Protocol of the Session on August 22, 2018

Wenn alles so wie bisher bleibt, dann haben wir immer noch die Anforderung, dass die Zahl aufgrund der demografischen Entwicklung steigen wird. Man muss sich alles anschauen, was jetzt an Ausbildung gemacht wird. Die Zahl der Stellen an den Universitäten wurde erhöht. Aber es gehen nur 40 % derer, die einen Abschluss haben, überhaupt ins Referendariat. Wenn man das dann alles miteinander verrechnet, stellt man fest, dass ein absoluter Bedarf von 10.000 Lehrkräften bis zum Jahr 2030 bleibt.

Ich habe jetzt einiges an Schönmalerei und die Aussage „Wir machen das eh schon gut“ gehört. Ich finde, ihr macht etwas. Aber dann gleicht das doch einmal realistisch ab, wo wir stehen. Warum haben wir als Opposition denn eine Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben? – Weil ihr das als Regierung nicht macht. Das ist doch das Thema, über das man hier diskutieren muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Man muss als Regierung wissen: An welcher Stelle der Entwicklung steht man? An welcher Stelle steht man bezüglich der Anforderungen, die sich an das Bildungssystem ergeben? – Darüber herrscht hier blanke Ahnungslosigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Faulhaber. – Das Wort hat Kollege Greilich, 1:54 Minute.

(René Rock (FDP): Sag mal, wie es wirklich ist!)

1:54 Minute wird mir vollständig reichen. Ich werde jetzt nicht alles wiederholen, was ich schon gesagt habe. Das können Sie nachlesen.

Herr Kollege Schwarz, natürlich ist Nordrhein-Westfalen fast dreimal so groß wie Hessen. Aber es gibt dort auch mehr als dreimal so hohe Bildungsausgaben. Das ist nun einmal so; daran kommt man nicht vorbei.

Es bestreitet doch kein Mensch, Herr Kollege Reif, dass wir über 4.000 zusätzliche Lehrerstellen in Hessen bekommen haben. Das hat unsere ausdrückliche Unterstützung; das haben wir immer unterstützt. Was mich viel mehr erschüttert, ist – Sie von der Koalition, aber auch Sie, Herr Minister, sollten einmal darüber nachdenken –, dass alle außer Ihnen, ob das Journalisten, Lehrerverbände oder Eltern sind, wenn man mit ihnen redet, erklären: Ja, wir haben es gehört. Es gibt mehr Lehrerstellen. Aber überall, wo sie hinkommen, ist die Stimmung viel schlechter, als das vor fünf Jahren der Fall war.

(Norbert Kartmann (CDU): Das ist doch falsch! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das muss einen Grund haben.

(Beifall bei der FDP – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wenn Sie sich diesen Problemen nicht stellen, dann werden Sie sie auch nicht lösen können. Damit versündigen Sie sich an den Schülerinnen und Schülern.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU: Nein!)

Jetzt gibt es keine weitere Wortmeldung mehr. Wir sind am Ende der Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/6677. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – SPD, FDP, Fraktion DIE LINKE. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit Mehrheit angenommen.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen BehindertenGleichstellungsgesetzes – Drucks. 19/6675 –

Hierzu wird die mündliche Frage 1100 des Abg. Gerhard Merz aufgerufen. Ich schlage vor, dass wir zunächst diese Frage und die Antwort des Ministers abhandeln und dass dann der Gesetzentwurf eingebracht wird. Machen wir das so? – Gut, auf gehts.

Ich frage die Landesregierung:

Hat sie eine Evaluierung des Hessischen BehindertenGleichstellungsgesetzes vorgenommen?

Herr Abgeordneter, bei dem vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes handelt es sich um einen aus der Mitte des Landtags eingebrachten Gesetzesentwurf, zu dem die Landesregierung nach den Vorschriften der Gemeinsamen Geschäftsordnung eine Stellungnahme abgegeben hat. Eine Evaluation von Gesetzentwürfen der Landesregierung wäre nach dem Gemeinsamen Runderlass des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister zur Einführung eines Leitfadens für das Vorschriften-Controlling vom 13. Dezember 2017 bei befristeten Gesetzen vor Ablauf der Geltungsdauer erforderlich. Das Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz wurde durch Art. 64 des Gesetzes zur Entfristung und zur Veränderung der Geltungsdauer von befristeten Rechtsvorschriften vom 13. Dezember 2012 entfristet. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen war eine Evaluation des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes nicht vorzunehmen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine Zusatzfragen.

Dann können wir zur Einbringung kommen. Kollege Reul bringt den Gesetzentwurf ein. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bringen heute das Zweite Gesetz zur Änderung des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes in das parlamentarische Verfahren ein.

Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland dazu verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe an allen modernen Informations- und Kommunikationstechnologien zu ermöglichen sowie vorhandene Zugangshindernisse und Barrieren zu beseitigen.

Ziel dieses Gesetzes ist es – unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahre 2006 –, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der vollen, wirksamen gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt schon ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.

Insgesamt möchte ich an dieser Stelle drei Punkte erwähnen, damit deutlich wird, was eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist: erstens, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden; zweitens, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert wird. Ein weiterer Punkt ist, wenn Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention versagt werden.

Deshalb haben wir jetzt in dem zweiten Änderungsgesetz einige Ergänzungen vorgenommen. Wir richten uns natürlich nach der Vorgabe des Bundes. Der Bund hat in seinem novellierten Gleichstellungsgesetz im Sinne der Übertragung der Vorschriften der UN-Behindertenrechtskonvention für die Schaffung von Rechtsklarheit und Sicherheit gesorgt. Da der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz im Wesentlichen nur Verpflichtungen für Träger öffentlicher Gewalt des Bundes vorsehen kann, muss an dieser Stelle jetzt eine Umsetzung in Landesrecht erfolgen.

