Aber noch einmal: Wir haben bei der Erstellung des zweiten Hessischen Landessozialberichts nach der Vorgabe des Landtagsbeschlusses alle relevanten Bereiche und Ebenen einbezogen und untersucht. Klar und unbestritten ist auch – damit will ich schließen –: Je früher wir in der Erziehung mit Bildung anfangen können – das ist auch ein Befund aus dem Hessischen Landessozialbericht –, je früher wir also Bildungsangebote machen, desto besser ist es. Damit sind wir jetzt ganz klar im Elementarbereich angekommen.
Ja, wir führen die qualifizierte Schulvorbereitung im Rahmen unseres Bildungs- und Erziehungsplans fort, wir stärken die Übergänge von der Kindertagesstätte in die Grundschule, und wir stärken die Arbeit der Tandems, weil es ein wesentlicher Bestandteil ist, wenn es darum geht, Bildungschancen so früh wie möglich zu stärken. Wir werden an dieser Stelle nicht in unseren Bemühungen nachlassen, wir brauchen allerdings die Schulen und die Kindertagesstätten dazu. Wir dürfen – das will ich zum Schluss sagen – auch die Eltern nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie müssen ein gehöriges Maß dazu beitragen, dass die Bildungschancen ihrer Kinder gewahrt bleiben.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.
Wir überweisen den Antrag Drucks. 19/6415, den Antrag Drucks. 19/6287 und den Dringlichen Entschließungsantrag Drucks. 19/6478 an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur vollständigen Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen – Drucks. 19/6410 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt 7,5 Minuten je Fraktion. Als erster Redner spricht Kollege Rudolph von der SPDFraktion. Bitte schön, Herr Kollege Rudolph.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge; denn wir wollen, dass die Hauseigentümer nicht finanziell überfordert werden und an ihre persönlichen und finanziellen Grenzen geraten. Deswegen besteht Handlungsbedarf.
Gestern hatten wir in der Sitzung des Innenausschusses eine interessante Vorbereitung der dritten Lesung. Das sogenannte Maßnahmenpaket, das drei Fraktionen in diesem Haus beschlossen haben – nämlich der Fünf-PunktePlan –, soll die Bürgerinnen und Bürger entlasten und den Kommunen helfen.
Da heute Bürgerinnen und Bürger und auch Schülerinnen und Schüler da sind, will ich erläutern, um was es geht: Wenn Straßen – hier geht es um Straßen, die sich in der Zuständigkeit einer Kommune befinden; Gemeindestraßen – marode sind, müssen diese irgendwann saniert werden. Irgendjemand muss das auch bezahlen.
Herr Boddenberg, sehen Sie, auch Sie sind dieser Meinung. Das finde ich gut. Das ist doch schon einmal eine Basis für eine gemeinsame Diskussion.
Für übergeordnete Straßen – Landes-, Bundes- und Kreisstraßen – müssen Anwohner nichts zahlen. Für sogenannte Gemeindestraßen kann ein Beitrag je nach Qualität bis zu 75 % der Ausbaukosten betragen. Dabei reden wir nicht von Beträgen in Höhe von 3,50 € oder von „Peanuts“ und „Promille“, wie es der eine oder andere Redner der Koalition gerne tut. Es kann nämlich zu Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern im fünfstelligen Bereich kommen. Das können 10.000 €, 20.000 € oder 30.000 € sein. Wir haben aber auch Fälle, in denen die Anliegerbeiträge über 100.000 € betragen. Das kann in der Tat existenzbedrohend sein. Deswegen besteht Handlungsbedarf, und deswegen reden wir heute im Hessischen Landtag darüber.
Jetzt sagen insbesondere die Vertreter von CDU und GRÜNEN: Eine Gemeindestraße gehört in die Zuständigkeit der Gemeinde. – So weit, so gut. Das gilt übrigens auch für Kindergärten. Auch dafür ist eine Kommune zuständig. Trotzdem macht das Land ordentliche Vorgaben und gibt Geld – zwar nicht ausreichend, aber immerhin.
