Protocol of the Session on June 25, 2014

Das ist zwischen uns unstreitig. Ich rede im Moment ja mit denen, die in dieser Debatte angemessene Beiträge geleistet haben.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich komme gleich noch einmal auf Sie, Herr Kollege Rentsch, bzw. auf den Kollegen Rock zurück.

Ich finde, dass es richtig war, dass wir über die Frage gestritten haben, ob der Bund, wenn er eine besondere humanitäre Leistung anbieten möchte, dann auch den wesentlichen Teil der Kosten trägt. Die Sorgen und Nöte haben die Kommunen zu tragen, aber der wesentliche Teil der Kosten sollte vom Bund übernommen werden.

In diesem Zusammenhang sind zwei Erfolge gelungen, die in der Debatte schon angeklungen sind. Zum einen übernimmt der Bund die Kosten für die 10.000 zusätzlich nach Deutschland kommenden syrischen Flüchtlinge. Zum anderen haben wir in diesem Zusammenhang eine Vereinheitlichung bezüglich der Krankheitskosten erreicht. Wir Hessen haben im Dezember ein Aufnahmeprogramm beschlossen, in dessen Rahmen wir für 365 Menschen aus Syrien die Krankheitskosten übernehmen und auf die Abgabe von Verpflichtungserklärungen für die Unterbringung verzichten.

Das war bislang in allen Bundesländern völlig unterschiedlich geregelt. Wir haben uns in diesem Zusammenhang darauf geeinigt, zu sagen: Wenn wir derartige Aufnahmeprogramme durchführen, müssen wir angesichts der Zahl der Menschen, die zu uns kommen wollen – es ist eben gesagt worden, dass 6 oder 7 Millionen Menschen auf der Flucht sind –, dafür Sorge tragen, dass für einen großen Teil der Flüchtlinge ihre Verwandten Verpflichtungserklärungen aussprechen.

Herr Staatsminister, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Ich komme sofort zum Schluss. – Insgesamt gesehen werden in Deutschland nunmehr die Krankheitskosten von den Ländern für die Kommunen übernommen. Ich glaube, dass das unter dem Gesichtspunkt der Vereinheitlichung ein ganz wichtiger Aspekt war. Insofern hat sich der Einsatz, den die Innenminister der Länder dort geleistet haben, für die Menschen, die zu uns kommen wollen, für die Flüchtlinge am Ende insgesamt gelohnt.

Ein letzter Satz, meine Damen und Herren. Ich habe schon gesagt, dass ich die Debatte in Teilen als unangemessen empfunden habe. Herr Kollege Rock, ich will ausdrücklich sagen: Wir müssen uns hier nichts vormachen. Wir haben viele Debatten miteinander geführt. Aber ich muss es als

Unverschämtheit bezeichnen, dass Sie mir unterstellen, ich hätte vorgetragen, man müsse sich um das Problem nicht kümmern. Das ist schlicht eine Sauerei.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rentsch, ist das eine Meldung zur Geschäftsordnung?

(Florian Rentsch (FDP): Nein! – René Rock (FDP): Will der Minister etwas dazu sagen, wie er dazu kommt, sich am Ende der Debatte so auszudrücken?)

Frau Präsidentin, in der parlamentarischen Debatte ist vieles möglich, auch dass man sich einmal die Meinung sagt. Das Wort „Sauerei“ ist aber sicherlich kein parlamentarischer Ausdruck eines Regierungsmitglieds.

Der Herr Staatsminister hat entschieden, sich so auszudrücken. Ich werde das nicht rügen. Ich denke aber, wir alle sind der Auffassung, dass das mit Sicherheit nicht der Sprachgebrauch ist, den wir hier pflegen sollten.

