Das, was die CDU mit ihrer Zustimmung zum Mindestlohn angerichtet hat, ist die ganze Diskussion, die entbrannt ist, ob es nun eine Kommission gibt oder nicht, ob es vernünftig gemacht wird oder nicht – es muss immer noch mehr sein, der Mindestlohn soll noch höher sein und soll politisch bestimmt werden. Die CDU ist der LINKEN voll auf den Leim gegangen. Die SPD hat es leider Gottes auch immer mitgemacht. Wir sollten diesen Unsinn in Hessen wirklich nicht auch noch weiter diskutieren, das wäre genau das gleiche Ergebnis: immer noch einen draufsetzen.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Tat Probleme beim Bauhauptgewerbe. Es gibt Fälle, z. B. in Neu-Isenburg, dass eine so komplizierte Ausschreibung dazu geführt hat, dass nicht mehr der ehrliche Bauunternehmer den Zuschlag bekommen hat, sondern jemand, den wir alle miteinander nicht wollen. Dabei führen Subunternehmerketten am Ende dazu, dass der Handwerker, der die Arbeit ehrlich verrichtet, nur noch einen Hungerlohn bekommt. Das sind – das ist nicht anders zu benennen – kriminelle Verhältnisse und kriminelle Methoden. Wir als Freie Demokraten werden uns immer dagegen aussprechen und versuchen, das einzudämmen und zu bekämpfen.
Das Problem ist, wenn man mit Gewerkschaftsvertretern spricht, dass jeder eine etwas andere Vorstellung hat. Da wird gerne davon gesprochen, dass wir eine Prüfbehörde brauchen. Da muss mir mal einer erklären, wo diese Prüfbehörde angesiedelt sein soll. Soll das eine eigenständige Behörde werden? – Es gab schon einmal die Idee, das beim Landesrechnungshof anzusiedeln. Der Landesrechnungshof ist, so wie er jetzt aufgestellt ist, dazu überhaupt nicht geeignet. Meine Damen und Herren, es wird immer wieder eine Prüfbehörde in den Raum gestellt, aber keiner beantwortet die Frage, wie sie tatsächlich ausgestaltet werden
soll. Das zeugt am Ende von einem tief gehenden Misstrauen gegenüber den Unternehmen. Es würde eine große Bürokratie mit sich bringen. Das ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg.
Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Frage, wie wir gegen solche Unternehmen vorgehen, die kriminelle Methoden anwenden. Ich bin der Meinung, dass wir längst hätten darüber nachdenken müssen, wie wir die Losgrößen zusammenschneiden. Wir sollten überlegen, ob das tatsächlich eine Vergabe ist, die mittelstandsfreundlich ist, dass mittelständische Unternehmer einen öffentlichen Auftrag auch noch gerne annehmen und sich an einem fairen Wettbewerb beteiligen. Wir brauchen Unternehmer, die wirklich auskömmlich und fair mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen und sich auch an Tarifvereinbarungen halten. Meine Damen und Herren, eine echte mittelstandsfreundliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen würde hier sehr viel helfen. Davon sind wir leider auch in Hessen ein Stück entfernt. Das wird durch die gute Konjunkturlage überdeckt.
Ich glaube, dass es in diesem Bereich wieder ein bisschen Ordnungspolitik braucht und nicht überbordende Forderungen der LINKEN, wie sie in diesem Gesetzentwurf vorgesehen sind. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lenders, wir haben da grundsätzliche andere Auffassungen.
Ich will jetzt nicht alle Facetten des Vergabegesetzes mit Ihnen diskutieren. Wenn Sie sagen, möglichst wenig Regulierung, während wir sagen, die öffentliche Hand muss Leitplanken einziehen, dann haben wir Differenzen.
Ich will eines nicht stehen lassen, was sachlich nicht ganz richtig ist. Es ist okay, wenn man eine Sache politisch nicht will. Das ist legitim. Dann aber zu argumentieren, das sei rechtlich alles nicht möglich, das will ich ungern so stehen lassen, gerade wenn es um den vergabespezifischen Mindestlohn geht.
Ihnen ist sicherlich bekannt, dass es die Entscheidung des EuGH vom 17.11.2015 gegeben hat. Diese Entscheidung hat bestätigt, dass vergabespezifische Mindestlöhne europarechtskonform sind. Ihnen ist auch bekannt, dass es Bundesländer gibt, die Landesmindestlöhne, sprich: vergabespezifische Mindestlöhne, eingeführt haben.
Von daher gibt es eine Entscheidung, die besagt, dass das sehr wohl möglich ist. Diesen vergabespezifischen Mindestlohn gibt es in Schleswig-Holstein und in Berlin, in Mecklenburg-Vorpommern soll er jetzt eingeführt werden. Es ist also rechtlich möglich, Sie wollen es politisch nicht. Rechtlich ist es aber möglich, vergabespezifische Mindest
Wir sollten nicht etwas für rechtlich problematisch erklären, wenn wir es politisch nicht wollen. Das wollte ich noch einmal klarstellen. – Vielen Dank.
Frau Wissler, es ist mir durchaus bewusst, dass es diese Rechtsprechung gibt. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns über einen landeseigenen hessischen Mindestlohn unterhalten. Da kann man anderer Auffassung sein. Ich habe meine Position ziemlich klar und deutlich gemacht, was den Mindestlohn generell anbelangt.
