Protocol of the Session on August 22, 2018

Nachdem wir gestern über neue Rahmenlehrpläne in der Bildungspolitik und über Schwerpunktsetzungen gesprochen haben, freue ich mich darüber, dass die Mengenlehre möglicherweise wiederkehrt. Schnittmengen kennt der eine oder andere vielleicht noch aus seiner Schullaufbahn. Ich sehe derartige Schnittmengen in den Vorstellungen der Wirtschaft nicht. Deren Forderungen stehen sich vielmehr diametral gegenüber.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben in einem Interview gesagt, Sie wollten das Land nicht schlechtreden. Genau das haben Sie aber eben gemacht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Nein, die Landesregierung! Das ist ein Unterschied!)

Damit tun Sie das Gleiche wie der ehemalige Bundesvorsitzende der SPD, Martin Schulz. Das Ergebnis kann jeder sehen. Ich sage Ihnen: Das geht völlig an der Realität vorbei. Es geht auch völlig an dem Empfinden der Menschen in unserem Land vorbei; denn die Menschen in unserem Land profitieren von der Politik dieser Landesregierung.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Nicht alle!)

Das kann man an wesentlichen Parametern festmachen. Nirgendwo verdienen die Menschen pro Kopf so viel wie im Land Hessen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Im Durchschnitt! – Zurufe von der SPD)

Nirgendwo ist die Bruttowertschöpfung höher als im Land Hessen. Kollegin Wissler, nirgendwo ist der Zuwachs an Arbeitsplätzen so groß wie im Lande Hessen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Im Niedriglohnsektor!)

Wenn ich mir an der Stelle eine Anmerkung erlauben darf: Wir reden heute nicht über die Asylpolitik, aber ich freue mich darüber – und hätte eigentlich erwartet, dass sich auch der Kollege Schäfer-Gümbel darüber freuen würde –, dass der Chef der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit erklärt hat, dass jeder dritte erwerbsfähige Flüchtling mittlerweile in Arbeit ist. Das ist ein tolles Ergebnis. Das hat etwas mit dem Asylkonvent zu tun, das hat etwas mit der Wirtschaft und mit der Asylpolitik dieser Landesregierung zu tun.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt komme ich zum Thema Geld. Haushaltspolitik ist ja nicht gerade das Lieblingsthema der Opposition. Wir sind mittlerweile bei 3,9 Milliarden €, die Ihre Forderungen kosten würden.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir werden darüber noch reden, und ich werde Ihnen jede einzelne Position vorrechnen, Herr Kollege Rudolph. – 3,9 Milliarden € kosten die Versprechen der SPD, die aus dem hessischen Landeshaushalt zusätzlich gezahlt werden müssten, der 30 Milliarden € umfasst.

(Marius Weiß (SPD): Falsch! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das ist nachweisbar, und darüber reden wir noch. Vielleicht erklären Sie uns aber in den Debatten der nächsten Tage, welche Ihrer Versprechen Sie zurückziehen. Dann wäre meine Aussage falsch. Da bin ich bei Ihnen. Davon habe ich aber noch nichts gehört.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Noch nie gab es so viel Geld für die Kommunen. Wir haben eine Perspektive – wir reden ja über die Zukunft – für den Zeitraum von 2012 bis 2022. In diesem Zeitraum wird sich der Kommunale Finanzausgleich von 3 Milliarden € auf 6 Milliarden € verdoppeln. 95 % der hessischen Kommunen haben ausgeglichene Haushalte. Wo, bitte schön, ist da ein Problem der Landespolitik? Wir haben die Kommunen ertüchtigt, damit sie stärker investieren können. Das werden sie ganz sicher auch tun.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben den Bereich Verkehr angesprochen. Sie haben versucht, eine Kampagne mit dem Titel „Stau in Hessen“ zu fahren. Selbstverständlich gibt es Staus. Wo es Baustellen gibt, gibt es auch Staus, Herr Kollege Rudolph. Das ist gar keine Frage.

