Ich habe noch eine herzliche Bitte. Falls es eine zweite Runde geben sollte, wollte ich Sie jetzt schon herzlich darum bitten: Kommen Sie jetzt bitte nicht wieder mit der Schließung von Calden, dass wir damit das Finanzloch in der Rente füllen könnten, und auch nicht mit dem Stopp von allen Rüstungsexporten – nur um es einmal erwähnt zu haben.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- ten der CDU und der FDP)
(Heiterkeit – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Solange es noch schön ist, können wir noch lachen!)
Auch wenn es eine Reihe von Punkten gibt, bei denen wir uns zweifellos einig sind, erweckt Ihr Antrag letztlich zwangsläufig den Eindruck: Da steht alles drin, was man sich so wünschen kann. Wir wissen aber noch nicht, wie das funktionieren soll. – Das ist ein buntes Wunschkonzert an Forderungen. Ich vermute, dass das auch etwas mit dem 28. Oktober zu tun haben könnte. Ich lasse es einfach einmal im Raum stehen.
So kann das aber einfach nichts werden. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Es kann nur etwas werden, indem man vernünftige, solide und umsetzbare Schritte geht, um Stück für Stück die Ursachen von Altersarmut insbesondere bei Frauen zu beseitigen.
Bereits in der letzten Koalition haben wir damit begonnen. Wir sind einige Schritte gegangen, die Sie nie anerkannt haben, die aber sehr zielführend waren. Ich rede vom Mindestlohngesetz, vom Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen, usw. Gleichwohl werden wir hierbei noch weitere Schritte gehen müssen.
Werfen wir einmal einen Blick in den neuen Koalitionsvertrag. Dieser sieht an dieser Stelle besser aus, als es manch einer weismachen möchte. An dieser Stelle hat die SPD sehr bewusst hart mit der Union verhandelt. Ich glaube, wir haben mit Erfolg hart verhandelt. Dabei geht es um das Thema, über das wir hier gerade debattieren. In diesem Koalitionsvertrag stehen jedenfalls sehr viele Dinge, die das Leben der Menschen, insbesondere das Leben von Frauen, verbessern werden.
Es gibt zahlreiche Beispiele, die ich aufführen könnte. Das beginnt mit der Ressortverteilung. So können wir eine Menge gestalten. Es gibt aber auch gleichstellungspolitische Erfolge. Ich will einmal anführen, dass wir die Rückführung von befristeten Arbeitsverträgen in Angriff genommen haben. Zudem werden wir die sachgrundlose Befristung maßgeblich einschränken. Außerdem werten wir die Sozial- und Pflegeberufe auf. Eine Zielsetzung ist dabei auch die Abschaffung der Schulgebühren. Wir haben vorhin bereits darüber diskutiert. Es wird eine zusätzliche Finanzierung von Pflegepersonal geben. 8.000 Stellen sind
nach unserer Auffassung noch ein bisschen zu wenig. Das ist aber zumindest schon einmal ein wertvoller Einstieg.
Jetzt hören Sie einmal genau zu: Es wird einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Schulkinder bis zum Jahr 2025 geben. Der Bund beteiligt sich an den Kosten. Darüber hinaus setzen wir uns für die Verbesserung der Kitaqualität ein.
Jetzt schaue ich einmal in Ihre Richtung, weil es gerade so schön passt. Wir wollen die Gebührenfreiheit der frühkindlichen Bildung in Hessen, und zwar für alle Kinder vom ersten Lebensjahr an und für alle Betreuungszeiten. Hierzu haben wir ein ausgeklügeltes Konzept vorgelegt, meine Damen und Herren.
Nein. Jetzt passen Sie einmal auf. – Wir haben das auch finanziell hinterlegt. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses weiß ich, wovon ich rede. Ich kann Zahlen lesen. Das haben Sie alles abgelehnt, und jetzt kommen Sie mit so einem Antrag um die Ecke und suggerieren, das wäre der große Schlag. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen, meine Damen und Herren.
Wir vertreten nicht die Auffassung, dass sechs Stunden Gebührenfreiheit reichen und die Mutter nachmittags zu Hause bleiben muss, ob sie will oder nicht. Das entspricht Ihrem Steinzeitmodell, indem Sie sagen, mittags ist Mutti zu Hause. Das können Sie mit uns an dieser Stelle nicht machen.
Ich könnte jetzt noch anführen, dass wir einen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose einführen werden. Zu nennen ist außerdem die Weiterbildung insbesondere für Frauen durch die Bundesagentur für Arbeit. Es wird eine Frauenförderung in Bildung und Wissenschaft sowie in Kultur und Medien geben.