Ich sage aber auch: Das ist Geschichte, das ist vergossene Milch, es gibt den Mindestlohn jetzt nun einmal, den wird auch keiner zurückdrehen. Für einen eigenen hessischen Mindestlohn haben wir Anhörungen durchgeführt, Kollege Arnold und ich damals noch für die regierungstragenden Fraktionen. Es gab zwei Rechtsauffassungen.
Es gab die Rechtsauffassung: „Geht gar nicht“, und die anderen haben gesagt: „Geht eventuell, solange es keinen bundeseinheitlichen Mindestlohn gibt“. Den aber haben wir nun.
Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe noch keine andere Rechtsauffassung gehört, es ist auf Länderebene nicht möglich. Tut mir leid.
(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Walter Ar- nold (CDU) – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um vielleicht dort anzuschließen, Frau Kollegin Wissler: Natürlich, Sie schlagen vor, das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz abzuschaffen und durch ein Vergabekriteriengesetz zu ersetzen. Das kann man beantragen, aber die spannende Frage ist, ob es eine gute Idee ist. Meine feste Überzeugung lautet, dass es keine gute Idee ist, jedenfalls so, wie Sie Ihr Gesetz formuliert haben.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Woher wissen wir das denn ohne die Evaluation? – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Es hat wesentliche Verbesserungen sowohl für Bieter als auch für öffentliche Auftraggeber gebracht. Es verpflichtet Unternehmen, tarifvertragliche Leistungen zu gewähren und, wo es solche Regelungen nicht gibt, jedenfalls den Mindestlohn zu bezahlen. Es eröffnet die Möglichkeit, ökologische und soziale Kriterien zu berücksichtigen.
Ich will Ihnen einmal zwei Beispiele aus dem Bereich des Landes nennen. Das Kultusministerium hat viele Publikationen, die immer wieder an viele Empfänger verschickt werden. Unser HVTG hat z. B. erlaubt, dass das Kultusministerium an dieser Stelle eine Ausschreibung für das Publikationsmanagement vorgenommen hat, an der sich von vornherein nur Werkstätten für behinderte Menschen bzw. Integrationsbetriebe beteiligen konnten. Dementsprechend ist dann auch einer von denen ausgewählt worden.
Ein weiteres Beispiel. Denken Sie einmal darüber nach, wie viele Blatt Papier in so einer Landesverwaltung jeden Tag verwendet werden.
Sehen Sie? – Und wir haben bei dieser letzten Ausschreibung für Material des Landes Hessen dafür gesorgt, dass sich der Anteil nachhaltiger Produkte von knapp über 20 % auf über 40 % verdoppelt hat. Aus meiner Sicht kann sich das noch steigern, aber zumindest kann man nicht sagen, es hätte überhaupt keine Wirkung gehabt. Deswegen ist ein Verurteilen des HVTG in Bausch und Bogen nicht gerechtfertigt und hat mit der Sache jedenfalls nichts zu tun.
Zweiter Punkt. Man muss schon überlegen, was das, was Sie da beantragt haben, real auslösen würde. In diesem Punkt war die Anhörung schon spannend. Das Gesetz, das Sie vorgelegt haben, ist schlicht untauglich zur Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge – man muss das so deutlich sagen,
liebe Kollegin Wissler, Sie vergessen es manchmal –; denn dieses Gesetz gilt eben nicht nur für das Land Hessen und auch nicht nur für die Stadt Frankfurt. Es gilt für 423 Städte und Gemeinden. Es gilt auch für Weißenborn und Schwarzenborn, um es an dieser Stelle einmal zu sagen.
Ich habe jetzt einmal die kleinste Gemeinde und die kleinste Stadt Hessens genommen, die auch noch Weißenborn und Schwarzenborn heißen.
Ich will es an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Sie unterschätzen völlig, dass das, was Sie da beantragt haben, jedenfalls für einen großen Teil der Kommunen schlicht überhaupt nicht anwendbar ist. Die haben nämlich keine großen Vergabestellen, die haben insgesamt fünf Mitarbeiter inklusive Bürgermeister. Das funktioniert so einfach nicht.
Drittens. Was Sie dort hineingeschrieben haben, dass es ab 500 € gilt, das würde sofort dafür sorgen, dass die hessischen Kommunen, die öffentliche Hand in Hessen, lahmgelegt wären in ihrer Art und Weise, zu investieren und zu
Ein weiteres Beispiel. Sie schreiben, dass man schon ab 10.000 € bestimmte Kriterien darlegen und nachweisen müsse. – Man kann diese Haltung vertreten. Man muss nur wissen, was das bedeutet. Wenn man im Zweifel sogar für Zulieferer, für eingekaufte Materialien, für all diese Aufträge ILO-Kernarbeitsnormen, Frauenförderung, Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, angemessene Beteiligung an beruflicher Erstausbildung und an volkswirtschaftlicher Kosteneinsparung fordert, würde das am Ende bedeuten, dass sich eine Masse vor allem kleiner Betriebe überhaupt nicht mehr an Ausschreibungen der öffentlichen Hand beteiligen würde.
Ein Beispiel: Wir haben momentan einen Ausbildungsmarkt, der sich völlig dreht. Wir haben viele kleine Unternehmen, die händeringend nach Auszubildenden suchen und keine mehr finden. Formal beteiligen die sich nicht an der Ausbildung. Aber kann ich sie an dieser Stelle dafür bestrafen? – Wenn man das einmal zu Ende denkt, was Sie dort aufgeschrieben haben, muss man einfach feststellen, dass es so jedenfalls nicht funktioniert.