Protocol of the Session on April 24, 2018

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Debatte verfolgt hat, könnte man den Eindruck haben, mancher, der am Anfang große Skepsis geäußert hat, sei schon immer dafür gewesen, man könnte den Eindruck haben, dass Erfolge zerredet werden sollen, man könnte den Eindruck haben, dass das Thema lieber verändert wird, als über die Erfolge von LOEWE zu reden, man könnte den Eindruck haben, den Hochschulen sei durch dieses Programm etwas aufgezwungen worden, man könnte den Eindruck haben, die 2,5 % der Forschungsmittel, die für LOEWE ausgegeben werden, seien das Einzige, was in diesem Land für die Forschung getan wird, und man könnte den Eindruck haben, all das sei völlig abgehoben vom übrigen Bereich der Hochschulen. Da wird ein Traum von 1968 nachgeträumt, da wird ein Klassenkampf zwischen verschiedenen Hochschultypen aufgemacht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist jetzt wirklich Unsinn! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Schreit da jemand, weil er getroffen ist?

(Lebhafte Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Da wird so getan, als ob das Ministerium an der Mittelvergabe beteiligt sei. Der Kollege May hat eben mit vollem Recht gesagt, dass es eine wissenschaftliche Kommission gibt, die diese Mittel nach wissenschaftlichen Kriterien vergibt und die Anträge hoch wissenschaftlich begutachtet. Das wiederum wird als „intransparent“ bezeichnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Debatte mutet gelegentlich gespenstisch an, insbesondere deswegen, weil die Hochschulen das LOEWE-Projekt der Landesregierung seit 2008 unisono loben.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist es richtig, dass dieser Tagesordnungspunkt heute aufgerufen wird. Wir haben seit zehn Jahren das fruchtbringende Instrument der LOEWE-Förderung für unsere Universitäten und für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Durch den Verbund mit Unternehmen der freien Wirtschaft, durch eine völlig neue Verbundstruktur zwischen Fachbereichen, zwischen Universitäten, zwischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften ist eine neue Kultur entstanden und gewachsen. Deswegen sagen viele Vertreter von Wissenschaftsverbünden und anderer Länder: „Hätten doch auch wir so etwas“, und auch die Fraunhofer- und Leibniz-Institute dieser Welt sind der Meinung, dass das richtig und notwendig ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor mich die Elektronik wieder dazu zwingt, mich mit einem Kennwort einzuwählen, will ich etwas zitieren. Unter „Thüringen.de“ steht Folgendes:

Die enge Zusammenarbeit von Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Kulturinstitutionen hat sich als Erfolgsmodell für Thüringen er

wiesen. Die in den letzten Jahren deutlich gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Wirtschaft ist auch ein Ergebnis der gewachsenen Forschungsleistungen der Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Thüringer Hochschulen stellen Thüringer Unternehmen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten auf hohem Niveau in kooperativen Netzwerken zur Verfügung und sind so ein Garant für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Wirtschaft.

Einen Satz weiter heißt es:

Mit jedem Euro Zuschuss des Landes erwirtschaften sie bis zu 2 Euro Einnahmen, die dem Land wieder zugutekommen.

Ministerpräsident Ramelow hat dies in Thüringen als Forschungsstrategie verkündet.

(Michael Boddenberg (CDU): Die LINKEN hier sind noch nicht so weit! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

Deswegen will ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns nicht völlig im Land der Seligen bewegen. Wenn man sich vor Augen führt, dass Chinas Strategie „Made in China 2025“ heißt – diese Ausdrucksweise kommt uns in Deutschland vielleicht bekannt vor – und wie man dort mit staatlicher Unterstützung, mit gezielt verbilligten Krediten und Forschungsförderung beabsichtigt, in der Medizintechnik, im Flugzeugbau, in der Chipindustrie und in der Elektromobilität an die Spitze zu kommen, wird einem die dringende Notwendigkeit deutlich, mit der wir uns in der Forschungsförderung unter unseren Bedingungen, d. h. bei ganz anderen Vorkommen und einer ganz anderen wirtschaftlichen Struktur, anstrengen müssen, um an der Spitze zu bleiben und dort, wo wir es noch nicht sind, an die Spitze zu kommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss immer wieder daran erinnern, dass am Hochlohnstandort Deutschland das Wort des ehemaligen Bundespräsidenten Köhler gilt: Wir können nur so viel teurer sein, wie wir besser sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist Innovation nötig, und deswegen sind zukunftsträchtige Arbeitsplätze nötig; denn diese sind auch die soziale Zukunft unseres Landes, und darauf kommt es an.