Jetzt haben die Koalition und die FDP ein Maßnahmenpaket beschlossen. Eine Sollbestimmung wird in eine Kannbestimmung umgewandelt. Defizitäre Kommunen sind – angeblich – frei in ihrer Entscheidung. Die Kommune soll bei der Einführung von wiederkehrenden Beiträgen unterstützt werden. Es gibt einen Zuschuss für die Ermittlung dieser Beiträge, und es gibt etwas niedrigere Zinsen.
Was landet davon bei den Bürgerinnen und Bürgern? Was sagen Sie einem älteren Ehepaar, das in einem Einfamilienhaus wohnt und eine Rechnung über 30.000 € bekommt? Sie sagen: Sie haben statt fünf Jahren nun 20 Jahre Zeit, um die Ratenzahlung in Höhe von 30.000 € zu begleichen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist im Grundsatz gar nichts. Damit helfen wir Bürgerinnen und Bürgern, die betroffen sind, nicht. Deswegen ist das der falsche Ansatz.
Im Übrigen haben wir in Hessen einen großen Sanierungsbedarf. Gerade Kommunen haben viele Sanierungsmaßnahmen hinausgezögert, weil die Finanzmittel im letzten Jahr nicht ausgereicht haben. Deswegen wird in den nächsten Jahren ein verstärkter Ausbau erfolgen. Die Kommunen müssen natürlich das Geld bekommen, um die Straßen zu sanieren.
Wir bieten eine Alternative zu Ihrem sogenannten Maßnahmenpaket. Wir wollen, dass die Straßenausbaubeiträge tatsächlich abgeschafft werden. Wir wollen dafür aber den Kommunen auch den notwendigen finanziellen Ausgleich gewähren; denn eine Straße, die kaputt ist, muss instand gesetzt werden. Das ist notwendig. Deswegen sagen wir: Auch dafür ist ein Land verantwortlich. Wir wollen die Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger; denn der eine wohnt an einer Kreisstraße und zahlt für den Ausbau nichts, und der andere wohnt an einer Gemeindestraße und soll einen fünfstelligen Betrag bezahlen. Das ist ungerecht. Das will die SPD mit diesem Gesetzentwurf ändern. Das kostet Geld.
Der Innenminister hat ausrechnen lassen, dass es knapp 40 Millionen € sind, allerdings ohne die beiden großen Städte Frankfurt und Wiesbaden. Nach unserem Vorschlag soll das Land den Kommunen rund 60 Millionen € ab dem Jahr 2019 zur Verfügung stellen. Wir haben einen Schlüssel benutzt, der sich an dem sogenannten Schlaglochprogramm orientiert. Das hat die Landesregierung schon einmal so gemacht.
Da diese Landesregierung ja alles richtig macht, kann ein übernommener Wahlvorschlag auch gar nicht falsch sein. Ich habe das zwar anders gehört, aber gut, das ist geschenkt.
Deswegen orientiert sich das daran, dass wir sagen: Die Einwohnerzahl ist einerseits maßgebend; andererseits muss die Besonderheit des ländlichen Raums, also große Fläche und wenige Einwohner, durch einen Flächenansatz, nämlich in Kilometern, Berücksichtigung finden.
Meine Damen und Herren, das ist ein sinnvoller Vorschlag. Wir haben in diesem Plenarsaal eine sechsstündige Anhörung durchgeführt; und viele Vertreter von Bürgerinitiativen waren da. Wir wissen, dass die Kommunalen Spitzenverbände dies anders sehen als die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, aber auch anders als die Bürgermeister. Wenn hier von CDU und GRÜNEN gesagt wird, es gebe keinen Handlungsbedarf, lese ich Ihnen einmal ein paar Bürgerinitiativen vor, die es in Hessen gibt und die sich mit dem Thema Straßenausbaubeiträge befassen. Das ist in Linden, Nentershausen, Hohenroda, Haunetal, Niederaula, Mörfelden-Walldorf, Aßlar, Frohnhausen, Hanau, Bad Hersfeld, Fuldatal, Maintal, Eichenzell, Battenberg, Lautertal, Wetzlar, Bad Sooden-Allendorf, Rotenburg an der Fulda, Lorsch, Hüttenberg, Gießen, Echzell, Geisenheim, Naumburg und in Lohfelden.
