Protocol of the Session on August 23, 2018

In diesem Sinne haben wir eine Trendwende eingeleitet. Ich bin mir sicher, dass diese Trendwende auch in der nächsten Wahlperiode weiter zu Erfolgen führen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung der beiden Dringlichen Anträge.

Ich lasse abstimmen über den Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/6702. Wer stimmt zu? – SPD, DIE LINKE und Frau Kollegin Öztürk. Wer ist dagegen? – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich? – Die FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dann kommen wir zum Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP, Drucks. 19/6703. Wer stimmt zu? – FDP, SPD. Wer ist dagegen? – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf von der SPD: Uiuiui!)

Wer enthält sich? – Die Fraktion DIE LINKE und Frau Kollegin Öztürk. Damit ist dieser Antrag ebenfalls abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 69 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Mehr Lebensqualität im ländlichen Raum – Bürgerbusse verbessern die Mobili- tät) – Drucks. 19/6691 –

Mit aufgerufen wird auch der Tagesordnungspunkt 56:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Bürgerbusse verbessern die Mobilität im ländlichen Raum und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt – Drucks. 19/6678 –

Diesen werden wir im Anschluss an die Beratung abstimmen. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Karin Müller für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Zukunft ergänzen 60 Bürgerbusse die Mobilität im ländlichen Raum, und das ist eine gute Aktion. Darüber freuen wir uns außerordentlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der erste Bürgerbus konnte bereits in Rabenau übergeben werden. Rund 50 Initiativen haben ihr Interesse bereits angemeldet. Das zeigt, dass der Bedarf nach geförderten Bürgerbussen sehr groß ist. Deswegen haben wir als Landtag auch 1,2 Millionen € im Haushalt für 2018/19 bereitgestellt, um diese Projekte zu unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bürgerbusse gab es natürlich auch schon vorher. Sie wurden dann entweder durch Werbung oder in LEADER-Regionen gefördert, weil die Mobilität auch im ländlichen Raum nicht so optimal ist, wie sie sein könnte.

Deswegen sage ich hier auch ganz deutlich: Bürgerbusse sind immer eine Ergänzung. Sie sind auch eine Förderung von Ehrenamt. Sie sind aber auch eine Maßnahme zur sozialen Teilhabe, damit Menschen noch von A nach B kommen, wo der Arzt nicht mehr vor Ort ist oder der Einkaufsladen nicht mehr da ist, um in die nächste Kernstadt zu kommen.

Grundprinzip muss natürlich bleiben, dass es ein mindestens stündliches Angebot im ländlichen Raum von Bussen und Bahnen gibt, die regelmäßig fahren, und Bürgerbusse sollen eine Ergänzung für die Mobilität im ländlichen Raum sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber das Land stellt nicht nur die Busse zur Verfügung, sondern gibt auch Beratungen. Denn es ist gar nicht so einfach, einen Bürgerbus zu fahren. Man kauft nicht einfach einen Bürgerbus bzw. bekommt einen und fährt dann los. Nein, es sind viele rechtliche Dinge zu beachten, etwa das Personenbeförderungsgesetz, rechtliche Rahmenbedingungen, die Frage, was es für Strukturen, z. B. Vereinsstrukturen, geben muss, usw., usw. Auch dabei berät die Landesregierung bzw. die Stiftung „Miteinander in Hessen“.

Ich möchte auch den Landkreis Kassel loben, der sich schon lange um Bürgerbusse gekümmert und einen Leitfaden herausgegeben hat: Wie kann der Bürgerbus mit dem ordentlichen Linienverkehr verknüpft werden? Wie kann das organisiert werden? Wie kann Hilfestellung gegeben werden?

Bürgerbusse sind mehr als Mobilität; das habe ich schon gesagt. Sie sichern Teilhabe, wenn man kein eigenes Auto hat – aus welchen Gründen auch immer, vielleicht will man keines oder kann keines fahren – oder falls kein Bus in der Nähe ist, wenn man ihn braucht. Die Bürgerbusse leben vom ehrenamtlichen Engagement und sind gerade in den Strukturen im ländlichen Raum sinnvoll. Man kennt sich dort. Man vertraut sich dort. Man verabredet sich im Bürgerbus, fährt zum Arzt oder zum Einkaufen. Man kann aber dann am Wohnort wohnen bleiben.

