Protocol of the Session on September 11, 2018

Wir engagieren uns mit aller Kraft für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Cyberkriminalität und bieten Beratungsmöglichkeiten für Kommunen, Unternehmen und Verwaltung.

Neben der Prävention und Soforthilfe bei Cyberkriminalität optimieren wir gleichzeitig die Abläufe in Strafverfolgung und Justiz. Wir bieten z. B. eine schnelle, bürgernahe und serviceorientierte Justiz mit elektronischem Rechtsverkehr und papierlosen Verfahren. So gewährleisten wir die Leistungsfähigkeit der Judikative im Zeitalter der Digitalisierung. Damit ist Hessen E-Justice-Land Nummer eins in Deutschland, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben einiges erreicht, und wir werden nicht nachlassen, diesen Weg konsequent weiter voranzugehen und wei

tere Bereiche zu digitalisieren. Digitalisierung ist nämlich nicht ein einmaliges Ereignis, sondern sie muss stets als sich verändernder Prozess begriffen werden. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Innovation im digitalen Sektor erfordert schließlich auch eine kontinuierliche Evaluierung der Digitalisierungsstrategie unseres Landes.

Bei dem heute in zweiter Lesung zu behandelnden Gesetzentwurf handelt es sich um ein wichtiges und sinnvolles Gesetzgebungsverfahren. Beim Status quo können wir nicht verharren, und hinter den bundesrechtlichen Verpflichtungen dürfen wir nicht zurückbleiben. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu diesem guten und soliden Weg einer gesetzlichen Regelung in dieser so wichtigen Aufgabe für unsere Zukunft. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Bauer. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Greilich das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja schön, dass wir uns wieder über einen sachlichen Punkt unterhalten können. Ich stelle eingangs fest,

… dass die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen durch die öffentliche Verwaltung in Hessen großartige Chancen für die Bürgerinnen und Bürger bietet: Behördliche Abläufe in Land, Kreisen und Gemeinden können schneller, einfacher und effizienter gestaltet werden, sodass sich die Qualität der Serviceleistungen spürbar erhöht, ein echter Komfortgewinn für die Bürger erreicht wird und darüber hinaus Kosten gespart werden können.

(Beifall bei der FDP)

So steht es im Antrag, den wir dankenswerterweise mit aufgerufen und den wir schon im August 2017 eingebracht haben, der aber leider noch immer aktuell ist – „leider“ deshalb, weil der danach immerhin eingebrachte Gesetzentwurf, der heute auf der Tagesordnung steht, im Mai 2018 kam, aber leider die Probleme nicht löst, sondern nach drei verlorenen Jahren wiederum die Chancen verschläft, welche die Digitalisierung bietet.

Ich darf noch ein paar Worte zum Inhalt des Gesetzes sagen. Im Wesentlichen – Herr Kollege Bauer hat es schon vorgetragen, allerdings scheint er zu meinen, das reiche aus, um in die Zukunft zu gehen – werden nur die Übernahmen der Regelungen des Bundesgesetzes aus dem Jahr 2013 umgesetzt. Fünf Jahre haben Sie also dafür gebraucht, um – ich nehme einmal ein Beispiel aus § 7 – die elektronische Aktenführung zu regeln, der zufolge Behörden des Landes Akten elektronisch führen sollen – noch nicht einmal ausdrücklich müssen, sondern nur in dieser sehr strengen Sollformulierung.

Das Bundesgesetz hatte eine Frist von sechseinhalb Jahren gelassen, verabschiedet wurde das Bundesgesetz Mitte 2013 mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2020, also sechseinhalb Jahre Übergangsfrist. Sie haben die Zeit verschlafen. Der gleich lautende Paragraf in Hessen soll am 1. Januar 2022 in Kraft treten, mit dem Ergebnis, dass es im Gegen

satz zum Bund nicht sechseinhalb, sondern nur dreieinhalb Jahre Übergangszeit sind. Warum? – Weil Sie es, und das muss man immer wiederholen, verschlafen haben. Ich weiß nicht, welche Probleme koalitionsintern dahinter stecken.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine!)

Unser Ziel ist es und muss es bleiben, möglichst komplett und möglichst schnell auf elektronische Aktenführung umzustellen.

