Nein, Sie haben ja keinen Mitgliederentscheid gemacht, Herr Greilich, das hat ja die SPD gemacht. Sie haben Jamaika mitgemacht bzw. verhindert, das hat Ihnen Kollege Bocklet schon gesagt.
Ich finde es nur spannend, dass man hier im Hessischen Landtag eine Regelung beklagt, der man auf Bundesebene zugestimmt hat und der wahrscheinlich zwei Drittel aus dieser Fraktion bei dem entsprechenden Mitgliederentscheid auch zugestimmt haben.
Deswegen ist das, was in dem FDP-Antrag steht, an einer Stelle eindeutig richtig: Wir werden im Jahr 2030 einen erheblichen Fachkräftemangel in Hessen haben.
Was auch wieder erstaunlich ist: Wenn man den Fachkräftemangel differenziert betrachtet, werden auch an dieser Stelle wieder zwei Drittel – irgendwie verfolgen uns diese 66 % – der Berufe, die wir bei den Facharbeitern brauchen, im Bereich der dualen Berufsausbildung sein und nur ein Drittel bei den Akademikern. Also nach wie vor ein deutliches Plädoyer für die duale Berufsausbildung. Man darf an keiner Stelle vernachlässigen, das immer wieder zu sagen.
Deswegen sage ich an dieser Stelle: Ja, wir haben eine ganze Reihe von Arbeitsmarktintegrationsinitiativen in Hessen ergriffen. Ich will nur einmal zwei nennen, damit man einfach weiß, worüber wir heute, im Jahr 2018, diskutieren und was wir bereits auf den Weg gebracht haben. Im Februar 2016 hat der Asylkonvent – im Übrigen eine einmalige Einrichtung in Deutschland, das gibt es nur in Hessen – die Initiative „Gemeinsam aktiv für die Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt“ beschlossen. 13 Partner haben diese Initiative unterschrieben, und wir sind sehr erfolgreich auf diesem Weg. Genauso erfolgreich sind wir mit dem Programm „Wirtschaft integriert“ auf dem Weg, und wir bauen es sukzessive aus, beispielsweise mit „Pflege integriert“, mit vielen Punkten, mit denen wir versuchen, die festgestellten Mängel im Bereich der Facharbeiterschaft zu beheben.
Natürlich haben wir an dieser Stelle eine sehr spezifische Beschäftigung auch mit Einwanderung, seitdem eine große Zahl von Zuflucht suchenden Menschen zu uns gekommen ist. Deswegen haben wir uns auch dafür eingesetzt, auf bundesgesetzlicher Ebene einiges auf den Weg zu bringen. Nur haben wir es nicht Einwanderungsgesetz genannt, sondern Integrationsgesetz. Das ist nur viel zu kurz gekommen. Im Rahmen dieses Integrationsgesetzes gibt es eine ganze Reihe von Änderungen, z. B. im Aufenthaltsrecht, im Asylgesetz, im Asylbewerberleistungsgesetz, in den Sozialgesetzbüchern II, III und XII und im AZR-Gesetz.
Hierzu gehören beispielsweise auch Maßnahmen, die wir in Hessen eingeführt haben: das Aussetzen der Vorrangprüfung, die Erleichterungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber „mit guter Bleibeperspektive“, bzw. „bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist“, wie es in den Gesetzen formuliert ist. Zudem können sie bereits nach drei Monaten Aufenthalt bei Bedarf ausbildungsbegleitende Hilfen in Anspruch nehmen oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilnehmen. Positiv hervorzuheben ist außerdem die Einführung der sogenannten 3+2-Regelung, die wir auf den Weg gebracht haben. Im Aufenthaltsgesetz ist die Abschaffung von bisher vier Arten von Aufenthaltsgenehmigungen zugunsten von zwei Aufenthaltstiteln vorgenommen worden, nämlich die Niederlassungserlaubnis und die Aufenthaltserlaubnis. Wir haben die Einführung von Integrationskursen und deren Besuch als verpflichtend deklariert. Wir haben eine gesetzliche Grundlage zur Einführung von Härtefallkommissionen auf Länderebene geschaffen, und Arbeitserlaubnisse werden jetzt von der Ausländerbehörde – unter Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit – erteilt.