(René Rock (FDP): Das spricht dann für sich!)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt vor. Die Aktuelle Stunde ist damit abgehalten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 70:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Aufweichen der Stabilitätskriterien – De- batte der Sozialisten schadet deutschen und hessischen Interessen) – Drucks. 19/540 –

Die erste Wortmeldung kommt vom Kollegen Boddenberg, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gestern im Zuge der Debatte anlässlich des Setzpunktes der SPD-Fraktion zur AfD – wenngleich die Debatte, wie wir wissen, völlig unnötig war, was den eigentlichen Titel anbelangt – erfreulicherweise von allen demokratischen Fraktionen in diesem Hause gehört, dass sie sich zum Euro bekennen. Ich interpretiere das so, dass sie daher mit den vielen Maßnahmen der Bundesrepublik und der Europäischen Union zu dessen Stabilisierung einverstanden sind.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn man das so sagt, dann muss man sich aber auch so verhalten. Dann muss man vor allen Dingen vermeiden, Signale und Zeichen auszusenden, die möglicherweise dazu führen, dass die, die die Politik bewerten und beobachten, Zweifel daran haben können, ob das Bekenntnis zum Euro ernst gemeint ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in den letzten Tagen lesen und hören können, das sich die Sozialisten, allen voran der Präsident der Französischen Republik und der Präsident Italiens, unter Beteiligung des stellvertretenden Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland, Sigmar Gabriel, erneut mit der Frage befasst haben, ob es nicht sinnvoll sein könnte, die Kriterien aufzuweichen, die wir gemeinsam festgehalten und festgelegt haben, beispielsweise dadurch, dass man über die bisherigen Vereinbarungen hinaus neue Fristverlängerungen gewährt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist das Falscheste, was man machen kann.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, das führt nur zu der irrigen Annahme, das Grundproblem sei, dass der Gesetzgeber jetzt klare Regeln aufstellt. Wir sollten uns darüber verständigen, dass das Grundproblem ist, dass viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter früher auch Deutschland, schlichtweg über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Weil das so ist, haben wir im Deutschen Bundestag und im Bundesrat nach intensivsten, monatelangen Beratungen zwei sehr klare Beschlüsse gefasst, um der Bundesregierung den Auftrag zu geben, in Brüssel entsprechende Verträge zu unterschreiben, nämlich den Fiskalvertrag und den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Nach langen Debatten, auch auf Länderebene und in der Länderkammer Bundesrat, hatten wir hierfür eine überwältigende Mehrheit.

An dieser Stelle muss aber noch einmal daran erinnert werden, dass das einzige Bundesland, das der Verabredung der europäischen Staaten, dass man in alle Verfassungen Schuldenbremsen implementiert, seinerzeit nicht zugestimmt hat, das rot-rot regierte Brandenburg gewesen ist. Das sage ich deswegen, weil wir uns hin und wieder vergegenwärtigen müssen, was es eigentlich bedeutet, wenn Sozialdemokraten den LINKEN Avancen machen, was das für ein Verfassungsorgan wie den Bundesrat bedeutet, was dessen Mehrheitsbildung in entscheidenden, existentiellen Fragen angeht.

(Beifall bei der CDU)

Deutschland steht nach dem hoffentlich baldigen Auslaufen dieser Krise sehr gut da. Das hat etwas mit den enormen Anstrengungen der Unternehmer und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den ebenso großen Anstrengungen unserer gesamten Gesellschaft, aber auch mit vernünftigen Abschlüssen der Tarifpartner zu tun. Wenn die LINKEN – das weiß man, wenn man solche Sätze sagt – gleich erwidern werden, zu welchem Preis wir diese Haushaltskonsolidierung

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Schuldenschnitt!)

Schuldenschnitt und anderes – erreicht haben, dann sage ich, Herr van Ooyen: Wenn das Ergebnis all dieser massiven strukturellen Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland ist, dass wir 2 Millionen weniger Arbeitslose haben und feststellen dürfen, dass das Auseinanderdriften der einkommensschwächsten und der einkommensstärksten Gruppen in unserer Gesellschaft, das wir jahrelang beobachten konnten, geringer geworden ist – sich jedenfalls nicht weiterentwickelt hat, wie Sie immer wieder fälschlicherweise behaupten –,

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

sind wir, die Christdemokraten, sehr einverstanden damit, diesen Preis zu zahlen.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Die Zahlen hätte ich gern belegt! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo haben Sie das denn her?)

