Aber so dient die erneute Einbringung dieses Gesetzentwurfs nur einem: Die SPD hat einen Sanierungsstau bei ihrer politischen Agenda. Das ist der einzige Grund, warum wir heute darüber reden.
In den vergangenen fünf Jahren gab es nur einen erkennbaren roten Faden bei den kommunalpolitischen Initiativen der SPD, nämlich mehr Geld: mehr Geld in den KFA, mehr Geld in den kommunalen Wohnungsbau, mehr Geld in die Hessenkasse, mehr Geld für die Beamtenbesoldung, mehr Geld für Investitionsprogramme, mehr Geld für Streifenwagen und Polizei. Ich werde das nicht abschließend aufführen können; denn das würde meine Redezeit sprengen.
Am Ende noch einmal mehr Geld, nämlich noch einmal 60 Millionen € für die Abschaffung der Straßenbeiträge. Insgesamt sind es pro Jahr etwa 3,9 Milliarden €, die die SPD
hier permanent gefordert hat. Interessant dabei ist: Die Haushaltsänderungsanträge der SPD belaufen sich nur auf 800 Millionen € für zwei Jahre.
Das heißt, da stimmt etwas nicht. Wenn man etwas politisch fordert, sollte man es doch auch in Haushaltsanträgen niederlegen und in die Diskussion einbringen. Das haben Sie nicht gemacht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)
Dafür gibt es einen sehr treffenden Ausdruck, nämlich ungedeckte Schecks ausstellen auf Kosten der kommenden Generationen. Genau das ist es, was Sie mit Ihren Forderungen machen.
Verantwortungsvolle Politik zu machen heißt nicht nur, Forderungen nach mehr Geld zu stellen, sondern das heißt gestalten. Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren Gestaltungsspielräume, und die haben wir auch genutzt. Es gibt höhere Zuweisungen im KFA, KIP I, KIP II, unsere großen Investitionsprogramme, die Hessenkasse, mit der wir die hessischen Kommunen von ihren Kassenkreditschulden befreien, dazu noch ein Investitionsprogramm und, wie gesagt, Rekordzuweisungen im KFA. Die hessischen Kommunen erhalten so viel Geld wie noch nie zuvor vom Land Hessen. Das ermöglicht auch unseren Kommunen Gestaltungsspielräume.
Gleichzeitig halten wir uns an den Grundsatz der Generationengerechtigkeit. Wir haben schließlich die Schuldenbremse. Die hessischen Wählerinnen und Wähler haben beschlossen, dass wir die Schuldenbremse in die Verfassung schreiben. Das bedeutet generationengerechte Haushalte. Wir hören auf mit der Verschuldung auf Landesebene und fangen stattdessen endlich an, Altschulden zurückzuzahlen. Wir haben also Gestaltungsspielräume genutzt, und auf der anderen Seite haben wir angefangen, Altschulden zurückzuzahlen. Generationengerechte Haushaltsführung ist das, was diese Regierungskoalition macht und machen wird.
Man sollte meinen, dass der von der SPD jetzt erneut eingebrachte Gesetzentwurf irgendwie für Gerechtigkeit sorgt.
Die SPD ist eigentlich die Partei, die für soziale Gerechtigkeit sorgt. Wenn man sich aber anschaut, dass das Geld einfach nach Gemeindefläche, nach Straßenlänge verteilt werden soll, wird klar, es fließt natürlich auch dahin, wo nie Straßenbeiträge erhoben wurden. Auch z. B. eine Stadt wie Eschborn, die unstrittig gute Einnahmen hat, die abundant ist, soll Geld erhalten. Wo ist da eigentlich Ihre Gerechtigkeit?
Herr Rudolph spricht hier immer von einzelnen Fällen hoher Belastung, aber am Ende bekommen alle Geld. Das ist für uns keine Gerechtigkeit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Schon mal etwas von Konnexität gehört? – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wie wollen Sie denn denjenigen Bürgerinnen und Bürgern erklären, die in der Vergangenheit Straßenbeiträge gezahlt haben, ihren Anteil für die Sanierung ihrer kommunalen Straße, dass die Bürger, die vielleicht eine oder zwei Straßen weiter wohnen, in Zukunft keinen Cent zahlen?
Einen solchen Bruch innerhalb der Kommune, dieser Gemeinschaft, können Sie keiner Bürgerin und keinem Bürger erklären. Genau das ist der wesentliche Punkt.
Es geht hier um eine originäre kommunale Aufgabe. Die Sanierung und der Erhalt kommunaler Straßen sind eine originäre kommunale Aufgabe. Deswegen wird auch auf kommunaler Ebene, in der Stadt oder in der Gemeinde, entschieden, wie dies finanziert wird. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Es gab schon immer Kommunen, die gesagt haben: Wir wollen das lieber von allen Bürgerinnen und Bürgern finanzieren lassen. – Die haben die Grundsteuer entsprechend erhöht. Das ging nach der alten Gesetzeslage nicht, weil es eine Pflicht zur Erhebung von Straßenbeiträgen gab. Genau das haben wir abgeschafft.
Darum ging es uns: Wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen einen größtmöglichen Entscheidungsspielraum haben. Das kann auch heißen, dass sie die Kosten für die Sanierung ihrer Straßen anders erheben, z. B. über die Grundsteuer oder über Straßenbeiträge, über fortlaufende oder einmalige.
