Protocol of the Session on February 27, 2018

(Beifall bei der SPD)

Sie können gern einmal zuhören, was die Deutsche Polizeigewerkschaft in ihrer Pressemitteilung vom 15.02. zu den besorgniserregenden Zahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl gesagt hat.

(Holger Bellino (CDU): Die kennen wir!)

Ich zitiere:

Daran hat auch die mit hohen Kosten verbundene Einführung der Prognosesoftware KLB-operativ nichts geändert.

Das sind Maßnahmen, die wir im Fachausschuss diskutieren müssen. Aber die Strategien zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchs werden nie vom Innenminister auf die Tagesordnung gesetzt. Das wird nur auf die Tagesordnung gesetzt, wenn wir es beantragen. Wir werden das für eine der nächsten Sitzungen tun.

(Holger Bellino (CDU): Dann freuen wir uns darauf!)

Die Gewaltbelastung auf den Straßen hat sich im Vergleich zum Vorjahr erhöht – auch kein Wort des Innenministers dazu.

(Stephan Grüger (SPD): Hört, hört!)

Rohheitsdelikte wie Körperverletzung und Ähnliches sind um 9 % angestiegen. Leider gibt es auch eine Steigerung – das hat der Innenminister vorhin erwähnt – bei den Übergriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte. Es gab über 3.500 Übergriffe auf hessische Polizeibeamte, und das trotz Bodycam. Ich muss sagen, das ist wirklich etwas sehr Besorgniserregendes, was wir nicht durchgehen lassen dürfen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Horst Klee (CDU))

Ich darf noch einmal die Deutsche Polizeigewerkschaft zitieren, die Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, am 15.02. ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hat:

Dies zeigt, dass die Maßnahmen der Landesregierung aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Schutz ihrer Polizistinnen und Polizisten nicht ausreichend sind und keine Wirkung haben.

Allein eine Strafverschärfung scheint aus Sicht der Deutschen Polizeigewerkschaft Hessen nicht ausreichend zu sein.

Recht hat die Deutsche Polizeigewerkschaft. Hier sind dringend umfassende Maßnahmen erforderlich.

(Michael Boddenberg (CDU): Wer sagt denn das?)

Die DPolG hat das gesagt. – Die Straftaten gegenüber Feuerwehren, Rettungsdiensten und der Polizei sind nicht hinzunehmen. Da braucht es ein bisschen mehr als Strafverschärfung.

(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Darüber reden wir seit Jahren im Bundesrat mit Ihnen! Jahrelang hat es gedauert!)

Herr Bellino, es gab in den letzten Wochen zwei wirklich gute Veranstaltungen dazu. An keiner der beiden haben Sie persönlich teilgenommen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das stimmt, jawohl!)

Ich kann gleich einmal sagen, wer da war. Ich habe am Samstag gemeinsam mit Jörg-Uwe Hahn, mit Hermann Schaus, mit Frau Feldmayer, mit Herrn Pfaff-Greiffenhagen

(Michael Boddenberg (CDU): Na also!)

in Frankfurt auf dem Römer gegen Gewalt gegen Rettungskräfte und Feuerwehren nach einem Aufruf – Achtung – von ver.di demonstriert.

(Holger Bellino (CDU): Da war ich bei der Feuerwehr!)

Am letzten Mittwoch gab es eine sehr gute Veranstaltung vom dbb, wo der Kollege Bauer, Frau Müller, Herr Schaus und Herr Blechschmidt ebenfalls anwesend waren, zu den Übergriffen auf die Bediensteten der Landesverwaltung.

(Holger Bellino (CDU): Wer hat es denn in die Wege geleitet?)

Beide Veranstaltungen waren auf Initiative zweier Gewerkschaften – nicht eine dabei auf Initiative der Landesregierung.

Im Übrigen haben wir bis auf die Strafverschärfung nichts gehört. Ich glaube aber, dass es ein umfassendes Bündel an Maßnahmen braucht, und ich will hier ein paar benennen.

Es bedarf dringend Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Es bedarf einer Kultur in den Ämtern, die immer zu einer Anzeige der Straftaten führen muss. Es bedarf Vorgesetzter, die sich hinter die Opfer stellen; denn sonst wird kein einziger Bediensteter über solche Übergriffe reden. Die Opfer müssen dringend Unterstützung erhalten. Sie brauchen im schlimmsten Fall unbürokratisch schnell Hilfe, wie z. B. den von uns jetzt mehrfach beantragten Opferhilfefonds, den Sie nicht nur ablehnen, sondern mit dem Sie sich nicht einmal beschäftigen. Dabei wäre es eine wirklich unbürokratische Hilfe für alle Bediensteten, die Opfer einer solch schlimmen Straftat werden.

