlich dass die strafbefreiende Selbstanzeige nur noch wirksam ist, wenn man bei der Gelegenheit einer Selbstanzeige steuerlich sozusagen vollständig die Hosen runterlässt und die Chance des sukzessiven Erklärens, wie es gerade notwendig ist, nicht mehr gegeben ist.

Zweite Bemerkung. Wir können trefflich darüber streiten, wie sich die Auswirkungen auf den deutschen Steuerhaushalt darstellen, wenn man fiktiv unterstellt, das Steuerabkommen wäre in Kraft getreten, oder die Situation so nimmt, wie sie jetzt ist.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich habe nach wie vor Zweifel, ob selbst die signifikanten Verbesserungen und der zeitliche Ablauf von Erleichterungen im internationalen Informationsaustausch sicherstellen werden, dass die namhaften Beträge von Hinterziehungen aus der Vergangenheit am Ende auch alle im deutschen Steuersäckel sein werden. Ich habe eher die Befürchtung, dass die Zwischenzeit von den Betroffenen am Ende auch dazu genutzt wird, Gelder, die in der Schweiz liegen und beim Erfassen durch das Steuerabkommen in signifikanter Höhe nachversteuert worden wären, zu einem großen Teil in andere Regionen der Welt abfließen zu lassen, und dass diese dem deutschen Steuersubstrat eben niemals zugutekommen. Deshalb komme ich in meiner nachfolgenden Bewertung noch immer zu dem Ergebnis, dass es besser gewesen wäre, dieses Vergangenheitskapitel mit sehr hohen Einnahmen für den deutschen Steuerstaat abzuschließen und uns bei der Gestaltung der Zukunft auf die Fragestellung des Informationsaustauschs zu konzentrieren. Es ist aber vergossene Milch; die Entscheidungen sind anders getroffen worden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Genau!)

Lassen Sie mich noch einen Hinweis zu dem geben, was Herr van Ooyen gesagt hat. Wenn Sie sich anschauen, was wir an Steuermehrertrag durch die Auswertungen von Steuer-CDs gewonnen haben, seitdem wir die Werte aufzeigen, dann werden Sie feststellen, dass es zwischen 30 und 50 Millionen € sind.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es geht also nur um das „Aufzeigen“!)

Aus den Selbstanzeigen haben wir mit Stand vom 30.06.2014 – in dieser Zeit waren es knapp neuneinhalbtausend Selbstanzeigen – zusammen 740 Millionen € mehr Steuern erreicht.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber das ergibt doch einen Zusammenhang!)

Das heißt, ohne das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige wären wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an sehr große Teile dieser Steuerhinterziehungsbeträge niemals herangekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein sozialdemokratischer Kollege Carsten Kühl aus Rheinland-Pfalz hat, wie ich finde, sehr treffend zusammengefasst: Wir haben ein sehr viel höheres Interesse an vollen Kassen als an vollen Gefängnissen.

(Beifall bei der CDU)

Das mag nicht mit dem Gerechtigkeitsempfinden eines jeden Einzelnen zu jeder Tages- und Nachtzeit übereinstimmen, aber das monetäre Interesse des Steuerrechts, dafür zu sorgen, dass jeder seine Steuern nachzahlt, ist an der Stelle sehr viel größer, als einige wenige exemplarisch herauszugreifen und sie am Ende ins Gefängnis zu bringen. Daran haben wir ein hohes gesamtgesellschaftliches Interesse.

(Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)

Lassen Sie mich ein Letztes sagen: Wir haben Wort gehalten. Das Fünf-Punkte-Programm, auf das Herr Kollege Hahn hingewiesen hat, wird Schritt für Schritt umgesetzt. Wir haben, wie angekündigt, in dem gestern beschlossenen Nachtragshaushalt mit 35 Stellenumwandlungen für die spezielle Ausstattung der Außendienste den ersten Schritt gemacht. Das werden wir in den nächsten drei Jahren fortsetzen, um genau das durchzuführen, was wir vorher angekündigt haben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Dann werden die beiden Anträge, wie vereinbart, dem Haushaltsausschuss überwiesen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 14:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessen bleibt Innovationsregion in Europa – Drucks. 19/331 –

Ich erteile Herrn Kollegen Hofmeister, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Innovationen sind das Lebenselixier für jede Volkswirtschaft und den Wohlstand eines Staates. Der vorliegende Bericht der Europäischen Kommission stellt fest, dass Deutschland eine Innovationsleistung aufbietet, die deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegt und damit unter allen 28 EU-Mitgliedsstaaten Rang drei hinter Schweden und Dänemark einnimmt. Positiv zu vermerken ist dabei, dass Deutschland im Vergleich zu den anderen Staaten in der Spitzengruppe die stärkste positive Entwicklung genommen hat. Es ist nicht vermessen, zu behaupten, dass Hessen für dieses erfreuliche Ergebnis eine gewichtige Rolle spielt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denken wir an die in unserem Bundesland herausragenden Bereiche wie die Pharmaindustrie, die Chemie-, Optik-, Logistik- und Automobilindustrie oder auch die Raum

fahrt. Auch das heimische Handwerk ist stark aufgestellt. Das bestätigt sich bei unseren Firmenbesuchen in den Wahlkreisen immer wieder.

