Zweitens. Ich merke seit Wochen, dass Sie es darauf anlegen, zu versuchen, unsere Formulierung, dass man zum Bauen auch Baumaterialien braucht und nicht nur darüber reden sollte, und dass das übersetzt wird mit „Bauen, Bauen, Bauen“, wie es Herr Boddenberg heute zugespitzt hat, in eine in der Tat völlig verkorkste Städtebauentwicklungspolitik der Sechziger- und Siebzigerjahre zu übersetzen. Das ist nicht in Ordnung. Sie wissen, dass wir in den vergangenen Jahren bei Fragen der sozialen Stadterneuerung engstens zusammengearbeitet haben. Ich will darauf verweisen. Ich hätte mir gewünscht, dass das beispielsweise beim Verkauf der Hegemag-Wohnungsbaubestände aus dem Darmstädter Bauverein nicht an einen privaten Investor gegangen wäre. Die damalige grün-schwarze Mehrheit unter Führung meines sehr geschätzten Kollegen Jochen Partsch war aber nicht bereit, mit dem öffentlichen Wohnungseigentümer Stadt Gießen darüber ernsthaft zu verhandeln.
Drittens. Sie haben sich ebenfalls gelobt für die Konzeption beim Verkauf des Polizeipräsidiums. Zur Frage der allgemeinen Wohnungsbaumittel und zu dem, was Sie in diesem Zusammenhang leisten, hat der Kollege Schmitt gestern und heute schon die Luft herausgelassen.
Ich möchte nur einen einzigen Punkt ergänzen. Ich würde all Ihre Bemerkungen sehr ernst nehmen und auch wertschätzend aufnehmen, wenn es nicht einen ganz kleinen Umstand gäbe, dass Sie nämlich beim Verkauf der Fläche auf eine Bauauflage verzichtet haben, um genau das zu erreichen, wovon Sie gesprochen haben. Das ist der Lackmustest, ob man es ernst meint oder nur Sonntagsreden hält.
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich habe ausdrücklich auf diesen wohnungsbaupolitischen Streit zwischen der Stadt Frankfurt und dem Land verzichtet, weil ich glaube, dass das keine Mieterin und keinen Mieter interessiert. Das interessiert einfach niemanden.
Im Ergebnis haben wir beim Verkauf des Polizeipräsidiums Frankfurt das realisiert, was die Stadt Frankfurt mit der Mehrheit aus CDU, SPD und GRÜNEN gewollt hat. Wir sind dabei nicht stehen geblieben, sondern wir nutzen die Verkaufserlöse, um noch einmal deutlich mehr für den Wohnungsbau zu machen.
Das ist ein besseres Ergebnis, als es jemals zuvor von irgendwem gefordert worden ist. Können wir uns wenigstens darauf einigen?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Thors- ten Schäfer-Gümbel (SPD))
Die Sorge, dass Ihre Politik aus Glas, Beton und Stahl wieder in die Fehler der Siebzigerjahre führt, ist aus meiner Sicht nicht unbegründet.
Wenn ich lese, dass von Sozialdemokraten mit Blick auf das neue Frankfurter Baugebiet eine Debatte darüber geführt wird, ob die Mindestabstandsflächen zu Hochspannungstrassen eingehalten werden müssen oder nicht, dann erinnert mich das fatal an die Siebzigerjahre, als „Bauen, Bauen, Bauen“ über alles ging und man sich nicht mehr an Standards gehalten hat.
Die Debatte wird komplett bigott, Herr Schäfer-Gümbel, wenn auf einmal Sozialdemokraten diese Abstandsflächen zu Hochspannungsleitungen kritisieren und den Eindruck erwecken wollen, dadurch solle irgendetwas verhindert werden – nachdem Ihre Fraktion es war, die mit Drucks. 19/967 genau diesen Mindestabstand von Hochspannungsleitungen zu Wohnbebauungen gefordert hat.
Dann müssen Sie sich schon fragen lassen, ob Ihre Politik aus Glas, Beton und Stahl wirklich durchdacht ist
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja! Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir nacharbeiten müssen! So ist das, Herr Wagner!)
oder ob es hier nur darum geht, irgendwelche Nummern aufzuführen. Herr Schäfer-Gümbel, das müssen Sie sich dann schon fragen lassen.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie müssen nicht nur Fragen stellen, sondern auch mal die Antworten zur Kenntnis nehmen!)
Es geht vielmehr um den sozialen Zusammenhalt von Quartieren. Es geht um die ökologische Entwicklung eines Quartiers. Es geht auch darum, dass wir die Kriterien für den Gesundheitsschutz von Menschen einhalten – Kriterien, die wir eigentlich alle für richtig halten, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Es ist ein Grundbedürfnis der Menschen, die für sich entscheiden, wie sie wohnen und wo sie wohnen.