Ich fand es schon bemerkenswert, Herr Kollege Bauer, welches Zitat Sie sich aus der Anhörung herausgesucht haben. Da finden Sie zwei Seiten Stellungnahme des zitierten Sachverständigen, in denen er sagt, was man eigentlich alles hätte machen müssen und besser machen müssen, aber er wollte das Ganze nicht in Bausch und Bogen verdammen – ein höflicher Mensch.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Höflich waren die Sachverständigen allesamt. Auf Nachfrage haben sie sich dann aber auch geäußert, was sie eigentlich davon halten. Ich zitiere einmal Herrn Prof. Dr. Bernhardt:

Sie haben mich insoweit richtig verstanden, dass ich die arg zurückhaltende Herangehensweise dieses Gesetzentwurfs ein bisschen kritisch sehe. Man bemüht sich, die bundesrechtlichen Regelungen, soweit es irgend möglich ist, aufzunehmen; aber das tut man nicht vollständig.

Herr Schaeff meint sehr deutlich:

Auch dieser Gesetzentwurf hinkt fünf Jahre hinterher. … Regelungen zu Open Data und Open Government fehlen.

Das ist die Kritik: Sie bleiben einfach hinter den Möglichkeiten zurück, Sie bleiben hinter der Zeit zurück, Sie verschlafen die Zukunft. Ich nehme ein Beispiel – die Justizministerin ist leider nicht mehr da, vor der Unterbrechung hätte ich es ihr direkt sagen können –: Heute kam die Meldung, dass es einen Digitalen Service Point der hessischen Justiz gibt. – Fantastisch, das klingt erst einmal gut. Die Justizministerin sagt:

Künftig ist es möglich, unter einer einheitlichen Nummer für ganz Hessen die Justiz zu erreichen und erste Informationen zu erlangen …

Man kann dort hingehen – irgendwo in Nordhessen ist das, beim Amtsgericht Eschwege –, man kann aber auch dort anrufen, sogar unter einer kostenlosen Servicenummer, und sich informieren lassen. Da heißt es: Beim Ausfüllen von Formularen sollen die Mitarbeiter behilflich sein.

Meine Damen und Herren, wo leben Sie? In welcher Zeit leben Sie? Haben Sie die Zukunft vollständig verschlafen? Wollen Sie es nicht?

Dann kommt noch der Hinweis auf den digitalen Erbschein. Beruflich bedingt dachte ich, das wird toll, das ist eine tolle Lösung, die angeboten wird. Nun ist aber der Nachteil – Sie empfinden es wahrscheinlich so –, dass man all solche Behauptungen digital schnell überprüfen kann. Ich habe geschaut, und in der Tat, wenn man sich zum digitalen Erbschein durchsucht, was steht da? – Sie können sich das Formular herunterladen. Sie können das Formular

ausfüllen. Sie können aber auch anrufen und sich sagen lassen, wo der Name und Vorname einzutragen ist.

Aber die Notwendigkeit des Behördengangs bleibt, weil Sie einen wesentlichen Schritt – die Möglichkeit der elektronischen Einreichung, der elektronischen Signatur – eben nicht vorsehen. Auch da bleiben Sie einfach zurück.

(Beifall bei der FDP)

Da müssen Sie sich fragen, wie Sie Menschen erklären wollen, wie sie den elektronischen Personalausweis beantragen sollen, wenn Sie nicht die Möglichkeiten nutzen, wenn Sie nicht die Chancen bieten, das umzusetzen. Das passt dazu.

Ich zitiere etwas anderes. Wir haben in diesen Tagen endlich die Antwort auf unsere Kleine Anfrage betreffend Situation der IT-Fachkräfte in Hessen bekommen. Sie stellen noch nicht einmal das Personal ein, das Sie brauchen. 223 Stellen sind ressortübergreifend derzeit unbesetzt. Das steigert sich von Jahr zu Jahr. 2016 waren 108 Stellen unbesetzt, 2017 waren es 131 und jetzt 223 Stellen. Das heißt, Sie unternehmen nicht die notwendigen Anstrengungen, um das Personal zu gewinnen, um die Fachkräfte zu gewinnen, die wir brauchen.

Es wäre eine Lösung, wenn man bei der Digitalisierung der Verwaltung weiterkommen will, Externe heranzuziehen, sich externen Sachverstand einzukaufen. Das kostet natürlich Sachmittel. Deswegen war die nächste spannende Frage für uns: Wie sieht es mit der Entwicklung der Aufwendungen im Bereich der Hessischen Landesregierung aus? – Nehmen wir den Geschäftsbereich des Hessischen Ministerpräsidenten. 2016 hat er immerhin 140.000 € für Verwaltungsmodernisierung/Digitalisierung ausgegeben. 2018 sind es nur noch 31.000 €.

