Herr Kollege Franz, vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf, Drucks. 19/ 6648 zu Drucks. 19/6053, ab. Wer diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das tun die Mitglieder der SPD, der FDP, der LINKEN und Frau Kollegin Öztürk. Damit ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung beschlossen und zum Gesetz erhoben worden. – Vielen Dank.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes – Drucks. 19/6649 zu Drucks. 19/6162 –
Die Beschlussempfehlung lautet: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der LINKEN und der FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/6632 in zweiter Lesung anzunehmen.
Herr Kollege Franz, vielen Dank. – Ich würde gerne erst einmal den Antragstellern das Wort geben, auch wenn Sie Ihre Wortmeldung schon abgegeben haben.
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Ich bitte Herrn Bauer von der CDU-Fraktion, das Wort zu ergreifen. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Es verwundert deshalb nicht, dass auch das Sterben geregelt ist. Die Beerdigungen und die entsprechenden Friedhofssatzungen brauchen natürlich eine rechtliche Grundlage.
Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf drei Regelungsbereiche neu fassen. Zum einen wollen wir mit dem neuen Gesetz eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Kommunen in ihren Satzungen ein Verbot der Nutzung von Grabsteinen und Grabsteinumfassungen aussprechen können, bei denen die Steine nachweislich nicht ohne Kinderarbeit hergestellt wurden. Das ist eine wichtige ethische und moralische Regelung. Wir wollen den Kommunen die Option ermöglichen, das in ihren Satzungen festzuschreiben.
Der zweite Regelungsaspekt betrifft die Bestattung der Embryonen. Wie wir finden, ist das ein wichtiger Schritt, um dem ungeborenen Leben Würde zu geben. Da werden wir klare Regelungen für ein Bestattungsrecht und eine Bestattungspflicht einführen.
Am 7. Juni 2018 haben wir zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung im Hessischen Landtag durchgeführt und entsprechende Anregungen bekommen. Wir haben die Betroffenen zu Wort kommen lassen, die aus beruflichen Gründen, etwa Rechtsmediziner, Bestatter, Gärtner oder Mediziner, oder aus verwaltungstechnischen Gründen, wie die Betroffenen in den Gemeinden, Städten oder auch in den Kirchengemeinden, mit dieser Materie befasst sind.
Wir haben in den Gesetzentwurf einige Änderungen eingearbeitet, die ich ganz kurz erwähnen möchte. Wir werden künftig erlauben, dass auf Friedhöfen mit eigener Verwaltung durch Kirchen, Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungsgemeinschaften nicht nur die Mitglieder, sondern auch die Angehörigen, die keine Mitglieder sind, bestattet werden können. Diese Anregung kam von den Kirchengemeinden selbst.
Zweitens werden wir die Anregung des Bundesgesetzgebers aufgreifen, um eine Änderung der Abgrenzung zwischen Tod und Fehlgeburten vornehmen. Wir werden unser Gesetz an diese Definition anpassen. Wir werden das abändern, indem wir definieren, dass wir von einem tot geborenen Kind dann sprechen, wenn die 24. Schwangerschaftswoche oder ein Gewicht von mindestens 500 g erreicht wurde.
Diese Option will der Bundesgesetzgeber demnächst in das Personenstandsgesetz aufnehmen. Hier gibt es den Ansatz, das Recht zu harmonisieren. Dementsprechend wollen wir unsere Regelung im Vorgriff auf die Bundesregelung entsprechend anpassen.
In Ergänzung dazu werden wir die Übermittlung des Leichenschauscheins rechtlich regeln. Das Standesamt wird diesen zur Beurkundung des Todesfalls zuerst erhalten, bevor er an andere Stellen weitergeleitet wird.
Aufgrund von Anregungen aus der Anhörung wollen wir die notwendige Beschaffenheit des Behältnisses für den Leichentransport weniger streng regeln. Statt eines gut abgedichteten Sarges soll für den Transport künftig ein gut abgedichteter Transportsarg oder auch ein Leichensack genügen.
