Unter denen mit den höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen waren überproportional Kommunen mit sehr hoher Einnahmebasis. Das heißt doch in der Konsequenz, dass die gern vertretene These, den Kommunen in Summe gehe es schlecht, jedenfalls einer differenzierten Betrachtung nicht standhält.
Genauso sind wir an die Debatte mit den Kommunen herangegangen, indem wir uns jeweils sehr individuell die Situation der Kommunen vor Ort angeschaut und einzelne individuelle Verabredungen getroffen haben. Dass das am Ende diesen Erfolg gezeitigt hat, hat etwas mit dem Instrument zu tun.
Aber ich will eines sagen: Das hat in erster Linie etwas damit zu tun, mit welcher Entschlossenheit, mit welcher Bereitschaft zur Konsolidierung und mit welcher Klarheit ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker bereit gewesen sind, Entscheidungen zu treffen und sie am Ende bis heute durchzuziehen.
Das war und ist zu einem sehr großen Teil ein weit parteiübergreifender Komplex in den Kommunen gewesen. Teile
des Hauses haben versucht, es vor Ort parteipolitisch zu politisieren. Das ist in der Regel nicht geglückt.
Ich habe mit einer ganzen Reihe Vertreter der betroffenen Kommunen gesprochen. Wir haben mit Finanzpolitikern gesprochen. Wir haben nicht nur mit dem Bürgermeister und seinem Kämmerer, sondern auch mit den Ehrenamtlichen, die bei uns im Haus waren, stundenlang über die Einzelheiten diskutiert. Sie haben zum Teil zum ersten Mal die Benchmarkzahlen der Nachbarkommunen gesehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wo sie möglicherweise mehr als andere Kommunen ausgeben und wo die Einnahmebasis möglicherweise schlechter als bei vergleichbaren Kommunen ist, um eine Grundlage dafür zu bekommen, Entscheidungen zu treffen.
Sehr häufig ist uns der Satz vorgetragen worden: Wir wissen eigentlich, wo unsere strukturellen Probleme liegen, wir haben nur nie die politische Kraft gehabt, das anzupacken. – Insofern ist der Schutzschirm jetzt das Instrument, dass sie gerne auch ein Stück weit mit der Ausrede nach oben zeigen und sagen können: Die da oben zwingen uns ja, die geben uns die Entschuldung nicht, wenn wir das nicht machen.
Dafür haben wir gerne unseren Buckel hingehalten. Denn am Ende ist es von der Sache her sinnvoll, dass in den Kommunen diese Entscheidungen getroffen wurden.
Dass es geht, wenn man will, zeigen die Zahlen eindrucksvoll. Herr Kollege Reul hat darauf hingewiesen. Ich will das an zwei Stellen wiederholen.
Bei den kreisangehörigen Kommunen, die unter den Schutzschirm gefallen sind, hat sich das Defizit vom Jahr 2012 auf das Jahr 2013 nahezu halbiert, während es sich bei den Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirm sind, um etwa die Hälfte erhöht hat. Aus meiner Sicht sind da zwei Schlussfolgerungen zu ziehen.
Beides machen wir. Wir kombinieren beides mit der notwendigen Klarheit, aber auch mit der notwendigen Kooperationsbereitschaft der Kommunalaufsicht gegenüber denen auf der kommunalen Ebene. Herr Kollege Hahn, insofern sind Formulierungen wie Peitsche bis unbelehrbar bei dieser Betrachtung schlicht und ergreifend unangemessen.
Das sage ich vor allem auch vor dem Hintergrund, dass ich mich noch gut daran erinnern kann, dass ich in der letzten Legislaturperiode sehr häufig mit dem zuständigen Sprecher der Freien Demokraten von kommunaler Diskussionsrunde zu kommunaler Diskussionsrunde gepilgert bin. Die Diskussionsbeiträge des Kollegen an die kommunale Familie waren hinsichtlich des Ansprechens der Kommunen von einer Klarheit, dass auch ich mit meinem rustikalen Hinterländergemüt gelegentlich einmal zusammenzuckte.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Weitere Zurufe)
Herr Kollege Hahn, gegen manche Rede des Kollegen Noll ist der Beuth-Erlass doch eher eine Betriebsanleitung für einen Ikebanakurs. Ich wollte das einmal sehr deutlich formulieren.
Bei aller notwendigen parteipolitischen Abgrenzung hier im Hause sollten wir doch versuchen, die kommunalen Finanzen individuell zu betrachten, und nicht so sehr die pauschalen Geschichten sagen. Denn das wird uns bei der Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs im Laufe dieses Jahres auf die Füße fallen.
Gestatten Sie mir, dass ich dazu noch ein paar Bemerkungen mache. Wenn man sich anschaut, wie sich die kommunale Finanzierungssituation national, aber auch bei uns im Land entwickelt, sieht man, dass es – wir betrachten den Saldo – besser wird. Allerdings sehen wir auch, dass die Spreizung zwischen den Kommunen weiter zunimmt.