Meine Damen und Herren, die Innovationsfähigkeit eines Landes ist insbesondere das Verdienst der Unternehmen und der dort tätigen Mitarbeiter sowie der Hochschulen. Die Politik steht dabei jedoch in der Verantwortung, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bereitschaft, diese Verantwortung zu übernehmen, ist in der Koalitionsvereinbarung der beiden Regierungsfraktionen besonders hervorgehoben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Vielfalt der hessischen Wirtschaft ausdrücklich stärken und Arbeitsplätze in Industrie, Mittelstand und Handwerk sichern.

Darüber steht das Ziel, am Ende dieses Jahrzehnts Hessen als lebenswert, zukunftsfest, wirtschaftlich und ökologisch stark sowie sozial und generationengerecht erhalten bzw. weiterentwickelt zu haben. Wissenschaft und Wirtschaft sind zwei wesentliche Säulen für Wohlstand und Innovation. Hessen ist hierbei gut aufgestellt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Mitte Mai wurden während einer zentralen Veranstaltung an der Justus-Liebig-Universität in Gießen Bewilligungsbescheide im Umfang von 28 Millionen € aus der Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, kurz LOEWE, durch unseren Wissenschaftsminister an unsere drei mittelhessischen Hochschulen überreicht. Die Vertreter der Hochschulen bestätigten dabei einhellig, welche großartige Dynamik durch das Programm in der hessischen Forschungslandschaft erzeugt wird.

Durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen an gemeinsamen Forschungsvorhaben wird hier auch die für die Innovation nötige Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gefördert. Es gilt, diesen Kurs weiter zu verfolgen. Die Koalition wird die Landesregierung dabei entschlossen unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Einen weiteren unverzichtbaren Beitrag zur Innovation bildet die flächendeckende Versorgung mit leistungsstarken Breitbandzugängen. Wir hatten heute Nachmittag schon die Debatte dazu. Hier verfolgt Hessen mit der Breitbandstrategie den richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, nicht jeder Bericht der Kommission über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union führt zur Freude in den jeweiligen Ländern. Der vorliegende Bericht ist jedoch in der Tat ein Grund zur Freude und muss Ansporn sein, in Deutschland und in Hessen weiterhin die Bedingungen für Innovation zu erhalten und auszubauen. Eine Unterstützung vonseiten der Europäischen Union wird dabei unzweifelhaft das neue Rahmenprogramm Horizont 2020 für Forschung und Innovation sein.

Zu begrüßen ist dabei das Vorhaben der Landesregierung, die hessischen Hochschulen bei der Bewerbung für EUFörderprogramme zu unterstützen. Das Forschungs- und Innovationsprogramm richtet sich insbesondere an Forscherinnen und Forscher an Hochschulen und soll den klei

nen und mittleren Unternehmen einen leichteren Zugang zu europäischen Fördermöglichkeiten eröffnen.

Meine Damen und Herren, in der vorliegenden Studie ist im Übrigen eine der größten Innovationen der letzten Jahrzehnte vorgestellt. Es handelt sich dabei um die Europäische Union selbst. Sie sichert uns Frieden und Freiheit und bietet uns Freizügigkeit, Vergleichbarkeit, einen gemeinsamen Handelsraum, Austauschprogramme und Fördermöglichkeiten zwischen den 28 Mitgliedstaaten. Dass wir trotzdem weiterhin einen Wettbewerb zwischen den Nationalstaaten und den Regionen haben, ist ein entscheidender Garant für fortgesetzte Innovationsleistungen in Europa. Gleichmacherei würde auch in diesem Bereich Stillstand bedeuten.

Lassen Sie uns daher daran arbeiten, dass Hessen weiterhin eine der führenden Innovationsregionen in Europa bleibt. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Das war die erste Rede des Kollegen Hofmeister. Dazu herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächster spricht Kollege Quanz für die SPD-Fraktion.

Verehrte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Antrag kann man ganz viel sagen, nur eines nicht, dass dies ein Dokument politischer Bescheidenheit sei.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Von einem Vier-Sterne-Platz der innovativsten Länder sind wir eine ganze Ecke entfernt. Der Antrag hat das Motto: Eigentlich sind wir nicht so toll, aber um so doller wollen wir uns beklatschen. – Das wird nicht funktionieren, wenn man sich etwas genauer und etwas kritischer damit befasst.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Boddenberg, fangen wir einmal mit dem Titel an. Der Titel lautet: Hessen bleibt Innovationsregion in Europa. – Das finde ich klasse. Mit großer Dankbarkeit nehmen wir zur Kenntnis, dass die Regierungskoalition Hessen in Europa belassen will.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es besteht offensichtlich keine Absicht, uns in einen anderen Kontinent zu integrieren. Ein Zweites: Sie sagen, Hessen bleibt Innovationsregion. Dies setzt etwas voraus, nämlich dass man eine Innovationsregion ist. Jetzt schauen wir einmal etwas genauer hin, und dann zitiere ich aus dem Innovationsindikator, der vom BDI, vom Fraunhofer Institut und von der Deutschen Telekom Stiftung herausgegeben wird:

Trotz aller Anstrengungen gelingt es Deutschland nicht, in die Spitzengruppe der innovationsfähigsten Industrienationen vorzustoßen. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland unter 28 Industrieländern zusammen mit den USA nur noch Platz 6. Da

bei rutschte die größte Volkswirtschaft Europas um zwei Plätze ab. Das ist das Ergebnis der Innovationsindikators 2012, den die Deutsche Telekom Stiftung und der Bundesverband der Deutschen Industrie … veröffentlichten.