Es geht um die Frage, dass wir nicht nur auf rein technischem Gebiet forschen, sondern dass wir ingenieurwissenschaftlich-naturwissenschaftliche Forschungsprojekte im Rahmen von LOEWE auch mit kultureller Forschung verbinden und dass wir in Hessen weiter gehende Fragen stellen, wie es z. B. in dem Institut für die Ethik der Digitalisierung der Fall sein wird, dessen Gründung gerade vorbereitet wird. Das erfolgt im Verbund mit Forschungseinrichtungen, die ebenfalls an das Programm LOEWE angehängt sind.

Meine Damen und Herren, da es eben vonseiten der LINKEN sehr deutlich infrage gestellt wurde und auch vonseiten der SPD immer noch – wenn auch leise – infrage gestellt wird, erkläre ich: Bei LOEWE sagt man Ja zu wissenschaftlicher Exzellenz. Das ist überhaupt keine Frage.

Das ist ein Unwort für viele; aber in LOEWE-Forschungsprojekten und in den sie tragenden Universitäten und Hochschulen ist das kein Unwort.

Bei LOEWE sagt man Ja zur Verknüpfung der Grundlagenforschung mit der Anwendungsforschung und dem Transfer. Das steht nach wie vor in einem Zusammenhang, von der Grundlagenforschung bis zum Transfer.

Bei LOEWE sagt man Ja zum Verbund der Universitäten, der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sowie der kleinen und mittleren Unternehmen.

Bei LOEWE sagt man Ja zum Verbund zwischen Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Medizin und Geisteswissenschaften. LOEWE läuft nun seit zehn Jahren. Seitens des Landes wurde ein Betrag von 729 Millionen € zur Verfügung gestellt; dadurch wurden die vom Herrn Minister eben erwähnten insgesamt 1,74 Milliarden € ausgelöst.

Nur wenn Sie wissen, dass wir inzwischen zehn durch Experten begutachtete Auswahlrunden hatten, dass wir darüber 13 LOEWE-Zentren gegründet haben und dass wir 49 LOEWE-Schwerpunkte und über 260 Projekte in Förderlinie 3 mit über 400 beteiligten Unternehmen haben, können Sie ermessen, was an Forschungs- und Gründungsgeist damit verbunden ist. Auch das hat dazu beigetragen, dass hessische Hochschulen im Gründungswettbewerb, etwa bei EXIST, weitergekommen sind und erfolgreich waren. Deswegen ist das ein guter Geburtstag.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind mittlerweile so weit – das wurde vorhin vom Herrn Minister angedeutet –, dass wir LOEWE-Projekte mit nationalen Forschungseinrichtungen verschränken können. In Frankfurt z. B. haben wir mit LOEWE-Projekten begonnen, die mittlerweile in die Leibniz-Gemeinschaft überführt worden sind. Hier wird über Biodiversität geforscht.

Wir sind auch anderswo weitergekommen. In Kassel z. B. sind wir von einem LOEWE-Projekt zu einem FraunhoferInstitut gekommen. Auch in Darmstadt sind die LOEWEProjekte an Fraunhofer-Instituten angesiedelt worden, und mittlerweile sind daraus nationale Forschungszentren zur IT-Sicherheit geworden. Das sind die Prozesse, die durch LOEWE angeregt worden sind und die sich mittlerweile zu einer nationalen Forschungsstrategie fortentwickelt haben.

Wenn ich sehe, dass wir dadurch auch Arbeitsplätze in der genannten Größenordnung schaffen konnten, dass es zu Ausgründungen an den Hochschulen kommt und dass wir mittlerweile aus LOEWE heraus etwa 1.350 Promotionsund Habilitationsverfahren sowie 160 Patentverfahren haben, sage ich: Das zeigt, dass das alles nicht nur vorübergehend ist, sondern sich verstetigt und in unserer Wissenschafts-, aber eben auch Wirtschaftsgesellschaft in einer Art und Weise Wurzeln schlägt, wie wir es brauchen.