Wir haben also eine ganze Reihe von Maßnahmen, die in der Zwischenzeit schon umgesetzt worden sind. Insofern
sind wir an diesem Punkt schon längst unterwegs. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen – das wiederhole ich jetzt nicht – durch die Stabsstelle Fachkräftesicherung und auch insgesamt, es sind weitaus mehr als 100 in Hessen, umgesetzt, um einem in der Tat drohenden Fachkräftemangel vorbeugen zu können. Ein Einwanderungsgesetz hilft an dieser Stelle nicht.
Danke, Herr Staatsminister Grüttner. – Für die FDP-Fraktion meldet sich gerade noch einmal Herr Rock.
Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt hätte mich der Herr Minister fast ausgetrickst, weil er nur so kurz geredet und sich Redezeit aufgespart hat,
dass ich fast nicht mehr den Zettel hätte abgeben können. Hier wird mit allen Mitteln gearbeitet, aber zum Glück bin ich ja noch gut zu Fuß.
Ich will noch einmal etwas mit ein, zwei Themen verdeutlichen. Ich habe nicht davon gesprochen, dass wir 200 Migranten in den Arbeitsmarkt integriert hätten. Ich habe auch nicht davon gesprochen, dass man 450 Spanier angeworben hätte, sondern ich spreche davon, dass uns in gut zehn Jahren 400.000 bis 500.000 Arbeitskräfte fehlen werden, die wir brauchen, um das Sozialsystem in Gang zu halten, um unsere alten Menschen zu pflegen, die wir für alle wichtigen Aufgaben in unserem Land brauchen.
Sie verstehen die Dimension der Herausforderung einfach nicht. Uns bleiben dafür zwölf Jahre, was in der Politik so gut wie gar nichts ist.
Jetzt komme ich zu meinem Freund, Herrn Abg. Bocklet. Lieber Herr Bocklet, ich verstehe ja, dass Sie so herumgeschrien haben. Ich verstehe das total, weil Sie mit dem Geschrei von dem eigentlichen Thema ablenken wollten. Ich will es Ihnen noch einmal anhand der Überschriften der beiden Anträge verdeutlichen, die wir vorliegen haben – den der FDP und den von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU.
Der Unterschied ist: Wir sagen, wir wollen ein Einwanderungsgesetz. Und Sie sagen in Ihrem Antrag „betreffend Fachkräftesicherung … setzt auf Aus- und Weiterbildung, spricht weitere Zielgruppen an und öffnet den Ausbildungsmarkt für Zugewanderte“, also diejenigen, die schon da sind. Sie wollen keine neue Zuwanderung. Dass Sie hier so herumschreien, um darüber hinwegzugehen, dass Sie sich in dieser Koalition bei diesem Punkt komplett der CDU untergeordnet haben und nicht einmal mehr in der Lage sind, sich hier als Abgeordnete frei zu äußern, dass Sie in der Koalition leider gezwungen sind, ein Zuwanderungsgesetz nicht unterstützen zu können, es aber in der Sache für richtig halten – dass Sie nicht einmal mehr das hinbekommen, ist ein Rückschritt für Ihre Fraktion.
Früher stand in den Anträgen, man sei sich nicht einig. Jetzt geben Sie einfach auf und lassen die CDU die Sache bestimmen. So werden Sie in Hessen sicherlich nichts voranbringen. So werden Sie nicht erfolgreich sein, und so werden Sie leider – auch Sie persönlich, glaube ich – sehr weit hinter dem bleiben, was Sie können, wofür Sie stehen und wofür Sie auch argumentieren.
Das ist doch an Ihrem Anspruch längst vorbei. Und diese Nebelkerzen, die Sie hier zünden: Sie wissen genau, dass die Freien Demokraten im Bundestag schon immer für dieses Einwanderungsrecht stehen. Natürlich wissen Sie auch, dass in der Koalition im Bundesrat ein anderes Abstimmungsverhalten besteht, und das ist in Koalitionsverträgen festgelegt. Es ist doch kindisch, sich so hierhin zu stellen. Wir als Freie Demokraten standen schon immer für eine geordnete Zuwanderung.