Wohnen ist Ausdruck von Persönlichkeit und unterliegt in den verschiedenen Lebensphasen auch Veränderungen.
Viele Menschen in Hessen können nicht mehr frei entscheiden und haben nicht mehr die Chance, ihre Persönlichkeit beim Wohnen zu entfalten, weil sie einen viel zu großen Teil ihres Einkommens dafür aufwenden müssen und abzuwägen haben, wie sie das mit anderen Bedürfnissen in Einklang bringen.
Meine Damen und Herren, wir haben hier eine Bilanz der Landesregierung vorgelegt bekommen. Das ist jetzt die x-te Debatte zum Wohnungsbau.
Ich habe gestern gesagt, dass die Zahl der Baugenehmigungen in den ersten zwei Monaten dieses Jahres zurückgegangen sei. Ich gebe gerne zu: Das hatte ich aus einer Pressemitteilung; da müssten manche Journalisten vielleicht ihre Recherchen überprüfen. Ich will das gerne richtigstellen: Wir haben es in den ersten vier Monaten des Jahres 2018 tatsächlich geschafft, 300 Wohnungen mehr als im Vergleichszeitraum 2017 zu bauen. Das ist jetzt die große Erfolgsbilanz. Okay, die Zahl der Baugenehmigungen geht nicht zurück, es waren 300 Baugenehmigungen mehr – einverstanden. So viel zur Redlichkeit.
Aber dass die Landesregierung mittlerweile verlorene Zuschüsse zahlt, damit überhaupt noch irgendjemand in den Wohnungsbau investiert, und dass bei der Nassauischen Heimstätte jetzt die Mietpreisbremse eingeführt wird, ist nichts anderes als ein Offenbarungseid der Wohnungsbaupolitik dieser CDU-geführten Landesregierung. Das ist ein Offenbarungseid.
die ich inhaltlich in vielen Punkten teilen kann. Wenn ich mir aber ansehe – – Herr Boddenberg und Herr Wagner hören mir bestimmt gleich wieder zu. – Das, was Sie gesagt haben, entspricht eben überhaupt nicht dem, was Sie an Bilanz vorzuweisen haben.
De facto ist es so, dass zu wenige Wohnungen neu entstehen. Alle Instrumente, die Sie angewandt haben, greifen nicht. Aber statt sich einmal mit der Frage auseinanderzusetzen, woran das liegt, schieben Sie eigentlich immer nur eine Antwort hinterher: Wir geben noch mehr Geld in die Förderung.
Sie haben es eben ja wunderbar beschrieben. Das wird so nicht funktionieren. Nur wenn wir die Angebotsmenge an Wohnungen wieder einmal über die Nachfrage bringen, dann haben wir vielleicht eine Chance, dass die Mieten tatsächlich wieder sinken könnten.
Nur wenn wir beim Bauen die Entstehung von Neubauten nicht permanent verteuern – und da spielt Politik eine riesengroße Rolle –, nur dann wird es gelingen, dass die Mieten nicht permanent steigen. Es wäre doch vielleicht klug, wieder einmal zu den Grundprinzipien der Marktwirtschaft zurückzukehren und nicht permanent staatswirtschaftlichen Ansätzen hinterherzulaufen.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat in einer Pressekonferenz, die wohl aus einer Veranstaltung des Hessentags resultierte, die Mietpreisbremse bei der Nassauischen Heimstätte verkündet und hat auch gesagt, dass die Landesregierung mit dem Wohnungsbaukoordinator den richtigen Schritt getan habe.
Ich will nicht sagen, dass das der Weisheit letzter Schluss war. Aber dass der Wohnungsbaukoordinator gerade von seiner Landesregierung entlassen worden ist und dass es niemanden mehr gibt, der diese Stelle besetzt, das hätte der Ministerpräsident schon wissen sollen.
Dafür ist er Chef im Land. Dass das alles mit der Bilanz dieser Landesregierung beim Wohnungsbau nichts zu tun haben soll, können Sie niemandem mehr erklären.
Zur Bauland-Offensive, die jetzt sozusagen als Ersatz herhalten soll: Frau Staatsministerin, Sie haben als Erstes die Allianz für Wohnen ins Leben gerufen. Da hat man erst einmal getagt. Dann hat es die Bauland-Offensive gegeben. Die Bauland-Offensive bei der Nassauischen Heimstätte hat sich eineinhalb Jahre lang damit beschäftigt, wer welche Aufgaben hat, wie die Gesellschaftsform aussieht, wer dann an welcher Gesellschaft beteiligt ist, wie man die Rechtsform richtig ausgestaltet und was man den Kommunen dann eventuell für ein Angebot machen kann. Darüber sind mittlerweile viereinhalb Jahre vergangen, ohne dass irgendein Baugrundstück geschaffen worden wäre. Das ist Ihre Bilanz.