mit denjenigen unterhält, die das machen. Ich finde es schon eine Frechheit, wenn gesagt wird, man müsse jetzt die Bauland-Offensive der Nassauischen Heimstätte einsetzen, weil die kommunalen Stadtbauräte es ja nicht fertigbrächten – denen müsse man jetzt einmal erklären, wie man die Grundstücke hebe.
Zum einen kommt dabei zum Ausdruck, welches Misstrauen man den kommunalpolitisch Verantwortlichen entgegenbringt, aber auch, dass sich die Nassauische Heimstätte oder die Bauland-Offensive nur mit Grundstücken beschäftigen, die wir alle schon kennen, von denen wir alle wissen: Ja, die stehen theoretisch vielleicht fürs Bauen zur Verfügung, da gibt es aber Widerstände von Eigentümern oder Rahmenbedingungen, weshalb sie nicht zum Bauen genutzt werden können. Die Bauland-Offensive hat noch nicht ein einziges Projekt, hat noch keine Idee entwickelt,
wo vielleicht ein gesamter neuer Stadtteil entstehen könnte, wo ein neues Baugebiet entstehen könnte. Sie hat nicht eine einzige Idee, wo es ein neues Grundstück geben könnte, das wir nicht schon vorher kannten und das vielleicht eine Entschärfung im Wohnungsbau bringen könnte – nicht eine Idee.
Meine Damen und Herren, das ist Ihre Bilanz. Das müssen Sie sich einfach auf der Zunge zergehen lassen. Dazu gehört eben auch eine Zersplitterung der Kompetenzen: Kompetenzen, was die Landesentwicklung anbelangt – wir hatten gerade die Anhörung zum Landesentwicklungsplan; da wird das sehr deutlich –, das Auseinanderfallen von Kompetenzen bei der Bauordnung, bei der Städtebauförderung oder beim Wohnungsbau.
Die Forderung nach einem Bauministerium ist richtig, damit diese Kompetenzen wieder zusammengeführt werden, damit man das wieder einheitlich denkt und nicht aus der Sicht eines Umweltministeriums versucht, hier wirtschaftspolitisch, infrastrukturpolitisch Wohnungsbaupolitik zu betreiben. Das ist einfach ein Auseinanderfallen der Kompetenzen, und Ihre Bilanz ist ein Ergebnis davon.
Jetzt noch eine Replik auf die „bösen Privaten“, das ist jetzt ein paarmal angeklungen. Es ist richtig, dass eine Nassauische Heimstätte immer über Portfolios nachdenkt. Sie versucht wirklich immer, Wohnungen zu kaufen, zu bauen oder an den Markt zu bringen. Daran ist überhaupt nichts zu kritisieren.
Herr Boddenberg hat eben gesagt: Der Staat wird das nicht alleine stemmen können. – Wir werden die privaten Investoren brauchen, um die Probleme am Wohnungsmarkt anzugehen. Eines sollte man nicht vergessen: Es sind die privaten Vermieter, die den größten Teil des verfügbaren günstigen Wohnraums anbieten, und es sind vor allen Dingen die privaten Vermieter, die über Jahre auf Mieterhöhungen verzichten,
weil sie zufrieden sind, wenn sie einen guten Mieter haben, der pünktlich seine Miete zahlt, und ein vernünftiges Verhältnis mit ihm pflegen. Meine Damen und Herren, hier wird teilweise ein ganz falsches Bild von privaten Investoren gezeichnet.
Ich will zum Schluss noch Folgendes sagen. Wir haben einen Interessenkonflikt, wenn wir uns über den Wohnungsbau unterhalten. Da gibt es landwirtschaftliche Flächen, die verloren gehen; da gibt es Gewerbegebiete, die nicht mehr wachsen können oder gar nicht ausgewiesen werden können. Es gibt das Problem der Flächenversiegelung, das Problem der fehlenden Infrastruktur und das Problem der Abstandsregelungen. Man darf aber nicht ständig die Rahmenbedingungen nur deshalb verändern wollen, weil einem eine Abstandsregelung nicht passt. Das funktioniert nicht, Herr Wagner. Das gilt für die GRÜNEN aber auch an anderer Stelle.
Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir das Problem nur dann lösen werden, wenn wir neu bauen und bei den Interessenkonflikten, die es ohne Zweifel gibt, dem Wohnungsbau Priorität einräumen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will kurz den Blick in die Vergangenheit richten, weil der Fraktionsvorsitzende der SPD Dinge aus dieser Zeit zum Anker seiner Rede und des Antrags der SPD-Fraktion gemacht hat. Ich möchte darauf eingehen, welche Voraussagen zur Bevölkerungsentwicklung im letzten Jahrzehnt getroffen wurden. Ich verweise dabei auf den Abschlussbericht der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ aus dem Jahre 2007. In dieser Enquetekommission haben alle Fraktionen des Landtags mitgearbeitet. Es heißt in dem Bericht:
Wir werden weniger... Die hessische Bevölkerung wird entsprechend der Schätzung der mittleren Variante des Hessischen Statistischen Landesamts bis 2020 noch um etwa 32.000 Personen wachsen. Danach wird die Bevölkerung in Hessen bis 2050 um rund 600.000 Personen zurückgehen.