Das ist aber nicht das einzige Projekt im ländlichen Raum. Es gibt auch die beiden Projekte „Mobilfalt“ beim NVV und „Garantiert mobil!“, bei denen genau dieses Prinzip vorherrscht und bei denen in den Fahrplan integriert wird. Das heißt, Ehrenamtliche nehmen andere Menschen mit. Das wird in den Fahrplan integriert. Man kann sich darauf verlassen, dass zu den angegebenen Zeiten etwas fährt. Wenn sich kein Ehrenamtlicher findet, übernimmt das Taxi die Fahrten. Das ist ein sehr gutes Projekt, das noch bekannter gemacht werden muss, sodass sich Leute auch trauen, mitzufahren. Wir konnten es im Sommer in Witzenhausen besichtigen. Es läuft super an und kann weiter ausgebaut werden; auch das werden wir unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Außerdem gibt es noch das Fachzentrum Mobilität im ländlichen Raum im HoLM, wo innovative Projekte vorangebracht werden. Vom NVV z. B. werden jetzt E-Bikes an Dauerkartennutzer ausgegeben, mit denen man zur Regiotram fahren kann. Diese Projekte müssen weiter vorangebracht werden, ebenso wie Fahrraddirektverbindungen nicht nur zwischen den Städten, sondern auch im ländlichen Raum zu den Regiotram- oder S-Bahn-Haltepunkten. Das muss in Zukunft noch kommen. Die Digitalisierung, Stichwort: Mitfahrer-Apps, eröffnet Wege, um weiter voranzukommen.

Aber wir dürfen die Menschen nicht vergessen, die kein Handy haben oder nutzen können, etwa Ältere, die schon Probleme haben, Anrufsammeltaxis überhaupt zu bestellen, weil die Haltestelle für sie den Treffpunkt darstellte, um sich hinzusetzen und auf den Bus zu warten. Auch diese Menschen dürfen wir nicht abhängen. Da sind ebenfalls Bürgerbusse eine gute Alternative.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bürgerbusse sind eine hervorragende Ergänzung. Ich spreche ausdrücklich von „Ergänzung“ mit Blick auf Frau Wisslers Rede – das vermute ich – zu Bussen, zu Bahnen und zu Anrufsammeltaxis,

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt!)

um das Leben auf dem Lande noch lebenswerter zu machen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir kennen uns auch gut!)

Deswegen freuen wir uns sehr über dieses Programm.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Das Wort hat der Abg. Dirk Landau, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Morgen!)

Ich möchte so anfangen: Wenn ich zu diesem Thema rede, spreche ich als Vertreter aus einem Landkreis, der von diesem Programm profitieren wird. Der Werra-MeißnerKreis, aus dem ich komme, gehört zum ländlichen Raum. Die Probleme, die Frau Müller eben beschrieben hat, sind bei uns anzutreffen.

Lassen Sie mich kurz beschreiben, wie die Situation ist. Die Nahverkehrsverbünde haben vom Land mehr Geld als zuvor bekommen. Der NVV, der bei uns in Nordhessen tätig ist, hat es genutzt, um über die örtlichen Nahverkehrsträger sozusagen das Basisprogramm und damit die Hauptverkehrslinien von Bus und Bahn zu stärken, um eine gute Taktung anzubieten. Das kostet viel Geld, auch wenn Züge in den Randzeiten fahren: früh morgens oder am Abend. Allen ist klar gewesen, weil es mit dem Geld nicht möglich ist und weil es wirtschaftlich nicht darstellbar ist, dass man sozusagen nicht auch noch das letzte Tal mit einem Angebot zum Anschluss an den ÖPNV versehen kann.