Wir werden auch das berücksichtigen, was in der Anhörung zur Bestattungsfrist geäußert wurde. Statt der ursprünglich vorgesehenen Frist von sechs Wochen als Bestattungszwang für die Urnen werden es nun neun Wochen sein. Damit wird den Bedenken, dass die ursprüngliche Frist zu knapp bemessen ist, Rechnung getragen.
Was die Frage der Umbettung der Leichen oder der Urnen anbelangt, wurde vorgetragen, dass die Umbettung der Urnen anders als bei einer Körperbestattung gesundheitlich unbedenklich sei und es deswegen keines Einvernehmens mit dem Gesundheitsamt bedürfe. Auch das wird gesetzlich klargestellt werden.
Die letzte Änderung ist die Regelung im Personenstandsgesetz. Sie soll künftig auch die Friedhofs- und Bestattungsgesetze umfassen, und bei der Datenübermittlung soll der letzte Wohnsitz, aber nicht die letzte Anschrift des Verstorbenen weitergegeben werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir mit diesen Anpassungen und entsprechend eingearbeiteten Änderungen nun eine angemessene Regelung gesetzlicher Art für ein nicht ganz einfaches Problem gefunden haben. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. – Besten Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bauer. – Nun hat Kollege Franz von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die SPD-Fraktion möchte ich auf der Grundlage des Gesetzentwurfs, der Anhörung und der vorliegenden Änderungsanträge der Koalition zum Friedhofs- und Bestattungsgesetz kurz auf folgende Punkte eingehen.
Kollege Bauer hat am Anfang über die Formulare gesprochen. Es ist ja auch geregelt worden, dass die Formularbeschreibung aus dem Gesetzentwurf herausgenommen wird und es eine Ermächtigung für das Ministerium gibt. Das ist sicherlich vollkommen richtig; denn Formularbeschreibungen haben in einem Gesetz nichts zu suchen.
Die Beibehaltung des Friedhofs- und Bestattungszwangs gibt den Betreibern der Friedhöfe, also den Kirchen und Kommunen, eine gewisse Sicherheit zur wirtschaftlichen Führung. Auch Bestattungsunternehmen, Steinmetzbetrieben, Gärtnereien oder anderen Dienstleistern wird damit ein gewisser Marktanteil eröffnet.
Ziel der Novellierung des Gesetzes ist unter anderem die Einführung der sogenannten zweiten Leichenschau vor der Einäscherung in einem Krematorium. Wir halten das für ein durchaus wirksames Instrument, damit unentdeckte Tötungsdelikte oder Todesursachen überhaupt erkannt werden können. In Hessen sterben jedes Jahr ca. 65.000 Menschen. Mittlerweile beträgt der Anteil der Einäscherungen 65 %. Das bedeutet, über 42.000 Mal wird die Durchführung einer zweiten Leichenschau erforderlich.
Es gibt in Hessen neun Krematorien. Ich will nur auf eine Besonderheit hinweisen: Die große Stadt Frankfurt hat kein Krematorium. Sie benutzt das Offenbacher Krematorium in Obertshausen – das nur einmal so nebenbei.
Unsere Bedenken, die wir schon vorher formuliert hatten, ob diese Leistungen von den beiden öffentlichen Instituten der Rechtsmedizin in Frankfurt und Gießen – oder deren Beauftragten – personell zu bewerkstelligen seien, wurden von Prof. Verhoff und Prof. Riße in der Anhörung eindeu
tig entkräftet. Jeweils zwei Stellen an beiden Standorten würden nach ihrer Einschätzung ausreichen, um den Mehraufwand abzudecken.
Die Definition einer Leiche – mindestens 500 g oder das Erreichen der 24. Schwangerschaftswoche – folgt einer einheitlichen Definition durch das Personenstandsrecht des Bundes, das zwar noch nicht beschlossen, aber mit den Bundesländern offensichtlich im Vorfeld abgestimmt ist, sodass man diese Regelung gleich übernommen hat. Auch das findet unsere Zustimmung.