Unabhängig davon gibt es Verständnis für das Ansinnen der genannten Staatspräsidenten, die vor Ort enorme Schwierigkeiten haben, die notwendige Politik durchzusetzen. Aber ich sage: All das, was dort gewünscht wird, geben die Verträge her.

Die Europäische Kommission hat einen enorm großen Ermessensspielraum bei der Fristverlängerung. Sie schaut nicht nur auf nominale Defizite, sondern auch auf strukturelle Defizite. Das heißt, sie bietet, wie in Ungarn und Polen geschehen, den Staaten an, ihnen, mit Ausblick auf eine mittelfristige Stabilisierung – damit sich die Defizite nicht erhöhen –, die jetzigen Investitionen in die Stabilisierung ihrer Rentensystem nicht anzurechnen.

Kollege Boddenberg, die Redezeit ist abgelaufen.

Aber in zwei oder drei entscheidenden Fragen darf es keine Einschränkungen geben. Die christdemokratische Union, allen voran die CDU in Hessen, sowie die Landesregierung von CDU und GRÜNEN in Hessen bleiben bei dieser klaren Politik der Haushaltskonsolidierung. Ich bin sehr gespannt darauf, wie das Verhalten der Sozialdemokraten, allen voran ihres Vorsitzenden Schäfer-Gümbel, sein wird, wenn es um das konkrete Einsparen und Konsolidieren im hessischen Haushalt geht.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin, eine letzte Bemerkung will ich Herrn Schäfer-Gümbel nicht ersparen: Wir haben in diesen Tagen unsägliche Äußerungen eines brandenburgischen Landtagsabgeordneten gehört,

Kollege Boddenberg, bitte den letzten Satz.

der den Bundespräsidenten in einer Art und Weise beschimpft hat, die ich unerträglich finde, indem er gesagt hat, der Bundespräsident sei ein „widerlicher Kriegshetzer“. Herr Schäfer-Gümbel, nicht nur mit Blick auf die Debatte über die Haushaltskonsolidierung, sondern auch in anderer Hinsicht erwarte ich eine klare Distanzierung von Ihnen und der hessischen SPD.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster hat Herr Kollege Rentsch, FDP-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegen von der Union haben im Hessischen Landtag ein Thema aufgegriffen, das für alle Bürgerinnen und Bürger in Hessen – in der ganzen Bundesrepublik – eine zentrale Bedeutung hat: den Stabilitätspakt der Europäischen Union. Das hat massive Auswirkungen auf die Frage, wie sich in den nächsten Jahren in Deutschland die Strukturen weiterentwickeln.

Auf der anderen Seite sage ich aber: Es geht auch darum, wie wir mit dem Thema umgehen, über das wir gestern debattiert haben, nämlich ob wir den Eurokritikern von der AfD noch weiteren Zündstoff für ihre Kritik an der Europäischen Union liefern wollen. Genau das, was hier passiert – das, was Herr Gabriel gemacht hat –, ist Wasser auf die Mühlen dieser Gegner.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde es nicht parlamentarisch, deshalb verwende ich das Wort „Sauerei“ nicht im Zusammenhang mit dem, was Herr Gabriel macht. Ich glaube, das ist nicht angemessen. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das, was Herr Gabriel macht, ist das Gegenteil von dem, was von einem deutschen Vizekanzler in einer solchen Debatte zu erwarten ist.

Der europäische Stabilitätspakt ist die Grundlage dafür – er war die Geschäftsgrundlage für die Staaten in Europa –, dass wir überhaupt eine Europäische Union schaffen, eine gemeinsame Wirtschaftspolitik betreiben und vor allen Dingen jetzt, in der Conclusio, in eine gemeinsame Finanzpolitik eintreten können.