Die Menschen haben natürlich ein Mobilitätsbedürfnis. Wir müssen ihnen dafür etwas anbieten. Die richtige Antwort hierauf kann nur lauten, dass wir ihnen moderne und flexible Angebote an die Hand geben. Wir tun das nicht erst heute, nicht erst 2018, indem wir uns für Bürgerbusse einsetzen, sondern wir haben weit vor 2013 angefangen, als wir uns darüber unterhalten haben, was beispielsweise bei uns „Mobilfalt“ heißt. Das ist 2013 als Pilotprojekt an den Start gegangen und sah nichts anderes vor, als dass wir Individualverkehre als Zubringer zum ÖPNV nutzen. Zum Beispiel kann man einen Handwerker, der jeden Morgen um 7 Uhr die gleiche Strecke fährt, für eine Mitnahme zu einer Haltestelle, an der ein Bus oder eine Bahn fährt, nutzen. Das war ein erster Schritt. Inzwischen ist die Modellphase des Projekts beendet, und das Projekt gestaltet sich immer besser. Die Nachfrage wächst.

Aber das kann nicht alles gewesen sein. Deswegen hat die Landesregierung völlig zu Recht weitere Ideen entwickelt, zumal man an der einen oder anderen Stelle auch bei mir im Werra-Meißner-Kreis schon einen Bürgerbus hatte, der aus Eigeninitiative weniger Bürger betrieben worden ist. Man kann dieses Modell zum Vorbild nehmen und sagen: Wenn sich Gruppierungen – Vereine, Kommunen oder Bürger – zusammenschließen, besteht immer das große Hindernis, ein solches Fahrzeug überhaupt zu bekommen. Oft ist man auf Spenden von Autohäusern angewiesen.

Jetzt haben wir es anders gemacht. Wir helfen ihnen nämlich bei der Anschaffung dieses Fahrzeugs und geben ihnen natürlich auch – das hat Frau Müller zu Recht gesagt – Beratung, damit das keine Eintagsfliege ist, damit nicht ein Bus angeschafft wird und man dann mal schaut, wie man fährt. Vielmehr erstellt man ein Konzept mit denjenigen, die vor Ort bereit sind, ehrenamtlich zu fahren. Dabei fragt man: Fahren Sie nach einem Fahrplan? Fahren Sie nach Bedarf? – Darüber hinaus kann man prüfen, wie viele po

tenzielle Fahrgäste es gibt. Denn in den Tälern und im ländlichen Raum gibt es wenige Fahrgäste, aber einen großes Areal. Wenn man dort ein ÖPNV-Angebot mit Bürgerbussen schaffen will, muss es auf all diese Dinge abgestimmt sein. Wir sehen entsprechende Beratung vor, damit das Ganze zu einem Erfolg wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich halte es für außerordentlich gut und begrüßenswert, dass sich die Landesregierung dieses Themas angenommen hat; denn – das habe ich schon angeführt – Bedarf besteht, und wir müssen etwas für den Bedarf an Mobilität für diese Menschen tun. Es handelt sich dabei oft um Ältere oder Jüngere, die nicht auf ein Auto zurückgreifen können. Für sie müssen wir Angebote schaffen.

Ich sehe, wie es heute oft ist: Wenn man Glück hat, gibt es einen Schulbus, der einmal morgens fährt, und den man mitbenutzen kann. Wenn er zurückfährt, muss man die Rückfahrt entsprechend abstimmen. Wenn Ferien sind, gibt es mitunter überhaupt kein Angebot. Diese Lücke hilft der Bürgerbus zu schließen.

60 Busse sind eine gute Anzahl. In vielen Regionen und Landkreisen wird ein solches Angebot gern angenommen. Ich bedanke mich bei der Landesregierung, dass sie das mit der Kombination „Anschaffung und Beratung“ auf den Weg gebracht hat. – Bei Ihnen bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Dirk Landau. – Das Wort hat der Abg. Tobias Eckert, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Landau, genau das ist das Problem, wenn wir darüber diskutieren, wie Sie es dargestellt haben. Sie reden von fehlenden Mobilitätsangeboten im ländlichen Raum. Sie beschreiben eine Situation, in der Angebote fehlen. Sie geben dann als einzige Antwort das ehrenamtliche Modell der Bürgerbusse.

Am Ende ist eines der Probleme, wenn wir über Mobilität im ländlichen Raum reden, dass diese Landesregierung in den letzten Jahren gerade bei diesem wichtigen Thema eigene Ideen und eigene Anstrengungen hat vermissen lassen und die Probleme, die Sie beschrieben haben, erst heraufbeschworen hat.