Zum Thema Bestattungsfrist für Urnen stelle ich Folgendes fest: Die Anhörung hat klar ergeben, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Frist von sechs Wochen zu knapp bemessen ist. Es wurden Fristverlängerungen bis zu drei Monaten oder länger vorgebracht. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sieht jetzt eine Frist von neun Wochen vor. Hier wird die Praxis zeigen, ob das auf Dauer Bestand hat oder ob hier eventuell nachgebessert werden muss.
Die alleinige Zuständigkeit des RP Kassel für Ausnahmeregelungen bei Urnenbestattungen ist sinnvoll, weil dadurch gleiche Sachverhalte möglichst einheitlich bewertet werden können.
§ 6a befasst sich mit dem Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Herstellung von Einfassungen oder Grabsteinen. Wer wollte etwas dagegen haben? Allerdings kommt die Regelung nicht über einen rein deklaratorischen Charakter hinaus. Prof. Eberlei hat als Sachverständiger in der Anhörung auf drei wesentliche Punkte hingewiesen: Satzungsermächtigung an die Kommunen nur als Kannbestimmung, keine Nennung qualifizierter Organisationen, um die Ausstellung fragwürdiger Siegel zu unterbinden, und insbesondere Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a, nach dem sich die Steinmetzbetriebe quasi selbst bescheinigen können, dass ihnen zu diesem Sachverhalt keine Anhaltspunkte vorliegen. Es reicht aus, die eigene Ahnungslosigkeit zu erklären, um die Vorgaben des Gesetzes zu erfüllen. – Mit dieser Regelung sei das nur noch reine Symbolpolitik, urteilt Prof. Eberlei. Da kann man leider nichts anderes feststellen.
Abschließend möchte ich noch Folgendes festhalten. Die Einstellungen zu Formen der Bestattungs- und Erinnerungskultur verändern sich in unserer Gesellschaft sehr schnell. Das hängt mit praktischen Erwägungen zusammen, weil die Lebensräume der Angehörigen oft weit verstreut sind und damit auch ökonomische Aspekte in den Vordergrund rücken. Viele wollen z. B. die Aushändigung der Urnen ohne Bestattungszwang oder die Herausgabe eines Teils der Asche für die Herstellung eines Diamanten. Andererseits gibt es religiös bedingte Begehren, denen auch durch entsprechende Abwägungen Rechnung getragen werden soll. Im Islam z. B. soll der Verstorbene innerhalb von 24 Stunden bestattet werden. Gleichzeitig gilt auch das Prinzip der ewigen Ruhe. Das sind alles Konfliktsituationen, die wir lösen müssen.
Ohne die Bereitschaft zu Kompromissen, Verständnis und Toleranz lassen sich ethische und religiöse Grundkonflikte nicht lösen. Daher ist ein solches Gesetz nur eine Momentaufnahme
für diesen gesellschaftlichen Konsens. Dieser Grundkonsens ist nach unserer Einschätzung gegeben. Deshalb können wir diesem Gesetz auch zustimmen. Eine Weiterentwicklung und Anpassung wird sicherlich von Zeit zu Zeit vonnöten sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Franz. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Greilich von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es bei diesem Gesetz noch kürzer machen als bei dem Brand- und Katastrophenschutzgesetz, zumal ich mich in ganz wesentlichen Punkten teilweise auf den Kollegen Franz, vor allem aber auf den Kollegen Bauer beziehen kann. Beide haben hier schon sehr viel Richtiges zu diesem Gesetzentwurf gesagt.
Ich will nicht alles wiederholen, was sie gesagt haben. Ich will nur einen Punkt aufgreifen, der uns in der Tat beschäftigt hat, weil die Stellungnahmen in der Anhörung auch auf Problempunkte hingewiesen haben. Das ist die Frage der Beteiligung der niedergelassenen Ärzte bei der Leichenschau. Wir haben im Gesetzentwurf jetzt vorgesehen, dass jeder niedergelassene Arzt auf Verlangen zur Leichenschau verpflichtet ist. Dazu gab es durchaus kritische Stimmen in der Anhörung, auch mit teilweise sehr nachvollziehbaren Argumenten, wenn ich etwa an die Kassenärztliche Vereinigung oder an die Landesärztekammer denke.