Das sind doch nur Nebelkerzen. Ich versuche es noch einmal: Liebe Fraktion der LINKEN, die Demografie ist in allen europäischen Nachbarländern genauso ausgeprägt wie bei uns. Wir können den demografisch indizierten Fachkräftemangel nicht durch unsere Nachbarländer ausgleichen. Denn wer pflegt dann, bitte schön, in Polen die alten Leute, wenn die alle bei uns sind? Die haben das gleiche Problem wie wir, und die haben es auch in dieser Dimension. Wir sind auf eine organisierte Zuwanderung in unseren Arbeitsmarkt zwingend angewiesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, warum rede ich eigentlich so viel von den GRÜNEN? Das Problem sind doch Sie.
Die GRÜNEN haben es netterweise fertiggebracht, durch ihr Geschrei davon abzulenken, dass Sie das Problem sind. Sie sind seit 20 Jahren das Problem – nicht FDP und GRÜNE sind das Problem, sondern Sie.
Sie schaffen es mit Ihrer Beharrlichkeit immer und immer und immer wieder, das Thema Zuwanderungsgesetz in unserem Land aufzuhalten.
Während der Flüchtlingskrise hat doch Frau Merkel und haben auch Sie gesagt, das wäre doch alles gar nicht so schlecht. Dann tun Sie es doch mal in Berlin. Denn wir glauben nicht, dass Sie in der Großen Koalition tatsächlich willens sind, ein einigermaßen vernünftiges Zuwanderungs- und Einwanderungsgesetz für den Arbeitsmarkt zu beschließen. Darum glauben wir, dass die Länder nicht warten können, sondern wir haben die Probleme, und darum müssen wir auch im Bundesrat dazu beitragen, dass diese Probleme gelöst werden. – Danke.
Herr Präsident, ich habe mich noch einmal melden müssen, weil ich weiß, dass der Kollege Zwischenfragen nicht zulässt. Deswegen habe ich mich gleich zu Wort gemeldet.
Herr Kollege Rock, ich bitte Sie, mir im Folgenden doch einmal zu erklären, warum Sie im Jahr 2003 im Bundesrat gegen das Zuwanderungsgesetz gestimmt haben, das SPD und GRÜNE eingebracht haben. Das ist genau 15 Jahre her.
Ich muss nicht brüllen. Sie wollen nicht, dass ich brülle. Dann schweigen Sie, und ich kann leiser reden. – Die FDP hat vor 15 Jahren die Möglichkeit verstreichen lassen, dass es ein Zuwanderungsgesetz gibt. Herr Rock, Sie teilen meine Ansicht? – Offensichtlich versuchen Sie, es zu ignorieren. Ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten.
Vor Ihnen steht ein Vertreter einer Partei – ich bin über 30 Jahre in dieser Partei –, die schon sehr früh und gegen alle Widerstände für ein Einwanderungsgesetz geworben hat. Das lasse ich Ihnen alles zukommen. Sie haben nachweislich 2003 im Bundesrat dagegen gestimmt und damit ein Einwanderungsgesetz verhindert. Das ist die FDP-Position 2003 gewesen.
Herr Lenders, Sie schauen so kritisch. Ich wollte es Ihnen einfach nur erklären. Das habe ich Ihnen erklärt. Zweitens habe ich Ihnen zu erklären versucht, dass Sie in dieser Landesregierung in den letzten Jahrzehnten zweimal vertreten waren.
Ich habe Sie gebeten, uns für das Protokoll Ihre Initiativen für ein Zuwanderungsgesetz nachzureichen. Ich habe es durch ein Kopfnicken so verstanden, dass Sie es mir zukommen lassen wollten, wie Sie, als Sie regiert haben, noch mit Herrn Rentsch, Frau Beer und davor mit JörgUwe Hahn, Ihre Initiativen für ein Zuwanderungsgesetz vorangetrieben haben.
Ich erwähne das deshalb, weil ich glaube, dass Ihnen in diesem Punkt die Glaubwürdigkeit fehlt, weil Sie jahrzehntelang die Entwicklung in dieser Frage verschlafen haben.
Der Punkt ist, dass Sie jetzt zu denen überwechseln, die das wollen. Das begrüße ich; denn wir brauchen jede Kämpferin und jeden Kämpfer in diesem Lande, die die Notwendigkeit sehen. Deswegen begrüßen wir die FDP in der Reihe der Vernünftigen. Das können wir hier zur Kenntnis nehmen.