(Zurufe von der SPD)

Aber Hessen ist das mit Abstand am dichtesten befahrene Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Das Verkehrsaufkommen auf unseren Fernstraßen liegt um 24 % über dem Bundesdurchschnitt. Beim Stauaufkommen stehen wir aber auf Platz 4 – hinter Flächenländern, die sehr viel weniger Verkehr haben. Ich finde, das ist ein Grund,

an Hessen Mobil ein Dankeschön für ein tolles Baustellenmanagement zu sagen. Dieses ist im Einzelfall zwar verbesserungsfähig, aber es wäre völlig ungerecht, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hessen Mobil vorzuwerfen, dass sie ihren Job nicht machen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Landesstraßenbau. Mit dem bis 2022 laufenden Programm investieren wir 420 Millionen € in 581 Maßnahmen. Wir haben damals die Bürgermeister und die Kommunen gefragt: Habt ihr noch Weiteres? – Der damalige Verkehrs- und Wirtschaftsminister hat alles getan, um mit diesem Programm aktuelle Notwendigkeiten und Bedarfe abzubilden, und alles abgearbeitet. Dass der eine oder andere kommt und über Sachen spricht, die nicht in Ordnung sind: Wer würde bestreiten, dass es Straßen gibt, die nach wie vor sanierungsfähig sind? Aber wir haben ja noch ein bisschen etwas vor, und wir würden gern die nächsten fünf Jahre daran arbeiten, dort weiterhin Schwerpunkte zu setzen. Da bin ich bei dem, was Sie eben erwähnt haben: Wir müssen erst einmal das ertüchtigen, was wir haben, und dürfen erst dann neu bauen. – Wir machen aber beides. Das können Sie am Bundesverkehrswegeplan und daran sehen, dass der Verkehrs- und Wirtschaftsminister und der Ministerpräsident dafür gesorgt haben, dass wir aus dem Bundesverkehrswegeplan statt bisher gut 7 % jetzt 12 % der Mittel bekommen. In Hessen geht es weiter nach vorne – auch und gerade, was den Bundesfernstraßenbau anbelangt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Wohnraum will ich heute nur so viel sagen. Das Thema ist und bleibt auf der Tagesordnung. Es bleibt aber dabei: Wir müssen die Kommunen dazu bewegen, die Flächen, die es bei ihnen gibt, zu erschließen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir haben allein im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main 2.300 ha, die im Flächennutzungsplan als Bauland ausgewiesen werden. Davon sind gerade einmal 12 % erschlossen. Das zeigt, wie viel Luft wir an der Stelle nach oben haben. Da heute auch Wahlkampf gemacht wird – Herr Kollege Schäfer-Gümbel, davon gehe ich nach Ihrer Rede jedenfalls aus –, will ich sehr deutlich sagen: Die CDU wird sich um genau diese Frage massiv kümmern, noch mehr als bisher, indem wir die Kommunen über den Kommunalen Finanzausgleich ertüchtigen und ermutigen, diese Flächen zu erschließen und zur Baureife zu bringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in der Frage der Digitalisierung mittlerweile gute Erfolge erzielt. Wir stehen hier bundesweit auf Platz 3. Ich stünde zwar lieber auf Platz 1, aber es gibt Länder, die uns einen Schritt voraus sind, in dem Fall Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein – nicht Bayern und BadenWürttemberg, wie manche vermuten würden. 90 % der gewerblichen Wirtschaft sind mit Download-Raten von 50 MBit/s an das digitale Netz angeschlossen. Wir sind mittlerweile auf einem guten Weg, eine flächendeckende Versorgung bei der Vernetzung zu erreichen. Außerdem werden wir, wie Sie in dieser Woche gehört haben, in der nächsten Legislaturperiode Geld in die Hand nehmen, um beim Mobilfunk auf eine Abdeckung von 100 % zu kom