Das heißt, die Kommunalen Spitzenverbände müssen auf der nationalen Ebene eine entsprechende Debatte mit Herrn Schäuble und den Finanzpolitikern führen. Die sagen: Ihr seid die einzige Ebene, die einen Überschuss erwirtschaftet. – Das wird natürlich durch die Betrachtung des Gesamtsaldos nicht einfacher.
Trotzdem müssen wir uns darum kümmern, dass diese Schere nicht weiter auseinandergeht. Daraus ergibt sich ein Fingerzeig auf das, was in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommen wird. Wir müssen konstatieren, dass sich bestimmte ertragsstarke Kommunen über sehr lange Zeiträume dauerhaft sehr viel stärker nach oben entwickeln konnten als andere. Wir werden deshalb über die Effizienz der Ausgleichsmechanismen zwischen denen, die besonders stark sind, und denen, die auf Dauer eher strukturelle Schwierigkeiten haben, weiterhin nachdenken müssen. Wir müssen das am Ende so justieren, dass wir nicht den gleichen Fehler machen, den es beim Länderfinanzausgleich gibt. Es darf nicht so sein, dass es sich für die Kommunen, die sich anstrengen, nicht mehr lohnt, dies zu tun.
Wir müssen aber eines abschaffen: Es kann nicht sein, dass eine Kommune, die schon viel hat und etwas bekommt, mehr behalten darf als eine Kommune, die nichts hat und etwas bekommt. Dieses Ungleichgewicht werden wir beseitigen müssen, sonst werden wir diese Spreizung nie zusammenbekommen, sondern wir fördern, dass das weiter auseinandergeht.
Ich bin mir sehr sicher, dass sich die Debatte hinsichtlich der Fragestellung, was man da wie genau regeln muss, nicht mehr an den klassischen parteipolitischen Linien orientieren wird. Vielmehr wird sie sich daran orientieren, was die Excel-Tabelle für die eigene Heimatkommune gerade konkret auswirft.
Da wünsche ich mir, dass wir es jenseits aller Interessen und jenseits aller parteipolitischen Gegensätze schaffen, einen Weg zu finden, der es ermöglicht, die sachliche Debatte über die Frage, wie wir die Finanzierung der kommunalen Ebene in den nächsten Jahren gestalten wollen, doch noch einigermaßen hinzubekommen. Denn eines ist klar: Die Debatte der nächsten Monate wird eine sein, die die Grundlage der kommunalen Finanzierungsstruktur für sehr lange Zeit prägen wird. Ich glaube nicht, dass diese, die
nächste und die übernächste Landesregierung ein besonders großes Interesse daran haben, dieses Thema wenige Jahre danach neu anzufassen. Deshalb müssen wir Entscheidungen treffen, die für eine lange Zeit tragfähig sind.
Ich lade Sie im Interesse unserer Kommunen alle herzlich ein, an der Diskussion teilzunehmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will mich nicht mit dem verbalen Biss der FDP in den Rücken der CDU auseinandersetzen, wenn es um den Kommunalen Schutzschirm geht.
Vielmehr will ich kurz auf die Rede des Ministers eingehen. – Herr Minister, wenn Sie glauben, dass sich die Kritik, die wir geäußert haben, relativiert hat, muss ich Ihnen sagen: Wir werden keinen Deut unserer Kritik an diesem Schutzschirm zurücknehmen.
All das, was wir prophezeit haben – übrigens taten das damals auch die GRÜNEN noch –, ist eingetreten.
Objektiv belegt ist, dass Hessens Kommunen in den Jahren 2011, 2012 und 2013 die höchsten Defizite in ganz Deutschland gehabt haben. Das muss doch irgendwo herkommen.
Wir haben damals ausgesprochen, dass die Schutzschirmgemeinden zum Vertrag gezwungen werden. Denn das Land stellt ihnen eben nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung. Dass der Bürger massiv herangezogen wird, ist doch eingetreten. Alle Schutzschirmgemeinden haben die Gebühren erhöhen müssen. Sie haben die Grundsteuern in massiver Weise erhöhen müssen. Sie waren gezwungen, Einrichtungen zu schließen, und zwar auch wichtige Einrichtungen für die kommunale Infrastruktur.
Mit den Sprechzetteln aus dem Regierungslager kann man hier große Sprüche machen. Die kommunalen Fragen werden aber vor Ort ausgetragen. Da wird entschieden, wie es den Bürgern vor Ort geht. Da waren viele Kommunen zu ganz, ganz harten und am Ende auch, wenn man es langfristig sieht, für den Bürger sehr nachteiligen Einschnitten gezwungen. Das ist mit dem Schutzschirm verbunden. Deshalb bleiben wir auch bei dieser Kritik.