Außerdem wird es keinen freien Fall des Rentenniveaus geben. An dieser Stelle muss ich Ihnen leider widersprechen, auch wenn Ihr Antrag das suggeriert. Bis 2025 bleiben 48 % festgeschrieben. Die Beiträge werden bei 20 % eingefroren. Früher als geplant wird es eine Rentenkommission geben, deren Aufgabe es ist, sich darum zu kümmern, wie die Rente zukunftsfest gestaltet werden kann. Es wird eine Mindestrente geben, die 10 % oberhalb der Grundsicherung liegt. Dabei werden übrigens auch die Erziehungs- und Pflegezeiten angerechnet. Die Erwerbsmin
Meine Damen und Herren, das alles sind Ergebnisse, die eine klare sozialdemokratische Handschrift tragen und die in erster Linie auch Frauen zugutekommen. Natürlich wissen wir auch, dass wir bei einzelnen Punkten nicht stehen bleiben dürfen. Diese Punkte müssen weiterentwickelt werden. Das werden wir Sozialdemokraten auch tun. Egal, ob dies im Landtag oder im Bundestag ist, dessen können Sie sicher sein.
Ich komme zum Schluss. Fakt ist, dass wir hier den Fuß in der Tür haben und zielstrebig weiter vorangehen. So wird ein Schuh daraus, meine Damen und Herren, und zwar mit vernünftigen und soliden Schritten.
Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben, möchte ich in einem letzten Satz einen Blick auf den Lohnatlas werfen. Unsere frauenpolitische Sprecherin Lisa Gnadl hat dies im Sommer völlig richtig festgestellt. Schwarz auf weiß liegt uns vor, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. In Hessen gibt es teils große regionale Gefälle. Diese Unterschiede werden noch größer, wenn man bedenkt, dass nur die Vollzeitbruttoentgelte verglichen werden. Deswegen trügt das Bild. Es sind nämlich noch viel mehr Frauen betroffen, als Sie uns das weismachen wollen. Ihr Antrag hilft uns an dieser Stelle sicherlich nicht weiter.
Zum Kita-Ausbauprogramm habe ich etwas gesagt. An dieser Stelle fehlt uns erheblich das Vertrauen in die schwarz-grüne Landesregierung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich es erstaunlich finde, Herr Decker, mit wie viel Selbstgefälligkeit Sie hier reden angesichts der Tatsache, dass Sie einer Partei angehören, die in den vergangenen Jahren eine ganze Menge Verwüstungen in der Rentenpolitik angerichtet hat. Insofern finde ich diese Rede recht bemerkenswert.
Ich möchte Sie einmal erinnern an die Veränderung der Rentenformel, die Absenkung des Rentenniveaus, die Teilprivatisierung der Rente durch die Riester-Reform. Jetzt reden wir einmal über die Milliarden, die in die RiesterRente hineingeflossen sind, und darüber, wer davon profitiert hat. Nicht davon profitiert hat die alleinerziehende
Verkäuferin, die überhaupt nicht privat vorsorgen kann, weil sie gar kein Geld hat, das sie zur Seite legen kann.
(Michael Boddenberg (CDU): Deshalb wollen Sie das für andere auch nicht? – Weitere Zurufe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Die Riester-Rente ist also eine ganz schön teure Geschichte. Wer hat denn von Riester profitiert? – Das waren doch in erster Linie Banken und Versicherungen. Die RiesterRente ist teuer gewesen, hilft den Menschen aber überhaupt nicht.
Wir können auch über die Rente ab 67 reden. Wer hat denn die Rente ab 67 eingeführt? Für die meisten Menschen ist das nichts anderes als eine Rentenkürzung. Wie soll denn die Erzieherin, wie soll denn die Krankenschwester, wie soll denn der Altenpfleger bis 67 arbeiten? – Gar nicht. Sie arbeiten nicht bis 67, sondern gehen genau dann in Rente, wenn sie in Rente gehen, aber verbunden mit höheren Abschlägen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie doch einmal, über wie viele Milliarden Sie reden!)
Herr Kollege Frömmrich, mir glauben Sie vielleicht nicht. Sie glauben aber sicherlich dem Landessozialbericht der Landesregierung. Die Landesregierung hat zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden einen Sozialbericht vorgelegt. Darin ist Altersarmut als ein sehr stark zunehmendes Problem bezeichnet worden. Als Ursachen für Altersarmut sind im Landessozialbericht der Landesregierung genannt: die Rente ab 67, Hartz IV, die private Vorsorge und die Absenkung des Rentenniveaus. Das sind die Gründe für Altersarmut.
Man darf also nicht so tun, als würde das vom Himmel fallen. Das hängt mit der Lohnentwicklung zusammen, aber auch mit den unsäglichen Rentenreformen der vergangenen Jahre. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Wissler, uns unterscheiden zwei Dinge ganz maßgeblich. Sie leben in der Vergangenheit, während wir schauen, wie die Dinge für die Zukunft besser gerichtet werden können.
Sie können da hämisch lachen. Der wahre Grund ist aber, dass es Sie maßlos ärgert, dass Sie an den Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rente nicht beteiligt sind. Liebe Kollegin Wissler, das wird uns aber nicht davon abhalten, die Dinge zu verbessern, die wir verbessern müssen.
Sie haben zahlreiche Dinge vergessen, die auch gemacht worden sind. Ich sage nur: Tarifstärkungsgesetz. Von wem ist es gekommen? – Nicht von euch. Das ist von der SPD