(Beifall bei der SPD)

Es bedarf darüber hinaus – ich habe es bereits ausgeführt – schneller Verfahren vor Gericht und vor allem Sanktionen der Täter. Vor allem aber braucht es umfassende Präventionsarbeit in Kindertagesstätten und Schulen, damit es gar nicht erst so weit kommt.

Von all diesen notwendigen Maßnahmen haben wir heute vom Innenminister nichts gehört. Wo ist denn da Ihre viel gerühmte Verantwortung, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD)

Sie haben heute von großer Wertschätzung gegenüber den Polizeibeamtinnen und -beamten geredet, darüber, dass sie gute Leistungen erbracht haben. Aber ich will einmal sagen, Wertschätzung heißt nicht, dass man sie hier im Plenum lobt. Echte Wertschätzung sieht anders aus, liebe Regierungsfraktionen. Jahrelang haben CDU-geführte Regierungen Stellen abgebaut.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Die bevorstehenden Pensionierungen der geburtenstarken Jahrgänge und die immer weiter wachsenden Aufgaben der Polizei wurden einfach ignoriert. Gelungene Personalpolitik sieht eindeutig anders aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Erst auf erheblichen Druck von außen lenkte der Innenminister ein und nimmt nun seit zwei Jahren Neueinstellungen vor – viel zu spät. Wir haben deshalb in Hessen nach wie vor einen erheblichen Personalmangel zu verzeichnen. Ich denke, man merkt es vor allem in der Fläche, wenn Sie sich da einmal umschauen.

Jetzt haben Sie in Ihrer Rede von einem Stellenzuwachs von 1.520 Stellen gesprochen. Ja, ab wann denn, Herr Innenminister? Wann werden die denn eingestellt? – Ein Teil dieser 1.520 Stellen ist noch gar nicht eingestellt, die werden erst nächstes Jahr eingestellt. Die erste Verstärkung wird man sowieso erst 2020 bemerken, weil Sie erst letztes Jahr mit einer Verstärkung begonnen haben. Von Rede zu Rede des Innenministers wird es mehr Personal, das tatsächlich überhaupt nicht vorhanden ist. Wir werden sehen, was am Ende in den Polizeidienststellen vor Ort überhaupt ankommt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich will das noch einmal sagen: Sie haben zunächst über 1.000 Stellen bei der hessischen Polizei abgebaut, übrigens unter der Verantwortung eines Innenministers Volker Bouffier. Sie versuchen jetzt etwas zu lösen, was Ihnen Ihre Vorgänger hinterlassen haben. Diesen Personalmangel hat allein die CDU-geführte Landesregierung in 19 Jahren herbeigeführt und zu verantworten.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Herr Bauer, ich will Ihnen noch einmal sagen, wo Sie in der Frage der Polizeidichte stehen. In Hessen gibt es lediglich 226 Polizisten je 100.000 Einwohner.

(Alexander Bauer (CDU): Was ist denn das für ein Maßstab? Sie sind doch Fachfrau!)

Das ist bundesweit Platz 13. Bayern hat 326 Beamte auf 100.000 Einwohner, das sind 100 mehr. Das sagt doch alles. Sie haben diesen Personalmangel herbeigeführt, Sie sind daran schuld. Die CDU hat es in den letzten 19 Jahren vermasselt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich will Ihnen auch noch etwas zu den Rahmenbedingungen sagen, diese sind nämlich aus unserer Sicht auch völlig ungenügend. Die meisten Beamten, die im Schichtdienst

arbeiten, haben keine verlässlichen freien Zeiten mehr. Sie müssen Tag und Nacht arbeiten, haben Wochenenddienst oder Dienst an Feiertagen – das ist unzumutbar. Ich will Ihnen sagen, dass das wirklich unzumutbar ist.

Es gibt nach wie vor einen hohen Überstundenberg von 2,7 Millionen. Die durchschnittliche Krankheitsdauer liegt bei 31 Tagen im Jahr – das ist fast doppelt so viel wie bei einem normalen Arbeitnehmer nach AOK-Statistik.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich!)

Was denn sonst als viele Überstunden und Krankheitstage ist ein Indiz dafür, dass die hessische Polizei völlig überlastet ist?