Das war die allgemein Prognose für Hessen, an der sich natürlich auch die Fraktionen in ihrer Politik orientiert haben. Die Handlungsempfehlung der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag zum Thema Wohnen lautete im Jahr 2007:
Nach dem Wissensstand von damals wurde auch die öffentliche Wohnungspolitik ausgerichtet. Die Zahl der eine Sozialwohnung suchenden Haushalte in Hessen war seit ihrem Höchststand im Jahre 1991 bis zum Jahr 2009 deutlich zurückgegangen. Am 1. November 2009 waren in Hessen noch etwa 41.000 solcher Haushalte registriert. Im Jahr 1991 waren es noch weit über 100.000 Haushalte gewesen. Das heißt, die Zahl der eine Sozialwohnung suchenden Menschen ist um fast 60 % gesunken.
Selbstverständlich hatte diese Entwicklung auch Auswirkungen auf die öffentliche Wohnungspolitik. Heute schlagen wir uns mit der auf diesen Voraussagen gründenden, fast völligen Einstellung der öffentlichen Wohnungsförderung und den daraus resultierenden Problemen herum.
Wir haben jetzt auch das Archiv des Landtags durchforstet. Aus dieser Zeit ist kein Antrag der SPD-Fraktion betreffend den Bau von mehr Sozialwohnungen bekannt. Deshalb gehört es, wie ich finde, zur Redlichkeit, dass man sagt: Wir alle haben uns darauf ausgerichtet, dass wir weniger sozial geförderten Wohnungsbau brauchen, aber diese Einschätzung hat sich inzwischen geändert.
Genau dasselbe Bild zeichnet sich ab, wenn man sich die Zahl der aus der Bindung fallenden Wohnungen anschaut. Diese Wohnungen sind nach dem Krieg ursprünglich deshalb gebaut worden, weil es einen großen Bevölkerungszuwachs gab. Deshalb sind damals Sozialwohnungen mit einer gewissen Bindungsfrist gebaut worden. Immer mehr dieser Wohnungen fallen jetzt aus der Sozialbindung. Man hat ab den Jahren 1995 bis 2000 nicht mehr nachgearbeitet, weil alle davon ausgegangen sind, dass wir weniger werden, dass es weniger Kinder und quasi keinen Zuzug geben wird.
In der Tat ist es so, dass in Hessen in den letzten zehn Jahren, zwischen 2007 und 2016, 26,9 % der Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen sind. Das ist bitter, keine Frage. Aber in Brandenburg waren es im gleichen Zeitraum 46 %, in Berlin ebenfalls deutlich mehr als in Hessen, nämlich 35 %, und auch im Land Nordrhein-Westfalen, der sogenannten Herzkammer der Sozialdemokratie, waren es in den Jahren zwischen 2006 und 2015 37 % der Sozialwohnungen. Wir haben bundesweit mit diesem Problem zu kämpfen.
Wir können uns gern weiter an den Statistiken entlanghangeln; denn Sie sind ja fixiert auf die Frage, wer wann was versäumt hat.
Wir haben in den letzten Jahren mit neuen Programmen nicht nur Belegungsrechte gesichert, sondern wir lagen ausweislich einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage – ich kann Ihnen die Drucksachennummer nachliefern – bereits im Jahre 2016 auf Platz 3 der Länder, die sozialen Wohnungsbau betreiben. Wir sind also gut unterwegs.
Bereits 2015 haben wir alle maßgeblichen Akteure am Wohnungsmarkt in Hessen in der Allianz für Wohnen an einen Tisch geholt. Ich halte ein solches breites Bündnis für richtig, nachdem der Beauftragte für das Wohnungswesen – er wurde nicht entlassen, Herr Lenders –
einen lukrativen Job in der Wohnungswirtschaft angenommen hat. Das gönne ich ihm, aber wir wollen auch in dieser Debatte schon bei der Wahrheit bleiben.
Die Allianz für Wohnen hat sich bewährt. Ich freue mich, dass dort Akteure wie Haus & Grund und der hessische Mieterbund konstruktiv zusammenarbeiten. Wir haben in der Allianz für Wohnen im Konsens viele neue Instrumente geschaffen, z. B. die Konzeptvergabe, den Leitfaden zur Innenentwicklung und auch die Bauland-Offensive.
Herr Lenders, selbstverständlich geht es bei der BaulandOffensive darum, die Kommunen zu unterstützen, die keine schlagkräftigen Bauverwaltungen haben. Das sind in der Regel kleine Kommunen. Die haben nicht die nötige Schlagkraft. Das ist ganz einfach so. Bei der Bauland-Offensive sind 50 Anfragen eingegangen – das kommt ja nicht von ungefähr –, und fünf Machbarkeitsstudien sind schon fertig.
(Jürgen Lenders (FDP): Frau Hinz, das Problem besteht doch nicht auf dem Land! In Eschwege haben wir das Problem nicht!)
Weitere werden demnächst fertig werden. Ich bin mir sicher, dass die Kommunen dann gesicherte Grundlagenentscheidungen über die Bebauung der Grundstücke in schwierigen Lagen treffen können, die die Bauland-Offensive in den Machbarkeitsstudien benannt hat: wie diese Grundstücke an die Stadtentwicklungsverbände gebracht werden können bzw. welche privaten Investoren und Entwickler die Bebauung vornehmen können; denn wir sind da keine Konkurrenz für die Privaten. Meine Damen und Herren, das will ich ausdrücklich sagen.
Die Nassauische Heimstätte ist unser wichtigstes Instrument für die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum. Als große Wohnungsbaugesellschaft ist sie mit einem landesweiten Mietpreis von 5,71 € pro Quadratmeter unschlagbar.