Meine Damen und Herren, das ist ein landesweites Problem. Deswegen besteht Handlungsbedarf, und zwar nicht, wie Sie es sagen, im Promillebereich.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie das Telefonbuch auch noch vorlesen?)
Es geht darum, dass viele Bürgerinnen und Bürger Sorge haben, wie sie solche Beiträge bezahlen können. Deswegen besteht Handlungsbedarf. Wir machen einen Finanzierungsvorschlag. Genau wie Sie wollen wir dafür Steuergelder bereitstellen. Wenn Sie sagen: „Wir finanzieren das Versorgungssicherungsgesetz, die Bezahlung der Beamten, also 40 Millionen € jährlich, ab 2019 aus Rücklagen des Landes“, dann ist es genauso legitim und folgerichtig, die Rücklagen auch für die Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern zu verwenden. Das ist genau der gleiche seriöse Finanzierungsvorschlag.
Herr Boddenberg, Sie, die im Jahr 1999 die Regierungsverantwortung für dieses Land mit einem Schuldenstand von 20 Milliarden € übernommen haben – heute liegt er bei 43 Milliarden € –, müssen uns über seriöse Finanzen einmal gar nichts erzählen. Im Jahr 1999 waren es 20 Milliarden €; heute sind es 43 Milliarden €.
(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Kein einziges Argument bleibt übrig bei der SPD! – Anhaltende Zurufe von der CDU)
Mein Vorteil ist: Ich kann lauter, und ich habe das Mikrofon. – Noch einmal für Sie zum Mitschreiben: 20 Milliarden € im Jahr 1999 an Schulden; heute sind es 43 Milliarden €.
Deswegen, meine Damen und Herren: Man kann die Realität ignorieren wie Schwarz-Grün; aber wir nehmen die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger ernst. Die vielen Bürgerinitiativen, die vielen Resolutionen in Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen zeigen, dass hier Handlungsbedarf besteht. Deswegen bringen wir diesen Gesetzentwurf ein. Er bietet eine Alternative. Wir wollen keine halben Sachen. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich entlasten, und zwar nachzählbar und messbar in Euro. Deswegen ist es ein guter Gesetzentwurf, der jetzt in die parlamentarische Beratung geht. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Bauer von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den 423 hessischen Kommunen haben 80 % Straßenbeitragssatzungen in Form von Einmalbeiträgen, 10 % erheben wiederkehrende Straßenbeiträge, und rund 10 % der Kommunen kommen derzeit noch ohne eine Straßenbeitragssatzung aus. Das ist die Realität; und die allermeisten Kommunen fahren schon seit vielen Jahrzehnten sehr gut mit diesen gewählten Lösungen.
Meine Damen und Herren, „Eigentum verpflichtet“ bekanntlich; und deshalb muss der Bund für sein Eigentum sorgen; das Land muss für sein Eigentum sorgen; und die Kommunen müssen dafür sorgen, dass ihr Eigentum in Schuss bleibt, erhalten bleibt und wertsteigernd dargestellt wird.
„Eigentum verpflichtet“, meine Damen und Herren. Es ist eine ureigene Aufgabe der Kommunen, für ihr kommunales Eigentum Sorge zu tragen und die entsprechende Werthaltigkeit sicherzustellen. Jetzt soll nach SPD-Manier ein vermeintliches Problem gelöst werden, das sich in die Liste der Versprechungen nahtlos einreiht.