men. Es gibt noch Lücken, nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch an einigen Ecken von Städten, wie Frankfurt und Wiesbaden. Wir werden dafür sorgen, diese Lücken zu schließen. Ich bin dem Wirtschaftsminister für diese Initiative dankbar. Das ist ein wichtiges Signal, auch und gerade für den ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit Blick auf die Uhr könnte ich Ihnen sagen, was wir für Start-up-Unternehmen tun. Das Land ist bei Mikrokrediten bis hin zu Venture-Capital und anderen Initiativen mit im Boot ist. Gerade das Thema Fintech hat uns immer wieder umgetrieben. Da gibt es in Berlin einen Hype. Das hat etwas mit dem Slogan des früheren regierenden Bürgermeisters zu tun: „arm, aber sexy“. – Manche finden „sexy“ wichtig und gründen ihr Unternehmen in Berlin. Wenn ich heute zu Fintechs nach Frankfurt fahre und von den Verantwortlichen höre, dass die ersten Unternehmen, die in Berlin gegründet wurden, auf dem Weg nach Frankfurt sind, weil dort die Musik spielt und man dort das Kapital für Wachstum findet, dann ist das, wie ich finde, ein gutes Zeichen. Das zeigt, wie attraktiv der Standort Hessen, allen voran das Rhein-Main-Gebiet, national wie international weiterhin ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rede aber nicht nur über Frankfurt, sondern über Hessen insgesamt. Jeder weiß, welche Bedeutung die Stadt Frankfurt und die Region für das gesamte Bundesland Hessen haben. Ich hätte mir eigentlich vorstellen können, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, dass auch Sie einmal ein paar gute Nachrichten liefern, dass Sie z. B. darüber reden, dass Darmstadt und Frankfurt – ich nenne diese beiden Städte beispielhaft – in jedem Ranking auf den ersten Plätzen zu finden sind.

Kollege Boddenberg, kommen Sie bitte zum Schluss.

Frau Präsidentin, das ist mein letzter Satz. – Dass „The Economist“ weltweit 240 Städte bewertet und Frankfurt auf Platz 12 gerankt hat, Frankfurt also die lebenswerteste Stadt der Bundesrepublik Deutschland ist und in Europa den dritten Platz einnimmt,

(Norbert Schmitt (SPD): Wegen Feldmann! – Weitere Zurufe von der SPD)

auch darüber sollten wir an einem solchen Tag einmal sprechen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Kollege Boddenberg, ich bin, wenn Sie zu Ihren letzten Sätzen kommen, immer schon etwas gewarnt. Aber es hielt sich noch in Grenzen. – Kollege SchäferGümbel, Sie haben das Wort zu einer Kurzintervention.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nach den ersten Bemerkungen des Kollegen Boddenberg gemeldet und will für mich festhalten, dass zwar Herr Boddenberg nicht Grigori Alexandrowitsch Potjomkin ist und Volker Bouffier auch nicht Katharina die Große, die Art und Weise aber, wie man mit Statistiken und Gutachten umgeht, offensichtlich mit der Art und Weise nah verwandt ist, wie man dort versucht hat, mit der Wirklichkeit umzugehen.

Ich will das anhand von drei Punkten in aller Kürze beschreiben. Erstens. Ja, Hessen befindet sich im Ranking unter den ersten drei Bundesländern. Das stimmt.

(Zuruf von der CDU: Das ist auch gut so!)

Aber das Gutachten besagt eindeutig, dass der Abstand zu Bayern und Baden-Württemberg in den letzten 19 Jahren deutlich gewachsen ist.

(Norbert Schmidt (SPD): Hört, hört!)

Das könnte man zumindest als ein kleines Alarmsignal werten und als einen Hinweis darauf, dass man die Hausaufgaben zu machen hat, über die ich geredet habe.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. In dem Gutachten wird ein Punkt erwähnt, den wir hier mehrfach vorgetragen haben, nämlich dass beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Einwohner eine schwierige Entwicklung festzustellen ist. Unter Rot-Grün war Hessen, was das Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Einwohner betrifft, immer unter den ersten drei Bundesländern. In den letzten Jahren liegt Hessen bestenfalls im Bundesdurchschnitt. Auch das könnte man als einen Hinweis darauf verstehen, dass man Hausaufgaben zu erledigen hat.