Noch ein Satz zu den einmaligen und fortlaufenden Straßenbeiträgen. Ich habe sehr viele Rückmeldungen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zu unserer Gesetzesänderung bekommen. Die finden die Verlängerung der Stundungsfrist auf 20 Jahre sehr gut, weil sie sagen: Das ist quasi ein fortlaufender Straßenbeitrag, nur ohne den verwaltungstechnischen Aufwand. Ich saniere eine Straße, die Bürgerinnen und Bürger, die Anlieger zahlen 20 Jahre, dann kommt die nächste Straße dran. Das ist verwaltungstechnisch sehr einfach, und das streckt die Zahlung über einen so langen Zeitraum, dass es zumutbar ist. – Wir habe da positive Rückmeldung von den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen erhalten.
Am Ende zählt für uns die kommunale Selbstverwaltung. Ich glaube, das ist hierbei einer der wesentlichen Punkte. Wir sollten auf der Landesebene kurz vor der Landtagswahl an der Stelle nichts versprechen, weder Geld noch irgendeine Problemlösung. Das Leben findet doch in den Kommunen, in den Städten und Gemeinden statt. Es ist wichtig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger, die Straßenanlieger, die Fraktionen in den Gemeindeparlamenten,
die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zusammensetzen und vor Ort entscheiden, wie solche schwierigen Aufgabenstellungen gelöst werden. Das stärkt das Gemeinwohl, und das stärkt die Gemeinschaft vor Ort. Es wäre fatal, wenn wir über die Köpfe der Betroffenen hinweg versuchen würden, Entscheidungen zu treffen, die diese am Ende so vielleicht gar nicht haben wollen. Nein, wir sind für die Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung und für größtmögliche Entscheidungsspielräume vor Ort. Genau das haben wir mit unserer Gesetzesänderung vorgeschlagen, die von der FDP unterstützt wird. Dazu stehen wir, und das finden wir so in Ordnung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Argumente von Frau Goldbach haben mich fast vom Hocker gerissen, auch wenn sie nicht neu sind. Ich will mich mit diesen Argumenten noch einmal auseinandersetzen.
Denjenigen, die die Straßenausbaubeiträge abschaffen wollen, wird vorgeworfen, dass sie in die originären Kompetenzen der Kommunen eingreifen wollten. Das ist absoluter Nonsens, Frau Goldbach, ein solcher Nonsens.
Sie sollten eine Antwort auf die Frage haben, warum die Anlieger einer Nebenstraße, die eine Landesstraße oder eine Bundesstraße ist ebenso wie die Leute in Frankfurt und in Wiesbaden keine Straßenausbaubeiträge zahlen müssen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? – Ihre Gerechtigkeit, wie Sie sie hier dargestellt haben, besteht darin, die Beiträge nach dem Motto „Das sollen die nicht alleine zahlen, es sollen alle in der Kommune zahlen“ umzuverteilen. Das ist nicht unser Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung und von der Stärkung der Kommunen. Das will ich an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal sagen.
Hören Sie endlich auf, die Mär zu verbreiten, wir würden in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Unser Modell sieht vor, dass es einen Sonderfonds in Höhe von 50 Millionen € gibt, bei dem jede Kommune in freier Entscheidung ihren Bedarf anmelden kann und auf diese Weise die Beiträge, die bisher gezahlt werden, entsprechend ausgeglichen werden. Das ist doch kein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, weil den Kommunen die Entscheidung verbleibt, ob es eine Grundsanierung gibt oder nicht. Die SPD-Fraktion sieht das in ihrer Initiative nicht anders. Bei allem Verständnis – –
Lieber, verehrter Herr Kollege Schaus, wenn Sie hier dreimal wiederholen, das sei Nonsens oder Unsinn – was im Übrigen das Gleiche ist –: Wir führen keine sachliche Debatte mehr.
Wir können uns ja darüber unterhalten, dass Sie eine andere Haltung haben als wir, aber diese Debatte führt nicht weiter.
Die Frage der „Gerechtigkeit“ war der Punkt, zu dem Sie glaubten, sich auf mich einlassen zu müssen. Die Frage der Gerechtigkeit wurde in der Anhörung hier im Plenarsaal ausführlich behandelt. Die Anhörung dauerte über sechs Stunden. Die Verfassungsrechtler haben zu dieser Frage Folgendes gesagt. Die Frage der Gerechtigkeit, was die Straßenausbaubeiträge angeht, kann nur auf kommunaler Ebene beantwortet werden. Das Problem kann nur dort gelöst werden, weil die Straßensanierung in einer bestimmten Gemeinde oder in einer bestimmten Stadt stattfindet. Man kann keinen Vergleich zwischen Frankfurt und Kirtorf ziehen, um einmal diese beiden Städte zu nennen. Ist es gerecht, dass man in Frankfurt keine Straßenausbaubeiträge zahlen muss, während man in Kirtorf vielleicht derartige Gebühren zahlen muss? Diese Frage haben die Verfassungsrechtler verneint. Sie haben gesagt: Die Gerechtigkeitsfrage wird vor Ort beantwortet, in der Stadt und in der Gemeinde. – Genau das sieht die von uns vorgeschlagene Gesetzesänderung vor.
Vielen Dank, Frau Kollegin Goldbach. – Das Wort hat der Innenminister, Herr Staatsminister Peter Beuth.