Da immer wieder so getan wird, als ob dies ausschließlich ein Thema der Ingenieur- und der Naturwissenschaften wäre

(Janine Wissler DIE LINKE: Das hat überhaupt kei- ner gemacht!)

doch, das wurde vorhin gesagt, lesen Sie das im Protokoll nach –, will ich sagen, dass natürlich alle davon fasziniert sein können, was in der Krebsforschung, in der Im

munforschung und in der Herz-Lungen-Forschung passiert. Der Herr Minister hat diese Projekte noch einmal genannt. Man muss sich auch einmal anschauen, was in Gießen auf dem Gebiet der Insektenbiotechnologie passiert; das wird zur Gründung eines neuen Fraunhofer-Instituts führen. Das ist etwas hoch Spannendes, was uns voranbringen wird. Das ist überhaupt keine Frage. Dazu gehört selbstverständlich immer auch die Cybersicherheit, ohne die unsere Forschung und unsere wirtschaftliche Entwicklung ziemlich am Krückstock gehen würden.

Dazu gehört aber auch, dass es ein völliger Irrtum ist, zu glauben, dass unsere LOEWE-Mittel ausschließlich in die Ingenieur- und Naturwissenschaften gehen. Rund ein Viertel der bis 2020 zugesagten Mittel fließt in die Geisteswissenschaften. 13 % der Mittel fließen in die Naturwissenschaften, 23 % in die Ingenieurwissenschaften. Ich finde, das ist eine sehr ausgewogene Verteilung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich das Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, das mittlerweile in die Deutsche Forschungsgemeinschaft überführt worden ist, die Digital Humanities, bei denen es um die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Methodenwandel in den Geisteswissenschaften geht, pädagogische Projekte, z. B. „Wünschenswerte Erschwernisse beim Lernen: Kognitive Mechanismen, Entwicklungsvoraussetzungen und effektive Umsetzung im Unterricht“ und die Forschungen zu den Konfliktregionen im östlichen Europa anschauen, sehen Sie Forschungsprojekte, die LOEWE-finanziert sind und die genauso viel wert sind wie die anderen. Ich denke, dass man das bei dieser Gelegenheit auch betonen muss.

Selbstverständlich steht das auch in einem Zusammenhang mit anderen Projekten. Dazu gehört HEUREKA. Natürlich leben verschiedene LOEWE-Projekte davon, dass in diesem Zusammenhang auch Forschungsbauten entstanden sind. Forschung und Lehre brauchen ihren Raum. Deswegen ist diese in vielen Bereichen nachzuahmende Initiative, Räume und Bauten zur Verfügung zu stellen, nach wie vor unglaublich wichtig. Wir werden in wenigen Tagen an der Philipps-Universität in Marburg die Bibliothek mit rund 18.000 m² Fläche einweihen können. Die Kosten liegen bei 108 Millionen €.

Meine Damen und Herren, wir glauben, mit alldem zusammen sind wir einer der modernsten Hochschulstandorte in der Republik und auch darüber hinaus.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann geht es einigen darum, schlechtzureden, was wir in Hessen ausgeben, und so zu tun, als würden wir nur LOEWE finanzieren. LOEWE ist ein großartiges Projekt. Der Bildungsfinanzbericht weist aus, dass Hessen in der Steigerung der Bildungsausgaben der öffentlichen Haushalte für Hochschulen mit einem Plus von 86 % an erster Stelle steht. Meine Damen und Herren, das lassen wir uns nicht schlechtreden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen, dass wir bundesweit auf Platz 1 der Pro-KopfAusgaben für Bildung vom Kindergarten bis zur Hochschule stehen. Das lassen wir uns nicht schlechtreden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, manch anderes Land hätte gerne das gehabt, was wir gehabt haben, nämlich dass wir sämtliche 80 Millionen € der BAföG-Mittel, die der Bund übernommen hat, bei uns im Land in den Hochschulen belassen haben und nicht für andere Ausgaben des Landes haben versickern lassen. Das Geld ist konsequent im Bereich der Hochschulen geblieben. Darauf sind wir nach wie vor stolz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt überhaupt nur ein Land, das höhere Hochschulausgaben als Hessen hat. Der Hochschulpakt 2020 hat mit einem Volumen von 9 Milliarden € einen Betrag, der noch nie in Hessen gesehen wurde und von den Hochschulen geschätzt wird.

(Gernot Grumbach (SPD): Der nächste wird besser sein!)

Herr Kollege Grumbach, der nächste Hochschulpakt, den wir wieder beabsichtigen zu verhandeln, wird noch besser sein und wird für Lehre und Forschung wie auch für Projekte im Rahmen von LOEWE weitere Ziele setzen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Es wäre auch schlecht, wenn er nicht besser würde und Sie kürzen! – Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken übernimmt den Vorsitz.)