Das bisher unbefristete Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz aus dem Jahre 2004, zuletzt novelliert 2010, soll das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat im Sinne der Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention präzisieren, indem es den Verwaltungsbehörden im Land Hessen klare Handlungsleitlinien vorgibt. Dabei wird auch die Berücksichtigung der besonderen Bedarfe von Menschen mit multiplen Beeinträchtigungen verankert.

Das Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz ist als ein Rahmengesetz zu verstehen, das nur grundsätzliche Erfordernisse und Definitionen für das Verwaltungshandeln der Behörden im Land Hessen vorgibt, die konkreten Regelungserfordernisse zur Umsetzung der Intention der UNBehindertenrechtskonvention aber den jeweiligen fachspezifischen Normsetzungen überlässt; denn Inklusion erfordert das grundsätzliche Mitdenken der Belange von Menschen mit Behinderungen bei den zu gestaltenden Lebensbereichen.

Seit dem Jahr 2016 ist sichergestellt, dass alle Gesetze und Verordnungen am Maßstab der UN-Behindertenrechtskonvention zu überprüfen sind. Für diese Prüfung ist ein Leitfaden erstellt worden. Insoweit wird schon an dieser Stelle Sorge dafür getragen, dass in den gesetzlich zu gestaltenden Lebensbereichen die Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigt und die berechtigten Interessen der Menschen mit Behinderungen grundsätzlich bei jedem Gesetz und in jeder Verordnung mit bedacht und dort schon überprüft werden müssen. Aufgrund des Ergebnisses dieser Prüfung kann dann auch eine Aussage über den gegebenenfalls notwendigen Änderungsbedarf gemacht werden. Aus diesem Grund ist es auch nicht erforderlich, dass wir jetzt in diesem Änderungsgesetz jeden einzelnen Lebenssachverhalt explizit regeln.

Das Ziel der Herstellung von Barrierefreiheit wird durch das Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz in den Bereichen, für die das Land selbst verantwortlich ist, konkretisiert. Im Übrigen ist es an alle weiteren staatlichen Ebenen adressiert.

Die grundsätzlichen Definitionen werden daher mit dem novellierten Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetz für alle staatlichen Ebenen gleichzeitig implementiert. Ein Ausschluss der kommunalen Ebene wäre dann im Gegensatz zur UN-Behindertenrechtskonformität nicht gegeben.

Durch die Klarstellung der Erfordernisse einer barrierefreien Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung kann Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung in der Praxis besser begegnet werden.

Die Länder haben nach Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes nach seinem Vorbild im Wesentlichen nachgebildete landesrechtliche Vorschriften zum Schutz von Menschen mit Behinderungen in Kraft gesetzt. Daher baut auch das novellierte Hessische BehindertenGleichstellungsgesetz auf den Bestimmungen der Novelle des Bundesgesetzes auf. Zugleich wird auch an dieser Stelle dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Vorschriften in Bund und Ländern entsprochen.

Für das Land gibt es spezifische Regelungen. Ich erinnere nur an den Landesbehindertenrat, an den Inklusionsbeirat sowie an die Barrierefreiheit von Bestandsbauten, die ebenfalls normiert ist. Insgesamt richten wir uns aber an den bundeseinheitlichen Regelungen aus.

Zusätzlich kommt Folgendes hinzu – das will ich an dieser Stelle kurz erwähnen –: Mit den in Hessen landesweit vorhandenen Angeboten zur Früherkennung und Frühförderung behinderter Kinder, zu familienentlastenden Diensten, psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen, Tagesstätten für seelisch behinderte Menschen, differenzierten Arbeits- und Beschäftigungsangeboten innerhalb und außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen sowie mit einem breiten Spektrum adäquater Wohnformen sind wir

bei der Realisierung unserer Ziele auch im bundesweiten Vergleich schon sehr weit gekommen.

Dies trifft auch für die in Hessen geschaffenen Angebote zur integrativen Erziehung und Bildung bei der Kindergartenversorgung, beim Ausbau des betreuten Wohnens und bei der Gewährung eines individuellen Hilfebedarfs bei psychischen Erkrankungen zu.

Zwei Punkte zeichnen uns in Hessen im Vergleich zu den anderen Bundesländern aus. Ich erinnere an den Aktionsplan der Landesregierung. Darin haben wir insgesamt schon sehr frühzeitig, im Jahr 2012, bundesweit neue Wege beschritten. Erstmalig sind dort beispielsweise Ziele unter dem Begriff der Inklusion in den Steuerungsprozess der Arbeitsmarktförderung aufgenommen worden. Diese und viele andere Initiativen des Aktionsplans bieten die Grundlage dafür, die Teilhabemöglichkeiten von behinderten Menschen konkret zu verbessern.

Mit dem hessischen Aktionsplan wurde der Rahmen dafür geschaffen, dass sich das Verständnis und das gegenseitige Bewusstsein von Menschen mit und ohne Behinderungen weiterentwickeln und verbessern können.

Ich möchte mit der Einrichtung von Modellregionen einen zweiten Punkt ansprechen. Sie wissen, dass wir hessenweit mehrere Modellregionen haben.

Kollege Reul, Sie müssen das aber kurz ansprechen.

Ich komme gleich zum Schluss. – Diese dienen ebenfalls der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Hessen. Damit wird insgesamt die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den Kommunen zum Abbau noch vorhandener Barrieren für Menschen mit Behinderungen fortgesetzt und deutlich erweitert.

Ich freue mich auf die Diskussion und gehe davon aus, dass wir bei diesem Thema einen großen Konsens haben.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Na ja!)

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)