Der Finanzminister, CIO der Landesregierung, hat 1.490.000 € im Jahr 2016 ausgegeben. Das ist eine Hausnummer. Aber das ist um eine halbe Million Euro zurückgegangen, auf 952.000 €, für das Jahr 2018. – Moment, ich habe es verwechselt. Das waren die Zahlen des Innenministers, die um eine halbe Million Euro zurückgegangen sind.

Im Geschäftsbereich des Hessischen Ministers der Finanzen sieht es leider erbärmlicher aus: 32.253 €, und im Jahr 2018 gerade einmal 11.000 €. Damit bringt der CIO die Digitalisierung in Hessen im E-Government voran. Das kann es nicht sein. Die schon zitierte Justizministerin hat es geschafft, von 3,7 Millionen € im Jahr 2016 auf 565.800 € im Jahr 2018 zurückzufahren.

Meine Damen und Herren, das ist ein Armutszeugnis, das Sie sich mit der Antwort auf diese Kleine Anfrage selbst ausgestellt haben. – Ja, ihr dürft klatschen.

(Beifall bei der FDP)

Ich will noch einen letzten Punkt aus unserem Antrag hervorheben. Das ist Punkt 6, der nichts an Aktualität verloren hat, sodass es bedauerlich ist, wenn Sie bei Ihrer Beschlussempfehlung bleiben sollten. Wir haben dort aufgeschrieben, dass eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Sie die notwendige Akzeptanz bei unseren Bürgerinnen und Bürgern finden, ist, dass diese sicher sein können, dass die Daten, die sie in Bürgerportalen zur Verfügung stellen, auch ihnen gehören, dass sie die Herrschaft über die Daten behalten.

Wir haben hierzu formuliert, dass die Bürgerinnen und Bürger in dem neuen System die Kontrolle über den Zugriff auf ihre persönlichen Daten erhalten sollen und deshalb im System für den jeweiligen Nutzer aus der Bevölkerung sichtbar gemacht werden muss, welche öffentlichen Stellen zu welchem Zeitpunkt auf die im Bürgerportal hinterlegten Daten zugegriffen haben. Das ist echte Datenverantwortung, echter Fortschritt. Auch dazu steht nichts in Ihrem Gesetzentwurf, aber auch gar nichts.

Deswegen bleibt das Fazit: Schwarz-Grün redet noch, während andere digitalisieren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Trotz des vorgelegten Gesetzentwurfs bleibt Hessen bei der Gestaltung der Digitalisierung weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die Rufe nach einem stärkeren Engagement der Landesregierung werden immer lauter. Zuletzt hat der Ministerpräsident bei Hessenmetall Entsprechendes hören können. Ich zitiere einmal, was berichtet worden ist. Er hat ein „digitales Ministerium“ für die nächste Legislaturperiode angekündigt, was immer das sein soll. Ich hoffe, dass er das meint, was in der Tat in Hessen seit Langem überfällig ist: ein Digitalministerium, in dem die Zuständigkeiten gebündelt werden, sodass nicht jeder in seinem eigenen Geschäftsbereich ein wenig herumdoktert.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Greilich.

Ich komme zum Schluss. – Mit der hier feststellbaren schwarz-grünen Politik der eingeschlafenen Hand verschläft Hessen die Zukunft. Wir brauchen einen Weckruf für Hessen. Die Politik des Stillstands bei Zukunftsthemen muss vorbei sein.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Greilich. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Eckert gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Digitalisierung verändert und erfasst alle Lebensbereiche, ob Mobilität, ob Wohnen, Wirtschaft und Arbeit bis hin zum Kontakt zwischen Bürger und Staat, bis zur Verwaltung der öffentlichen Hand. Digitalisierung ist aber keine Naturgewalt, und sie fällt auch nicht einfach vom Himmel. Digitalisierung bietet große Chancen, aber auch Risiken. Sie bedeutet schlichtweg Veränderung.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist klar: Wenn Digitalisierung von Menschen gemacht wird, dann kann, muss und soll man sie aktiv gestalten.

Meine Damen und Herren, diesem Anspruch genügt der aktuell vorgelegte Gesetzentwurf nicht, und ich will das für uns als SPD-Landtagsfraktion deutlich machen. Aber da Sie in den meisten Fällen nicht auf uns hören, weil wir das